Deß Eurymedes Gespräch/ welcher dem König raht gibt/ zu Hand- habung deß Friedens allzeit etwas von Volck auff dem Fusse zu- halten. Deß Dunalbius Antwort auff solche Meinung. Deß Königs Entschluß Sicilien zu befestigen.
Das IV. Capitel.
Meleander war noch nicht genugsamb versichert/ in besorgung Radirobanes möchte anderwerts mit seiner Schiffsmacht an einem vnverwahrten Vfer abstossen. Aber kaum nach zweyen Tagen brachten die abgefertigten Außspeher Bericht ein/ daß sie in alle wege nach Sardinien [640] schifften. Alsdann/ weil er vermeinete/ daß die Gefahr nicht fürüber/ sondern nur auffgeschoben were/ ge- dachte er in seinem Hertzen auff Mittel/ wie er Sicilien schützen/ vnd sich an dem Feinde/ der sonder zweiffel zurück käme/ rechen möchte. Es war schon lange Zeit/ daß Eurymedes/ als ein ritter- licher Mann vnd der Lust zum Kriegeswesen trug/ dem Könige ge- saget hatte/ man könne ein Land in sicherem Zustande besser nicht halten/ als wann man allezeit ein Heereskrafft in Bereitschafft vnd zu Felde hette. Vnd damals wolte gleichsam das Glück den Nutzen seines Rhatschlages zuerkennen geben; dann als Meleander zwi- schen jhm vnd dem Dunalbius in der Mitten gieng/ vnd sich mit jhnen wegen Eintheilung der Besatzungen an die Vfer gegen die Sardinier vnterredete/ fieng er also an zusagen; Wann jhr dem- jenigen/ was ich euch zu Anfange der Empörungen deß Lycogenis gerahten habe/ weret nachgegangen/ so dürffte euch entweder Radirobanes jetzund nicht antasten/ oder jhr würdet jhm alsbald begegnen können. Wann jhr es auch an jetzo vnterwegen lasset/ so wird nach seiner Abtreibung das Glück andere finden/ welche euch weder den Argwohn noch die Waffen lange werden lassen beyseite
Was werdet jhr euch aber durch solche stethe Kriegsbestallung/ so auff ewer Wincken fortzuziehen bereitet ist/ bey außländischen Nationen für Forcht nit machen? Sie werden sehen/ daß jhr Friede
Werden auch ferner die/ so newlich geschworen haben/ mit sol- cher Trew vnd Eyfer streiten/ als diejenigen/ welche mit eingewurt- zelter Zuneigung nicht mehr als Soldaten/ sondern als tägliche Auffwärter/ den Fürsten/ der jhnen Kleidung vnd gleichsam den Athem selbst zugeben gewohnet ist/ zu dem sie sich auch nicht allein in diesem Kriege/ sondern auch in jhrem gantzen Leben ge- sellet haben/ mit darsetzung jhres Blutes schützen? Mit Beyheff- tung dessen/ daß der Krieg/ wie alle Cörper/ in Lebhafftigkeit gleichsam seiner Glieder vnd Empter bestehe/ vnd man allein durch die Erfahrung empfinden könne/ ob einer zu diesem Wesen geartet sey. Etlichen mangelt es an Gesundtheit/ etlichen am Hert- zen; welche Gebrechen die Gestalt deß Leibes vnd das Antlitz der- massen verdecket/ daß man durch nichts als die Erfahrung dar- hinter kommen kan. Derhalben eröffen sich diese Mängel in Zeiten vnd ohngefehr bey steter Vbung der Waffen/ vnd wehrendem fried- lichem Kriege/ daß man also ein Heer/ entweder mit steter Vnter- richtung solcher Personen/ oder mit endtlicher Außmusterung/ vollkommen kan machen. In plötzlicher Werbung aber/ wann man die Companien voll [644] haben/ vnd vnerfahrne Leute wie man sie krieget/ bewehren sol/ weiß man offtermals nicht/ ob man einen Mann oder ein geschnitztes Bild außrüstet; so daß ich der Meinung bin/ es sey zwischen einem newgeworbenen vnd einem außgevbten + + +
Man möchte aber einwenden/ daß auff die Vnkosten müsse ge- sehen werden; weil es gleichwol ein grosses sey/ wann so viel Be- fehlichshaber vnd Soldaten/ von anderer Leute sawrem Schweisse sollen erhalten werden. Gewiß es 〈were〉 eine schöne Fürsorge/ daß wir vns befürchten/ wann ein Feind vns plünderte/ er möchte nicht genug volle vnd reiche Häuser finden. Wir wöllen ein wenig zurück gedencken auff die Verheerungen/ Raubereyen vnd Ver- derbung/ so bey einheimischer Vneinigkeit fürgelauffen sind. Wie vieler Jahre Sold/ mit welchem man zu Verbietung solchen Vbels ein genugsam starckes Heer begnügen können/ hatt die Wahn- sinnigkeit etzlicher wenigen Monate auffgefressen? Nebenst dem was man an Personen für Mutwillen verübet/ wie man die Häuser in Brand gesteckt/ vnd mehr dergleichen begangen hat/ wie in sol- chen Fällen/ wiewol vngestrafft/ niemals aussen bleibet. Solches vn- recht kan das Volck mit einem geringen von sich weg kauffen/ wann es sich mit [645] steter Kriegesmacht schützet.
