135a Vesvvivs. Poema Germanicum

135 Vesvvivs. Poema Germanicum

1633 Dü 148 Sz 152

Martin Opitz: Vesvvivs. Poema Germanicum. Brieg: Augustin Gründer / Breslau: David Müller 1633. (a). (VD17 23:243684C).

Wieder abgedruckt in:

1. Martin Opitz: Weltliche Poemata […]. Frankfurt am Main: Thomas Matthias Götze 1644, S. 33–84. (F).1 (VD17 23:248417R).

2. Martin Opitz: Opera Poetica. Das ist Geistliche vnd Weltliche Poemata […]. Amsterdam: Jan Jansson 1646, S. (15–)22–52. (VD17 39:120094E) (abschließendes Widmungsgedicht fehlt).

3. Martin Opitz: Teutsche Gedichte, in vier Bände aufgetheilet […]. Bd. 1. Hrsg. v. Daniel Wilhelm Triller. Frankfurt am Main 1746, S. 19–44 (mit Opitz’ Kommentar als Fußnote).

Moderne Ausgaben:

1. Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung. Hrsg. v. Hermann Oesterley. Berlin/Stuttgart 1889, S. 147–163 (ohne Opitz’ Kommentar).

2. Martin Opitz: Teutsche Poemata. Abdruck der Ausgabe von 1624 mit den Varianten der Einzeldrucke und der späteren Ausgaben. Hrsg. v. Georg Witkowski. Halle an der Saale 1902, S. 148–163 (ohne Opitz’ Kommentar).

3. Martin Opitz: Weltliche Poemata 1644. Erster Teil. Unter Mitwirkung von Christine Eisner hrsg. v. Erich Trunz. Tübingen 1967/1975, S. 31–102.

4. Martin Opitz: Lateinische Werke. Hrsg., übers. und kommentiert v. Veronika Marschall / Robert Seidel. Bd. 3. Berlin/Boston 2015, S. 40–51 (Vorrede abgedruckt und übersetzt).

Entstehung:2 Am 16. Dezember 1631 erlebte der Vesuv einen der heftigsten Ausbrüche seit dem berühmten ›Plinianischen‹ Ausbruch des Jahres 79 n. Chr., der Pompeji vollständig verschüttete. Die Eruption dauerte bis zum Beginn des folgenden Jahres 1632 an, verursachte erhebliche Verwüstungen und forderte mehrere tausend Menschenleben. Das Echo in ganz Europa war enorm: Der Ausbruch wurde zur ersten multimedial präsenten Naturkatastrophe der Neuzeit, welche »gantz Welschlandt mit schrecken und newen Zeitungen erfüllet«, so der Hamburger Canonicus Lukas Holsten, der sich zu dieser Zeit in Rom aufhielt.3 In dichter Folge erschienen Augenzeugenberichte, illustrierte Flugblätter4, Chroniken, Deklamationen und Predigten, aber auch naturwissenschaftliche Traktate5, die sich an einer Erklärung und Deutung des Ereignisses versuchten.6 Auch bei Opitz hinterließ der Vulkanausbruch bleibenden Eindruck. Eine bedeutende Vorstufe stellt das Huldigungsgedicht an Nikolaus Frh. von Burghaus und Stoltz (1632) dar (vgl. Nr. 133), das den Vulkanausbruch einleitend in Beziehung zu den »Kriegesplagen« (v. 3) Schlesiens setzt und in die durch die Katastrophe gestellte Theodizee-Frage einmündet: »doch gleichwol ist ein Gott | Der seiner Gnaden Liecht auch mitten in der Noth | Deß trüben Wetters zeigt« (v. 9 –11). Schon in der Vorrede zur Grotius-Übertragung (1631) hatte Opitz auf die notwendige »betrachtung der wunderwercke vndt zeichen« (s. Vorrede, 39) hingewiesen.

Die Entstehungszeit von Vesuvius lässt sich gut eingrenzen: Dass Opitz im November 1632 an seinem Text arbeitete, geht aus v. 168 (»Der bleiche Monde hatt eilff mal erst abgenommen«) hervor. Einen terminus ante quem für den Abschluss liefert die Vorrede, die in der Ausgabe letzter Hand (1644) auf den 1. Februar 1633 datiert ist (keine Datierung in der Erstausgabe von 1633!). Vesuvius entstand in einer bewegten Phase – für Opitz wie für den großen Krieg: Am 16. November 1632 fiel der schwedische König Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen (darauf Anspielung in der Widmungsvorrede).7 Der Aufstieg Wallensteins begann. Seit September 1632 wirkte Opitz nicht mehr für Karl Hannibal von Dohna (der am 21. Feburar 1633 starb), sondern trat in die Dienste des reformierten Piastenherzogs Johann Christian von Brieg, dem er sein eben vollendetes Gedicht Vesuvius zum Beweis seiner Verbundenheit widmete. Die Vorrede führt ausdrücklich »publicae pariter privataeque rationes« (§ 22) für Abfassung und Widmung des Gedichtes an. Gedruckt wurde das Werk unter dem Titel Vesuvius. Poema Germanicum noch 1633 in Brieg bei Augustinus Gründer (vgl. BW 2, 926) im Auftrag von Opitz’ Hausverleger David Müller aus Breslau, bei dem im selben Jahr auch die bereits 1621 entstandenen TrostGedichte in Widerwertigkeit Deß Krieges erschienen (ebenfalls als Einzeldruck, ebenfalls mit einer ambitionierten lateinischen Vorrede). Damit lagen die beiden zentralen Opitz’schen Kriegsdichtungen vor, die zugleich Trostdichtungen (»consolationes«8) und exempla in der Gattung carmen heroicum9 (»heroisch getichte«) anboten. Die Spitzenstellung von Vesuvius in der postumen Ausgabe von 1644 bezeugt Opitz’ Hochschätzung der Gattung und seines eigenen Prototyps.

Tradition und Quellen: Mit Vesuvius schreibt sich Opitz in eine ehrwürdige Gattungstradition ein, die mit Hesiod und den naturphilosophischen Lehrgedichten des Parmenides und des Empedokles beginnt, in Rom durch Lukrez’ De rerum natura wirkmächtig aufgenommen und von seinen Nachfolgern, v. a. Vergil in seinen Georgica, fortgesetzt wird.10 Die deutsche Bezeichnung »Lehrgedicht« oder »Lehrdichtung« ist eine Lehnübersetzung (nach lat. genus didascalicon), zuerst belegt in Georg Philipp Harsdörffers Nathan und Jotham: Das ist Geistliche und Weltliche Lehrgedichte (1650–1651).11 Johann Christoph Gottsched verwendet den Begriff »dogmatisches Gedicht«12, den Gotthold Ephraim Lessing im Laokoon ironisieren wird (»da wo er dogmatisiret, ist er [sc. der Dichter] kein Dichter«13). Alternativ hat die neuere Forschung den Begriff »wissenschaftliche[] Poesie« vorgeschlagen.14 Aristoteles hatte die Lehrdichtung in seiner Poetik als nicht-mimetische Gattung aus dem Kreis der Poiesis ausgeschlossen: »Homer und Empedokles haben indes außer dem Vers nichts Gemeinsames; daher wäre es richtig, den einen als Dichter zu bezeichnen, den anderen aber eher als Naturforscher (φυσιολόγος) denn als Dichter.«15 Opitz folgt dieser aristotelischen Linie nicht, im Gegenteil. Im Proömium zu Vesuvius werden zwei Leistungen beansprucht: Innovation (v. 6 f.: »kein Deutscher mundt noch biß auff diesen tag | Poetisch nie geredt«) und Wahrheit (v. 7: »mitt warheit schreiben«). Der Wahrheitsanspruch schließt an das Aetna-Gedicht (v. 91 f.: »sed omnis | in uero mihi cura«), aber auch an Hugo Grotius’ Bewys an. Lehrdichtung ist – nach der späteren Definition bei Batteux – »Wahrheit in Verse gebracht«.16 Sie ist für Opitz kein ›Problem der Poetik‹17, sondern deren Ausgangs- und Mittelpunkt. »Im Lehrgedicht kulminiert [...] konsequent das humanistische Poesieverständnis«.18 Vesuvius ist Opitz’ humanistische Dichtung schlechthin. Der Titel unterstreicht den paradoxen Eindruck, dass es sich um lateinische Dichtung in deutscher Sprache handelt.

