[405] Scharffe Verfahrung mit den Gefangenen. Deß Königs Ein-
zug zu Epeircte. Verlangen der Argenis wegen deß Poliarchus Ab- wesens. Ihr Anschlag jhn durch den Archombrotus suchen zu lassen.
Das III. Capitel.
ES verhinderte den Meleander an seinem Einzuge nach Epeircte
nichts/ als daß man den Gebliebenen jhren letzten Dienst erzeigete. Dann das
Heer war beydes auß eigener Bewegnüß/ vnd der Zeichen- deuter Warnung zu diesem
guten Wercke geneiget/ vnd hielte an/ daß den Verstorbenen jhre Ehre
möchte erwiesen werden. Diese hie- ben Bäwme ab/ die andern trugen sie herzu/
eines theiles machten die Bette von erhabenem Rasen vnd Erde. Durch solchen
Fleiß
wor-
+
[Druckausgabe S. 248]
den
in Eil viel Holtzhauffen auffgesetzet/ vnd auff jeglichen etz-
liche Cörper geleget/ sonderlich aber gemeiner Knechte: Dann viel der
Fürnehmen legten jhre Freunde in Sänfften absonderlich/ damit sie desto kostbarer
verbrand würden. Also zierten sie die Holtz- stösse auff Krieges art mit
dem Raube der Vberwundenen auß/ so daß die vnterschiedenen Rüstungen vnd Gewehre
einem Sieges- zeichen ähnlich sahen/ die jhre Privatfreunde vnd Verwandten
hat-[406]
ten/ worden in den Wunden mit wasser
außgeseubert/ ge- salbet/ oder nach jhrem Vermögen geschmücket/ vnd erwarteten
also jhres Fewers. Einem jeglichen wardt ein Krantz von Eppich
auffgesetzt/ als welches sich den Siegenden vnd Todten gehöret: dann man
pflegte es nicht allein auff die Gräber zutragen/ sondern auch Griechenlandt/ die
Vberwinder in etlichen Kämpffen mit die- ser Belohnung zu krönen. Es waren viel
Weiber vnd Kinder herzu- gelauffen/ die von sich selber mit jhrem Klagen
vnd außgebreiteten Haaren jhr Leichbegengnüs zufeyern anfiengen/ anzuzeigen/ daß
jhre Threnen nicht erkaufft vnd gedinget weren. Sie beweineten gleich jhre
Freunde/ oder wurden durch Trawrigkeit deß Specta- kels/ oder der andern/ welche
auch weineten/ jhr Exempel bewe- get/ so stimmeten sie doch alle mit jhrem
kläglichen Geschrey vnd Betrawrung zusammen.
Als die Cörper nach Gebühr geleget waren/ gieng Meleander in Trawerkleidern auß dem Läger. Das Heer folgte dem
Könige nach/ mit vmbgekehrten/ vnd gegen der erden geneigeten Waffen. Auff solche Weise giengen sie etlichemal vmb das Klagefeldt/ schrien eines vmb
das andere wie befohlen wardt/ vnd schwiegen baldt stille/ welches nicht weniger
jämmerlich vnd schrecklich zu- sehen war. Endtlich gieng der König zu dem
grössesten Holtz- hauffen/ vnd hielt eine angezündete Fackel in der Handt/ biß
die Soldaten jhre Spießgesellen/ die [407] baldt
brennen würden/ ange- schrien. Als sie jhnen zum drittenmal geruffet/ warff er
mit be- decktem Haüpte vnd gekehretem Rücken das Fewer vnter. Solches that
Radirobanes bey einem andern Stosse/ vnd Archombrotus
wider bey einem andern. Die vbrigen worden von jhren Freunden auch
geschwinde angesteckt. Am schrecklichsten aber war zusehen/ wie die erregeten vnd
wütenden Soldaten/ mit jhren Gefangenen
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[Druckausgabe S. 249]
vmbgiengen. Zwar der Innwohner verschonete man; aber die an-
dern/ welche sich beym Lycogenes vnterhalten lassen/ führte man gebunden zu den
Holtzhauffen/ da sie Hauffenweise erstochen wor- den/ vnnd das Fewer mit jhrem
Blute besprengeten. Die sieghafften Knechte rufften die verstorbenen
Geister jhrer Rottgesellen/ zu so erschrecklicher Vergeltung/ biß der König vor
solcher Grausamkeit eine Abschew bekam/ vnd die vbrigen Gefangenen gleichsam als
zu einer anderen Straffe verwahren ließ. Zu den Cörpern der Feinde aber/
damit sie nicht durch vervnreinigung der Lufft erst nach jhrem Tode
schadeten/ schickte man die Schergen mit Hacken/ welche sie in beygelegene Wässer
vnd Gruben vnverschorren werffen musten.