Dunalbius war im Policeywesen sehr erfahren/ auch von Natur vnd Vnterrichtung aller Regiementssachen kündig/ wie derent- wegen Eurymedes also redete/ verwandelte er offtmals das Ge- sichte vnd Augen/ vnd gab durch Zeichen zuverstehen/ daß er bald seiner Meinung were/ hergegen es auch bald mit jhm nicht hielte. Als nun Eurymedes kaum auffgehöret hatte/ fieng Dunalbius auff des Königes Begehren also an: Wann Eurymedes der anderen Trew nicht nach der seinigen schätzte/ so würde er den Soldaten niemals so viel zugeschrieben haben/ daß er der Fürsten vnd deß Vatterlandes Wolfahrt nicht allein in jhrem Dienste/ sondern auch nur in der Ruhe vnd gleichsam dem Schatten eines Heeres zube- stehen gemeinet hette. Von mir zusagen/ wiewol meine Gelegenheit vnd geistlicher Stand mich zu Kriegesämptern nicht gelangen läs- set/ so wil ich doch kein Bedencken tragen meine Meinung zuer- öffnen/ weil allhier nicht die Frage ist was die Waffen dem Men- schen schaden/ sondern was sie dem Frieden für Beschützung + + +
vielSchwachheiten/ wie viel Tode haben wir gesehen derer Menschen/ so durch solche Artzneyen die vnauffgerührten Feuchtigkeitten/ welche fast vergessen hatten zu schaden erwecket haben? Eben also kommen mir auch diese für/ die bey friedlichem Zustande we- gen künfftigen Vngewitters solche schädliche Mittel suchen/ so mit zweiffelhafftigem Außgange die Gesundtheit deß gemeinen Wesens gleich schier verderben als erhalten kan. Vnter die Vnge- wissen Mittel der Gefahr aber rechne ich fürnemlich die stete Vn- terhaltung der Soldaten. Dann im Fall die Knechte sich schon nicht im Harnisch halten/ im Fall sie auß Hoffart oder Thorheit den Gehorsam außschlagen werden/ so werden sie die Anschläge deß Friedens wegen/ vnd den Fürsatz jhrer Obristen/ welche sie zu abwendung deß Auffstandes geworben haben/ weit hindan setzen.