Schon im Buch von der Deutschen Poeterey ist das »heroisch getichte« die zuerst behandelte Gattung. Es hat nicht nur mit dem »mangel anderer deutschen exempel« (GW 2, 1, 360) zu tun, wenn Opitz als Beleg ausschließlich die Tradition des Lehrgedichts aufruft. Nicht das mythologische Epos mit seinen figmenta (›Erdichtung‹ im Sinne Batteux’), sondern die ›informierende‹ Sachepik Vergils (Georgica), für die Moderne repräsentiert durch das christliche Epos (Guillaume de Saluste du Bartas’ La Sepmaine, ou Création du monde, Opitz’ eigene TrostGedichte), vertreten die Gattung. Damit kann Opitz performativ den Vorwurf der Lügenhaftigkeit der Dichtung (vgl. Kap. 3 der Poeterey) widerlegen. Dagegen stellt Opitz die These, »die Poeterey bestehe bloß in jhr selber«, das Konzept einer Dichtung, »die doch alle andere künste vnd wissenschafften in sich helt.«19 Dass die Dichtung »die erste Philosophie« (GW 2, 1, 345) sei, ist nicht nur apologetischer Topos: Vesuvius untermauert in Text und Kommentar jenen Universalitätsanspruch, der – nur scheinbar paradox – die Autonomie der Dichtung im Nachweis ihrer Heteronomie, d. h. ihrer Verpflichtung auf die Vermittlung von Wissen, sieht.

Entsprechend kommt es Opitz nicht auf Aktualität des Wissens an; zeitgenössische Quellen und Parallelzeugnisse werden nicht berücksichtigt.20 Wissenschaftlich stützt sich Opitz auf »die Lehrmeinungen der antiken Philosophen« (Vorrede, § 21: »ex veterum maxime Philosophorum sententia«). Zwei Texte spielen eine besondere Rolle: Der Eingangsteil, der sich der Bedeutung der Naturforschung für den Menschen widmet, folgt der praefatio von Senecas Naturales quaestiones (v. a. v. 35–102). Von hier übernimmt Opitz den (stoischen) Glauben an eine göttliche Ordnung der Natur, die sich dem Menschen durch Naturbetrachtung erschließt und die ihm Distanz gegenüber irdischen Gütern, Gefahren und Interessen verschafft (vgl. Seneca, Naturales quaestiones, praefatio 15). Innerhalb der Gattung Lehrgedicht ist das in der Appendix Vergiliana überlieferte Lehrgedicht (De) Aetna (aus Neronischer Zeit) zentral, das seit 1471 zusammen mit den Werken Vergils gedruckt vorlag.21 Immer wieder werden in Vesuvius ganze Passagen aus dem schwierigen Gedicht paraphrasiert oder geradezu übersetzt (v. a. Vesuvius v. 314 ff.; vgl. die Einzelnachweise im Kommentar). Neu hinzu kommen Ermahnung und consolatio am Ende, die an Seneca anschließen.22 Auch Lukrez ist präsent: Opitz übernimmt von ihm den Archegetentopos (v. 12: »Auff dieser newen bahn«), die Ablehnung des Volksaberglaubens (konfessionell gefärbt als Kritik an katholischer Beichtpraxis; vgl. v. 259 ff.) und die Kritik an der »Tichter wahn« (v. 278; vgl. Aetna, v. 27: »fallacia vatum«). Die Schilderung einer Massenpanik folgt dem Schluss des Aetna-Gedichts, der wiederum auf das Urmodell solcher ›Katastrophenpoesie‹, Lukrez‘ Darstellung der Pest von Athen am Ende von De rerum natura, referiert (6, 1138–1286).

Lehrdichtung seit der Antike vermittelt ein bestimmtes Ethos. Sie steht im Dienst ›geistiger Übung‹, Selbstsorge und Lebensbewältigung.23 Für Lukrez dient Naturforschung im Sinne des epikureischen Tetrapharmakon der Erlangung von Seelenruhe und Unerschütterlichkeit (ἀταραξία). Dieses Ziel wird bei Opitz durch die Ausrichtung auf Gott und den göttlichen Willen ersetzt. Verfügungswissen (Geologie, Vulkanismus) steht im Dienst von Orientierungswissen.24 Opitz’ Berufung auf die »augen der vernunfft« (v. 43), die dem rein sinnlichen Sehen des einfachen Volkes gegenüberstehen (v. 485: »Gebraucht die augen mehr als sinnen vndt verstandt«), verbindet mittelalterlichen Platonismus mit Lukrez’ emphatischer Berufung auf unvoreingenommene Naturbeobachtung (»naturae species ratioque«; De rerum natura 1, 148). Aus dem umfangreichen Autorkommentar lässt sich ein imaginärer Kanon rekonstruieren: Neben den biblischen Quellen immer wieder Senecas Naturales quaestiones, Ps.-Aristoteles’ De caelo, Plinius’ d. Ä. Historia naturalis sowie die Vesuv-Briefe des jüngeren Plinius.

Inhalt: Widmungsvorrede und Paratexte: Vesuvius wird im Erstdruck von 1633 von mehreren Paratexten gerahmt, die ihrerseits den Vesuvausbruch und seine Deutung ins Zentrum stellen. Den Auftakt bildet Opitz’ lateinische Widmungsvorrede an den neuen Dienstherrn, Herzog Johann Christian von Liegnitz und Brieg.25 Anders als die Vorrede zur Grotius-Übertragung ist sie lateinisch abgefasst. Einerseits scheint dies angemessen für einen Adressaten, dem Opitz selbst gelehrte und literarische Ambitionen nachsagt (Vorrede, § 32: »quo studio literas prosequi soles«), andererseits unterstreicht Opitz schon im lateinischen Titel (»Vesuvius. Poema Germanicum«) den späthumanistischen Geist und Anspruch des Werkes. Nur im Vergleich mit Texten wie dem Lehrgedicht (De) Aetna, dem zentralen Prätext, oder Pietro Bembos Dialog De Aetna wird der Horizont des Textes erschließbar – dies zeigen nicht zuletzt Opitz’ Kommentare, die ganz aus antiken Wissensbeständen schöpfen.

Die Widmungsvorrede gliedert sich in zwei Teile: in eine Einführung in das Werk und in ein Lob des Adressaten. Zunächst erörtert Opitz Eckpunkte seiner Naturphilosophie, die auch im Lehrgedicht eine zentrale Rolle spielen werden. Die Natur (›Welt‹) ist Schöpfung Gottes, sie gibt immer wieder in Vor- und Wunderzeichen (Vorrede, § 2: »monita divini Numinis malorumque praesagia«) dessen Willen bzw. Unwillen zu erkennen. Nur Verrückte (gemeint sind Atheisten) leugneten dies. Die verlässliche Ordnung der Natur (zentraler Begriff: certitudo) verweist auf die ordnende Hand Gottes (Vorrede, § 3: »dispositor mundi«). Er stehe über den Gestirnen, denen er als »oberste Ursache aller Ursachen« ein festes Gesetz eingeschrieben habe; doch der Mensch könne sich – anders als die Stoiker meinten – jederzeit in freiem Willen über die vermeintliche Notwendigkeit (die stoische necessitas / ἀνάγκη) erheben. Kometen und andere Himmelszeichen seien »Boten des göttlichen Zornes« (Vorrede, § 9: »irae divinae nuncios«), die es zu erkennen und zu deuten gelte. Oft schon hätten sich wunderbare Vorzeichen und Umstände im Nachhinein bewahrheitet. Dies gilt auch für Katastrophen der jüngsten Vergangenheit wie den Ausbruch des Vesuvs »vor einem Jahr« (Vorrede, § 21). In seiner Begründung des Zeichencharakters außergewöhnlicher Naturereignisse scheut sich Opitz nicht, auch an den Volksglauben (z. B. Niesen als Vorzeichen) anzuknüpfen. Der Dichter betont das doppelte Ziel des Gedichts: Es stelle die Ursachen des Vulkanismus insgesamt dar, konzentriere sich aber vor allem auf die Frage nach dem Zeichencharakter des Ausbruchs (Vorrede, § 21: »circa praesagia [...] imprimis«).

