Das XVII. Capitel.

[1011] Bereitung zu dem Einzuge deß Poliarchus vnd Archombro- tus; Sie steigen an das Vfer.

Das XVII. Capitel.

NAchdem die Zeit angesetzt worden/ daß nämlich Poliarchus vnd Archombrotus auff den vierten Tag/ wann es die Zeit zuliesse/ ein- kommen solten/ machten sich die Abgesandten wider in jhren Na- +

[Druckausgabe S. 598]
chen/ vnd ruderten fleissig auff Paconien zu. Indessen war Melean- der in grosser Vnruh; vnd Argenis tröstete sich nichts mehr/ als daß Poliarchus seine gantze Heerskrafft in Sicilien einzunehmen be- gehret hatte. Der König hielte darfür/ man müßte Proviants wegen keine Vnkosten sparen. Dann käme Poliarchus als ein Freundt/ so wolte er einen solchen König nach Würden empfangen; were aber ein Betrug dahinter/ so gedächte er zum wenigsten ansehnlich zu sterben. Derhalben ließ er allerley Art Speisen vnd was man son- sten von der See haben kan/ herzu führen. Der Hoff wardt mit den köstlichsten Tapezereyen/ güldenen vnd Helffenbeinern Bethen/ vnd anderm reichen Vorrath außgezieret. Die Stattmawren waren für das Volck zu enge/ welches auß allen Orten herbey kam/ die Ankunfft vnnd was sich [1012] begeben würde zu schawen. Wie sie den Hoff also schmücken sahen/ nach Art deß Menschlichen Ge- müts das zur Geilheit geneiget ist/ wußten sie nicht warumb sie fro- lockten vnd sich zu förchten auffgehöret hetten/ vnd waren vber die masse lustig. Die einen brachten jhre stattlichste Sachen in die Tem- pel; andere trugen Speisen von den Opffern welche die Reichen ab- geschlachtet hatten/ vnd vermeineten sie danckten den Göttern mit spielen vnd tantzen. Meleander ließ jhm auch diese vnbedachte frewde deß Völckleins nicht mißfallen/ vnd zohe alles für sich an/ in Meinung/ was sich auch lustiges oder trawriges zutrüge/ das köndte er für ein gutes oder böses Zeichen halten.

Es war der vierdte Tag kommen/ vnd man sahe von ferrnen die Mastbäume der Könige. Eurymedes vnd Arsidas/ so vom Melean- der zu beyden geschickt worden/ hatten die Flotte mit jhren Schif- fen gemehret. Die Herren vnd das Volck hatten das Vfer er- füllet/ als ob etwan Götter in diesem Gepränge solten angebracht werden. Die Hauptschiffe kamen aber nicht zu erst in den Hafen/ welcher damals zwantzig Stadien von der Statt war. Gobrias kundte in denselben den einen Theil seines Heeres kaum in dreyen Stun- den außsetzen. Es waren Sechstausendt außgerüstete Männer. Mi- cipsa brachte gleichfals Zweytausendt. Sie stunden mit jhrem Ge- wehr in Companien vnd Fahnen als zu einer Feldschlacht einge- theilet/ ohne daß sie [1013] mehrentheils den Helm abgenommen hatten. Endlich stieg Poliarchus auß dem Schiff in Sicilien. So baldt er das Landt berührete/ als ob jhm der Geist deß Landes eine sonder- +

[Druckausgabe S. 599]
licheZuneigung eingebe/ in dem er nun der Hoffnung vnd Forchte näher war/ erschütterte er vnd entfärbte sich. Deß Archombrotus wartete er am Strande/ der nicht eine Stunde aussen war/ vnd auch abtratt. Meleander hatte Rosse geschickt/ darauff sie gantz König- lich angethan sassen. Poliarchus hatte nach seiner Landsart einen Rock von vielen Farben/ vnd Hosen mit Perlen gestickt. Vmb den Hals vnd lincken Arm trug er eine güldene Ketten. Der Degen war in einer Scheyden von Helffenbein mit Spangen darinn Edelgesteine versetzet stunden. Vmb die halb entblösseten Arme waren güldene Armbänder; auff seinem Haupt/ welches ohne das wegen der schö- nen Haare zierlich genug war/ stundt eine Kron von Goldt vnd Pur- pur. Aber dieser gantze Schmuck war nichts gegen der Anmutigkeit deß Gesichts vnd dem lieblichen Ansehen/ welches alle feine Re- gung vnd Bewegung angenehm machte. Darumb schawete jhn das Volck an/ viel frolockten/ vnd die so jhn in seinem Privatstande ge- kandt hatten/ beklageten sich/ daß sie nicht damaln schon weren jnnen worden/ daß die Götter mit der Art einer solchen Majestät nur einig Könige begabeten. Als hernach auch Archombrotus sich auff- gesetzet hatte/ war er an Gestalt nicht geringer/ oder sahe schlechter auß [1014] als sein hoher Standt erforderte; war aber mit solcher Kleydung angelegt/ wie Mauritanische Könige herein gehen. Die Zuneigung deß Volcks verblieb eine weile vngewiß/ vnd gleichsamb in Trennung. Hernach vermengte es mit gutem Zeichen seine Glück- wündschungen/ vnd frolockten mit einhelliger Stimmung wie vber einem also auch vber dem andern.

Also ritten sie/ gleichsamb ob keine Strittigkeit vnter jhnen were/ zwischen jhren vnd den Sicilischen Herren. Die Soldaten aber vnd der Pöfel lieffen in trefflicher Menge zuvor vnd hinden nach. So weit der Weg von dem Port biß in die Statt gieng/ war alles mit einer grossen Welt Volck erfüllet. Die Matronen vnd Jungfrawen in der Statt lagen an den Fenstern nebenst jhren Knaben/ denen sie zu Erinnerung solchen Spectakels baldt Forchte baldt Frewde ein- jagten. Die Leutseligen Könige/ in Erinnerung daß die jenigen von denen jhnen solche Ehr angethan wurde/ jhre Vnderthanen nicht weren/ liessen es an begrüssung nicht mangeln/ kehreten jhre Augen vnd Hände zum Volck/ biß Meleander sich im Eingang deß Hoffs se- +

[Druckausgabe S. 600]
henließ. Als sie gewahr worden daß er zu Fuß zu jhnen kam/ fie- len sie bald von den Pferden. Wie er sich nachmals entschuldigte/ daß er jhnen nicht biß an das Port were entgegen kommen/ vnd daß er solches nicht auß Hoffart/ sondern auß Begehren jhrer Abgesand- ten gethan hette; baten sie beyde mit lieblichen [1015] Worten/ er wolte sich gegen jungen Leuten/ die vor dieser Zeit seine Gäste ge- wesen/ solcher Ceremonien nicht gebrauchen. Hernach wündschte er dem Poliarchus deß Sieges/ vnd dem Archombrotus deß König- reichs Sardinien halben/ Glück/ vnd thete gleichsamb einen Ver- weiß/ daß in verwichenen Jahren so ein grosser König auß Gallien sich als ein Privatperson in Sicilien hette halten lassen.

[1016: Kupfer Nr. 23]




Zitierempfehlung:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),