Der König helt geheimen Raht. Zeitung vom
Cleobulus. Archom- brotus thut Fürschlag den Poliarchus zu rück zu ruffen: Deß Rahts Schluß.
Das III. Capitel.
ALs der König zu Epeircte war/ kamen viel Herren nach Hofe/ die Frewde
welche sie wegen seiner Gesundheit empfangen zu bezeu- gen. Meleander aber verbarg was er zuthun willens hatte/ vnd
be
[Druckausgabe S. 125]
quemete
sich zu aller Lust die man anstellete. Oloodemus vnd Eri-
stenes deß Lycogenes fürnemste Freunde waren damahls im höch- sten
Ansehen. Dann Meleander hatte dem Eristenes die Schatz- kammer anvertrawet/
wiewol er gewiß wußte/ daß er seinem Feinde so viel einräumete: aber
die Zeit vnd sein heimlicher Anschlag wolten es nicht anderst leyden:
Oloodemus aber verwaltete das theil Landes welches an dem Pachynischen
Vorgebirge lieget. Diese zween hatten jhre falsche Geschäffte zwischen
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sich eingethei- let/ vnd giengen vnterschiedenen
Sachen nach. Oloodemus war mit dem Lycogenes Sicilien auffzuwiegeln/ nicht bey Hofe; Euristenes
forschete vnter dem Scheine seines tragenden Amptes des Königes Fürhaben
auß. Es war jederman bekandt/ daß alle Macht der Feinde auff diesen dreyen
beruhete. Der König/ wiewol er sich schon ent- schlossen hatte/ jedoch
begehrete er deß Cleobulus Meinung gleichs- fals zu hören. Er gebrauchte
sich auch deß Eurimedes Rathes sehr; vnd war dem Archombrotus mit höchsten Gnaden beygethan. Dero- wegen ruffte
der König sampt der Argenis diese drey in geheim zu- sammen/ vnd hub an
erstlich also zureden/ daß er seinen Fürsatz nicht entdeckte/ damit er den
andern durch dieses Mittel/ auß Forchte dem Könige zu widersprechen/
oder ja vergebens Rhat mitzutheilen/ die Freyheit jhrer Gedancken vnd Reden
nicht zu- rück hielte. Er stellete jhnen für/ in was für einem Zustande Sici-
lien were/ vnd daß gegenwertiger Friede mehr Schaden brächte als voriger
Krieg. Weil er nun solches lange Zeit zuvor gemuthmasset/ als habe er
das Schlos zu Epeircte/ darinnen sie sich damals be- funden/ desto besser
befestiget. Er wisse daß die gantze Macht eines so schädlichen Bundes bey
wenigen Hauptern stünde: vnd begehre an jetzo zuhören/ was sie jhm dißfals
riethen. Wegen der Wichtig- keit einer so grossen Sach wolte sich niemandt
vnterstehen erst- lich zu reden: biß der König angesehen das grosse
Alter/ vnd die bekandte [198]
Verständigkeit deß
Cleobulus/ jhm befahl seine Meinung herauß zu sagen. Herr/
fieng er an/ Ewere Majestät hat hefftig zu eylen/ oder muß gleichsam mit
verhülletem Haupte den bevorstehenden Streich vnsers endlichen Vntergangs
erwarten. Es wird ein Laster seyn/ wann jhr nicht mehr haben werdet
als eine mittelmässige Tugendt. Glaubet ja nicht/ daß jhr die Götter/ oder
ewer Ansehen beleydigen könnet/ wann jhr euch an diesen Feinden rechet.
Dann Lycogenes hat das Bündnuß zum ersten gebrochen; vnd dieselben
welche euch verachten oder hassen/ werden durch
[Druckausgabe S. 126]
seine Straffe sich bessern. Wir wissen was er an die Stätte
gemuthet/ vnd wie er sein geworbenes Volck fast vnter den Fahnen habe. Was
verziehet jhr? wöllet jhr warten biß Sicilien gantz vnd gar abtrün- nig
werde? Förchtet jhr euch jhre noch frühezeitige Zubereitung zu
vberfallen? oder macht jhr euch Gewissen die Waffen nicht ehe zu ergreiffen/
als wann euch die Spitze schon wirdt an den Hals ge- setzet seyn? Ihr habt
den Eristenes allhier; befehlet dem Lycogenes
vnd Oloodemus/ daß sie sich/ zu Berahtschlagung einer ohngefehr
fürgefallenen Sache/ ingleichem einstellen. Kommen sie/ so ver- fahret mit jhnen als mit solchen Leuten die der beleydigten Maje- stät
schuldig worden. Schlagen sie es ab/ so erkläret sie für Rebel- len/ vnd
greiffet sie/ weil jhr Thun noch nicht in völliger Bereit- schafft ist/ mit
wolgefasten vnd geschwinden Krie-[199]
ge an. Zu
diesen deß Cleobulus Worten satzte Eurimedes dieses/ er wolte wet- ten daß sechs Tausent zu Fuß vnd funffhundert zu Roß auffge- bracht könnten
werden; weil man sie schon theils in der König- lichen Leibguardie/ theils in
der Besatzung zu Epeircte hette: theils legen sie auch zu Palermo vnd Epipolis. Ein solcher geringer Hauf- fen alter Soldaten würde
besser seyn als alle die so Lycogenes auff den Fuß zubringen vermöchte: wann man
auch die Königlichen Fahnen nur ein mal würde schwingen/ so würden ohne
zweifel viel auff die gerechte Seite fallen.