Das Lob des Adressaten im zweiten Teil ist der Topik von Panegyrik und Fürstenspiegel verpflichtet, schlägt jedoch auch persönliche Töne an, die sich in der durchgehenden Du-Anrede spiegeln. Opitz hebt u. a. Johann Christians Abstammung, seine tief empfundene Religiosität und literarische Bildung, seine Mäßigung und Gerechtigkeitsliebe hervor. Stets habe er sich für die »Germaniae libertas« (Vorrede, § 24) eingesetzt. Er sei ein exemplarischer bonus Princeps, vergleichbar einem Trajan, sein Hof komme dem Ideal des Platonischen Philosophenstaats nahe. Ritter, Adlige und Gelehrte fänden hier gleichermaßen ihren Platz, der entscheidend von Leistung bestimmt sei, während Intrigen, Heuchelei und Ränkespiele – zentrale Topoi Opitz’scher Hofkritik – keinen Nährboden fänden. Johann Christians Interesse an den studia, das sich in einer reichen Bibliothek spiegle, gebe zu der Hoffnung Anlass, er werde auch dieses Werk wohlwollend aufnehmen, durcharbeiten und in seinen Büchersaal integrieren. Am Ende liefert das persönliche Verhältnis zwischen Vespasian und Plinius d. Ä., der beim Vesuv-Ausbruch in Ausübung seiner Forschung ums Leben gekommen war, eine Folie für Opitz’ Beziehung zum neuen Mäzen und Dienstherrn. Die Vorrede schließt formelhaft mit einem Gebet, das um Erfolg für Johann Christian und Strafe für alle Widersacher bittet.

An die Widmungsvorrede schließen sich zwei lateinische Geleitgedichte des Freundes Bernhard Wilhelm Nüßler an, der 1631 auch Opitz’ verstreute lateinische Dichtungen herausgegeben hatte. Nüßler, mit dem der Dichter seine Schulzeit in Bunzlau verbracht hatte, war seit jeher einer der wichtigsten persönlichen Kontakte für Opitz.26 Bei dem ersten Gedicht handelt es sich um eine Kontrafaktur (parodia) von Carmen 4 des Catull (Phaselus ille), das schon in der Appendix Vergiliana (Catalepton 10: Sabinus ille27) und dann in der Frühen Neuzeit häufig parodiert wurde (Metrum: jambischer Trimeter). Bei Catull rühmt sich ein ausrangierter Kahn für seine einstige Schnelligkeit und Seetüchtigkeit. In Nüßlers Parodie schildert der Vesuv seine zwei Gesichter: Die Fruchtbarkeit der umliegenden Landschaft kontrastiert mit der Zerstörungskraft des Vulkans, die aber wiederum fruchtbare Landschaften hervorbringe. Das zweite Gedicht stellt die Bedeutung des Martin Opitz und seiner Vesuvius-Dichtung in den Mittelpunkt. Ganz auf der Linie von Vesuvius selbst schreibt Nüßler die Vulkankatastrophe dem göttlichen Zorn über eine verstockte Menschheit zu, die sich irdischen Lüsten hingebe und Umkehr verweigere (v. 6: »Dum negleximus innovare vitam«). Opitz’ zugleich gelehrte und feinsinnige Dichtung (v. 15: »Docta Jupiter! atque delicata«) habe die Ursachen der Katastrophe aufgespürt; das Gedicht schließt mit einer Würdigung von Opitz’ Leistung als »Neuer Beschützer der deutschen Sprache« (v. 18 f.: »Teutonicae novus loquelae | Vindex«). Vesuvius ermögliche dem Leser eine Betrachtung des Naturereignisses, ohne sich selbst – wie der ältere Plinius im Jahr 79 n. Chr. – in Gefahr bringen zu müssen. Auf den Haupttext folgen im Erstdruck zwei Texte mit Bezug auf den Vesuv (in späteren Ausgaben fortgelassen). Ein Epigramm Martials (4, 44) kontrastiert die Fruchtbarkeit der Region mit der Zerstörungskraft des Vulkans; ein carmen aus Boethius’ Consolatio philosophiae (Buch 1, c. 4) wirbt für stoische constantia und Verachtung des Glücks in allen Lebenslagen, auch beim Ausbruch des Vesuv. Vesuvius wird so abschließend in die Tradition der antiken Konsolationsliteratur gestellt.

Vesuvius. Poema Germanicum: Opitz gibt seinem 686 Verse umfassenden Gedicht (zum Vergleich: Aetna 645 Verse) eine klare, dreigliedrige Form.28 Die naturkundlichen Erörterungen über die Ursachen des Vulkanismus, die im Zentrum des Textes stehen, werden gerahmt durch ein Proömium und eine Schlussparänese, die in Form eines Gebets Naturwissenschaft auf religiöses Wissen bezieht.29 Das Proömium ruft in Analogie zu Lukrez’ Venus-Proömium zunächst die »NAtur« als »Göttin« und »erstgebornes kindt« (v. 1, 4, 2) Gottes an. An den Wahrheits- und novitas-Anspruch des Dichters schließt sich das Lob des Widmungsadressaten Johann Christian von Liegnitz-Brieg an, der die Hoffnung auf eine »newe[] sicherheit« und »freyheit« inmitten des »wilde[n] krieg[es]« bietet (v. 29, 34, 26). Den Übergang zum Hauptteil bildet eine Reflexion über Zweck und Bedeutung der Naturwissenschaften. Durch Naturbeobachtung »Mitt augen der vernunfft« (v. 43) kann sich der Mensch der Weisheit Gottes versichern. Als animal rationale (v. 35: »das kluge thier«) und Mikrokosmos (v. 39: »kleine welt«) ist er zu Beherrschung und Betrachtung des Makrokosmos (v. 40: »Der großen [Welt]«) bestimmt. Naturwissenschaft ist dabei nicht Selbstzweck – schon die Vorrede kritisiert diejenigen, welche den prognostischen Wert von Natur- und Wunderzeichen allzu sehr relativierten. Aus dem ›Buch der Natur‹ (v. 71: »Die welt das große buch«) muss der Mensch vielmehr auf die Macht Gottes rückschließen.30 Daher ist das Eindringen in »die schoß | Vndt gründe der Natur« (v. 81 f.) keineswegs Hybris und curiositas, sondern die eigentliche Bestimmung des Menschen (v. 79: »Alßdann kan erst ein mensch sich einen menschen nennen«), welcher auf diese Weise alle irdischen Grenzen und Streitigkeiten zu überwinden und zu relativieren lernt.

Der Hauptteil des Gedichts setzt ein mit einer Beschreibung der Örtlichkeit (descriptio loci), der Landschaft »Campanien« und des Golfs von Sorrent (v. 103 f.), die – wie das gesamte Areal um den Vesuv – als Erinnerungslandschaft mit zahlreichen Reminiszenzen an klassische Figuren und Texte beschworen wird (v. 114: »Vndt wo Anchisen Sohn den weg zur höllen fandt«; v. 143 f.: »auch Maro wolte wißen | Hier seine todes–grufft bey dieses berges füßen«). Die Bemerkung, »daß doch alle gaben | Der gütigen Natur so viel gebrechen haben« (v. 151 f.), leitet über zur Darstellung der großen Plinianischen (vgl. v. 159), schließlich zur aktuellen Eruption (vgl. v. 168–170), in der das einfache Volk den Vorboten des Weltendes (v. 250: »der große tag«) gekommen sieht. »[D]es volckes hertzen zittern« (v. 264): Verzweifelt flüchten sich viele in die Kirchen, um vergeblich ihre Sünden zu beichten. Mit einem Binnenproöm (v. 275: »So fange Musa nun die vrsach an zue sagen«) leitet Opitz zur ausführlichen Darlegung der geologischen Ursachen der Katastrophe über. Die Erde habe Hohlräume (v. 303 f.: »Das erdtreich [...] Jst löcherig vndt hol«), in denen der Wind sich sammle und aufgrund unterschiedlicher Druckgefüge explosionsartig entlade (vgl. v. 331 f.). Zugleich gewinne das unterirdische Feuer durch Schwefel und Harze immer neue Nahrung und bringe zugleich neues Material hervor (Alaun, Bims, v. 440 ff.). Die dabei entstehenden Kräfte zerreißen »die schwachen glieder« (v. 469) des Berges, der als lebender Organismus mit »marck vndt beine[n]« (v. 476) dargestellt wird. In enger Anlehnung an das Aetna-Gedicht wird die Ignoranz im einfachen »volck« (v. 483) zurückgewiesen. Der Ausbruch zeige nicht das Chaos, sondern »ziehr vndt ordnung« (v. 503), welche die »schöne creatur⧸ die welt« (v. 502) noch in ihren extremen Erscheinungen bestimme (v. 522–524): »Diß alles ist Natur; wir aber sindt so gar | Geblendet vndt verstockt⧸ daß wir in allen wercken | Des weisen Schöpffers macht vndt ordnung nimmer mercken«.31 Angesichts der Katastrophe kann Trost nur aus der richtigen Deutung der Ereignisse folgen. Diese stehen in einem Bezug zur Gegenwart des Lesers: »Dein Vesvius ist hier« (v. 563). Opitz ruft Bilder der vanitas auf, um Gelassenheit gegenüber dem Tod zu vermitteln: »Was soll die erde thun? wir kommen doch hinein« (v. 570). Dabei sind Naturkatatstrophen keineswegs »umsonst«, sondern signalisieren als »Propheten | Vndt boten« (v. 580 f.) den Willen Gottes. Die Frage, »Was diese newe glut des berges vns wil sagen« (v. 596), leitet über zum Schlussteil, der die Vesuv-Katastrophe als Zeichen und Strafe für die allgemeine Verwilderung (v. 670: »o barbarey!«) durch das »bürgerliche schwerdt« (v. 597) deutet: »Es drewet die Natur« (v. 656). Die Erfindung der Feuerwaffen zeigt die radikale Bosheit des Menschen (v. 626: »der böse mensch«), die sich in der Unterdrückung von Recht, Freiheit und »Gottes sache« (v. 661) manifestiere. Im Einklang mit Grotius (De jure belli ac pacis, 1625) betont Opitz: »So dencket daß der zweck des krieges einig gehet | Auff eintracht vndt vertrag: krieg ist des friedens knecht« (v. 664 f.). Der Text schließt mit einem Gebet an Christus, Gewalt und Krieg zu beenden und »freyheit« und »Versicherung der rhue« (v. 683, 686) zurückzubringen.

