Das IV. Capitel.

Timocleen Diener bringt Zeitung/ Poliarchus sey für schuldig er- klärt worden des Verbrechens der beleydigten Majestät/ vnd weren die Fewer auffgestecket jhn anzuhalten vnd einzuziehen.

Das IV. Capitel.

INdem sie also jhr Gespräche von dem Einhei-[29]mischen Kriege hielten/ wird angemeldet/ Timocleen Diener sey zu rück kommen. Stracks vmbringten sie jhn/ vnd kundten der Zeittung kaum erwar- ten. Weil er aber vor Schrecken gleichsam zitterte/ durfften sie jhn nicht fragen. Er war auch der Meynung/ daß er in Beywesen der Her- ren die Antwort nicht sagen dörffte/ ruffte Timocleen beyseite/ vnd als er gesaget was es belangendt were/ ward die Fraw gantz vnd gar bestürtzt/ vnd er standt/ als were er verstarret: Zu letzt nam jhn Ti- moclee/ (wie sie dann auff eine Eyle Raht zu finden sehr fertig war) bey der Handt/ vnd führte jhn/ daß er mit dem andern Gesinde nicht zur Rede käme/ in jhre Kammer; gab auch den Gästen ein Zeichen/ daß sie folgen solten; schloß nachmals gantz bebende die Thür zu/ vnd befahl dem Knechte zu vermelden alles was er gehört hette. Da hub er an: Ich war kaum recht in die Statt kommen/ als mir viel Leute entgegen lieffen/ wie es bey Auffruhr her zugehen pfleget/ vnd selber nicht wußten wo sie hin giengen. Es stunden Laternen für allen Thüren/ vnd das Volck/ so in hauffen abgetheilet war/ kundte vor Schrecken kaum stehen. Wie ich zu den födersten kam so vernam ich daß sie sagten/ Poliarchus/ welcher der beleydigten Majestät schuldig erkläret were/ würde jetzund gesucht daß man jhn vmbbrächte; vnd jhn zu finden hette man diese Postfewer an- zünden lassen. Ich fürchtete aber/ sie möchten deß Nahmens irren/ vnd fragte fleissig/ wer dieser Poliarchus we-[30]re/ vnd was er verschuldet hette? Sie stunden aber alle auff einer Rede/ es were Poliarchus/ der frembde Herr/ welcher vber ein Jahr lang in Sici- lien seiner Tapfferkeit vnd Freundschafft halben die der König mit jhm gepflogen so berhümbt gewesen. Was er aber verschuldet hette/ könten sie eygentlich nicht sagen: aber sie wüsten/ daß er vom Kö- nige selber verdammet were/ vnd jetzt in allen Winckeln gesucht würde. Von diesem hauffen gieng ich wider zu einem andern/ da verstandt ich eben dieses; vnd weil kein Mensch mit Widersprechen

[Druckausgabe S. 28]
solches Geschrey vngewiß machte/ habe ich das was nun ein mal klar ist nicht verschweigen sollen.

Archombrotus vnd Timoclee/ wie sie es verstanden/ sahen den Poliarchus an. Er aber ward bleich/ zitterte vnd bebete; nicht zwar wie die so jhnen vbel bewust sind/ sondern auß Vngedult der Gefahr/ vnd seines grossen Muthes halben/ dem Schmach zu leyden vner- träglich war. Er fragte den Diener zu vnterschiedlichen malen/ ob jhm eygentlich also/ vnd die Fraw/ ob der Knecht auch recht bey Sinnen were? Vber diesem war es als ob er Witz vnd Verstandt ver- liere. Hernach schwiege er zimlich lange; damit er nicht auß gros- ser Vngedult deß Gemühtes etwas wider das Glück oder den König redte/ das seiner Person vbel anstünde. Aber der Sachen Wichtig- keit/ vnd daß er nicht wuste ob auch in dem Hause da er war lange zu trawen were/ liessen jhn nicht viel zu rasten. Der-[31]en- wegen hub er Augen vnd Hände gegen Himmel; vnd/ jhr Götter Si- ciliens/ sagte er/ vnd so viel ewerer mehr vber vns sind/ die jhr recht vnd Billichkeit erhaltet; jhr geheyligten Geister/ vnd jhr mächtigen Haußbeschirmer deß Meleanders/ die jhr mich frembden gewürdiget habet zu einem Gaste auffzunehmen/ ich beschwere vnnd bitte euch/ wo ich wider den König vnnd die Stände Siciliens etwas verbrochen: wo ich mit Hülffe/ Rath oder That das Recht der bewirtung beleidiget: oder auff einigerley Wege die Schmach solcher offentlichen Nachtrachtung verdienet habe/ daß jhr mich in die Hände meiner Feinde wollet fallen/ vnd mir den grawsamsten vnd schmälichsten Todt anthun lassen den man jmmer erdencken mag. Habe ich aber im widrigem Fall diesem Königreiche zum besten ge- than alles was menschlich vnd möglich gewesen/ vnd mir diß spött- liche Vbel zu Vnrecht angethan wird/ so thut mir zum wenigsten so viel gutes/ jhr Götter/ daß ich nach meiner Rechtfertigung gegen dem Könige vnd dem Volcke mich sicher auß dieser Insel wegk ma- chen/ vnd keinen bösen/ noch meinem Stande vngebürlichen Nach- klang bey hiesiger Nation hinterlassen möge. Euch betreffendt/ ge- ehrte Fraw/ so begere ich euch nebenst mir in keine Gefahr zusetzen/ sondern ich wil/ noch diese Nacht/ mich auff freyes Feld begeben/ damit ewer Hauß von meinem Vnglück vnangestecket bleibe. Vnter dessen brante Archombrotus für zorne: vnd die freundschafft [32] welche in einem Tage auffgerichtet worden/ war solcher Kräfften/ +

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daß er sich antrug jhm biß auff das eusserste Beystand zuleisten. Man hette auß dem Gesichte/ auß der Entrüstung/ vnd auß den Worten die sie beyde herauß stiessen nicht können vnterscheiden/ welchen die Sache am meisten betroffen; außgenommen daß Ar- chombrotus seinen Grimm viel hefftiger außließ. Die Fraw aber/ gleichsam als glaubte sie deß Dieners Zeitung nicht/ gab für/ sie wolte stracks andere außschicken/ die gewisseren Bericht eynzie- hen würden. Doch befahl sie dem Knechte in der Kammer zu war- ten/ vnd führte die Gäste von jhm hinweg in ein anders Gemach/ daselbst Raht zuhalten wie den Sachen zu thun were.




Zitierempfehlung:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),