[365] Deß Lycogenes Volcks Furchte. Seine Rede zu den Soldaten. Ankündigung der Vergebung auff Meleanders seiten. Gutwillige bekehrung eines theils Rebellen.
Das XXI. Capitel.
IN deß Lycogenes Läger gieng es gar anders her. Dann als man deß Radirobanes vnd der grossen Hülffe Ankunfft für gewiß erfahren hat/ sind viel auß Forcht erst klug worden. Damals bedachten sie sich erst/ wessen sie sich gegen dem Könige vnterfangen. Sie stell- ten jhnen mit Schrecken für Augen/ daß die Götter auffwachten/ die Majestät jhres Herrns/ an welcher sie sich vergriffen hetten/ zu- rechen: auch gemeine Sachen erweckten in jhren Hertzen böse An- zeigungen. So machte sie die Frewdigkeit der Könige/ vnd das Ver- trawen auff jhre Stärcke/ noch verzagter. Dann sie schämeten sich länger in der Statt zuligen/ als ob sie belägert weren. Derowegen schlugen sie jhr Läger von der seite deß Bergs fort/ näher gegen dem Feinde/ damit sie jhn/ wann er sich zu keiner Schlacht verstehen wolte/ entweder auß den Schantzen trieben/ oder mit Graben vmb- ringten. Das Recht/ vnd die Majestät der Feldherrn vnd Obristen/ haben im Kriege viel zu bedeuten. Die Waffen der Königreiche deß Melean-[366]ders vnd Radirobanes/ welche vber jhren Gezelten gläntzende herfür rageten/ machten jhnen ein grössere Ehrerbie- tung/ vnd den Soldaten eine bessere Hoffnung; weil sie fürnämlich auch sahen/ daß die Feinde wegen deß geringen Ansehens jhres Heeres/ die Hertzen allbereit sincken liessen. Vber diß wuste Lyco- genes/ daß er nichts mehr wündtschen solte/ als sein Heil durch eine Schlacht zuversuchen/ ehe die Furcht in den Gemütern seiner Leute tieff einwurtzelte; vnd frewte sich/ daß die Könige eben dieses be- gehreten. Dann es begunte kaum etwas zutagen/ als jhm durch die Kundtschaffer angezeiget wardt/ daß die Regimenter allbereit auß den Königlichen Lägern zum Kampffe geführet würden. Darumb ließ er/ wie er dann ein geschwinder Mann war/ vnd damals auch nicht der letzte seyn wolte/ einen Scharlachin Wapenrock/ zum Zeichen eine Schlacht zuliefern/ auff die Spitze seines Gezeltes hengen. Hernach gieng er im Läger hin vnd wieder/ vermahnete baldt die Knechte/ baldt die Befehlichshaber/ vnd sprach jhnen mit seinem Hertzen/ Gesichte/ Worten vnd Geberden Trost zu/ für was wolten sie sich fürchten nach so vielen siegen? Für Meleander? der
Als er dieses gesaget hatte/ vnd die Soldaten auß jhren Schantzen geruckt waren/ opfferte er dem Mars Enialius/ wie die Lacedemonier in dem Brauch hatten (dann er wolte die Soldaten hierdurch jhrer Ankunfft erinneren) einen kleinen Hundt; vnd der Zeichendeuter/ welcher Geschencke genommen/ gab vnter den Rotten auß/ als hetten die Ingeweyde auff alles gutes gezeiget. Die Schlachtordnung wardt aber also gemacht. Die rechte Spitze führte Menocritus/ deß Oloodemus Bruder/ der dem König beydes auß Zuneigung gegen diesem Theile/ vnd wegen seiner eigenen Sache feind war. In die Lincke/ welche mit Sümpffen verwahret war/ hatte Lycogenes die junge Knechte/ [368] vnd verdächtigen Söldner gestellet/ vnter dem Obristen Nabis/ damit er sie von der Flucht zurück halten/ vnd zu fechten treiben köndte. Er selber hielt mit seinem außerlesenen Volcke in der mitten/ auff einem hohen Rosse/ vnd mit frechem Gesichte/ welches von wegen vngewisser Gedancken deß Scepters oder deß Todes gleichsam brandte. Er wartete/ biß der Feindt/ wie es sich ansehen ließ/ erstlich/ zu treffen herbey rückte. Man sahe aber einen auß deß Meleanders Hauffen geritten kommen/ hinter dem etzliche wenige Soldaten gleichsam als zur Beschützung folgeten. Dieser nach dem er vber die helffte deß Feldes kommen/ hielt er weit + +
