Das VI. Capitel.

[446] Der vbrigen Städte Siciliens wiederbringung zum Gehorsamb deß Königes. Sein Fleiß jhm das Volck geneigt zumachen. Seine Ent- schuldigung die Hyperephanier absonderlich wider an zuneh- men: Vnd vollführung deß Cleobulus vorigen Gesprächs.

Das VI. Capitel.

DIese Tage vber (wie Cleobulus schon zuvor gemuthmasset hatte) kamen vnterschiedliche Abgesandten von den Städten an den Kö- nig/ sassen an den Schwellen der Götter/ hatten als Leute die zu Fuße fallen Zweige mit Wollen vmbwunden in den Händen/ seuff- zeten nur/ vnd durfften nicht reden. Ibburranes vnd Dunalbius/ welche beym Könige in solchem Ansehen waren/ daß man jhnen nichts versagte/ theten vor viel Städte vnd hohen Standes Leute eine Fürbitte. Derowegen gebrauchte sich Meleander gegen den gehor- samen vnd demütigen Vnterthanen seiner hohen Leutseligkeit/ vnd legete jhrer Busse keine andere Straffe auff als das Ansehen seiner Majestät vnd Hoheit. Die Gesandten musten durch die außgerüstete Guardie auff das Rhathauß gehen/ auff welchem Er denen/ so Gnade suchen solten/ zum [447] Schrecken in Königlichem Habit vnd Throne saß. Nach dem sich die armen Leute wegen der Vnglück- seligen Zeit beklagten/ in welcher das Volck zu solchem Auffstande gerahten were; begegnete jhnen der König zwar erstlich mit scharf- fen Worten/ hernach vbergab er sie zu besserer Hoffnung seinen ob- risten Haüptern/ vnd befahl daß sie nach seinem Abschiede/ jhres Spruches solten gewertig seyn. Man legte jhnen leichte Sachen auff/ daß sie zur Straffe etwas von Gelde erlegen/ oder die so es am grö- besten verschuldet/ das Landt räumen musten. Nachdem sie der wegen so gelinde darvon kommen/ erfülleten sie hernach die Städte mit Liebe jhres Fürsten. Die Hyperephanier wolten sonderliche Gesandten abordnen/ zu Bezeugung jhrer Frewde vnd Glückwündt- schung/ vnnd jhren vorigen Eidtschwur mit einem newen Handt- schlage zu bestättigen. Etliche aber von jhnen/ welche wusten daß es der König nicht wol empfienden würde/ zohen den Anschlag zu- rück. Dann als der König von jhrem Fürnehmen gehöret hatte; Ich frage/ sagte er/ ob die Hyperephanier sich mehr oder weniger für Sicilier halten als andere meine Vnterthanen? Warumb wöllen sie jhre Pflicht sonderlich ablegen? Warumb reden sie mich nicht

[Druckausgabe S. 273]
im Namen der Prouintzen vnnd Städte/ sondern als ein vnterschie- dener Standt an? Welches dann Fürsten sehr verdrüßlich für- kompt/ wie sie wissen sollen; sonderlich aber damals/ wann solche Leute [448] offentlich erscheinen/ vnd jhre Kräfften wöllen sehen lassen. Als nun die Provintzen eine nach der andern sich wiederumb gehorsamblich einstelleten/ kamen die Abgeordneten von Syracuse in die Stadt/ schlugen die Augen lange Zeit nieder/ zu Bezeugung/ daß sie nicht reden dörfften/ wann es jhnen nicht befohlen würde. Als Cleobulus fragte was sie brächten/ vbergaben sie jhre Supplica- tion/ darinnen der Bürger daselbsten Gelübde verfasset war. Sie hatten darbey gesetzt/ es trüge sich offtmals zu/ daß ein Volck/ welches von bösen Leuten vnrecht litte/ seinen Zorn vber den Kö- nig oder das Land auß zuschütten pflegete; wie etliche Leute/ so von grosser Kranckheit der Sinnen beraubet weren/ wann sie jhr Vbel triebe/ so liessen sie jhr Wüten vber die auß welche jhnen am nechsten stünden. Ihre Meinung were nicht/ daß sie die verübete Wahnsinnigkeit entschüldigen wolten; aber sie wisten/ daß sie bloß von der Vngelegenheit hergerühret were/ welcher die Syracu- ser entlediget zuwerden Ansuchung theten; vnd würde solche Ab- schaffung die Gemüter ins künfftig sehr zurecht bringen.

