[819] Frembder Aberglauben vnnd grausame Opfferung/ so der Po- liarchus abschaffet. Grimmige Entschliessung eines Sardiniers. Schmäheschreiben deß Radirobanes. Zorn deß Poliarchus.
Das XXIII. Capitel.
AVff den folgenden Morgen/ nach dem ein Theil deß andern Kräfften versucht hatten/ waren jhre Anschläge etwas säumiger/ ohn daß Poliarchus Lust zu kämpffen hatte. Dann jhm gefiel eine Schlacht zuhalten auß Haß gegen dem Radirobanes/ vnnd auß Begiehr in Si- cilien zukommen. Auff der Königin Bitte aber vnterließ er den Feindt/ so ruhig war/ selbigen Tag zureitzen. Es war sich zuver- wundern/ warumb Hyanisbe an dem Außgange deß Krieges so sehr gezweiffelt/ vnd deß Radirobanes Verwegenheit in Sorge verwandelt worden. Dann man hat jhrer beyder Gemüte auß dem grausamen Opffer/ welches sie angeflohen/ abnehmen können. Die Königin hieß einen schönen Knaben erlesen/ jhn dem Saturnus zuopffern. Solcher Gebrauch war von den Tyriern her-[820]kommen/ die jhn in Africa jhre Mitwohner die Carthaginenser gelehret hatten; vnnd die erschrockene Hyanisbe gebrauchte sich dieser frembden vnd Barbarischen Andacht gegen die Götter; weil die Leute/ wann sie in Elendt oder Kummer sindt/ solche schröckliche vnd vnbekandte Mittel eine heimliche Gewalt zuhaben vermeinen. Es wardt die Ordnung deß schmählichen Opffers angestellet/ vnd das Opffer mit Bändern gezieret; wie dann auch der Priester zu dieser Gottlosen Heiligkeit willig war. Als es aber Poliarchus erfuhr/ sprang er stracks im Schrecken auff/ lieff zur Hyanisben/ vnd/ Königin/ sagte er/ wann jhr euch der Tyrannischen Hülffe wider den Feindt gebrau- chen wöllet/ so lasset mich meiner Wege ziehen. Dann ich wil meine Stärcke mit solchem Aberglauben nicht vermengen/ noch zulassen/ daß es ein Ansehen soll haben/ als ob meiner Soldaten Kräfften von einem Gott herrühreten/ der sich so schändlich ver- söhnen liesse. Ich wil/ sagte er/ den Sieg von den Göttern vmb eine so grausame Belohnung nicht erzwingen; sie sindt nicht auß der jenigen Zahl die wir anbeten sollen/ vnd die für der betrogenen Menschen Schmach eine Abschew tragen. Derwegen so erlöset ent- +
Eben zur selbigen Zeit/ als wann man sich beredt hette beyde Lä- ger mit Aberglauben anzustecken/ kam ein Alter/ deß Namens Sitalces/ der bey den Sardiniern in grossem Ansehen war/ vorhin streittbar/ nunmehr verständig in Rahtschlägen/ zum Radiroba- nes/ der ohngefehr mit seinen getrewen Leuten von vnterschiede- nen Sachen/ den Krieg betreffend/ redte: Diesem trug er sein Haupt an/ damit er von den Göttern vnter vns den Sieg erkauffte. Daran ist nichts gelegen/ sagte er/ daß ich eine Privatperson bin. Es ist gar genug/ Herr/ daß jhr als mein König mich darzu ernennet/ daß ich mich für gemeine Wolfart hingeben soll. Wann ich mit rechtmäs- sigem Gebrauch zu dem Todt werde bestimmet seyn/ so wil ich heute die Feinde mit wenigem Volck reitzen/ vnd Schrecken vnd Ver- fluchung vnter sie bringen/ auch also von jhnen/ die nicht wissen werden/ daß es zu jhrem Verderben geschehe/ vmbkommen. Radi- robanes hielte zu der Frewde deß angetragenen Sieges/ wie er ver- meinete/ ein wenig stille/ vnd weil er wuste/ daß solche Krafft sein Haupt darzubieten von den Italianischen Wahrsagern für wir- ckende gehalten würde/ lobte er den Sitalces [822] hefftig; Vnd/ demnach jhr/ sagte er/ vns durch eweren Todt den Sieg geben wöllet/ die Belohnung aber so