Bewertung und Deutung: Vesuvius stellt neben den TrostGedichten Opitz’ bedeutendste Kriegs- und Trostdichtung dar. Mit ihr schließt er die Reihe der reflektierenden Alexandrinerdichtungen ab, zu denen auch Zlatna oder Vielguet zählen. Für den Dichter schien mit Vesuvius ein gültiges Modell des »heroisch getichte« erreicht. Hierin mag der Grund dafür liegen, dass Opitz nicht mehr auf die Form zurückkam. Die Forschung dagegen hat den Text lange Zeit kritisch bewertet.32 Leif Albertsen schreibt in seiner Geschichte des deutschen Lehrgedichts (1967), Opitz behandle in Vesuvius »auf eine heute spielerisch anmutende Weise Fragen […], die um tausend Jahre veraltet sind«.33 Richtig ist, dass Opitz seine naturkundlichen Überlegungen ausdrücklich »ex veterum maxime Philosophorum sententia« bezieht (Vorrede, § 21). Originalität wird nicht für die Wissensbestände angestrebt, sondern für Versifizierung und Verdeutschung.34 Bei den verarbeiteten Quellen handelt sich um antike Standardwerke zu Kosmologie, Physik und Geologie35, die im Jahr 1633 freilich noch keineswegs obsoletes Buchwissen darstellen, sondern auch von Vertretern der ›new science‹ wie Descartes oder Bacon rezipiert werden.36 Es geht – mit Opitz’ Hauptquelle Seneca gesprochen – um Naturales quaestiones. Im naturphilosophischen Lehrgedicht des 17. und 18. Jahrhunderts37 eröffnet sich ein Spannungsdreieck zwischen Poetik, Naturwissenschaft und Theologie.38 Alle drei Felder sind eng aufeinander bezogen und bedingen sich wechselseitig: Opitz entfaltet die geologischen Gründe des Vulkanismus im Zentrum des Textes. Vulkanismus ist ein Extremphänomen der Natur, das aber auf ganz natürliche Ursachen zurückgeht. Diese wissenschaftlichen Fragen besitzen jedoch nur relative Legitimität. Naturforschung soll vor allem religiöses Wissen vermitteln. Denn noch eine Natur im Ausnahmezustand ist Sprache bzw. Schrift Gottes im ›Buch der Welt‹. Als »erstgebornes kindt« (v. 2) besitzt sie »ziehr vndt ordnung« (v. 503), die es »[m]itt augen der vernunfft« (v. 43) zu erkennen gilt. Diese proto-rationalistische Haltung ist nicht durch die ›new sciences‹ inspiriert, sondern durch die Tradition des Lukrezischen Lehrgedichts mit seinem oben beschriebenen Gattungshabitus. Literarische Tradition und wissenschaftliche Innovation konvergieren in ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Volksglauben. Über allem steht der Glaube an eine göttliche Weltordnung, die teleologisch auf den Menschen ausgerichtet ist. Die Theodizee-Problematik lässt sich durch rechte Lektüre im liber naturae lösen. Opitz verleiht der Vorstellung von der Lesbarkeit der Welt somit besonderen Nachdruck. Wie bei Brockes ein Jahrhundert später dient sie als apologetisches Argument, welches das Studium der Natur gegen den Vorwurf der curiositas immunisieren soll.39

Dem poeta philologus Opitz leuchtet die Metapher vom ›Buch der Natur‹ besonders ein; sie setzt sich in der Inszenierung des Textes fort.40 Denn Opitz stellt seinen Autorkommentar nicht ans Ende seines Gedichts (wie etwa in Zlatna oder Vielguet41), sondern rückt ihn abschnittsweise in den Text ein. Paratext wird in Intratext verwandelt. Der Leser kann so die Wissensbestände und ihre Versifikation aufeinander beziehen. Im Hinblick auf die Leitmetapher vom ›Buch der Natur‹ ergibt sich damit eine doppelte Exegese: Das »Buch der Welt« wird von einem Buch (Vesuvius) ausgelegt, das wiederum durch einen Kommentar ausgelegt wird.42 Der Dichter ist zugleich Philologe, Interpret und Prediger. Dabei ist das Verhältnis von poetischer Form und wissenschaftlichem Gehalt nicht unproblematisch. Die gattungstypische Zurückweisung des Volksaberglaubens (an den Opitz in der Vorrede durchaus appelliert!) und die Polemik gegen die mythologischen Erfindungen der Dichter verhindern nicht, dass Opitz über weite Strecken die Natur anthropomorphisiert und auf den Spuren des Venus-Proömiums von De rerum natura die »Göttin« Natur anruft. Theologisch ist Opitz’ Naturphilosophie völlig unbedenklich; sie hält sich von allem Pantheismus fern und folgt streng der biblischen Schöpfungstheologie: Natur (die Schöpfung) ist das »erstgeborne[] kindt« (v. 2) Gottes, dann aber auch »muter dieser dinge« (v. 3), die zwar nach eigenen Gesetzen, aber stets im Auftrag und als Medium Gottes handelt. Nicht nur in dieser Hinsicht ist Vesuvius ein ›Anti-Lukrez‹ des 17. Jahrhunderts. Entschieden stellt sich Opitz gegen Lukrez’ These von einer schuldbeladenen, ›stiefmütterlichen‹ und greisenhaft unfruchtbaren Natur (De rerum natura 2, 1150 bzw. 6, 843: »effetaque tellus« bzw. »tellus effeta calore«), die dem Menschen gleichgültig und abweisend gegenüberstehe (De rerum natura 2, 180 f.: »nequaquam nobis divinitus esse creatam | naturam mundi«). Für Opitz dagegen gilt, dass die Natur »niemals also sehr nicht kan erschöpffet werden⧸ | Daß sie nicht wieder sich auffs newe selbst gebiehrt« (v. 480 f.). Im Horizont der vanitas-Topik steht dagegen der Ausruf: »o daß doch alle gaben | Der gütigen Natur so viel gebrechen haben⧸ | So mißlich allerseits vndt vnvollkommen sindt« (v. 151–153). Der Topos von der »Erde als Lebewesen« (vgl. De Aetna, v. 98 f.) oder als »Säugmutter« (nutrix) ist antik, findet jedoch im alchemistischen Schrifttum neue Verbreitung, etwa in Michael Maiers alchemistischer Emblemsammlung Atalanta fugiens (1617).43 Aber die Natur kann auch dämonische Züge annehmen. In den Passagen, die sich dem Ausbruch selbst widmen, erscheint sie als »dieses große thier« (v. 314), das »stets entweder was gebiehret | Vndt zeuget« (v. 307 f.) und analog zum menschlichen Körper »den athem schöpffen kan⧸ | Vndt blut vndt adern regt« (v. 314 f.) oder »trächtig vmb vndt an in schönen wiesen liegt« (v. 145). So bekämpft Opitz auf den Spuren des Lukrez die Dichter-Mythologie, um sie dann selbst fortzusetzen – dies gilt insbesondere in den zahllosen Hinweisen auf die klassische Götterwelt, die als humanistischer Ornat über den Text verteilt werden.44