Cleobulus sagte/ er wolte dem Könige jhr Schreiben vberreichen/ vnd vertröstete die Abgesandten ehest auff Antwort. Als der Raht sich geendet hatte/ gieng er zum Könige/ welcher jhm gleich da- mals deß Cleobulus Verstandt weitleufftig zu Gemüte führete/ der nicht vergeblich gemeinet hette/ daß die Städte wiederumb würden Gnade suchen/ vnd [449] jhn/ weil seine nechste Lehren durch deß Radirobanes Ankunfft verhindert worden/ seine Meinung weiter zu sagen erinnerte; der Siracuser Schreiben/ weil sie reifferer Raht- schlagung bedürfften/ möchten auff dißmal nachbleiben. Ihr sagtet/ Cleobulus/ fieng der König an/ wo ich mich recht erinnere/ es we- ren zwey Ding/ durch die man Sicilien in gutem Friede erhalten köndte/ vnd welche machten daß die Ruhe oder Empörung deß Lands in der Hohen Häupter Händen stünde/ als der König von Sardinien zwischen ewere Rede kam/ welche jhr nun nach der länge vollführen möget. Welches sindt dann die zwey Bänder/ oder vielmehr die vnwandelbare Bevorstehungen/ welche Sicilien/ den Fürnehmen deß Landes/ zu jrer Gewalt dermassen außsetzen? Eben +

[Druckausgabe S. 274]
dieselbigen (gab er zur Antwort) vber welche jhr/ als ein hochver- ständiger König/ sehr offt geklagt habt. Erstlich die grosse Anzahl der Festungen vnd Schlösser in Sicilien: Hernach die Gewonheit Verwalter vber die Provintzen deren gestalt zu setzen/ daß sie von jhrem Ampt eher nicht weichen dörffen/ als von jhrem Leben. Ich riethe man solte so viel Schlösser abschleiffen/ ob sie schon nicht vn- bequem/ sondern nur daß sie nichts nütze weren. Weil aber zu jhrer Verwahrung nicht allein Vnkosten/ sondern auch Gefahr/ vnd offtmals Schaden zukommen pfleget/ warumb wöllen wir sie dann zu vnserem Verderben halsstarrig in [450] die Lenge erhalten/ vnd was für Feinde werden wir dadurch zwingen? Frembde/ oder Einheimische? Für den frembden sind wir wol versichert durch die jenigen/ welche wir an den Gräntzen vnd Meerhafen gebawet haben; Derselbten Nutzbarkeit berühre ich gantz vnd gar nicht. Wir haben daselbst Kräfften genug/ vnd können die Feinde gar wol auffhalten. Vnd ob sie auch gleich daselbst herein brächen/ so würde man sie mit Volcke auffhalten/ vnd mit denen Städten welche jhnen allerseits in grosser Anzahl entgegen stünden/ vnd so starck sind/ daß jhnen keiner so baldt wirdt vber den Hals lauffen. Für frembden Einbruch wirdt dieses gar genug seyn. Wen förch- ten wir aber zu Hause? ist es das gemeine Volck vnd die Inwohner der Städte? oder vielmehr der Fürnehmen Hochmuth/ welcher jhrem vnruhigen Kopffe nach/ allezeit auff Gefahr einer newen Ver- wegenheit vmbgehet? Ewer Volck pfleget sich selten wieder die Könige auffzulehnen. Man weiß fast kein Exempel solcher Vn- sinnigkeit/ in die es newlich gerahten; aber man hat auch dersel- bigen/ wie jhr erfahren habet/ mit so vielen Festungen vnd Castel- len/ von denen wir jetzund reden/ nicht zuvor kommen/ oder nur abwehren können. So daß jhr sehet/ daß die Schlösser euch derer Städte/ welchen sie auff dem Nacken stehen/ nicht versichern/ son- dern sie den Befehlshabern der Verwalter zu gewisser Dienst-[451] barkeit vntergeben; welche die Bürger öffterer gezwungen haben wieder den König zustehen/ als daß sie jhrer Rebellion abgewehret haben. Scheinet es derhalben/ so offte sie ein Schloß in jhre Ver- wahrung begehren/ nicht anders zuseyn/ als ob sie stillschweigendt sagten/ Gebet mir Bänder vnd Fässel/ mit denen ich die Stadt so +
[Druckausgabe S. 275]
an dem Schlosse lieget mir verbündtlich machen könne. Daß ich die Bürger zu Sclaven habe/ vnd sie mir wieder ewren vnd jhren Willen gehorchen müssen. Daß die gantze Provintz vnter mir zit- tere; vnd ich Soldaten einzunehmen vnd auß zuführen Fug habe. Endlich gebet mir ein kleines Königreich in ewerem grossen.

