Das XII. Capitel.

[278] Poliarchus dinget den Schiffman welchen er gerettet hatte den Gelanor in Sicilien zu führen: Seine Miltigkeit gegen den Ruderern; vnd freye Entschüldigung wegen der Geschencke so jhm die Königin Hyanisbe verehren wollen.

Das XII. Capitel.

ALs er nach Verdrüßligkeit deß Gespräches vnd Lobens etwas zu sich selber kommen/ fielen jhm seine gewönliche Sorgen widerumb eyn/ vnd in schmertzlicher Erwegung deß Zustandes in Sicilien war er gesonnen noch denselbigen Abendt den Gelanor dahin abzu- fertigen. (Dann weder die Liebe noch das seltzame Schreiben deß Lycogenes Verzug litten.) Er wolte in dessen zu Clupea/ einer See- + +

[Druckausgabe S. 172]
statt in Africa verziehen/ biß die Bottschafft von der Argenis zu rück käme. In dem er derhalben den Brieff außfertiget/ läst er den Mann holen/ auff dessen Schiffe er eyngefahren war. Als er kam/ ewer Schiff/ sagte er/ gebe ich euch nicht allein wider/ sondern wil euch auch alles dasselbe/ was euch die Räuber mit Gewalt genommen ha- ben/ eynstellen mit dem Bescheide/ daß jhr diesen meinen Gelanor in Sicilien [279] vberführet/ vnd hernachmals widerumb hier in Africa an welchem Port er will auß setzet. Wann jhr zu rück kompt/ soll es euch an Belohnung nicht mangeln. In dessen habt jhr jetzt von mir so viel zu empfangen als euch nötig ist. Von den Ruderern vnd Gefangenen könnet jhr die jenigen außlesen/ welche jhr kennet vnd bedörffet. Mit diesen wil ich es auch so machen/ daß sie jhrer Bemühung nicht rewen soll. Vnter die andern wil ich ein Talent außtheilen: damit sie bey jhrer Widerkunfft nach Hause nicht dörffen betteln gehen. Der Schiffman hieß jhn seinen Herren vnd höchsten beförderer/ vnd verwunderte sich vber dem grossen Geschencke; sagte beynebenst allen möglichen fleiß zu/ vnd wardt fortgelassen das Schiff auff die instehende Nacht anzurichten. Als er auch den Ruderern die fröliche Zeitung anmeldete/ vmbfiengen sie jhne für grosser Frewden dermassen/ daß sie jhn bald zerrissen hetten.

Der Abend nahete sich herbey/ als die Herrn von wegen der Kö- nigin jhn besuchten/ zur Bezeugung aller Freundligkeit vnd ange- nemen Dienste. Vnter mancherley Gesprächen die sie hielten/ erfuhr er so viel von der Königin Zustande; Daß sie Hyanisbe hiesse/ vnd vor drey vnd zwantzig Jahren nach jhrem Bruder Juba die Regie- rung deß Königreiches getretten were. Ehe sie zum Scepter kom- men/ hette sie den Syphax/ einen von den höchsten Häuptern in Mauritanien zum Gemahl gehabt/ der eben zu der Zeit wie Juba Todts verbliechen were/ [280] vnd sie schweren Leibes hinderlas- sen hette. Hernach als sie allbereit Königin gewesen/ sey ein mann- licher Erbe von jhr geboren/ vnd Hyempsal genennet worden/ welcher auß Verleyhung der Götter an vollkommener Fürstlicher Tugend mehr zugenommen habe als die Vnderthanen wündschen können. An jetzo aber were er Ruhm vnd Ehre zu erlangen vnter gemeiner Kleydung vnd verdeckter Weise in frembde Lande verrei- set/ wie dann kein Mensch/ die Königin außgenommen/ wissen köndte/ wo er sich befinde. Nebenst erzehlung dessen/ versuchten die Mauritanier ingleichem/ ob sie von ferrne etwas außforschen

[Druckausgabe S. 173]
möchten/ wer Poliarchus/ vnd von wannen er sey/ oder wo er hin- auß wölle. Aber wie sie jhn listig fragten/ so antwortete er jhnen auch/ gleichsamb als er sie nicht verstünde. Hernach ward er zur Tafel geladen/ vnd verbrachte eine ziemliche Zeit mit der Königin; da sie jhme dann alle solche Ehr erzeigten/ als wann ein König an- gelanget were. Nach dem Essen nam er von der Hyanisbe Ab- schied/ weil er den Tag hernach verreisen wolte: wie er aber wider in sein Zimmer gangen war/ kamen etliche vnd bedeckten seinen Tisch mit vielen köstlichen Sachen. Es waren Edelgesteine/ Ketten/ Armbänder/ Ohrgehencke/ ein grosse menge Perlen/ vnd/ ohne das einige Kästlein/ mehr als er den Räubern widergenommen hatte. Dieses schickte die Königin dem Poliarchus/ entweder zur vergel- tung seines Verdienstes gegen jhr/ oder zum Pfande jhrer Freund- schafft. Aber er/ der [281] nicht im Gebrauch hatte seine Wolthat zu- verkauffen/ noch sich mit Geschencken kauffen zulassen/ rühmete der Königin Freundligkeit hoch/ vnd sagte/ daß so geringe Dienste einer solchen grossen Belohnung nicht werth weren/ diese Sachen auch einem der gewaffnet gienge zu tragen nicht gebühreten. Sie solten die Verehrungen der Königin wider einantworten/ vnd jhn beynebenst mit Bedanckung entschuldigen. Damit solches aber nicht für einen Hochmuth möchte angezogen werden/ so behielt er einen Ring mit einem Schmaragde versetzt/ steckte jhn an den Fin- ger/ vnd sagte daß er jhn/ von wegen deren Verdienst die jhn jhme verehrete/ so lang behalten wolte/ als er seine Faust behielte. Dieser Ring war eingelassen/ vnd in den Stein der Atlas geschnitten/ so den verdächtigen Perseus zum Gaste nicht annemen wolte. Per- seus aber saß auff dem Pegasus/ vnd entdeckte für deß Atlas An- gesichte der Medusen Haupt; vnd er selber wandte die Augen hin- weg/ damit er nicht zum Steinfelsen würde. Atlas sahe auß/ als ob er sich ergrimmete vber seiner Verwandlung. Die wachsende Haar fiengen an sich in Gebüsche zuverkehren/ vnd sein Antlitz ward zu einer Gestalt/ die weder einem Menschen/ noch einem Berg ähn- lich war.

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[Druckausgabe S. 174]



Zitierempfehlung:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),