Als der Tumult auffhörete/ vnd das Fewer begundte zu sincken/
stiege Meleander auff einen erhabenen Ort. Daselbst lobte er als ein König
mit kurtzen Worten die jenigen derer Leichbegängniß nun- mehr geschehen
were; sagte/ daß sie dennoch [408] Vberwinder vnd im Tode
glückselig weren/ das Leben mitten in bezeugung der Tu- gendt dargesetzt/ vnd jhr
Lob durch keine Vnglückseligkeit oder vnrühmliche That befleckt hetten. Sie
erlangten für jhre kurtze Schmertzen eine reichliche Belohnung/ weren den Göttern
ange- nehm/ vnd jhr Lob kundte auff Erden so lange nicht vntergehen/ so
lange man die wolverstorbenen rühmen würde. Hernach wandte er sich die
Vmbstehenden zu loben/ danckte jhnen für jhren grossen Fleiß vnd Trewe. Zwar die
Götter/ die Tugend/ das gute Gewissen/ vnd angenehme Gedächtnüß bey den
Nachkommenen/ weren auffge- wackten ritterlichen Leuten gar genug zu jhrer
Belohnung: doch wolte er im vbrigen auch nicht vnterlassen/ als ein danckbarer
Kö- nig jhnen mit allen Gnaden beygethan zuverbleiben. Sie solten nunmehr
das Leydt ablegen/ jhme in die Statt folgen/ vnd mehr frö- lichem Gottesdienst
beywohnen. Auff diese Wort/ in dem der Prie- ster das geweihete Wasser
herumb sprengte/ waren Leute angeord- net/ die herzu tratten/ vnd jhme nach
abziehung deß Trawerkleids einen TriumphHabit anlegten. Andere huben einen
SiegsGesang an/ riessen Kräuter vnd Este von den Bäumen die einer guten Be-
deutung sind/ kröneten jhre Häupter/ vnd nam ein jeder etwas in die
Hände.
Wie nun alles so zubereitet ward/ eilete der König nach Epeircte
wider vmbzukehren. Er mochte aber mit einem Triumph nicht
ein-
+
+
[Druckausgabe S. 250]
ziehen/
weil er [409]
vber seine eigene
Vnderthanen gesieget. Doch war seine Ankunfft einem Triumph auch nicht vnähnlich.
Dann die Soldaten hatten jhre Häupter mit Lorbeerblättern/ die andern/
welche den Auffzug anstelleten/ mit Oelzweigen gezieret. Das Heer gieng mit den Fahnen voran/ vnd rufften mit vielerley Gesängen den Göttern/
solcher jhrer Fröligkeit zu zuschawen. Dem Meleander
hatten sie einen Wagen mit dem Schmuck aller Majestät vnd Sieges vorgezogen:
auff welchen als er den Radirobanes zu sitzen vermah- nete/ ehreten sie sich lang
miteinander. Radirobanes sagte/ solche stelle gebürete der Argenis: würde
derwegen die Princessin sich zu jhrem Vatter dem Könige setzen. Sie solten beyde
von jederman ge- sehen werden/ beyde die frölichen Stimmen der Glückwündschen-
den annehmen: jhnen hetten die Götter vnd das Glück gestritten. Ihn
belangendt/ wann sie es jhm vergönneten/ so wolte er an dem Wagen ziehen
helffen; oder/ da es nicht seyn köndte/ zu nechst hinder demselbigen her gehen.