Rezeption: Opitz’ Anspruch, als erster deutscher Dichter in der Volkssprache »poetisch« über naturwissenschaftliche Themen gehandelt und damit einer »newen Bahn« vorgearbeitet zu haben, hat sich in der Rezeption zum Topos verfestigt. Vesuvius ist ein Meilenstein in der Geschichte des deutschsprachigen Lehrgedichts. Diese Pionierleistung wurde von den Zeitgenossen sogleich erkannt und gewürdigt: Eine frühe Reaktion auf die Zusendung des Gedichts (zugleich ein terminus ante quem für die Abfassung) findet sich in der Antwort Augustus Buchners vom 26. März 1633: »Göttlich ist das Gedicht und schlechterdings Deiner weitberühmten Gelehrsamkeit wie auch Deiner Begabung würdig, welche man nur mit wenigen Talenten vergleichen kann.«45 Über Verbreitung und Bedeutung des Gedichts im Bekanntenkreis gibt Matthias Bernegger am 2. September 1633 Auskunft:

Ende des Frühlings empfing ich Deinen Vesuvius, den ich, nachdem ich ihn ganz begierig gelesen hatte, anderen Freunden und vor allen unserem hochangesehenen Lingelsheim zum Lesen zur Verfügung gestellt habe, der die Opitzschen Köstlichkeiten so sehr kennt wie er nach ihnen dürstet. Weder schäme ich mich, darüber verbreitete Urteile wiederzugeben, obschon es mir mißfällt, auch durch ehrliches Lob in den Verdacht der Schmeichelei zu geraten, noch entspricht es, wie ich meine, Deinem aufrichtigen Charakter, dem gleich offen das Ohr zu leihen, was man gewöhnlich eher als Frucht eines herausragenden Talents und hoher Gelehrsamkeit im eigenen und im Bewußtsein anderer auffaßt, als daß man es auf Lobpreisungen welcher Art auch immer zurückführt. 46

Die weitere Rezeption ist mangels systematischer Erschließung der Gattungsgeschichte noch kaum sichtbar. Das naturwissenschaftliche Lehrgedicht des 17. Jahrhunderts steht in engstem Bezug zu Opitz. Unmittelbar von Vesuvius angeregt ist Christian Hoffmanns Alexandrinerepos Berg-Probe: Oder Reichsteinischer Göldner Esel (1659; gedr. Jena 1674), in dem das Berg- und Hüttenwesen um den Goldenen Esel, ein Bergwerk in den nördlichen Sudeten, ausgebreitet wird.47 Hier wird der alchemistische und naturmagische Hintergrund der ›Mutter Natur‹ bzw. ›Mutter Erde‹-Figuration offensichtlich: »Hir ist di stille Ruh⧸ fing die Berg–Göttin an⧸ | Da man di Unter–welt in Arbeit sehen kan⧸ | In diser tiffen Gruft⧸ in diser Felsen–Höle | Regiret der Befehl der mächtigen Cybele⧸ | Di alte Mutter wohnt bei jenem Erd–Altar«.48 Noch für Gottsched und seine Schweizer Antagonisten Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger ist Vesuvius der zentrale deutsche Beitrag zur Gattung Lehrgedicht. Breitinger rühmt Opitz in seiner Critischen Abhandlung von der Natur (1740) für seine »nachdrücklichen Gleichnisse« und belegt dies an einem Passus, in dem Vulkanausbruch und Krieg verglichen werden (v. 185–193).49 Auch in Breitingers Critischer Dichtkunst wird Vesuvius wiederholt als modellhaft zitiert, z. B. für seinen »mahlerischen Ausdruck«.50 1737 bietet ein anonymer Dichter (eventuell Gottsched selbst) im Versuch einer Critick über die Deutschen Dichter ein gelungenes Resümee wichtiger Themen aus Vesuvius:

So prächtig, wie dein Lob, ist sein Vesuvius,Hier schweigt Empedokles, hier schweigt Lucretius,Er dringt in Tiefen ein, durchkriecht die hohlen Klüfte,Verräth den ersten Grund der schwefelreichen Düfte,Jagt kühnlich den Vulcan aus seinem Sitz heraus,Und lacht das Fabelwerk von Typhons Kerker aus.Und höhnt die Sterblichen, die sich doch Weise nennen,Und weder die Natur, noch ihre Wirkung, kennen.

(Gottsched 1742, 179)

In Gottscheds Versuch einer critischen Dichtkunst ist Vesuvius das zentrale Muster des »dogmatischen Gedichts«:

Viel vernünftiger hat unser Opitz in seinen dogmatischen Poesien gehandelt. Er zeiget überall eine philosophische Stärke der Vernunft, einen großen Eifer für alles Gute, ein gesetztes männliches Herz, das die Eitelkeit der menschlichen Dinge verachtet, und den hohen Adel der Weisheit und Tugend allein hochschätzet.

(Birke / Birke 1973, 6, 2, 512)

Kritisch beurteilt wird jedoch die Anrufung der Göttin Natur und nachfolgend Apolls im Proömium von Vesuvius. Opitz hätte besser daran getan, ganz auf dieses Element zu verzichten oder sich, wie in den TrostGedichten, an Gott selbst oder den heiligen Geist zu wenden. Bekanntlich wird dann der Zürich-Leipziger Literaturstreit auch als Kampf um Opitz geführt.51 Daniel Wilhelm Triller, Gottscheds Konkurrent auch als Opitz-Herausgeber, schließt in seinem Lehrgedicht Geprüfte Pockeninoculation (1766) unmittelbar an Opitz’ Proömium und dessen Wahrheitsanspruch (»mit wahrheit schreiben«) an:

Natur! die jeder Arzt, nach GOtt, geziemend ehret,Dich red ich jezund an! gieb selbst in meine HandDie Waffen deiner Macht, und schärfe den Verstand,Daß ich dein eignes Werck beherzt und tapfer treibe,Und für dich, gründlich, wahr und überzeugend schreibe.52

Mit der Kritik des Lehrgedichts und der ›malenden Poesie‹, wie sie Lessing in Pope ein Metaphysiker! (1755) und im Laokoon (1766) vorträgt, gerät die Gattung Lehrgedicht in eine Krise, die durch die Autonomieästhetik verschärft wird. Dennoch wird Vesuvius weiter zitiert und in Anthologien aufgenommen.53 Noch im 19. Jahrhundert ist sein Ruhm als »das erste beschreibende Gedicht der Deutschen« unangefochten.54

Hinweis zur Kommentierung: Die Kommentierung von Vesuvius steht vor der besonderen Herausforderung, Opitz’ gelehrten Selbstkommentar (›Primärkommentar‹) mit dem wissenschaftlichen Kommentar (›Sekundärkommentar‹) abzugleichen und zu vereinbaren. Die Herausgeber haben sich daher für eine pragmatische, ›schlanke‹ Lösung entschieden, die ein Höchstmaß an Erschließung und Präzisierung garantiert, ohne die Edition (schon im Druckbild) zu überladen und die Lektüre zu erschweren. Der Autorkommentar bleibt als primäre Erschließungsstufe eng an den Text gebunden; seine Funktion als Zitatnachweis wird erhalten. Eine ausgreifende sekundäre Kommentierung der primären wird nicht angestrebt. Die bisweilen unscharfen oder irrigen Verweise v. a. auf klassische Texte werden ggf. im Apparat berichtigt oder ergänzt. Der Sekundärkommentar konzentriert sich auf Sachverhalte, die im Primärkommentar nicht zureichend erfasst werden. Die Wiedergabe der lateinischen und griechischen Belegtexte in Opitz’ Vesuvius ist in der Regel zuverlässig; gelegentlich fehlende oder vom heutigen Gebrauch abweichende griechische Akzente werden stillschweigend angepasst.55 Der Stellenkommentar zur lateinischen Vorrede profitiert durchgehend von der profunden Kommentararbeit in LW 3, 372–384.

Albertsen, Leif L.: Das Lehrgedicht. Aarhus 1967.

Bamberger, Gudrun: Netzwerk und Werkpolitik. Martin Opitz und der Zürcher Literaturstreit (Gottsched – Bodmer / Breitinger – Triller). In: Stefanie Arend / Johann Anselm Steiger (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Autorschaft, Konstellationen, Netzwerke. Berlin / Boston 2019, S. 343–366.

Becker-Cantarino, Barbara: Vesuvius. Poema Germanicum. Opitz und der Dreißigjährige Krieg. In: Dies. (Hrsg.): Martin Opitz. Studien zu Werk und Person. Amsterdam 1982, S. 501–518.

Blumenberg, Hans: Die Genesis der kopernikanischen Welt. 3 Bde. Frankfurt am Main 1996.