Ihr werdet sagen/ daß ihr durch Außerlesung der getrewesten Leute die Freyheit solcher vbermessigen Gewalt wehrloß machen wöllet. Ihr begienget etwas das kein König in Sicilien zuvor ge- than hat. Dann welch Bürgerlicher oder Außländischer Krieg ist gewesen/ da nicht die Verwalter dieser festen Orter von der Kron abgefallen sindt? Oder welche Empörung ist vnter vnserem Volcke entsprungen/ die nicht auß solchen Schlupffwinckeln kommen ist/ oder sich hinein geflüchtet hat? Solches bergen auch die jenigen jtzund nicht/ die nach jhrer Rebellion einen Friedensschluß mit euch eingehen. Sie begeren Festungen zu jrer versicherung/ daß sie nämlich wider ewren willen darinnen mögen befreyet seyn/ vnd [452] wann sie die Lust wiederumb ankömpt/ mit vngehinderter Verwegenheit die Waffen ergreiffen können. Gedencket nur welche eine vnbillige Bedingung dieses sey. Sie sindt zu Vergebung vorigen Auffruhres nicht zufrieden/ sondern begehren noch/ daß man jhnen Waffen/ Schlösser vnd Soldaten vbergeben solle. Sie zwingen euch ferner zum Pfande jhrer ertichteten Trew/ dem zu glauben was sie sagen/ da sie selbst nicht glaüben was jhr saget. Werden aber die Schlösser einmal in dem Königreiche abgeschafft seyn/ so werden sie jhre versicherung auff ewerer vnd jhrer Trew suchen müssen/ vnd in den anvertrawten Städten nur so lange gehorsam finden als jhr wöllet/ auch wegen Sicherheit so vieler Wälle vnd Schantzen keine Gelegenheit zu newer Empörung finden.

Aber/ werdet jhr sprechen/ Man muß gleichwol die Anordnung der Alten nicht verdammen/ welche diese Festungen entweder ge- bawet/ oder sie zu bawen vns ein Exempel gegeben haben. Herr/ man muß dieselbige Zeit nur für sich betrachten. Vnsere Vorfahren haben jhre Sachen auff die Zeit gerichtet in der sie lebeten; wir/ die wir in anderer Gelegenheit sindt/ müssen offtmals den Anschlag ergreif- fen/ der jhrer Meinung gantz zuwider leufft; So daß ich es für eine vnbilliche Hoffart halte/ wann man die Weißheit der Alten ver- nichtet; vnd es auch eine vbrige Ehrerbiettung zu seyn schätze/ wann wir vns gantz vnd gar nach jhrer Ordnung richten. Also haben [453] wir die jenigen Schlösser/ welche vns anjetzo beschwerlich

[Druckausgabe S. 276]
sindt/ zu gutem Ende/ wie ich glaube/ auffgerichtet; wie wir sie dann nicht weniger vns zum besten niederreissen wöllen. Dann vor zeiten war entweder gantz Sicilien nicht vnter einem Herren/ oder eine jegliche Prouintz darinnen hatte jhren eigenen Fürsten/ wel- cher dem Könige anderß nicht als mit erlegung eines geringen Gel- deß/ oder sonsten einem leichten Scheine der Vnterthänigkeit ver- pflichtet war. Ist es also kein Wunder/ daß ein jeder seine Oerter befestiget hat/ entweder die benachbarten abzutreiben/ oder/ wann jhnen der König mit Gewaldt zusetzte/ sich im Lande zuerhalten. Nunmehr aber haben die Götter durch Krieges recht/ Erbschafft vnd Verbündtniß alles auff euch fallen lassen; mit solcher Glückselig- keit/ daß kein Mensch in ewerem Königreiche ist/ der jhm nicht den allgemeinen Nahmen Sicilien lesset lieber seyn/ als der Prouintz auß welcher er gebohren ist. Warumb wöllen wir dann das Ge- dächtniß der Alten Gräntze vnd Trennung in den Castellen behal- ten/ nun die Nutzbarkeit darvon weg ist? Schonet deß Namens der Oerter nicht/ sie mögen gleich wegen jhres Erbawers oder Alters berühmet seyn. Werffet den Ehrgeitz mit sampt seinen Schantzen ein; behaltet von so viel Schlössern die allerwenigsten/ vnd zwar an den fürnemsten Orten. Sonderlich daß zu Syracuse/ beydes das Volck zu regieren/ vnd seine Wahnsinnigkeit bißweilen auffzuhal- ten. Dieses [454] wird zu Beschützung deß Reiches gar genug seyn; doch also daß man die Verwaltung den Machtigsten im Lande nicht lasse. Die Obristen musten weder zu arm noch zu reich seyn/ daß sie von euch viel hoffen/ nichts aber erzwingen können. Lasset die Gewonheit vieler Schlösser denen Königen/ welche mit einer frembden vnd also verhasseten Gewalt entlegene Völcker beherr- schen/ die sich weder mit den Sitten vntereinander vergleichen/ noch mit sicherer Freundtschafft Trew vnd Glauben halten; die auch/ wann sie den Verlauff jhrer Vorfahren lesen vnd betrachten/ es jhnen für ein Schande halten/ daß sie vnter frembder Regie- rung leben/ vnd nicht allein einem abwesenden Herren/ sondern auch einer Nation bey welcher der Herr wohnet/ Gehorsam leisten sollen. Ewer Sicilien aber ist ein Volck/ ein Geblüte/ sie haben einer- ley Recht/ einerley Gemeinschafft deß Ruhmes/ deß Fürstens/ vnd deß guten Nahmens. Wiewol die Gütigkeit ewerer Vorfahren sie wiederumb zertrennet/ vnd vber eine jegliche Provintz einen ab- +
[Druckausgabe S. 277]
sonderlichen Verwalter gesetzet hat; vnter welchem sie sich erin- nern können/ daß bey jhnen vor Zeiten auch ein Königreich gewe- sen.