jhr verdienet nicht werdet empfinden können/ als sollet jhr wissen/ daß ich den ewrigen mit Gnaden jederzeit zugethan verbleiben wil/ so daß kein Sicilier seyn soll/ der nicht gleichfals seine Geschlechte zu solchen Ehren/ wie er in dem ewrigen sehen wirdt/ wolte erhaben wissen. Bleibet bey dieser Hertzhafften Entschliessung/ vnd erkauffet euch durch einen kurt- zen Todt einen Namen/ den kein Todt wirdt verleschen können. Also ließ man den obristen Priester kommen/ die Ceremonien sol- chen Gelübds nach Hetrurischem Gebrauch zuerfüllen. Sitalces ward alsbaldt mit einem langen Rock mit Purpur verbrämet/ beklei- det/ tratt mit verhülletem Haupt auff seinen Spieß/ hielte die Handt vnter das Kinn/ vnd redte dem Priester alle Worte nach/ welche
Den Sardiniern wie seltzam also auch warhafftig kam diese deß Sitalces Rede für. Man gab jhm stracks eine Anzahl von Schützen zu/ mit welchen er den Feindt zum Kampffe reitzen köndte. Sitalces aber hatte einen Diener/ der allezeit wol war gehalten worden/ vnd seinen Herren mehr liebete als das Vatterlandt. Dieser/ in Meinung als ob sein Herr wegen so plötzlicher Darbietung deß Lebens rasete/ weil er es nicht wiederrhaten können/ kam er heimlich in deß Po- liarchus Läger/ vnd wie er für jhn geführet worden; Ich komme zu euch/ sagte er/ als ein Verrähter meines Vatterlandes/ vnd wil von demselbten seinen Wolstandt/ von euch aber vnd den ewerigen Vn- heil abwenden. Ich begehre hierumb keine andere Vergeltung/ als das jhr denjenigen leben lasset/ dessen Todt zu ewerem Verderben bestimmet ist. Hernach erzehlte er vberhin deß Sitalces Anschlag; welches als Poliarchus hörete/ erschrack er nicht so sehr vber dieser Höllischen Krafft (dann er glaubte nichts/ daß durch eines einigen verzweiffelnden oder rasenden Menschens gutwilligen Todt ein gantzes Heer erleget würde) als er zwar diesem Schrecken be- gehrte [824] fürzukommen/ der die seinigen nach Gebrauche deß Aberwitzes leichte möchte einnehmen. Derhalben sagte er dem Anmelder/ wann sich die Sache also verhielte/ eine Belohnung zu/ ließ jhn nach Art der Gallier bekleiden vnd außrüsten/ darnebenst gleichwol auch binden/ vnd schickte jhn sampt den Schützen for- nen an das Lager/ damit sie/ wann sich die Sardinier/ nach Anzei- gung deß Dieners naheten/ jhnen Wiederstandt thun köndten. Es wardt aber befohlen/ daß sie mehr mit Schrecken vnd Dräwen als Beschädigung kämpffeten/ damit man sich nicht an dem Sitalces/ + +
Hernach forderte er einen von den Gefangenen/ vnd ließ jhn mit dieser Bedingung von sich/ daß er dem Radirobanes anmelden solte/ Sitalces befinde sich in der Gallier Lager gar wol: Derhalben köndte er wegen deß guten Zustandes seines Freundes vnbesorget seyn; er würde zum wenigsten biß zu Außgange deß Krieges leben. Dann die Erde vnd Höllische Götter hetten die Belohnung deß Siegs/ wel- chen sie nit geben könten/ auch nicht wollen annehmen. Als der Ge- fangene dieses angekündiget hatte/ ward Radirobanes durch die Mißrahtung deß Anschlages/ vnd die Höhnerey deß Poliarchus der jhm seinen Aberwitz auffruckte/ ergrimmet. Wiewol er nun noch nicht wuste/ ob es eben dieser Poliarchus were den Argenis liebete/ doch sagte es jhm sein Hertze vnd Feindtschafft. Derhalben wolte er hinter die Warheit kommen [826] mit einem vnverständtlichen Schreiben/ welches Meinung Poliarchus nicht fassen würde/ wann + + +
[828: Kupfer Nr. 17]