Braungart, Georg: Opitz und die höfische Welt. In: Thomas Borgstedt / Walter Schmitz (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt. Tübingen 2002, S. 31–37.

Bredekamp, Horst: Die Erde als Lebewesen. In: Kritische Berichte 9 (1981), S. 5–37.

Brosseder, Claudia: Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen. Berlin 2004.

Brzoska, Andreas: Absolutes Sein. Parmenides’ Lehrgedicht und seine Spiegelung im Sophistes. Münster 1992.

Buchwald, Wolfgang / Armin Hohlweg / Otto Prinz: Tusculum-Lexikon griechischer und lateinischer Autoren des Altertums und des Mittelalters. 3., neu bear. und erw. Auflage. München / Zürich 1982.

Busch, Stephan: Versvs balnearvm. Die antike Dichtung über Bäder und Baden im römischen Reich. Stuttgart 1999.

Capelle, Wilhelm: Erdbebenforschung. In: Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Supplement Bd. 4. Stuttgart 1924, Sp. 344–374.

Cunningham, William: Martin Opitz: Poems of Consolation in Adversities of War. Bonn 1974.

Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern / München 21954.

Detering, Nicolas: Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit. Köln u. a. 2017.

Dihle, Albrecht: Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit. Von Augustus bis Justinian. München 1989.

Dürr, Renate u. a. (Hrsg.): Religiöses Wissen im vormodernen Europa. Schöpfung – Mutterschaft – Passion. Paderborn 2019.

Eck, Werner: Tiberius. In: DNP 12 (2002), Sp. 531–536.

Effe, Bernd: Dichtung und Lehre. Untersuchungen zur Typologie des antiken Lehrgedichts. München 1977.

Fabian, Bernhard: Das Lehrgedicht als Problem der Poetik. In: Hans Robert Jauß (Hrsg.): Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Ästhetischen. München 1968, S. 67–90.

Falcone, Scipione: Speziale di medicina (Apotheker) Neapolitano, discorso naturale delle cause, ed effetti causati nel incendio del monte Vesuvio. Neapel 1632.

Gale, Monica: Latin epic and didactic poetry. Genre, tradition and individuality. Swansea 2004.

Garber, Klaus: Der Reformator und Aufklärer Martin Opitz (1597–1639). Ein Humanist im Zeitalter der Krisis. Berlin / Boston 2018.

Gasparini, Paolo / Silvana Musella: Un viaggio al Vesuvio. Il Vesuvio visto attraverso diari, lettere e resoconti di viaggiatori. Neapel 1991.

von Geisau, Hans: Parthenope 1. In: Der Kleine Pauly (KIP). Bd. 4. Stuttgart 1972, Sp. 532.

Georges, Karl Ernst: Ausführliches latein-deutsches Handwörterbuch. Bd. 2. Hannover 81918.

Gilbert, Otto: Die meteorologischen Theorien des griechischen Altertums. Leipzig 1907.

Gindhart, Marion: Das Kometenjahr 1618. Antikes und zeitgenössisches Wissen in der frühneuzeitlichen Kometenliteratur des deutschsprachigen Raumes. Wiesbaden 2006.

Gloy, Karen u. a.: Zeit. In: TRE 36 (2004), S. 504–554.

Gotthard, Axel: Das Alte Reich. 1495–1806. Darmstadt 2003.

Graf, Fritz: Flora. In: DNP 4 (1998), Sp. 561–562.

Graf, Fritz / Anne Ley: Apollon. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e128090 [19. 4. 2018].

Graf, Fritz: Amphinomos und Anapias. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e118720 [15. 5. 2018].

Grimm, Gunter E.: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland: Untersuchungen zum Wandel ihres Verhältnisses vom Humanismus bis zur Frühaufklärung. Tübingen 1983.

Gschnitzer, Fritz: Erasinos. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e400650 [19. 4. 2018].

Gulletta, Maria Ida / Dirk Steuernagel: Puteoli. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/ 10.1163/1574-9347_dnp_e1014910 [18. 4. 2018].

Hadot, Pierre: Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der Antike. Berlin 1991.

Häfner, Ralph: Götter im Exil. Frühneuzeitliches Dichtungsverständnis im Spannungsfeld christlicher Apologetik und philologischer Kritik (ca. 1590–1736). Tübingen 2003.

Häfner, Ralph: Das Subjekt der Interpretation. Probleme des Dichtungskommentars bei Martin Opitz: In: Jörg Schönert / Friedrich Vollhardt (Hrsg.): Geschichte der Hermeneutik und die Methodik der textinterpretierenden Disziplinen. Berlin / New York 2005, S. 97–118.

Hamel, Jürgen: Kepler, Galilei, das Fernrohr und die Folgen. In: Ders. / Karsten Gaulke (Hrsg.): Kepler, Galilei, das Fernrohr und die Folgen. Frankfurt am Main 2010, S. 9–34.

Henrichs, Albert / Balbina Bäbler: Zeus. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e12216820 [16. 3. 2018].

Hertzberg, Gustav Friedrich: Die Geschichte Griechenlands unter der Herrschaft der Römer. Halle 1866–1875.

Hien, Markus: Altes Reich und neue Dichtung. Literarisch-politisches Reichsdenken zwischen 1740 und 1830. Berlin / Boston 2015.

Hoffmann, Christian: Berg-Probe: Oder Reichsteinischer Göldner Esel [. . .]. Jena: Johann Bielcke / Samuel Krebs 1674.

Holzem, Andreas: Die Wissensgesellschaft der Vormoderne. Die Transfer- und Transformationsdynamik des ›religiösen Wissens‹. In: Steffen Patzold / Klaus Ridder (Hrsg.): Die Aktualität der Vormoderne. Epochenentwürfe zwischen Alterität und Kontinuität. Berlin 2013, S. 233–266.

Horster, Marietta / Christiane Reitz (Hrsg.): Wissensvermittlung in dichterischer Gestalt. Stuttgart 2005.

Horster, Marietta: Princeps Iuuentutis. Concept, realisation, representation. In: Stéphane Benoist u. a. (Hrsg.): Figures d’empire, fragments de mémoire. Pouvoirs et identités dans le monde romain impérial IIe s. av. n. è. – VIe s. de n. è. Lille 2011, S. 73–103.

Hünemörder, Christian / Volker Pingel: Koralle. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/ 10.1163/1574-9347_dnp_e620040 [19. 4. 2018].

Jahn, Bernhard / Jörg Robert: Barthold H. Brockes. In: VL 17, Sp. 851–878.

Johannsen, Nina: Parthenope. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org.pauly.emedia1.bsb-muenchen.de/10.1163/1574-9347_dnp_e908960 [28. 7. 2016].

Krafft, Maurice: Vulkane, Feuer der Erde. Ravensburg 1993.

Krämer, Olav: Poesie der Aufklärung. Studien zum europäischen Lehrgedicht des 18. Jahrhunderts. Berlin / Boston 2019.

Kruschwitz, Peter / Matthias Schumacher: Das vorklassische Lehrgedicht der Römer. Heidelberg 2005.

Kühlmann, Wilhelm: Alchemie und späthumanistische Formkultur – Der Straßburger Dichter Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633), ein Freund Moscheroschs. In: Daphnis 13 (1984), S. 101–135.

Kühlmann, Wilhelm: Der Jesuitendichter und die Naturkatastrophe. Bemerkungen zur Kombinatorik von Textklassen und Diskursen in Jacob Bidermanns poetischer Verarbeitung des Vesuvausbruchs von 1631 (Campanum, seu Vesuuius flagrans). In: Reinhold F. Glei / Robert Seidel (Hrsg.): ›Parodia‹ und Parodie. Aspekte intertextuellen Schreibens in der lateinischen Literatur der Frühen Neuzeit. Tübingen 2006, S. 209–240.

Kühlmann, Wilhelm: Wissen als Poesie. Ein Grundriss zu Formen und Funktionen der frühneuzeitlichen Lehrdichtung im deutschen Kulturraum des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin / Boston 2016.

Kuksewicz, Zdislaw: Das »Naturale« und das »Supranaturale« in der averroistischen Philosophie. In: Albert Zimmermann / Andreas Speer (Hrsg.): Mensch und Natur im Mittelalter. Bd. 1. Berlin / New York 1991, S. 371–382.

Luttikhuizen, Gerard P.: The Book of Elchasai: a Jewish Apocalypse. In: Aula Orientalis 5 (1987), S. 101–106.