Man mochte leichtlich spüren/ daß der Ehrgeitzige junge König solches auß Liebe/
vnd wegen Hoff- nung künfftiger Heyrath thete. Als jhn nun Meleander auffzu- steigen/ oder so lang biß ein anderer käme zu
warten nicht bewegen kundte/ wolte er selbsten auch sich nicht führen
lassen. Ward also endlich auff Gutachten der Könige/ vnd einhelligen Wundsch der
Soldaten Argenis allein darauff gesetzt. Die [410]
Könige
ritten auff jhren Rossen/ die auch mit Lorbeerzweigen bestecket waren/ vor
dem Wagen her. Vor jhnen war Archombrotus auff einem weissen Pferdt/ hatte den Zaum in
der lincken Hand/ vnd in der Rechten die fürnembste Beuthe/ den Kopff deß
Lycogenes/ wel- chen das Volck frölich beschawete/ angesehen/ daß
darinnen der Sieg mehrentheils bestünde. Den Stock daran deß Lycogenes Waffen hiengen/ trug dem Archombrotus einer von seinen liebsten Solda- ten voran.
Nicht weit darvon war Menocritus an Ketten geschmie- det. Die obriste Guardi vnd
fürnembsten Soldaten/ so den Wagen der Argenis vnd die Könige vmbringten/ mochten
sich zwar/ der Prin- cessin zu schonen/ jhrer Freyheit beym Triumph nicht
gebrauchen/ vnd hielten mit vnzüchtigen Schertzworten jnne/ doch sungen sie von den HochzeitGöttern/ rufften Hymeneus/ Juno vnd Erycina/ vnd sahen
bald die Argenis/ bald den Radirobanes an. Man hielte darfür/ daß die Sardinier solches erregt
hetten. Vnd weil die Sicilier
meineten/ es were der Heyrath halben von den zweyen Königen schon beredt
worden/ als machten sie jhrem künfftigen Fürsten
[Druckausgabe S. 251]
mit Fleiß solche Frewde. Argenis aber trug kein Gefallen daran;
es bedauchte sie ein thewrer Sieg zuseyn den sie also belohnen solte/ vnd
fieng fast an dem Radirobanes feindt zuwerden.
In dessen hatte das Volck die Thüren geschmücket/ vnd mit Fackeln vnd Lorbeerzweigen bestecket. [411] Welche von jhnen
in den Höffen Bildnüsse jhrer Vorfahren hatten/ machten alles auff dieselben
anzuschawen/ vnd rufften zugleich den Bildern der Tod- ten/ sich mit jhnen lustig
zumachen. Die Bürger waren auch in Ordnung gestellt/ vnd kamen dem Meleander entgegen. Vornen an giengen die Knaben Weiß
bekleidet/ welche vber jhrem einfältigen Lobgesang mehr schrien als jhnen
befohlen ward. Dann folgten alle Musicanten in der Statt/ vnd lobten den König
mit Stimmen/ Lau- ten/ Geigen/ vnd andern Instrumenten. Auff diese waren die
Künst- ler vnd Gewercken/ vnd bald hernach die Obrigkeit/ ein jeglicher mit dem EhrenZeichen seines Ampts. Als diese den König mit jhrem
glückwündschen lang auffgehalten/ liessen sie hernach die Priester hinzu/ welche
zu dieser Ehr auffs letzte behalten worden. Etliche von jhnen trugen alter Götter
vnformliche Bilder/ etliche Kräntze/ vnd alle Fewer/ vnd redten gantz sicher/ mit
ohne Lachen verständiger Leute/ von den guten Anzeigungen der Götter. Es
het- ten die Vögel/ der Blitz/ vnd andere Wunderzeichen deß Lycogenes
Todt vorher gesaget. Vnter wehrendem solchem Auffzuge kam der König an das
