[675] Arsidas besucht den Tempel der Fortune: Er trägt jhr sein Opffer vnd Andacht für. Gespräch deß Priesters der Fortune/ vnd von dem Aberwitze deß Volckes das jenige betreffendt was es von dieser Göttin gläubet.
Das VII. Capitel.
ES hatte an dem Strande daselbst einen von Alters her weitbe- rühmbten Tempel/ welcher von den Vorfahren der Fortunen gehei- liget worden. Als die Inwohner solchen dem Arsidas gezeiget/ knie- te er mit grosser Andacht alsbaldt in den Sandt nieder/ vnd betete bey sich selbst die Göttin an. Wie er nachmals gegen dem Tempel gieng/ kam jhm der Priester in einem weissen Kleyd mit Purpur verbordiret entgegen. Sein grawes Haar hieng vber die Schultern/ auff dem Häupte stundt ein Lorbeerkrantz/ vnd in der Handt hatte er einen vmbkröneten Stab. Dieser/ als er den Arsidas also noch an- gethan wie er von der Reyse kam in den Tempel kommen sahe/ redte er jhn freundlich mit solchen Worten an: Geliebter Außländer/ jhr möget entweder hier angelanget seyn etwas von vnserer Göttin zu fragen/ oder/ im Fall sie euch allbereit von dem was jhr geförch- tet befreyet hat/ jhr zu dancken/ vnd newe Gnade zu verdienen mit gutem Hertzen [676] hoffen. Gehet für der gütigen Göttin Augen/ vnnd versöhnet sie euch entweder mit einem angenehmen Opffer/ oder/ wo es euch gefelt/ mit lieblichem Geraüche. Darauff sagte Arsidas; Mein Vatter/ weil ewere Tracht andeutet daß jhr Obrister Priester allhier seydt/ so saget mir/ damit ich keinen Fehler be- gehe/ wie ich mich für anbetung der Göttin reinigen/ vnd was für Opffer ich jhr bringen soll; vnnd ob die Fortune auch zulest/ daß man sie in solchen Reisekleidern ehre. Dann ich begehre der Göt- tin zu opffern/ vnnd die gelegene Zeit zum Schiffen wil mir auch lange verweilung nicht vergönnen. Der Priester zeigete jhm als- baldt einen Brunnen der stracks für dem Tempel fürlieff: daselbst solte er dreymal die Augen vnd Hände abwaschen; vnterdessen wolte er jhm einen Rock vnnd Krantz herzubringen. In dem Vor- + +
Die willig vnrecht thun/ die jhren Sinn entzünden
Mit Neyde welcher sich selbst neben andern frist;
Die so jhr alles raubt mit Macht vnd arger List/
15 Wündscht ewrer Eltern Todt so euch zulange leben/
Pflegt ausser keuscher Eh’ in schnöder Sucht zu schweben/
Vnd denckt ein frembdes Bett’ ist ewrer Lust Gewin/
Laßt stehn diß Heiligthumb/ geht weit vom Tempel hin.
Vergebens ist es doch die Göttin zu bemühen/
20 Ihr liegt vmbsonst allhie auff ewern falschen Knien;
Ihr bringt ohn allen Nutz die Gaben dieser Welt/
Wann nicht den Göttern erst das Hertze wolgefelt:
Diß diß muß sauber seyn/ muß keinen Mackel haben.
Der Wundsch ist vngewündscht/ vnd vnbegabt die Gaben
25 Darbey kein Eyfer ist. Dann Gott begehrt kein Gut
Das jhm ein Böser gibt; Er liebt nicht Ochsenblut.
Er ists dem alles ist; er schaffet daß den Thieren
Die Krafft deß Lebens sich muß in den Adern rühren;
Daß deß Geflügels Heer sich an das runde Zelt
30 Deß blawen Himmels schwingt; daß hie durch Pusch vnd Feld
Vmb Berg vnd Thal das Vieh vnd Wild jhr Essen finden;
Daß etwas lebt vnd schwebt tieff in deß Meeres Gründen.
Er pflantzt den Bäumen ein Geruch/ Farb’ vnd Gestalt/
Macht daß der Weyrauch rinnt durch den Sabeer Wald/
35 Daß edler Balsam schwitzt im Lande der Idumen/
Gibt heylsam’ Art vnd Krafft den güldnen Purpurblumen.
Vermeint jhr/ blindes Volck/ daß jhr Gott wol behagt/
Wann jhr jhm RindernFleisch auff sein Altar hin tragt?
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Vnd seyd doch selber kalt? wolt Gunst mit Reichthumb machen?
Ihr Armen/ ich gedenck’ an das was ihr gedenckt/
Wann jhr dem Jupiter sein’ eigne Güter schenckt.
Ach/ hoffet ja doch nicht für Gott euch zu verstecken/
Vnd ewre Schuld durch Rauch vom Opffer zu zudecken.