Eben dieses war das andere/ von welchem ich sagte daß ewerer Friede zerrüttet/ vnd die Fürnehmen Häupter wieder euch gerü- stet würden/ die Gewohnheit nemlich/ einer so lanwirigen vnd be- stendigen Verwaltung die Provintzen zu vnter-[455]geben/ welche wann sie einen Landtpfleger bekommen/ so thun sie jhm stracks alle Ehre/ gewohnen seiner vnd glauben so gewiß daß er Fürge- setzter/ als daß jhr König seydt; ja er bringet die Vnterthanen mehr zu sich als jhr/ zwinget sie jhm verbunden zu bleiben/ verdammet oder födert die jenigen/ welche jhm wiederstehen/ oder jhn lieben. Sonderlich aber machet sich der Adel diesen Häuptmännern anhän- gig/ welchen sie mit Hoffnung Gastereyen vnd Freundligkeit also einnehmen/ daß er hernach seine versprochene Trew wieder den König selber versuchen darff. Wann jhr solche Empter nur auff we- nig Jahre außtheiletet/ so köndte jhre Macht nicht zu tieff ein- wurtzeln/ vnd die Bürger würden sie/ in Ansehung jhres kurtzen Regiementes/ nicht vber Billigkeit lieben oder fürchten. Ich bin schon lengst/ sagte der König/ in dergleichen Gedancken gestan- den. Aber mit was für Beschönung kan ich denen/ welchen ich vor vieler Zeit alten Gebrauch nach die Provintzen zuverwalten hinge- lassen habe/ solch meine Geschencke wiederumb abstricken? Was werden meine wolverdiente Obristen/ was werden die jenigen sa- gen/ denen ich diesen Sieg zudancken schüldig bin? Sol ich jhnen derer Trew mir bekandt ist/ jhre Belohnung wegnehmen/ welche ich anderen gegeben habe/ von denen ich zweiffelte/ vnd noch keine Freundtschafft erfahren hatte? Diesem ist leichtlich abzuhelffen/ sagte Cleobolus; Ewere fürneme [456] Leute dürffet jhr mit solcher Newerung zur Vngedult nicht reitzen. Lasset sie bey ewerer Begna- digung verbleiben. Aber wann einer nach dem andern absterben wirdt/ so setzet jhnen Nachfolger mit newen Bedingungen in die Stelle. Lasset jhre Macht vber drey Jahr nicht wehren/ vnd machet jhnen mit Erlengerung deß Regiements keine Hoffnung/ daß nicht so sehr das Vermögen als der Nahme geendert sey. Sicilien wird solche kurtze Beherrschung nicht mehr förchten/ vnd der Ehrgeitz wird machen/ daß jhrer viel nach solchen Ehren/ wie kurtz sie auch sindt/ streben werden. Also könnet jhr auch ewere Freygebig- keit vielen erweisen/ in dem jhr bey Erledigung der Provintzen

[Druckausgabe S. 278]
einen vnd den andern nach Verdienste vnd der Zeit Gelegenheit zu befodern Vrsach krieget.

