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Ode Germanica
.1 Hoc etiam gracili
.2 Künfftig wil ich
MART. OPITII | ODE GERMANICA | AD MAECENATEM SUUM. | SUB INITIUM ANNI. | [Linie, 11,3 cm] | Vratislaviae Typis Bau- mannianis.
4°: A Exemplare: Breslau 4 V 64/24 und 4 E 515/49
Der Druck dieser beiden Neujahrgedichte ist schlicht und fast schmucklos. Für die Anfänge wurden Initialen verwendet; am Ende findet sich ein Schmuckstück, das Baumann häufig benutzte, eine dreieckige Arabeske. Während die drei Zeilen der Anschrift und die acht des lateinischen Gedichtes Bl. A1b füllen, mußte für die vier- zehn Strophen des deutschen Gedichtes eine größere Type gewählt werden, um die Blätter A2a bis A4a auszunutzen; A4b blieb unbe- druckt. Auf Bl. A1b und A2b fehlen die Kustoden.
Diese zwei Gedichte sind in der Darbietungsart mit den zwei von Werk 84 zu vergleichen: ein lateinischer Vorspann und ein deutsches Gedicht dort wie hier. Nr. 84.2, »Genung/ O Heldt/ genung!«, wurde in die Sammlung C und F übernommen; die beiden Gedichte von Nr. 124 wurden jedoch nicht wiederholt. Über die Gründe dafür fehlt jegliche Auskunft. Gellinek 199 liest besonders aus den Zz. 43–60 heraus, daß Opitz gewisse Mißhelligkeiten beseitigen wollte, die in- folge von Dohnas Insistenz auf rasche Übersetzung von Grotius’ Bewys zwischen ihm und seinem Dienstherrn entstanden waren.
Hrsg. dankt Herrn Dr. Wolfram Steude, Dresden, für gütige Mit- teilung über die Beteiligung der von Dohnas an der Elbbrücke.
Ad Celsissimum Dn. Dn.
CAROLVM ANIBALEM
Burggravium Dohnanum.
[.1]
HOc etiam gracili deductum pectine carmen
Accipe, sed laeta, magne Patrone, manu.
Plura tuo Vati Fatum negat et sua pauper
Dum dat divitibus munera, dando petit.
5 Ac, quamvis sileam, tamen haec labentis origo
Temporis officii nos ait esse reos:
Nam mea cum totum requies tibi debeat annum,
Anni principio velle tacere, probrum est.
[.2]
KUnfftig wil ich etwas singen/
Annibal du werther Heldt/
Von den Ritterlichen Dingen
Welche die gelehrte Welt
5 Bißlich für der Zeit verschwiegen/
Vnd noch jetzt beschattet liegen.
Phebus wird die Feder spitzen
Die mich bringet an den Tag/
Vnd mir meine Brust erhitzen
10 Daß ich dein Geschlechte mag
In ein solches Zeitbuch schreiben
Welches ewig kan bekleiben.
Erstlich wird sein außzubreiten
Wie der Ritter Aloys
15 Zu deß grossen Karlen Zeiten
Rhodans schnellen Strom verließ/
Vnd den Stamm auß dem du kommen
Mit sich hat hieher genommen.
An der Seiten sol jhm stehen
20 Kunrath sein berühmter Sohn
Welchen Ludwig zu erhöhen
Für der strengen Tugendt lohn
Mit dem Namen hat begabet
Den jhr grossen Leute habet.
25 Auch die Elbe wird den Rucken
Selber legen für euch hin/
Vnd sich mit der starcken Brucken
Willig lassen vberziehn
Die noch heute steht geziehret
30 Mit dem Schilde den jhr führet.
Hier dann sollen ewre Siege/
Ewrer rechten Sache schein/
Vnd der Außgang strenger Kriege/
Glück vnd Fall verfasset sein/
35 Vnd was sonst von hohem Wesen
Werth vnd würdig ist zu lesen.
Doch wird sonderlich für allen
Deines Vatern reicher Preiß
Helle Stralen lassen fallen/
40 Dem dein Standt nichts gleiches weiß/
Wann nicht deine Gaben theten
Die noch grössern Fußpfadt tretten.
Dieses soll mein Kummer werden
Wo du gnädig/ als du thust/
45 Ausser müh der eiteln Erden
Setzest meiner Bücher Lust/
Daß ich keines Hand darff küssen
Der von Tugendt nichts wil wissen.
Jetzt bringt Janus diesen Morgen
50 Vns ein newes Jahr anher/
Darumb laß vns alle sorgen
Schicken auff das wilde Meer/
Daß die kleine Welt sich frewet
Nun die grosse sich ernewet.
55 Weil die Felder ruhig werden/
Weil das Wasserfell der Schnee/
Vnd das Eiß das Band der Erden
Vberdecken Land vnd See/
Ey so laß vns auch vergraben
60 Was wir für Gedancken haben.
Schawe wie die güldne Sonne
Den bereifften Zoten mahlt/
Wie sie höher steigt für Wonne/
Vnd den Erdenkreiß bestralt/
65 Der sich nicht wil ferner lassen
Von der langen Nacht vmbfassen.
Sey gegrüsst/ du quell der Tage/
Vnd verleihe/ Vater Jan/
Daß sich alle Landesklage
70 Auff dein Newjahr schliessen kan/
Auff dein Newjahr das dem Leben
Soll ein newes Glücke geben.
Fülle mit gesundem Winde
Vnser Wartenbergerfeldt
75 Daß die Pest sich nicht mehr finde/
Derer Furcht vns hinterhelt
Daß wir Dörffer/ Stadt vnd Awen
Eine gute Zeit nicht schawen.
Schaffe daß nach diesem Jahre
80 Mein Mecenas deinen Tag
Offtermals mit greisem Haare
Frisch vnd frölich sehen mag/
Biß er zum Gestirn entweichet
Da sein Ruhm schon jetzt hin reichet.