Der König Britomandes nimbt den Astiorist zum Sohn an: Er be- rufft die Vnderthanen zusammen vnd wirbet Volck. Commindorix wirdt durch den Astiorist angehalten. Der Kampff zwischen diesen beyden.
Das XV. Capitel.
DEr edele Jüngling/ so sich in aller Tugent herfür gethan/ hatte jhm vorlängst eines jeglichen Hertz verbunden. Derhalben wardt [734] männiglich zugegen wegen seiner Glückseligkeit höchlich er- frewet. Sie ehrten jhn als jhren Fürsten/ vnd giengen hinzu jhme die Hände vnd den Rock zu küssen. Die Eltesten erinnerten sich seines Großvattern Britomandes/ vnd liessen sich entweder wahr- hafftig/ oder auß Liebe so jhre Augen betrog/ bedüncken/ es hette die Natur viel auß seinem Gesicht in den Sohnssohn gepflantzet. Endlich fieng der König an zu fragen nach der gantzen Ordnung/ welche die Götter in Erhaltung deß Kinds gebraucht hetten. Ti- mandre aber sagte zu jhm: Ich wil es euch nach der länge erzehlen/ wann vnsere Fröligkeit nicht so sehr mit Geschäfften wirdt beladen seyn. Jetzundt müssen wir vns die Gefahr von dem Halse treiben. So lang Commindorix leben wirdt/ wil ich weder glauben daß wir regieren/ noch daß wir fast leben. Mit was für Gemüth meinet jhr wol daß der hoffärtige Mensch dieses ewers Hauses Auffnehmen anhören werde? Wann jhr mir aber glaubet/ so sol jhm sein Wüten nicht helffen. Nemmet deß Volcks vnd der Soldaten Hertzen mit plötz- lichem vnd leichtlichem Handgriffe ein. Ach/ wann jhr Gesundheit wegen euch offentlich von jhnen schawen lassen/ vnd zu diesem wichtigen Handel gegenwärtig den Anfang machen köndtet! Ich wil zu jhnen/ Ewre Liebe/ sagte er; ich wil es thun: vnd wann jhr
Derhalben schickte man die Trompeter durch die gantze Statt/ welche das Volck zu dem Gespräche das der König halten würde/ treiben solten. Sie wurden von allen für vnsinnig gescholten. Dann wer wolte glauben/ daß der König/ welcher sich von vielen Jahren her offentlich nicht schawen lassen/ so geschwindt sich zeigen/ vnd selber reden würde? Es kam männiglichen frembd für/ vnd einer fragte den andern/ was doch so gehling auffgestossen were. Etliche vnterfiengen sich zu sagen/ er wolte bey allgemeiner Ver- samblung das Königreich ablegen/ vnd dieses würde die letzte ge- brauchung seines königlichen Ansehens seyn. Sie waren sämptlich begierig den Handel zu erfahren/ vnd die Welt lieff von allen seiten zu. Die Leibguardie/ so auch erfordert worden/ stundt in jhren Companien vnd Fahnen eingetheilet. Indessen hatten wir mit Fleiß ein hohes Ort gleichsamb als einen Schawplatz auffgerichtet/ zu welchem nach dem Britomandes inmitten seiner fürnemsten Her- ren gegangen/ vnnd sampt der Timandre auff den Thron gesessen/ auch den Astiorist am nechsten zu sich gestellet hatte/ giengen vn- ter dem Volck allerley reden. Diese weineten vber dem Anschawen deß Königes; andere fragten/ wie der frembde Jüngling so eylends zu solcher Würden gelanget were. Letztlich/ als man etliche [736] mal stille zuseyn befohlen/ fieng Britomandes an also zu sagen: Es were billich/ daß er vnd seine Vnterthanen den Göttern dancketen/ welche jhm seinen Sohn/ vnnd dem Königreiche seinen Erben wieder gegeben hetten. Dieser Jüngling/ welchen sie zunechst bey jhm schaweten/ sey von der Königin kommen: weil man sich aber für den Feinden gefürchtet/ als hette man jhn nach seiner Geburt ver- borgen/ vnd als ein Kindt von gemeinem Stande erzogen; er sey auch durch vnterschiedenes Verhengniß verlohren vnnd wieder ge- funden worden. Auff diesen Tag hette er seinen Sohn zum ersten er- kandt/ vnnd nicht länger jnnen halten wöllen/ dem Volcke solche allgemeine Frewde mitzutheilen. Vnnd damit ein jedweder zwey- fache Vrsache zur Fröligkeit habe/ wolte er den Soldaten eine Gnadenbeschenckung thun: den Städten vnd Meerhafen aber den dritten Theil der Gefälle vnd Zölle erlassen. Sie solten nur als ge- trewe Vnterthanen handeln/ vnd den gutten Anfang der Götter/
In so newen vnd wichtingen Geschäfften halffen zu Bewegung der Gemüter deß Volcks sonderlich viel die fürnehmen Herren so sich bey dem König befunden; von denen etliche Verwalter der Pro- vintzen/ etliche Befelchshaber im Kriege/ vnd fast alle von hohem Stand waren. Derwegen erfüllete die Menge die Lufft mit Glück- wündschung; die Knechte schlugen mit jhren Waffen zusammen/ vnd/ wie deß Pöfels Gebrauch ist/ sie liessen jhnen diese Verände- rungen mit einhelliger vnd geschwinder stimmung sämptlich ge- fallen. Allein die Creaturen deß Commindorix fiengen an zu verza- gen/ als ob es vmb jhr Haupt geschehen were: oder die jenigen so sich auff jhre Macht verliessen/ dräweten heimlich denen/ die sich in seinem Abwesen dessen vnterstünden. Sie kundten aber für der Menge nicht auffkommen; welche zwar damals ausser der Ge- fahr Hertzens genug hatte/ baldt aber durch plötzliches schrecken für den Kopff gestossen wardt. Dann Commindorix/ der in weh- render Erregung in die Statt kommen war/ hatte von etlichen seines Anhangs/ die bey Ankündigung/ daß die Vnderthanen sich für den König versamblen solten/ zu jhm gelauffen waren/ verstanden/ daß was vnverhofftes vnterhanden were. Er/ wie er noch in seinem JägerKleyde gieng/ vnd [738] für eilen vnnd Zorne hitzete/ als er die Versamlung deß Volckes/ vnnd den Britomandes auff dem Throne sahe/ auch noch nicht wußte was gehandelt würde/ trat/ in Meinung durch sein Ansehen alles leichtlich zustillen/ auff den König zu. Es satzte sich jhm niemandt zugegen/ weil seine Tyranney nicht weniger geehret vnnd gefürchtet als gehasset wardt. Derhalben gieng er ohne Verhinderung mitten durch das Volck/ +
Es hat sich vielleicht zu vnserer Zeit kein mehr denckwürdiges Spectackel begeben als eben dieses. Vnd damit jhr ingleichen ein ge- nügen darvon habet/ so vergönnet mir/ bitte ich/ daß ich euch sol- ches für Augen stelle. Schawet was sich zutrug: Der gantze Platz vmb den Pallast war erfüllet mit Soldaten vnd dem Volcke/ wel- ches gleichsfals sein Gewehr trug/ wie es bey Zusammenkunfften in Gallien gebräuchlich ist. Auff der Bühnen wo der Königliche Sitz war/ stunden alle Herren die Timandre berufft hatte. Der König sampt seiner Gemahlin saß auff einem erhabenen Stule. Nichts destoweniger/ als Astiorist vnd Commindorix die Degen gezuckt hatten/ vnterfieng sich niemandt den Kampff entweder zubeför- dern/ oder zu vnternehmen. Es war ein sämptliches Stillschweigen/ als ob sie durch sonderliche Schickung alle verstarret weren; vnd sie hatten jhre Augen vnnd Gemüter bloß auff diesen Kampff ge- wandt. Dann alle waren durch dessen Außgang jhres Glückes ge- wertig; vnd ein jeglicher war entweder in Furchten oder im Wündt- schen/ als ob mit diesen Schwerdtern sein eigen Blut vergossen wür- +