Wie wol doch wiederfehret

[Druckausgabe S. 586]

121
  • Sz 117
  • Dü 117
  • 1630

    Wie wol doch wiederfehret

    Trawer- vnd TrostGetichte Vber dem Christlichen vnd Seligen Ab- schiedt Der ... Fürstin vnd ... Frawen Annen Magdalenen/ Hert- zogin zu Münsterberg ... zur Oelssen vnd Bernstadt/ geborner Pfaltzgräfin bey Rhein ... Gedruckt zu Breßlaw/ durch Georgium Baumann.

    4°: 436 S. Exemplar: Breslau 4 F 1245

    Anna Magdalena war die Tochter von Georg Gustav, Pfalzgrafen bei Rhein zu Zweibrücken. Sie war am 19. März 1602 zu Lauterek- ken (Pfalz) geboren, die Hochzeit mit Herzog Heinrich Wenzel (1592–1639) hatte am 7. Nov. 1617 stattgefunden und am 19. März 1631 war sie zu Bernstadt gestorben; die Beisetzung geschah am 22. Oktober. Martin Kirstenius hielt die Leichenpredigt. Die um- fangreiche Leichenschrift enthält weitere poetische Beiträge von N. Henelius, E. Major, C. Colerus, Roman Schmid, dem Leibarzt Georg Rumbaum, J. Schickfuß et al. Daten bei Grotefend, Tafel XIV.

    In dem oben genannten Druck steht dies Gedicht (ohne Über- schrift aber mit der Ziffer II.) auf Bl. B1b bis B4b. In F II findet es sich als viertes im Dritten Buch der Poetischen Wälder: Über Leich- begängnisse.

    Hoffmann von Fallersleben (Weimar. Jb. III [1855], 140–42) be- spricht das Gedicht in positiver Weise und druckt neun der dreizehn Strophen ab. Gellinek 249/50 zitiert vier Strophen und weist u. a. darauf hin, daß auch in einem nichtalexandrinischen Gedicht Er- sparungsreihen auftreten können.

    WIe wol doch wiederfehret
    Dem dem zu solcher Zeit
    Sein Stündlein ist bescheret/
    Wann er der Völcker Streit/

    Sachanmerkung Sachanmerkung Sachanmerkung
    [Druckausgabe S. 587]

    5 Den Lauff der Welt betrachtet/
    Vnd härtet seinen Sinn
    Daß er den Todt nicht achtet/
    Läufft jhm entgegen hin.


    Der zu dem Städte-Brande
    10 Ein Christenhertze bringt/
    Vnd nach dem Vaterlande
    Da kein Feind einkömpt ringt;
    Der deß Gebethes stücke
    Pflantzt für die Himmelßstadt/
    15 Vnd weichet nicht zurücke
    Biß er das Jawort hat.


    Er ist schon hier im Hertzen
    Der Lust vnd Frewden voll
    Darzu kein Leyd noch Schmertzen
    20 Sich jemals dringen soll:
    Vnd wann es so weit kommen
    Daß nun die Vhr ist auß/
    So wird er auffgenommen
    In seines GOttes Hauß.


    25 Da weidet sein Gemüte
    Sich mit der Göttligkeit/
    An derer Huld vnd Güte
    Es schon hieng für der Zeit:
    Da sieht er wie die Kronen
    30 Vnd Zepter mißlich sind/
    Wie dieses wo wir wohnen
    Nichts sey als Rauch vnd Wind.


    Du auch/ du Licht der Frawen/
    O Heldinn/ Bild der zucht/
    35 Wann du hast müssen schawen
    Der Freyheit schnöde flucht/

    + + +
    [Druckausgabe S. 588]

    Die zeit in der wir leben/
    Der dinge blinden schein/
    So hast du dich ergeben
    40 Deß Lebens saat zu seyn.


    Du auch bist hin versetzet
    In eine solche Schar
    Die sich mit dem ergetzet
    Der bleibt/ vnd ist/ vnd war/
    45 Der dir hat angeleget
    Den Rock der Ewigkeit
    Der keine Hitze träget/
    Vnd den kein Trost beschneyt.


    Du darffst nun nicht mehr fragen
    50 Was vmb den schönen Rheyn
    Sich etwan zugetragen/
    Der jetzt muß dienstbar seyn/
    Ob deinem Vaterlande
    Was newes ist bestimmt/
    55 Ob an der Mosel strande
    Ein frembdes Fewer glimmt.


    Du darffst nicht weiter sehen
    Wie auff diß arme Land
    So wilde Stürme wehen/
    60 Vnd drewen Mord vnd Brand/
    Wie so viel werthe Fürsten
    Im Streiten vntergehn/
    Wie wir nach Blute dürsten
    Nach Feind’ vnd Freunde stehn.


    65 Wo durch deß Himmels schwellen
    Ein Kummer jemals dringt/
    So jammert dich der Wellen/
    Der Flut die vns vmbringt/
    +

    [Druckausgabe S. 589]

    Deß Reiches das vertirbet
    70 Durch Mistrew/ Haß vnd Wahn/
    Der Welt die allzeit stirbet
    Vnd nie ersterben kan.


    Das du bist weggenommen
    In jene grosse Stadt/
    Ist von der Vnschuld kommen
    75 Die dich begleitet hat/
    Von Frömmigkeit/ von Gaben
    Der Demut vnd Geduldt/
    Die dir verliehen haben
    Der Leuth’ vnd Götter Huldt.


    80 Du vnerschöpfftes Wesen/
    Du Anfang ohne Zeit/
    Du hast dir außerlesen
    Der Fürstin Frömigkeit/
    Sie in der Jugend Jharen
    85 Geführet zu dir ein/
    Das Leid nicht zuerfahren
    Das wir verdient allein.


    O Vater/ laß doch schwinden
    Der Waffen Vngemach;
    90 Du zürnest mit den Sünden/
    Vnd giebst doch güttig nach:
    Nihm an der Fromen Flehen/
    Setz’ außer der Gefahr
    Vnd laß in Frieden sehen
    95 Stadt/ Feldt/ Herdt vnd Altar.


    Gieb daß der Trost deß Landes/
    Der Held den du gesetzt
    In Leidt deß Witwerstandes/
    Doch werde sonst ergetzt/

    + + +
    [Druckausgabe S. 590]

    100 Laß gnädig vmb Ihn schweben
    Der Wolfarth süsse Rhue/
    Vnd setze seinem Leben
    Der Fürstinn Jahre zue.

    Martin Opitz.

    +



    Zitierempfehlung:

    Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

    Zitierempfehlung der Druckausgabe:

    Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),