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Laß mich eins auß den Hündlein sein.
Druck X: Zweispaltiger Einblattdruck, einseitig bedruckt. Inner- halb eines oben und an den Seiten aus einfachen, unten aber aus doppelten Zierleisten zusammengesetzten Rahmens stehen zwei Ge- dichte, links das lateinische Original (aus der Kursive gesetzt), rechts Opitz’ Übersetzung (aus der Fraktur). Zwischen den Gedich- ten eine breite Vertikalleiste. In der Mitte oben, unter der Horizon- talleiste des Rahmens, die für beide Überschriften geltenden Worte O JESU. Unterhalb der Gedichte eine dünne Linie; dar- unter: Gedruckt im Jahr/ 1630.
2° Exemplar: Breslau 4 E 515,44
Die Frakturschrift ist etwas größer als die Kursive der Vorlage. Initialen: P und M, vier bzw. zweieinhalb Zeilen im Geviert. Wech- selseitiger Einzug der Alexandrinerpaare editoriell veranlaßt.
Ungeklärt bleibt, aus welchem Anlaß oder zu welchem genaueren Zeitpunkt Opitz diese Übersetzung vorgenommen hat; auch über Verleger, Drucker und Druckort verlautet nichts. Die beiden Ge- dichte von Nr. 124 sind ziemlich sicher die letzten des Jahres 1630. Hrsg. hat »Mehr hundisch« als zeitlich weniger genau bestimmbar vor 124 eingeordnet. Die Vorlage hat Julius Caesar Scaliger (1484–1558) zum Verfasser.
Hugo Max erwähnt Opitz’ Gedicht auf S. 145 und weist auf den Zusammenhang mit dem Ausspruch des kanaanitischen Weibes hin; Matth. 15,27.
O JESU.
Unus e catellis sim.
PLus quam canis ac tetrior omnibus Molossis,
Heu, sumque fuique: amplius ah ne is esse pergam,
Oro miserere, optima maximi propago.
Non missus es ad barbarici greges tumultus.
5 Scio, verum et scio: te Domino ut tui catelli
Deiecta cibi frustula colligant minuti:
Vel mica satis: vel si etiam sit umbra micae:
Jeiunumne me abegeris hinc, famelicumque?
Ah ne facias: Deficiam: ex via priusquam
10 Me collegero: tu mihi sisque causa mortis.
Tantum respice: nec lacrimas sperne precantis:
Sacrosque pedes, sacra vestigia osculantem
Admitte libens: nec vacuas preces miselli
Dimitte, Deus namque, Deus maximus es tu:
15 Nec te melius, mitius, altiusve quicquam
Est, fuit, erit, omnipotens mitissime JESU.
Laß mich eins auß den Hündlein sein.
MEhr Hundisch als ein Hund/ hab’ ich bißher gelebt/ Vnd lebe noch also/ mein wildes Hertze strebt Nach keiner Menschen art; ach! daß ich Ja hinfür/ Nicht mehr dergleichen sey! hilff/ Sohn deß Höchsten nur/ Hilff/ vnd erbarme dich: Du bist nicht her gesandt/ Den Heyden gut zu thun mit deiner reichen Hand. Ich weiß es: Doch diß auch: Du gibst den Hündlein hin/ Was von dem Tische felt/ auß denen ich auch bin. Ein Brocken ist genug/ ein Schatten nur darvon. Soll ich dann hungrig fort? O nein! ich sterbe schon/ Die Därme schwinden mir: ach! schawe mich doch an/ Eh’ als dein Vater Sinn mich so verlassen kan: Laß meine Thränen ein/ laß deinen heilgen Fuß/ Begrüssen meinen Mund/ durch einen heissen Kuß/ Vnd nim mich Armen auff: Du bist O starcker GOtt/ Ein Trost der Durfftigen/ ein Helffer in der Noth. So gut/ so from/ so hoch war/ ist/ vnd wird dazu Nichts sein/ in Ewigkeit/ als/ fromer JESU/ Du.M. O. V. B.
Gedruckt im Jahr/ 1630.