Als Archombrotus vom Kriege reden hörete/ wardt er gantz er-
frewet/ vnd hielte dafür daß er gelegenheit hette deß Poliarchus hal- ben sich etwas zu vnterfangen. Mich
belangent/ sagte er/ der ich ein Außlender vnd junger Mensch bin/ ich menge
mich nicht hier zwi- schen/ von so hohen Sachen zureden. Wann euch aber Krieg
zufüh- ren geliebet/ warumb verstosset jhr die Hülffe? warumb schwä-
chet jhr ewere Kräfften vor der Gefahr? Es ist kein Soldat im Hauf- fen der nicht wündtsche daß Poliarchus/ welchen deß Lycogenes
Neidt vertrieben hat/ möge zu rück geruffen werden. Ohn daß er
mannhafftig vnd in Kriegessachen geübet ist/ von den Feinden auch
sonderlich gefürchtet wirdt/ so wisset daß vber seiner Widerkunfft vnd
anschawen/ gleichsam als vber einem gewissen Zeichen des Sieges das
gantze Volck williger zum Schlagen muhtiger [200] wirdt
werden. Meine Gedancken seynd man solle jhn suchen lassen/ vnd
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[Druckausgabe S. 127]
jhn/ nebenst Entschuldigung jetziger betrübten Zeiten/
welche jhn verjaget haben/ zu Erlangung einer newen Ehr vnd Lobs auffmun-
tern.
Als er mit solcher Freyheit für den Poliarchus redte/ sahe jhn Argenis an/ vnd frewete sich
sonderlich darüber/ daß der König jm mit sonderbarer Lust zuhörte.
Derentwegen/ damit keiner zwischen einen so grossen vnd schönen Anfang etwas
einwürffe/ sagte sie vber diß/ daß eben dieses deß Arsidas Meinung were; von wel- chem die gemeine Rede gieng/ daß
er sich in Italien auffhielte/ als ob er vertrieben worden. Man
wüßte jhn auch sonsten wegen nichts zubeschuldigen/ als daß er den Poliarchus weg geflüchtet hette. An deß Arsidas Trew/ Herr/ habt jhr nicht zu zweiffeln; vnd vielleicht
hat er sich mit solcher seiner That besser vmb vns verdienet/ als vmb
den Poliarchus selber. Hat er aber ja etwas verbrochen/ so bitte ich jhn mir zuschencken; wiewol er nicht kan für recht ge- sprochen
werden/ so lange Poliarchus verdammet oder verhasset ist. Wie Argenis den
Arsidas/ weil deß Poliarchus Wolfahrt auch darunter begriffen ward/ dermassen
freymütig vertheydigte/ wur- den die andern alle/ der Princessin zugefallen/
eben dieser Meinung.
Daß den Göttern vnsere Sachen angelegen sind/ sagte
der König/ erkenne ich nur darauß/ daß jhr mit einhelliger Stimmung mir
sämptlich eben diß [201] gerahten habt/ was ich mir
schon zuvor fürgenommen. So sey nun in der Götter Namen der Krieg wieder
den Lycogenes erkleret; wann er ohn Empörung/ vnd als ein Mein- eidiger nicht wirdt können auffgereumet werden. Ich hab auß eige-
ner Bewegnüß den Poliarchus vnd Arsidas schon längst recht ge- sprochen: jetzundt ist nur
darauff zu gedencken/ wie man sie wie- derumb versöhnen vnd zu rück bringen
möge. Sie hielten alle dafür/ man solte einen getrewen Mann mit Geschencken
zum Poliarchus
absenden/ vnd jhn ersuchen/ daß er/ so bald man sich wider den
Lycogenes rüsten werde/ sich in die Insel begeben wölle. Nach die-
ser Abrede ließ der König den Raht von sich/ vnd befahl alles was sie
wüßten vnd gerahten hetten mit höchstem Fleiß in geheim zu halten. Aber
Argenis/ wie der Liebhabenden gebrauch ist/ daß sie allzeit entweder
zu lustig oder zu trawrig sind/ kundte jhre vnver- hoffte Frewde nicht
halten; so daß jhr Vatter/ dem die Vrsach nicht
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[Druckausgabe S. 128]
bewußt war/ zu jhr anfieng: Meine Tochter/ jhr macht mir gar
ein Hertz: gewiß so lang wir in dieser Widerwärtigkeit schweben/sehe ich
euch jetzt zum ersten mal frölich vnd von lustigem Gesichte.
Zitierempfehlung:
Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL:
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Zitierempfehlung der Druckausgabe:
Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),