Timoclee treget dem Poliarchus an/ sie wolle jhn in eine Höle ver- bergen: Er macht sich auß der Frawen Hause/ gleichsamb als er Vrlaub von jhr genommen; vnd begibt sich zu dem Eingange benanter Höle.
Das V. Capitel.
ALs sie hineyn kommen/ vermochte sie jhr Seufftzen vnd weynen wegen deß Poliarchus Vnglücks nicht zulassen. Dann wie sie nicht zweyfelte an seiner Vnschuld/ also zweyfelte sie [33] gleichwol auch nicht an deß Königes Zorne: weil der Diener/ welcher sehr verschla- gen war/ sich nicht würde vnterstanden haben etwas zu berichten/ von dem er nicht gewissen Grundt eyngezogen. Ihre Person belan- gendt/ so vbergab sie dem Poliarchus jhr Hauß/ Haab vnd Gut/ vnd stünde jhm zu seiner Rettung frey darmit zu thun vnd zu lassen. Aber/ sagt sie/ was würde dieses Hauß/ oder ewere Gesellschafft/ Herr Archombrotus/ wider den König dienstlich seyn? Wir werden bald außgerüstete Soldaten hier haben/ vnd steht das Hauß offen/ so wird es verrahten; machen wir es zu/ so wird man es vns gar auff den Halß werffen. Dann daß bey so vielem Gesinde als wir ha- ben gar keine Vntrew vorlauffen solle/ vnd daß niemand von den Knechten/ wann jhr allhier gedencket verborgen zu bleiben/ vn- sere Heimligkeit verrahten werde/ ist nicht zu hoffen. Wisset jhr aber/ was mir in der gehlingen Furchte ist eyngefallen? Die so diß
Die augenscheinliche Gefahr/ vnd der Spott flüchtig zu werden kränckte den jungen Herren heftig. Bin ich nicht wahnsinnig/ sagte er/ Gelanor (diß war deß Dieners Nahmen) daß ich mein leben zu eines andern Gewalt habe außgesetzt? Was ists von nöthen/ daß ich vnbekanter Weise mich vnter dieser Nation herumb blewe/ ohne das Außsehen welcher meiner Hoheit gemässe ist? Was deu- ten die Fabeln anders an/ welche tichten daß Lycaon seinem [36] Gaste dem Jupiter nach der Gurgel greiffe/ als daß Fürsten die vn- vorsehener Weise hingerichtet werden/ in dem sie sich frembden vertrawen/ jr Vnglück nicht so sehr bösen Leuten/ als jrer eygenen Thorheit zuschreiben dörffen? Ich habe mir vnrecht zu thun fug gelassen. Wolan/ Gelanor/ ich verdiene es was ich jetzt ertrage. Wie er diß redet/ fällt jhm die Vrsache eyn/ welche jhn in Sicilien auff- hielte; da er dann sich bedüncken ließ/ er hette ein grosses verbro- chen/ daß er sich vber entstandene Widerwärtigkeit beklagete/ an- gesehen die Glückseligkeit einer solchen Hoffnung/ derer wegen er alldar lebete. Gelanor/ so auß trewhertziger Furchte der Gefahr seines Herren gantz betrübet war/ meynete in seinem Sinne/ Poli- archus solte ohn längere Vmbschweiffe sein Geschlechte vnd Standt entdecken. Dann wann er sagen würde wer er sey/ vnd sich seiner Hoheit nach halten/ würde Meleander gutwillig sich deß schärpffe- ren Verfahrens wegen entschüldigen/ vnd die Feinde jhn vmb Ver- zeyhung bitten. Ihr verstehet es nicht/ sagte Poliarchus. Nach dem mir das vnrecht schon angethan ist/ so wil höchlich von nöthen seyn daß ich mich nit melde. Dann es dürffte geschehen/ daß sie in Betrachtung meiner Würden noch mehr entbrennen möchten/ vnd bedencken/ ich könte nach der Beleydigung nur einmal fort gelassen werden/ aber allzeit deß Vnrechts gedencken. Gelanor re- dete nichts darwider/ als dem solche Meynung zu hoch war; ruffte +
Timoclee/ in dessen/ nach dem sie Thür vnd Thor fleissig gesper- ret/ befahl jhren Leuten sämptlich sich zu Rhu zu legen mit Fürge- ben/ sie möchte diese Nacht von dem Geschrey weiter nichts hören; auff den Tag könte man gewissern Vnterricht eynziehen. Hernach gieng sie durch alle Kammern jres Volckes/ als ob sie deß Hauses halben Beysorge trüge; in Warheit aber geschahe es/ damit nicht etwan ein fürwitziger käme zu erfahren was sie in geheim thun wolte. Als sie sahe/ daß männiglich schlaffen war/ vnd sich nichts mehr zu fürchten were/ gieng sie mit dem Archombrotus in einen kleinen Keller/ darinnen der künstliche Bawmeister den heimlichen Eingang zu der Hölen verborgen hatte. Der Ort war mit Ziegeln ge- pflastert/ deren Ende mit Nägeln zusammen gefüget waren/ zweene außgenommen so vnverbunden blieben; daß man sie/ wann es von nöthen thete/ von der Ordnung desto leichter außheben möchte. Vber diesen standt eine lange Tafel/ damit niemand drauff tretten könte/ vnd wann man etwan darüber gieng/ weil sie mit den andern nicht verfasset waren/ jhnen also Gewalt thete/ daß die Heimligkeit verrathen würde. Timoclee ließ jhrer wenig hineyn gehen; kam auch selber nicht offt dahin. Zu diesem mal aber hub sie die Ziegeln wegk/ vnd öffnete den Eingang zu der Höle vnd Staffeln so vnter das Hauß leyteten: [38] bald schlug sie auß einem Kieselsteine Fewer/ fieng es mit einem Schwefel/ vnd zündete die Fackel an welche sie zu diesem Ende mit sich genommen; gieng also mit dem Liechte voran. Archombrotus folgete mit blossem Degen in der Faust/ zu seiner vnd der Frawen besserer Sicherung. Es waren bey zwantzig Staffeln hinunter in die vntergrabene Grufft/ welche nach einer zimlichen Länge sich bey vnterschiedenen Hügeln endete/ daß man/ wann gleich ein Feind ein Loch eyngenommen/ dennoch an- dere Mittel zu entfliehen hatte. Das Erdreich war zu diesem Wercke sehr bequem: dann es war so feste/ daß/ ob schon an einem Orte gegraben ward/ das Stücke/ so stehen solte bleiben/ nicht her- nach fiel: hergegen war es auch den Arbeitern nicht strenge zu hawen/ weil es weder Steine hatte die den Streich auffhielten/ noch Sand der allzeit wieche vnd jhren Fleiß zu nichte machte. Dieser Gang war einer grossen Länge/ vnd durchauß gewölbet: vnd wie- wol die Aecker vnd das Gebäw deß Hauses vber jhm lagen/ so war er doch von so vielen Jahren her nichts verfallen. Fornen zu hatten