StattThor/ auff dessen Eingang das Bildnuß deß Friedens in der Höhe stundt/
welchem Mars einen Oelzweig in die Handt reichte. Von dem Thor auß
zohe der König in den grossen Tempel Jupiters. Meno-[412]critus ward in Verhafftung
geleget/ vnd mit jhme Anaximander/ welchen die Catanenser kurtz zuvor gefangen
eingebracht: aber jener ist von wegen empfangener Wunden jnnerhalb vier Tagen/
der ander nicht lengst hernach auß Trawrigkeit gestorben. Es worden auch
deß Lycogenes Bildtniß ab- gebrochen/ vnd Befehl gethan/ daß sie
niemand zu Hause halten/ oder in seines Geschlechtes Ehren vnd Leichbegengnissen
zeigen vnd führen solte. Nach vollbrachtem Heiligthumb/ begab sich Mele-
ander ins Schloß. Er war müde von gestriger Schlacht/ wie auch von
den Sorgen/ vnd der Fröligkeit selbsten. Derhalben gieng er in sein Zimmer/ ließ
sich nur vnter seinen gewöhnlichen Auffwärtern
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[Druckausgabe S. 252]
absonderlich speisen/ vnd legte sich zur Ruh. Nicht weniger
such- ten vnter dem Scheine deß Schlaffens auch Radirobanes/ Archom- brotus vnd Argenis jhren Gedancken in
Einsamkeit zu verhengen. Ein jegliches von jhnen hatte seinen eigen Schmertzen.
Radiroba- nes/ wiewol er hoffertiger Vermessenheit voll war/ jedoch
kräncke- te es jhn doch sehr/ daß Archombrotus solche Tugendt vnd Fortgang gehabt/ vnd daß jhm die
Leute so frölich zugeschrien/ jhn auch Meleander gantz gnädig angeschawet hatte. Aber er verachtete jhn
als der jhm nicht gemesse were: außgenommen/ daß die grosse Liebe sich für
allen Dingen besorget. Derhalben fieng er an sich selbst zubetrachten/ wie viel
er geholffen/ wie starck vnd mächtig er gewesen; biß jhn der süsse Schlaff/
welcher jhm das Bildt-[413]
nis deß glücklichen Treffens
allezeit fürstellete/ einnahm. Archom- brotus war tieffer verwundet/ vnd erfuhr/
daß nichts grawsamers sey/ als das jenige/ welches die Menschen die süsse
Liebe heisen. Er glaubte auch nicht/ daß jhm das Glücke so sehr schadete als sein
Stillschweigen. Dann er wurde für eine Priuatperson gehalten/ weil er sein
Geschlecht vnd Vermögen nicht melden wolte. Es sey weiter nichts rahtsamers/ als
daß er dem Meleander offenbahrte/ was sein Standt vnd bey jhm sein
Begehren sey. In dem er aber vber dieser Erklärung war/ kam jhm der Befehl seiner
Mutter ein/ vnd die Götter welchen er geschworen hatte/ niemanden in Sicilien
seinen Standt zuoffenbahren. Ob es besser sey der Mutter zuschrei- ben/ oder
dahin zuverreisen/ Ansuchung zu thun/ jhn seines Eydes zuerlassen? Es
schiene jhm beydes zulangsam seyn; doch mißfiel jhm der Rhat zuschreiben am
wenigsten. Dann er vermeinete/ daß ein Mensch/ die Argenis zulieben/ nicht werth
were/ der so lange köndte auß Sicilien bleiben. Als er in wehrender Vnruh seines
Ge- mütes/ sich im Bette hin vnd wieder warff/ wardt er nicht gewar daß die Kranckheit deß Hertzens auch dem Leibe zu Schaden gerei- chen
wolte.
Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel verwirret war/ hatte
Selenissen bey sich/ sie zutrösten; da sie dann sich beyde vber den
Poliarchus vnd Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener so
[414] lange aussen/ vnd dieser so lange zugegen? Meine
Mutter/ sagte Argenis/ wie schwer kömpt mich dieser Sieg an? Was hilfft es/
ob Lycogenes gewonnen hat/ oder Radirobanes? außgenommen
+
+
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[Druckausgabe S. 253]
dieses/ daß mein Vatter von dem Schwerdt deß Lycogenes erlöset ist/ vnd nun durch meinen Todt sein Leben enden
wird. Dann im Fall er mich dem Radirobanes vbergiebet/ so werde ich meine Auß- flucht im Tode
finden/ vnd machen/ daß mein alter Vatter durch die Schmertzen meiner
Wunden vmbkommen müsse. Bin ich dann zu einem Raube/ oder zu einer Beute vnd
Belohnung deß Sieges gebohren worden? Haben mir dann die Götter das jenige zu
meinem Vntergange gegeben/ was an mir das fürnemste ist/ das Königreich vnd
die Schönheit? Bin ich nur dessentwegen mit dem Poliarchus
in Kundtschafft gerahten/ damit ich erfahren solle/ daß ich mit einer
so vollkommenen Tugendt vereiniget zuwerden/ nicht würdig sey? Was meinet jhr
wol/ Selenisse/ das jhn auffhalte? Ob er nicht meine Bestendigkeit zuprüfen in
einem Orte/ vnd vielleicht in eben dieser Insel sich verborgen helt? Oder ob er
der behertzte/ vnd derentwegen nicht Arggedenckliche Mensch/ sich für
Hinterlist seiner Feinde besorgen muß? Wem aber darff ich mich vertrawen?
wen darff ich schicken der von seinem Wolstand sich erkündige/ vnd jhm
meinen Kummer offenbahre? Vber diesem fieng sie an
[415]
zuweinen/ vnd hörete der Selenissen zu/ welche jhr mehr Trost einsprach/ als sie
selber glauben oder annehmen kundte; biß sie wiederumb anfieng sich zubeklagen/
vnd sagte: Ich bin nicht die erste/ Selenisse/ die im Lieben Vnglückhafftig ist.
Warumb ergeben wir vns so gar dem Glücke? der Tod ist das einige Mittel/ welches
vns niemals entgehen wird. Kan ich wol selber in verdeckter Klei- dung verreisen/ vnd den Poliarchus suchen? Ach daß ich nicht fähig bin einen solchen
behertzten Anschlag hienauß zuführen/ weil ich im Betriegen nicht erfahren/ vnd
zum Lügen zu auffrichtig bin? Es köndte auch seyn/ wiewohl es das geringste were/
daß ich in weh- render Bemühung stürbe. Vber diß/ so köndtet jhr mich nicht be-
gleiten/ vnd man würde euch die Schuldt geben/ wann ich ohn Vor-
wissen deß Königes mich darvon machte. Höret was mich am aller thuelichsten
zuseyn bedüncket. Archombrotus/ wie jhr wisset/ ist deß Poliarchus vertrawtester Freundt; wie er jhn dann vnlengst nach
seinem Abwesen beym Könige vertretten/ vnd gerahten hatt/ man solte jhn
zurück beruffen. Ich wil es leichtlich zu wege rich- ten/ daß er den Poliarchus suche/ vnd wiederumb in Sicilien bringe;
+
+
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[Druckausgabe S. 254]
jedennoch aber nicht wisse/ auß was für Vrsachen ich jhn zusehen
begehre. Man kan etwas anders vorgeben; wie es dann an einem Scheine der
Warheit nicht mangeln wirdt/ welchen wir beyde jhm wöllen gläublich
machen.