Wann jhr mit solchen Grieffen den Mächtigen den Anschlag vnd die Kräfften abzufallen entziehet/ so haben sie Vrsache euch viel zu dancken. Dann sie werden sich keiner Gefahr besorgen dörffen/ welche sie zwar vnter einem ernsthafften Könige/ der seine Worte nicht hielte/ betreffen möchte. Es würde auch der Strom jhrer hurti- gen Jugendt/ von der Außreissung/ in einen richtigen Lauff/ vnd zu solchen Anschlägen geleitet werden/ welche zwar einen behertzten vnd kriegischen/ aber doch billichen Zweck/ der keiner Tugend zuwieder lieffe/ für sich hetten. Schawet die Nation an wel-[457]che an der Lenge deß Vfers gegen vber lieget/ vnd mit Sicilien offtmals in Auffstandt gerahten ist. Sie hatte auch eine grosse Menge der Schlösser vnd Thürne. Es waren vber diß jhre fürnehme Häupter von Anhange vnd Kräfften so starck/ daß sie den Königen (wel- ches gemeiniglich eine Vnglückselige Macht ist) selber eine Furcht einjageten. Was für Auffstandt war damals? dergleichen in Sici- lien niemals gewesen ist. Bald worden die Könige/ bald die fürnehme Herren abgesetzet; biß man endlich die Schlösser/ ohn eines/ ge- schleiffet/ vnd die Stärcke der Gewaltigen durch Fleiß der Höchsten Obrigkeit gedämpffet hat. Etliche sind im Kriege/ etliche im Gefäng- nüs/ etliche zu wiederbringung deß Friedens von deß Henckers Handt vmbkommen. Wöllen die Götter daß vnseres Adels Blut dem Verhengnisse lieber sey. Diesem allen könnet jhr abhelffen/ wann jhr sie der Ruhe geniessen/ vnd euch deß Königreiches mit Fleisse annehmen wollet. Dann also wird die Gewonheit sich zuverbinden/ vnd von euch abzufallen/ allgemach hinterzogen werden/ vnd wirdt sich vnter dem gleichmässigen Joch niemand vber ewere billiche Regierung zubeschweren haben. So lange aber einer vngestrafft wird hingehen/ so lange werden die andern ewere Gütigkeit/ wel- cher jhr euch gleich als gezwungen annehmet/ verächtlich halten: Daß jhr derhalben entweder alle vnter gleichem Gesetze ewe-[458] + + + +

[Druckausgabe S. 279]
rer Majestet zähmen/ oder gewarten müsset/ daß niemandt im Ge- horsam verbleibe.

Werden sie wiederumb einen Tumult erregen/ so bedencket jetzundt baldt was jhr mit jhnen thun wöllet: bedencket/ sage ich/ selber wie jhr hierinnen zuverfahren habet; vnnd glaubet nicht/ daß euch die Freunde allezeit mit solcher Freyheit werden vnter Augen gehen/ wie wir zwar an jetzo vns vngeschewet vnterreden. Vielleicht hette ich selber nicht so gerade zugesaget/ wann die Vnwissenheit künfftiger Dinge nicht machte/ daß ich die jenigen wieder welche ich geredet habe/ nicht kennete. Dann weise Leute die in ewerem Rhate sindt/ wann jhr jhnen eine Sache fürleget/ so reden sie nicht auff solche Weise darvon/ daß sie nicht auch ein Auge auff jhr eigenes Anliegen haben sollen. Zum Exempel/ wann man jhr Gutachten wegen der fürnehmen Auffwiegler vnnd Rebellen er- fodert/ so fürchten sie sich dieselbigen zubeleidigen/ vnnd gehen auff gelinde Mittel/ die offtmals ewerem Scepter nicht zu Ehren ge- langen: auß Besorgung/ im Fall sie gar zu scharff vrtheileten/ so möchten die/ wieder welche sie sprechen/ wann sie (wie gebräuch- lich ist) widerumb nach Hofe vnnd bey euch in Gnade kommen/ sich an jhnen rechen/ vnnd jhren entlichen Vntergang befödern. Durch diese Furchte wirdt vielen ewren Rhäten die Freyheit be- nommen/ die zwar getrew sindt/ aber so lange es thuenlich ist/ vnd zwar zuvor [459] jhnen als euch. Dieses wolte ich weder in Gegen- wart meiner Beygeordneten/ noch auch für euch sagen/ wann ich nicht wüßte/ daß vnter ewern Königlichen Tugenden das Still- schweigen vnd das Vergessen euch ein Ding weren.

[460: Kupfer Nr. 11]

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[Druckausgabe S. 280]



Zitierempfehlung:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

Martin Opitz, Martin Opitz. Gesammelte Werke, in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.),