Aber die Soldaten waren vbel daran zubringen. Er sahe/ daß sie heimlich mit einander Sprache hielten/ vnd viel den Muth anzu- greiffen hatten sincken lassen/ weil sonderlich Acegoras zum aller- ersten sich ergeben/ vnd beym Könige vmb Gnade Ansuchung thun dürffen. Ein berühmter Mann/ mächtig von Freunden/ vnd hohen Geschlechtes/ der nicht so sehr seiner eigener als der Zeit schuldt wegen/ dem Lycogenes beygepflichtet hatte. Weil er der- wegen wuste/ daß der/ so den Weg zeigete/ sehr angenehm seyn würde/ so riesse er fast mit viertzig Soldaten/ sampt etlichen seinen Freunden auß/ vnd als er vber das Feldt/ welches zwischen beyden Heeren lag/ kommen war/ legte er bey der ersten Schildtwache deß Königes die Waffen nieder. Als er darauff zum Könige geführet ward; Herr/ sagte er/ ich fürchte nicht/ daß man mich dieser meiner That halben für einen Abtrünnigen Mann schelten werde. Dann ich entweiche von einem falschen Kriegesdienste vnter einen ordent- lichen Befehl/ vnd habe diesen Trost wegen meines Fehlers [371] gegen euch/ daß ich zu den Auffrührern am langsamsten kommen/ vnd am ersten von jhnen gefallen bin. Der König/ als er jhn mit wenigen Worten gelobet/ vndt wegen dessen/ daß er den andern mit gutem Exempel fürgegangen/ jhn nicht vnbelohnet zulassen ver- heissen/ ließ er jhn beym Archombrotus vnterstellen. Demselben war befohlen/ er solte zuschawen/ daß vnter dem Scheine der Ver- söhnung/ nicht etwas ärgers möchte verborgen sein. Derhalben führte er sie auff das freye Feldt/ welches zu dem Königlichen Läger gehörte/ ließ sie daselbst schweren getrew zu bleiben/ vnd machte sie wehrloß. Gleichwol gab man dem Acegoran/ vnd sonsten noch zweyen/ in Betrachtung jhrer Ankunfft/ die Waffen wieder/ vndt nam sie nicht weit vom Könige vnter die Räthe.
Im vbrigen/ so schienen beym Lycogenes Soldaten vnd Befeh- lichshaber zuwancken. Viel verlieffen sich durch Vmbschweiffe. + + +
Mit diesen Worten stieg er herunter/ vnd gab einem jeden Er- laubnuß wer nur wolte. Solche grosse Freyheit welche jhnen jhr Feldtherr/ den sie zuvor so hoch geliebet/ zuließ/ machte daß sich viel anfiengen zu schemen. Derhalben blieben jhrer viel verstocket auff seiner Seiten; sonderlich aber die jenigen/ welche ohn die all- gemeine Rebellion/ sich noch anderer Verbrechen schüldig wüsten/ oder derer Armut sich anstatt der Straffe eines dürfftigen Friedens besorgete. In dessen riessen andere von jhren Fahnen auß vndt giengen entweder durch Vmbwege/ oder offentlich vnd gerade auff deß Königes Läger zu. Derer die sich ergaben waren nicht weniger als Fünfftzehen tausendt; so daß Meleander offtmals bethewret hat/ er hette den Sieg durch so vieler Vnterthanen todt/ als sich denselbi- gen Tag wieder einstelleten/ nicht erkäuffen wollen. Lycogenes kehrete gantz erschrocken wegen solchen Abfalls in das Läger vmb/ sampt denen/ derer Bestendigkeit auß der anderen Trennung war offenbar [374] worden. Die Könige aber waren erfrewet/ daß sie ohne alles Blutvergiessen solche gluckseligkeit erlangt/ vnd kund- ten deren kaum genugsamb abwarten/ welche zu bezeigung jhrer Fröligkeit jhnen die Hände/ den Rock/ auch die Fußstapffen selbst/ ein jedweder seinem Standt vnd Wesen gemäß/ küsseten.