Mahlmann-Bauer, Barbara: Poetische Darstellungen des Kosmos in der Nachfolge des Lukrez. Bruno – Kepler – Goethe. In: Thomas Leinkauf / Karin Hartbecke (Hrsg.): Der Naturbegriff in der Frühen Neuzeit. Semantische Perspektiven zwischen 1500 und 1700. Tübingen 2005, S. 109–196.

Maner, Hans-Christian: Martin Opitz in Siebenbürgen (1622–1623). Traum und Wirklichkeit fürstlicher Machtpolitik unter Gabriel Bethlen. Darstellung und Rezeption. In: Thomas Borgstedt / Walter Schmitz (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt. Tübingen 2002, S. 154–168.

Männlein-Robert, Irmgard: Griechische Philosophen in Indien? Reiseweg zur Weisheit. In: Gymnasium 116 (2009), S. 331–357.

Martin, Dieter: Barock um 1800. Bearbeitung und Aneignung deutscher Literatur des 17. Jahrhunderts von 1770 bis 1830. Frankfurt am Main 2000.

Martin, Dieter: Kometen in der deutschen Barockdichtung. In: Barbara Mahlmann-Bauer (Hrsg.): Scientiae et artes. Die Vermittlung alten und neuen Wissens in Literatur, Kunst und Musik. Bd. 1. Wiesbaden 2004, S. 425–444.

Martus, Steffen: Werkpolitik: zur Literaturgeschichte kritischer Kommunikation vom 17. bis ins 20. Jahrhundert; mit Studien zu Klopstock, Tieck, Goethe und George. Berlin / New York 2007.

Maurer, Wilhelm: Der junge Melanchthon zwischen Humanismus und Reformation. Bd. 1. Göttingen 1967.

Meid, Volker: Der Dreißigjährige Krieg in der deutschen Barockliteratur. Stuttgart 2017.

Meister, Klaus: Diodor [18]. In: DNP 3 (1997), Sp. 592–594.

Miller, Jon: Grotius and Stobaeus. In: Hans W. Blom (Hrsg.): Property, Piracy and Punishment. Hugo Grotius on War and Booty in De iure praedae. Concepts and Contexts. Leiden 2009, S. 104–126.

Mittelstraß, Jürgen: Bildung und ethische Maße. In: Nelson Killius / Jürgen Kluge / Linda Reisch (Hrsg.): Die Zukunft der Bildung. Frankfurt am Main 2002, S. 151–170.

Modersohn, Mechthild: Natura als Göttin im Mittelalter. Ikonographische Studien zu Darstellungen der personifizierten Natur. Berlin 1997.

Müller, Jan-Dirk: Gedechtnus. Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I. München 1982.

Müller-Jahncke, Wolf-Dieter: Astrologisch-magische Theorie und Praxis in der Heilkunde der Frühen Neuzeit. Stuttgart 1985.

Murphy, Alexandra R.: Visions of Vesuvius. Boston 1978.

Neubauer-Petzoldt, Ruth: Hephaistos. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart / Weimar 2008, S. 318–321.

Orientius: Commonitorivm Nunc primum typis excusum; emendatum et Notulis illustratum a Martino Delrio [. . .]. Antwerpen: Ioach Trognaesium 1600.

Orientius: Commonitorivm Herum emendatum [. . .]. Antwerpen: Arti Taberniel 1604.

Pappalardo, Umberto: Capua. In: DNP 2 (1997), Sp. 977–980.

Parra, Maria Cecilia: Crathis. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e307880 [19. 4. 2018].

Pfeiffer, Jens: Contemplatio Caeli: Untersuchungen zum Motiv der Himmelsbetrachtung in lateinischen Texten der Antike und des Mittelalters. Hildesheim 2001.

Piccione, Rosa Maria / David T. Runia: Stobaios. In: DNP 11 (2001), Sp. 1006–1010.

Pischon, Friedrich August: Denkmäler der deutschen Sprache von den frühesten Zeiten bis jetzt. Eine vollständige Beispielsammlung zu seinem Leitfaden der Geschichte der deutschen Literatur. Dritter Theil, welcher die Zeit vom Jahre 1620 bis 1720 umfaßt. Berlin 1843.

Ramler, Karl Wilhelm: Einleitung in die schönen Wissenschaften. Nach dem Französischen des Hrn. Batteux, mit Zusätzen vermehret [. . .]. Bd. 3. Wien 1770.

Reiser, Thomas: Mythologie und Alchemie in der Lehrepik des frühen 17. Jahrhunderts. Die Chryseidos Libri IIII des Straßburger Dichterarztes Johannes Nicolaus Furichius (1602–1633). Berlin / New York 2011.

Riccio, Luigi: Nuovi documenti sull’incendio Vesuviano dell’anno 1631 e bibligrafia di quella eruzione. In: Archivio storico per le province napoletane 14 (1889), S. 489–555.

Richter, Dieter: Der Vesuv. Geschichte eines Berges. Berlin 2007.

Robert, Jörg: Martin Opitz und die Konstitution der Deutschen Poetik. Norm, Tradition und Kontinuität zwischen Aristarch und Buch von der Deutschen Poeterey. In: Euphorion 98 (2004), S. 281–322.

Robert, Jörg: Martin Opitz: Vesuvius Poema Germanicum (1633). In: Roland Borgards u. a. (Hrsg.): Literatur und Wissen. Stuttgart 2013, S. 301–305.

Robert, Jörg: »geschwiester Kinder«. Bildtheorie und Paragone bei Martin Opitz. In: Ders. (Hrsg.): Intermedialität in der Frühen Neuzeit. Berlin / Boston 2017, S. 322–346.

Robert, Jörg: Poetische Naturwissenschaft. Martin Opitz’ Lehrgedicht Vesuvius (1633). In: Daphnis 46 (2018), S. 188–214.

Rosenau, Hartmut: Natur. In: TRE 24 (2000), S. 98–107.

Schanz, Martin: Geschichte der römischen Litteratur bis zum Gesetzgebungswerk des Kaisers Justinian. Bd. 4, 1: Die römische Litteratur von Constantin bis zum Gesetzgebungswerks Justinians. Die Litteratur des vierten Jahrhunderts. München 1904.

Schreiber, Mathias: Gottesmann im Harnisch. Strategisch klug stärkte Kardinal Richelieu die Position Frankreichs – erst im Inneren dann europaweit. In: Dietmar Pieper / Johannes Saltzwedel (Hrsg.): Der Dreißigjährige Krieg. Europa im Kampf um Glaube und Macht 1618–1648. München 2013, S. 198–209.

Schreurs, Anna: Der Vesuvausbruch von 1631, ein Spektakel auf der Weltbühne Europa. Anmerkungen zu Joachim von Sandrarts Beitrag zum Theatrum Europaeum von Matthäus Merian. In: metaphorik.de 14 (2008), S. 297–332.

Schuler, Robert M.: Francis Bacon and Scientific Poetry. Philadelphia 1992.

Schück, Robert: Gelegenheitsgedicht von Martin Opitz. In: Archiv für die Geschichte deutscher Sprache und Dichtung 1 (1874), S. 523–525.

Senff, Reinhard / Johannes Niehoff: Paphos. In: DNP online 2006 http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e628060 [18. 4. 2018].

Sigurdsson, Haraldur: Melting the Earth. The history of Ideas on Volcanic Eruptions. New York / Oxford 1999.

Singer, Bruno: Die Fürstenspiegel in Deutschland im Zeitalter des Humanismus und der Reformation. München 1981.

Soranzo, Matteo: Poetry and Identity in Quattrocento Naples. New York 2016.

Stein-Hölkeskamp, Elke: Das römische Gastmahl. Eine Kulturgeschichte. München 2005.

Steinmetz, Karl-Heinz: Mystische Erfahrung und mystisches Wissen in den mittelenglischen Cloudtexten. Berlin 2005.

Triller, Daniel Wilhelm: [. . .] Geprüfte Pockeninoculation [. . .]. Frankfurt / Leipzig: Johann Georg ­Fleischer 1766.

Urbano, Giorgi: Scelta di poesie nell’incendio del Vesuvio. Rom: Francesco Corbettetti 1632.

Volkmann, Hans: Princeps iuventutis. In: Der Kleine Pauly. Bd. 4. Stuttgart 1972, Sp. 1140.

Walter, Axel E.: Späthumanismus und Konfessionspolitik. Die europäische Gelehrtenrepublik um 1600 im Spiegel der Korrespondenzen Georg Michael Lingelsheims. Tübingen 2004.

Weber, Wolfgang: Prudentia gubernatoria. Studien zur Herrschaftslehre in der deutschen politischen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts. Tübingen 1992.