[416] Selenisse lobete den Anschlag/ entweder daß jhr der
Betrug gefiel/ oder daß sie Müdigkeit halben nach solcher Quälung/ jr vnd
der Argenis die vbrigen Stunden der Nacht Rhue suchte; welche als sie
fürüber war/ ruffte sie dem obristen Kämmerer/ vnd nach kurt- zer Erwehnung deß
vmbgebrachten Lycogenes/ befahl sie vnge- schewet den Archombrotus zufragen/ ob er diese Nacht der Wun- den halben (dann
er war an vielen Orten/ aber nicht harte beschädi- get) auch hette ruhen können.
Dann sie nam sich mit vleisse solcher Freundtligkeit an/ weil sie jhm so schwere
Sachen aufflegen wolte. Archombrotus/ gleichsam als ob er im Himmel were/ vnd nun mehr nicht zweiffelte daß er geliebet würde/ sagte dem Kämmerer/ daß wann
Meleander vnd Argenis wol auff weren/ jhm auch nicht köndte vbel
seyn/ weil seine Gesundtheit in der jhrigen begriffen were. O wie hassen die
Menschlichen Gemüter offtmals jhre Glück- seligkeit/ vnd lieben jhr Elendt! Der
junge Mensche/ welcher der Argenis Anschlag nicht wuste/ kränckte sich mit
vergebenen Ge- dancken/ vnd wartete an der Princessin Thür/ sie bey jhrem herauß
gehen zubegrüssen. Sein Anwesen war auch nicht vnangenem; wie sie dann den
gantzen Weg vber/ weil sie zum Meleander gieng/ mit jhm redete/ deß Poliarchus aber noch nicht erwehnete; dann die Sache war
noch nicht reiff vnd erfoderte auch eine geheime Vnter- redung. Aber schawet
wiederumb einen newen Irrthumb. Radiro- banes/ welcher der Lie-[417]be halben nicht mehr bey Sinnen war/ hatte Kundtschaffer mit Gelde
erkaufft/ welche jhm allen Verlauff mit der Argenis vnd dem Meleander zutrugen. Derhalben wardt jhm als er noch im Bette
lag/ gesaget/ daß Argenis sehr früh zum Ar- chombrotus geschickt hette. Darauff
er dann baldt da gewesen/ vnd mit der Princessin in vertrewliches Gespräche
kommen were. Als baldt erbrandte er in Argwohn/ vnd wie in einer strittigen
Glückse- ligkeit/ bereitete er sein Gemüte nicht anders zum lieben/ als vor- mals zum streiten. Er gieng gantz ergrimmet mit dem Virtiganes
auff eine Seite/ sich zuberahten/ mit was für Kunst vnd Beschö- nung
Archombrotus köndte fortgebracht werden. Es schickte sich ja nichts
vbeler/ als daß sich ein König für einem Vnbekandten vnd
vatperson besorgen solte/ daß
dieselbte eben dieses was er
be-
[Druckausgabe S. 255]
gehrte. Virtiganes besänfftigte seinen Zorn/ mit Verachtung deß Archombrotus/ vnd riethe jhm daß er noch denselbigen Tag dem
Meleander/ mit welchem er auff den Mittag Tafel zuhalten verheis-
sen/ den Anschlag/ Verwandtnuß zu treffen/ solte offenbaren. Die- ser
Sachen würde leichtlich zu helffen seyn/ vnd Archombrotus
hette zu genugsamer Straffe seiner Thorheit nichts als Verachtung
zugewarten/ da hergegen/ wann Radirobanes sich mit grösserer vnd offentlicher Widersetzung an jhn
machen wolte/ es jhme doch zu einem Trost seines Vnglücks gerathen würde/ daß ein
König vber jhm geeyfert hette.
Zitierempfehlung:
Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL:
(abgerufen am: )
Zitierempfehlung der Druckausgabe:
Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),