Lycogenes läßt das Armbandt welches dem Poliarchus solte ge- schickt werden vergifften: Deß Lycogenes List hinter deß Königs Anschlag zukommen. Sein Schreiben an den Poliarchus.
Das VII. Capitel.
ERistenes geriethe entweder durch sein nachforschen/ oder durch das Glück/ welches dem Meleander noch nicht günstig war/ in die Mutmassung/ daß eine Absendung an den Poliarchus fortgehen würde. Man hat dafür gehalten/ als sey der Anfang solchen Arg- wohns von seinem Weib herkommen/ welche stets mit der Argenis vnd Selenissen vmbzugehen hat pflegen/ vnd offtmals wegen deß Arsidas von weitem allerley Reden sol auffge-[226]worffen haben; wie sie dann ein verschlagenes Weib/ vnd auff Art jhres Mannes ab- gerichtet gewesen ist. Nach dem auch der König bey solchem Man- gel der Kammer das Armbandt zu kauffen befohlen hat/ ist er in seiner Meinung also gestärcket worden/ daß er dem Lycogenes baldt zugeschrieben/ er befohre sich/ man würde durch solches Ge- schencke den Poliarchus wieder zum Freunde machen wöllen. Er aber/ der vmb ein Schelmstücke vnbekümmert war/ nebenst dem daß jhn Oloodemus/ der sich damals bey jhm befandt/ auch ver- mahnete/ antwortete jhm Schrifftlich in solcher Meinung; Es sey nichts rathsamer/ als daß selbiges Armbandt/ weil es Eristenes in Verwahrung hielte/ vergifftet wurde. Wann es Poliarchus emp- + + +
Aber Eristenes/ der auff alles genawe Achtung gab/ wuste viel Sachen/ vnd kam jm alles vordächtig für. Derhalben als er jhm einbildete/ daß dieser auff den Poliarchus zu würde/ erdachte er eine solche List. Es war vnter seinen Leuten ein junger Mensch/ [229] der newlich vom Lande kommen/ vnd bey Hofe noch nicht bekandt war. Er hatte aber wol an jhm gespüret/ daß er listig vnd zu allem was jhm befohlen würde vnverdrossen were. Diesem schaffte er/ daß er dem Timonides/ wann er verreisete/ auff der Post solte nachreiten/ vnd fürgeben/ als ob jhn der König schickte/ daß er jhn ja fleissig warnen solte/ damit er in Sicilien keinem Men- schen etwas von dem Armbande eröffnete. In dem jhr aber redet/ sagte er/ so gebet auff sein Gesichte fleissig Achtung. Wirdt er ewre Worte annehmen/ oder auß sehen als ob er zweiffelte/ so thut jhr als jhr das ewerige verrichtet hettet/ vnd kehret alßbaldt vmb. Wirdt er nicht wissen wor von jhr redet/ welches jhr leichtlich werdet erkennen/ so fragt jhn/ gleichsam als jhr im Zweiffel stün- det/ wie er heisse. Wirdt er sagen/ Timonides/ so bittet jhn vmb Verzeihung; dann jhr sollet einen andern suchen: vnd machet euch/ wo jhr könnet/ also von jhm hinweg/ daß er nicht wisse auff welche seiten jhr zugeritten. Wirdt er mit der Antwort jnne halten/ weil er euch nicht kennet/ vnd fragen/ wer jhr seyet/ so saget daß jhr der Selenissen mit Blutfreundtschafft zugethan/ vnd erst newlich nach Hofe kommen weret; Ihr könnet euch aber den ersten Namen ge- ben der euch einfält. Dieser kam seinem Befehl trewlich nach/ feh- + + +
Als Timonides also herumb geführet/ vnd deß Königs Anschlag außgeforschet worden/ schrieb Eristenes in eyll dem Lycogenes alles zu/ damit jhm die Zeit/ entweder den Timonides zu fangen/ oder sonsten auff etwas zu gedencken/ nicht entgienge. Lycogenes wußte lang nicht was er thun solte/ weil er den König nicht so verächtlich hielte/ als zuvor/ in dem er sahe/ daß er nicht mehr so nachlässig/ sondern auff allerley Rahtschläge bedacht were. Letztlich befandt er für nötig zuseyn/ daß er einen newen Betrug herfür suchte/ damit er alle Schuldt so von jhm verdienet auff den König bringen möch- te. Derowegen/ welches kein Mensch gedacht hette/ entschloß er sich deß Poliarchus Freundschafft zu begehren/ vnd jhm dieses Schrei- ben zusenden. Lycogenes wündschet dem Poliarchus alle Wolfahrt. Dieser Tag wirdt euch offenbahren/ wie sehr jhr in Erwehlung ewerer Freunde vnd Feinde gejrret habet. Wolte Gott jhr hettet mich nicht als einen Widersacher verfolget/ vnd dem Meleander mehr vertrawet als billich gewesen. Aber was geschehen ist/ mag seinen weg haben. Dann es were vnfreundlich/ wann ich mich vber euch an jetzo/ da jhr vorhin [231] in Widerwärtigkeit stehet/ be- klagen wolte: vnd ich bin auch nicht in solchem Zustande/ da ich vonnöthen habe/ mich hoch zuentschuldigen. Ich wil lieber daß jhr es auß der That selber/ als auß den Worten erfahret/ auff welchem vnter vns beyden die Vrsache der alten Verbitterung beruhe. Als Meleander nach ewerer Vertreibung ewern Haß vnd Rache geförch- tet/ hat er vnerbare Künste für die Hand genommen/ vnd ist auß einem Könige ein Giffteingeber worden/ in dem er euch/ gleich- samb als zu bekennung seiner Busse/ vnd zu Widerruffung deß Vnrechts/ ein tödliches Armband vbersendet. Hütet euch daß jhr es nicht traget: dann jhr möchtet eweren Todt an statt deß Bandes vmb die Hand machen. Ich frage nichts nach/ ob jhr mir schon nicht glaubet/ biß jhr solches erfahret. Wann jhr einen leibeigenen Vbelthäter habt/ oder/ welchs barmhertziger gehandelt ist/ ein + +
Solchs verwegne Schreiben gab er einem seiner trewen Diener/ mit Befehl/ seine Reise also abzutheilen/ daß er nicht ehe als acht Tage nach dem Timonides zum Poliarchus angelangete. Welches dann nicht schwer zuthun were. Er köndte zu Messine oder zu Rhe- ge vnter anderer beschönung/ in dem Hafen oder in der Statt von deß Timonides Ankunfft Nachfrage halten. Die Vrsach solcher schändlichen List war diese/ daß Poliarchus/ im Fall er diese Acht Tage vber das Armbandt getragen/ vnter dessen dadurch vmbkom- men köndte. Wann nun die Schreiben erst nach seinem Tode dahin gebracht würden/ [233] was für einen bösen Namen solte Melean- der hierdurch bekommen? Hette aber Poliarchus sich deß Arm- bandes noch nicht gebraucht/ so würde er dem Lycogenes hoch ver- bunden seyn/ der jhn für zustehendem Vnglück gewarnet hette; vnd hergegen wider den Meleander sich hefftig ergrimmen/ auff wel- chem die Schuldt dieses betrieglichen Trawerspieles fallen mußte. +