Wels, Volkhard: Kunstvolle Verse. Stil- und Versreformen um 1600 und die Entstehung einer deutschsprachigen ›Kunstdichtung‹. Wiesbaden 2018.

Werle, Dirk: »Ich singe, wie der Vogel singt« – Bestimmung der Lyrik von Goethe bis Opitz. In: Jörg Robert (Hrsg.): Intermedialität in der Frühen Neuzeit. Formen, Funktionen, Konzepte. Berlin / Boston 2017, S. 116–136.

Werle, Dirk: Das carmen heroicum und der Krieg. Martin Opitz’ Ratispona in libertatem vindicata (1633). In: Daphnis 47 (2018), S. 238–254.

Wüst, Ernst: Oibalos 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Bd. 17. Stuttgart 1937, Sp. 209.

Zacharias, Friedrich Wilhelm: Auserlesene Stücke der besten deutschen Dichter von Martin Opitz bis auf gegenwärtige Zeiten. Mit historischen Nachrichten und kritischen Anmerkungen versehen von Friedrich Wilhelm Zachariä. Bd. 1. Braunschweig: Fürstliche Waisenhaus-Buchhandlung 1766.

Zittel, Claus: La terra trema. Unordnung als Thema und Form im frühneuzeitlichen Katastrophengedicht (ausgehend von Opitz: Vesuvius). In: Zeitsprünge. Forschungen zur frühen Neuzeit 3 (2008), S. 385–427.

1 Eine recht ausführliche Beschreibung der komplizierten Drucklage findet sich bei Trunz, 2, *6 f.

2 Zum Folgenden vgl. ausführlicher Robert 2018; Robert 2013.

3 Zitiert nach Krafft 1993, 138.

4 Zu bildlichen Darstellungen umfassend Schreurs 2008; Murphy 1978.

5 Z. B. Discurs Von den brennenden Berg Vesuvio, oder Monte di Soma, Ob derselbe in vorigen zeiten auch gebrunnen ⧸ und was solcher Brunst Ursach seyn möge. Nürnberg 1632; Falcone 1632.

6 Vgl. Richter 2007; Gasparini / Musella 1991; Riccio 1889; Urbano 1632.

7 Vgl. Münkler 2017, 562; zu Vesuvius im Kontext des Dreißigjährigen Krieges vgl. Becker-Cantarino 1982.

8 Vgl. Vorrede zu TrostGedichte (GW 1, 190).

9 Vgl. Werle 2018; Werle 2017.

10 Vgl. Horster / Reitz 2005; Kruschwitz / Schumacher 2005, 7–17; Gale 2004; Brzoska 1992; Effe 1977. .

11 Vgl. Kühlmann 2007 [2000], 393–397.

12 Birke / Birke 1973, 6, 2, 499 ff. (Anhang 2, 1, 8: »Von dogmatischen Gedichten«). Gottsched verweist in diesem Zusammenhang auf Henricus Stephanus’ Sammlung antiker Lehrgedichte, die den Titel Poesis philosophica (Genf 1573) trägt.

13 Vollhardt 2012, 127.

14 Häfner 2003, 203. Nach Schmidt 1938. Zur Bestimmung der Gattung und zur frühneuzeitlichen Geschichte grundlegend Kühlmann 2016.

15 Fuhrmann 1982, 6.

16 »Daher kann man das didaktische Gedicht überhaupt beschreiben: die Wahrheit in Verse gebracht; und, zum Gegensatz, die andre Gattung der Poesie: die Erdichtung in Verse gebracht« (Ramler 1770, 95).

17 Vgl. Fabian 1968, 68–89.

18 Grimm 1983, 209.

19 GW 2, 1, 347.

20 Vgl. Grimm 1983, 214.

21 Opitz geht davon aus, dass die Zuschreibung an Cornelius Severus möglicherweise falsch ist; vgl. Autorkommentar zu »der trächtig vmb«: »Severus, oder wer sonst deßelbigen Getichtes Autor ist« (K 128). An anderer Stelle schlicht: »Autor Aetnae« (K 175). Wahrscheinlich benutzt Opitz die Ausgabe von Joseph Scaliger (Leiden 1573). Vgl. Kühlmann 2006, 212. Als Bezugspunkt dient im Folgenden die kritische Ausgabe des Aetna-Gedichts in Appendix Vergiliana, hrsg. von Clausen u. a. 1966, 37–76.

22 Vgl. Grimm 1983, 213.

23 Vgl. Hadot 1991.

24 »Verfügungswissen ist ein Wissen um Ursachen, Wirkungen und Mittel; es ist das Wissen, das Wissenschaft und Technik unter gegebenen Zwecken zur Verfügung stellen. Orientierungswissen ist ein Wissen um gerechtfertigte Zwecke und Ziele.« Mittelstraß 2002, 164.

25 Ausführlich Garber 2018, 668–676; LW 3, 369–384.

26 Vgl. Walter 2004, 325; Garber 2018, 637 f.

27 Vgl. Clausen u. a. 1966, 140–142.

28 Vgl. die Gliederung bei Becker-Cantarino 1982, 504 f.

29 Dazu Robert 2013; zum Begriff des ›religiösen Wissens‹ eingehend Dürr u. a. 2019 sowie ­Holzem 2013.

30 Wie später bei Brockes steht Ps 104, 24 legitimierend im Hintergrund: »HERR wie sind deine Werck so gros vnd viel? Du hast sie alle weislich geordnet⧸ Vnd die Erde ist vol deiner Güter«.

31 Zur Dialektik von Ordnung und Chaos vgl. Zittel 2008.

32 Vgl. Zittel 2008, 388–391.

33 Albertsen 1967, 84.

34 Schon Grimm 1983 konstatiert, 214: »Bei der Betrachtung des Quellenkatalogs fällt das Fehlen moderner Autoren auf.«

35 Vgl. Sigurdsson 1999; Capelle 1924; Gilbert 1907.

36 Vgl. Grimm 1983, 215: »Denn tatsächlich hatte die Vulkanologie seit der Antike bis zum 17. Jahrhundert keinen Fortschritt erzielt. Die beiden wichtigsten antiken Theorien stammten von Plato und von Aristoteles.« Vgl. auch Mahlmann-Bauer 2005; Schuler 1992.

37 Vgl. Krämer 2019.

38 Vgl. Robert 2013, 303.

39 Vgl. Jahn / Robert 2019.

40 Vgl. Robert 2018, 18–24; Zittel 2008, 391–398 (mit Abbildungen).

41 Vgl. GW 4, 1, 394–412.

42 Vgl. Robert 2017, 208.

43 Vgl. Wels 2018, 149–194; Bredekamp 1981, 12–14. In diesen Kontext gehören die Chryseidos libri IIII Sive poema de lapide philosophorum des Johann Nicolaus Furichius (Straßburg 1631). Vgl. Reiser 2011; Kühlmann 1984, 101–135.

44 Zum ideengeschichtlichen Zusammenhang der Mythologiekritik vgl. Häfner 2003, 200–224.

45 BW 2, ep 330326: »divinum illud, et dignum plane cum eruditione tua clarissima, tum ingenio, quod cum paucis compararj potest, serio tandem me docuerunt.«

46 BW 2, ep 330902: »Sub exitu veris accepi Vesuuium tuum, quem auidissime lectum, cum aliis amicis, tum ante omnes amplissimo Lingelshemio nostro, deliciarum Opitianarum vt sitientissimo, ita scientissimo, legendum exhibui. Iudicia de eo lata nec referre mei pudoris est, cui vel veris laudibus adulationis suspicionem incurrere displicet; nec, vt opinor, at aures aequo animo admittere, tuae ingenuitatis, quae fructum excellentis ingenii doctrinaeque in sua ipsius aliorumque conscientia potius quam praeconiis quibuscumque reponere solet.«

47 Vgl. Albertsen 1967, 115.

48 Hoffmann 1674, C1v (v. 440–443).

49 Vgl. Windfuhr 1967, 74.

50 Bender 1966, 2, 429.

51 Vgl. Bamberger 2019; Martus 2007, 24.

52 Triller 1766, 3.

53 Vgl. Zacharias 1766, 112 ff.

54 Pischon 1843, 46. Noch um 1800 werden Motti aus Vesuvius gewählt. Vgl. Martin 2000, 487 ff.

55 Um dem Leser die Orientierung in der komplexen Text-Kommentar-Struktur zu erleichtern, geben wir in Antiqua gesetzte Abschnitte (v. a. lateinische Zitate sowie Belege) in Opitz’ Autorkommentar ausnahmsweise kursiv wieder.




Zitierempfehlung:

, , in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

, , in: und (Hrsg.),