[678] Der Priester war allbereit mit den Schlachtopffern kom- men/ vnd Arsidas/ der einen Krantz auff dem Haupte hatte/ fiel in einem Weissen Kleydt für dem Bilde der Göttin nieder/ brachte sein Gelübd/ vnd was jhm Argenis sonst befohlen/ an. Der Priester hatte ein Kalb vnd zwey Lämmer zum Opffer erlesen. Dieses wardt baldt darnider geschlagen/ jenen stach er ein Messer in die Gurgel/ damit die Häupter zu einem Gastgebott gantz verblieben. Es schrie der Priester/ die Eingeweyde zeigten auff lauter gutes/ vnd als das Loß geworffen worden/ hette die Fortune in alles was Arsidas be- gehrte gewilliget. Hernach liessen sie das so sie der Göttin auffge- opffert für sich kochen/ vnd bey dem Nachessen/ als die andern in dessen truncken/ fieng Arsidas an sich mit dem Priester von den Verhängnissen vnd Wahrsagungen/ item von der Gewalt deß Glücks vber den Erdboden zu vnterreden; weil er auß seinem Ge- spräche verstanden/ daß er ein Philosophus were. Er/ als er deß Arsidas Weißheit spürete/ vnd jhn würdig schätzete von heiligen Sachen gründlich berichtet zu werden/ redet er also zu jhm: Das gemeine Volck ist dermassen vnwissendt in dem jenigen was wir vnter dem Namen der Fortune ehren/ daß es fast die Heiligkeit des- sen Geheimnisses mit einer gegensinnigen Außlegung verderbet hat. Alles was vngewiß ist/ heissen sie Fortune. Dieses meinen sie aber vngewiß zuseyn/ was solchen Außgang hat welchen menschliche Gedancken nicht ergründen [679] können. Derowegen nennen sie diese eine leichte/ ein blinde Göttin/ vnd tichten jhr/ welche sie doch anbeten/ mehr Laster an/ als sie in einem Menschen ertragen wür- den; so daß ich nicht weiß/ ob die Göttin von den vnsinnigen Leuten mehr geehret oder geschmähet werde. Wann sie etwas vbersehen/ wann sie jhre Hoffnung bedrängt/ so muß die Fortun alsbaldt Schuldt daran haben. Sie verweisen jhr daß sie Böse erhebe/ vnd Guten vngnädig sey/ vnd sich fürzusehen scheine/ damit sie nie- mals rechtes Vrtheil fälle. Die elende Menschen aber werden nicht jnnen/ daß solches Glück nicht etwas Göttliches/ sondern nur ein +
Ihr sehet/ mein Freundt/ wie ich die Fortune vmbgestossen habe; nicht zwar diejenige welche ich ehre/ sondern die so vnerfahrne Leute erdencken/ vnd sich mit dem höchsten Gemüte/ welches alles nach seinem Gefallen gestifftet/ die Natur erschaffen/ die Vr- sachen den Dingen gegeben hat/ vnd sich verborgener weise ohn Vnterlaß fortpflantzet/ keines wegs gleichen kan. Dann ob schon die Schiffer in wehrendem Sturm nicht wissen/ wann die Wellen sich legen/ vnd die Winde auffhören sollen/ so ist doch dem Jupi- ter nicht vnwissend/ ob er das Schiff zerschmettern oder erhalten wil. Damit jhr aber nicht saget/ Es sey derwegen vnvonnöhten die Götter anzuruffen/ vnd würde es nur vergebens seyn/ wann wir erst durch Beten vnser Vnglück wolten hintertreiben/ weil sich die Göt- ter vorlängst entschlossen haben/ was sie vns wöllen wiederfahren lassen. Solche Lästerung der Götter/ die [682] niemals von den Menschen ohn Nutz vnd Ersprößligkeit geehret werden/ sey ferren von vns. Dann Jupiter/ als er der Welt den Anfang/ vnd der Natur jhre Gesetze gemacht/ als er den Verlauff der Dinge/ sampt jhren Vrsachen vnd Endungen verbunden hat/ hat wol gesehen/ was du dermaleines mit deiner Frömmigkeit gegen jhm verdienen würdest. Das Gebet so jhr heute thut ist jhm nicht new; sondern er hat es schon damals gewust/ als er jhm die Welt/ das Menschliche Ge- schlecht vnd euch selber zu machen fürgenommen hat. Derhalben werden durch ewre Frömmigkeit vnd Tugenden die Versehungen gemiltert/ welche er damals wieder euch auffgezeichnet hette/ wann es ohn diese Andacht gewesen/ die er in ewrem Gemüte zuvor gespüret hat. Eben in solcher Meinung sol die Ruchlosigkeit sich nicht für sicher halten/ vnd die zornigen Götter von jhrer Rache ab- zuwenden gedencken. Dann die Göttliche Gerechtigkeit hette die Pfeile so vber den Köpffen böser Menschen hencken nicht zuge- richtet/ wann das Vbel so sie begehen nicht zuvor seine Billigkeit mit künfftigem Verbrechen zur Straffe gereitzet hette.
Solche Gewalt nun vnd Vorwissenheit deß Jupiters/ welche alles + +