Ihr wisset wie die Companien vnnd Regimenter vnter jhren Ob- risten vnd Befehlichshabern so eine starcke Gemeinschafft machen: jedennoch können sie jhre Kräfften entweder kümmerlich erken- nen/ oder jhnen eine stoltze Einbildung/ welche auß solcher Be- trachtung herkömpt/ fassen/ im Fall sie einen munteren Feindt für sich sehen/ vnd jemandt ist den sie fodern oder fürchten müssen. Wann sie aber jhnen mit jhrer Faust frieden geschafft haben/ vnnd sie niemandt mit einer newen Gefahr jhres Sieges [647] erinnert/ alsdann/ gleichsam ob sie dem Könige oder Lande jhren Beystandt auffrückten/ erwegen sie bey sich selbst/ was man durch jhr Kämpffen erlanget habe: Sie weren die einigen Beschützer deß Volckes; an jhnen sey der Zustandt aller Sachen/ ja die Wolfart deß Vatterlandes vnd Fürstens selber gelegen. Solche Einbildungen fallen jhren Sinnen nit bald vnd vber einen Hauffen/ sondern all- gemach mit der Zeit/ Zusammenstimmung vnnd Gewohnheit ein. + +
Ihr möchtet einwenden/ man hette diese Vngelegenheiten/ von denen ich zuvor ansage/ nur alsdann zu förchten/ wann das gantze Heer beysammen lege. Ihr wöllet aber solchem Vbel fürbiegen/ vnd diese grosse Verfassung zertheilen/ damit der Soldat sich nicht mit Verwunderung beysammen sehen/ vnd einer den andern durch sein Rasen anstecken könne. Wo wöllet jhr sie dann so zertrennet hin schicken? [651] In Festungen vnd Stätte? Schawet wie bequem es an beyden Orten seyn würde. Zwar wie es von nöthen ist/ daß man Schlösser mit genugsamer Besatzung verwahre/ also können sie wegen jhrer Enge eine grosse Anzahl Soldaten nit behalten/ vnd hören auch auff sicher zuseyn/ nachdem sie von so vielen Augen im hin vnd wider reysen sindt beschawet worden. Dann vermeinet jhr die Knechte daselbst als im Gefängnüsse zu halten? Werden jhre Freunde sie nicht besuchen? Zugeschweigen jhre Weiber/ jhre Ver- wandten/ jhre Droß vnd Jungen. Es kan seyn daß jhr sie lieber in die Stätte als zu einem jmmerwehrenden Winterläger schicken wöllet. Als ob euch nicht bewußt were/ wie vbel sich die Soldaten mit dem andern Volck vertragen. Welches den vnbewehrten Bürgern/ vnd die sich vmb jhre Arbeit bekümmern/ zu Kriegszeiten am beschwer- lichsten ist/ wöllet jhr jhnen im Frieden mit stethem Verdruß auff- legen; daß sie nämlich in jhrem Hause frembde vnd gewaffnete Leu- te hegen müssen/ daß Tempel vnd offentliche Plätze von Sitten der Soldaten voll seyn/ vnd die angenehmste Ruh der PrivatHäuser in dergleichen vngestümmes Leben verkehrt sol werden? Es wirdt niemandt seyn der sich nicht vber die Last beklagen/ vnd mit euch vbel wirdt zufrieden seyn: wann sie auch sich auffzulehnen werden einen Fürsatz nemmen/ was wirdt jhnen schwerer zu ertragen für- kommen/ weil sie allbereit so harte Dinge/ die Stewren vnd Be- satzung [652] erdulden müssen? Wann auch gleich das Volck also zertrennet vnd eingetheilet wirdt/ so kan doch der Nutz davon Eurymedes sagte nicht erfolgen. Dann man wirdt doch in den Stät- ten die KriegsDisciplin nicht halten/ noch die vnerfahrnen Knechte + + +
Als Eurymedes auff diese deß Dunalbius Einwürffe geantwortet/ vnd er sich hergegen vertretten hatte/ als ob sie in einem Kampffe gegeneinander gestanden/ versöhnete sie Meleander also/ daß er das- selbige billichte/ was einer in deß andern Meinung lobete/ nämlich daß eine grosse Werbung schädlich were. Doch muste man ohn die Besatzungen in notwendigen örtern sich vmb eine Anzahl von Schiffen bekümmern/ vnd das Vfer Siciliens mit zwantzig Galleren belegen; deren sie etzliche auff der See/ die andern an den fürnemb- sten Porten auffhielten/ biß zu nötiger Verordnung. So würde man auch [653] die Guardie theils mit außerlesener Jugendt/ theils mit andern so lange gedienet hetten/ stärcken sollen. Vnd darzu köndte man jhrer Acht tausent werben. Der halbe Theil solte den König all- zeit begleiten/ so daß die Soldaten Sechs Monat zu Hause/ vnd das vbrige vom Jahr im Läger verblieben. Dann also würden sie weder bey solcher Trennung genugsame Kräfften zur Empörung haben/ noch wegen zu langer vnd vberflüssiger Säumung zu Hause deß Kriegswesens vergessen. Die/ so bey dem König verblieben/ solten nicht vnordentlicher weise beysammen liegen; sondern je Tausendt zusammen entweder in ein Läger/ oder in die Theile der Statt dar- innen der König seyn würde/ einquartirt werden. Dann es würde denen Bürgern/ welche deß Nutzens von seinem königlichen Hofe vnd Begleitung geniessen köndten/ nicht beschwerlich seyn/ wann sie schon die Leibwache als zu jhren Mitwohnern einnemmen müßten. Man solte sie reichlich vnd vnverzüglich außzahlen; auch destoschärffer im Zwang halten: jhren Muthwillen/ Diebstal vnd + + +