65. Sz 51 1624 So sind denn dieses nun
[Secundis Nuptiis quas Valentinus Sänfftleben p. t. Reipubl. Bolesl. Pro. Cons. cum Elisabetha Queisseriana Laurentii Prel- leri ... relicta Vidua Celebrare instituit a. d. X. Cal. Nov. Vere secundae ut sint precantur amici. Anno 1624. Typis Ligiis.] 4°
Dieser Druck, den Witkowski in Fürstenstein fand und der vor dem Zweiten Weltkrieg auch in Breslau vorlag, ist heute ver- schollen. Zugrunde liegt der Text in Sammlung B, 109–11. Im Originaldruck fängt das Gedicht auf Bl. A4b an und am Ende steht: »In gratiam lectissimorum Sponsorum parentum instar sibi charorum scripsit Lignicii 10. d. m. Octobris Martinus Opitius«. Datum der Hochzeit: 23. Oktober.
Das innige Verhältnis des früheren Schülers zu seinem Lehrer wird durch dies Epithamium bezeugt; siehe auch die Widmung von Nr. 6 und das Gedicht 6.6 sowie Nr. 14 und das Epicedium von 1627. Valentin Senftleben, Sohn des 1618 verstorbenen »Pfefferküchlers« Jacob S., hatte im Pestjahr 1623, als die Seuche 760 Opfer in Bunzlau gefordert hatte, die Frau verloren, mit der er seit 1607 verheiratet gewesen war; sie war eine geb. Süßenbach, Pastorentochter aus der Liegnitzer Gegend. Zur selben Zeit war die Tochter Barbara gestorben und Valentin S. hatte sich auf das Schloß zurückgezogen, um der Ansteckungsgefahr aus dem Wege zu gehn. Die zweite Frau entstammte einer bekannten Bunzlauer Familie: Caspar Kirchner hatte eine Martha Queisser geheiratet; Zacharias Q. schrieb ein lateinisches Gratulationsgedicht zur Hochzeit des Lehrers Schubert, der 1617 eine geborene Preller geehelicht hatte (Nr. 11); ein Johann Q. allerdings, der das Haarlemermeer auspumpen wollte, hatte Selbstmord begangen, als er die Erfolglosigkeit des Unternehmens einsah. (Wernicke, passim.)
Zu diesem Gedicht siehe Gel 221 f.
Herren Valentin Sänfftleben/ vnd Frawen Elisabethen Queisserinn.
SO sind denn dieses nun die eisernen Gedancken/Der vnbewegte Sinn/ der steiff vnd ohne Wancken
Bißher gewesen ist/ seydt Gottes weiser Rhat
Euch in den Witwenstand/ Fraw Braut/ gesetzet hat?
5 Ihr waret gegen euch sehr vnbarmhertzig worden/
Vnd woltet gantz vnd gar in diesen Waisen Orden
Verschliessen ewre Zeit/ verlohret Frewd’ vnd Muth:
Wie auff des Liebsten Tod die Turteltaube thut/
Die weit von aller Lust auff dürre Bäum vnd Hecken
10 In höchster Einsamkeit sich pfleget zu verstecken/
Vnd trübet zuvorhin der klaren Brunnen Fluß
Mit jhren Füssen auff/ im fall sie trincken muß.
Wie seltzam ist doch diß zu vnsern argen Zeiten/
Da manch’ jhr einen Mann legt wieder an die Seiten/
15 Wann nicht die Bette noch vom ersten kalt recht seyn/
Der kaum ist eingesenckt/ vnd giebet grossen Schein
Der Geilheit an den Tag? jhr hattet euch erwehlet
Die Tugend für die Eh’/ vnd gantz mit jhr vermehlet:
Man hat euch nie gesehn vmbher spatzieren gehn/
20 Vnd diesem oder dem zu Lieb’ am Fenster stehn.
Für das vom Amadiß ist Gottes Buch gewesen/
Der wahren Liebe Lehr’/ in welchem jhr gelesen
Wann sich der bleiche Mond’ hat auff die Bahn gemacht/
Vnd wann die Morgenröth’ ist wiederumb erwacht.
25 Diß Thun/ durch welches jhr euch gäntzlich vorgenommen/
Inkünfftig aller Lieb’ vnd Heyrath zu entkommen/
Macht daß euch Gott/ den jhr so sehr geliebet habt/
Mit newer Menschenlieb’ hergegen jetzt begabt/
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30 Dadurch von Hand zu Hand einander müssen geben/
Vnd ausser jhre Hülff’ allhier kein Weib noch Mann/
Kein Dorff/ noch Stadt/ noch Land erhalten werden kan.
Welch Baum ist edler auch/ der welcher Früchte treget
Vnd Speisen; oder der so nichts zu nutzen pfleget/
35 Als daß er Schatten giebt? so ist ein Weibesbildt/
Das Tisch vnd Hauß vollauff mit Leibesfrüchten füllt.
Die nicht gebehren wil/ soll nicht gebohren werden/
Dieweil sie nichts nicht ist als eine Last der Erden/
Ein Stieffkind der Natur/ ein Garten ohne Kraut/
40 Ein Weyer ohne Fisch/ vnd Klingel ohne Laut.
Wolt’ auch Medea gleich sich lieber dreymal wehren
In einer grimmen Schlacht/ als einmal nur gebehren/
So wird diß kurtze mal/ wie herbe man es schätzt/
An aller Fröligkeit doch tausend mal ersetzt.
45 Diß sind/ wie David sagt/ die wunderschönen Gaben/
Die Gott den Menschen giebt/ die jhn in Ehren haben/
Vnd lieben ohne falsch: Er wird euch ewren Stand
Besegnen vmb vnd vmb mit allzeit freyer Hand/
Vnd Drittemann hier seyn. jhr sollt/ wie volle Reben
50 Im kühlen Herbste thun/ gewüntschte Früchte geben/
Auff die der Ehstand sieht/ vnd wolgeschmacken Wein/
Sollt ewres Herren Frewd’ vnd höchste Wollust seyn.
Ich sehe/ dünckt mich/ schon die frölichen Geberden/
Die Augen voller Trew/ so auff jhn fallen werden/
55 Wann er von seinem Ampt’/ in dem er Tag vnd Nacht
Vor vnser Vaterland gleich als ein Vater wacht/
Nach Hause kommen wird/ wird seinen Hunger stillen
Mit dem für was jhr sorgt/ doch mehr mit gutem Willen/
Vnd süsser Freundligkeit. O der gewündschten Kost/
60 Herr Vater/ welcher jhr hernach in steter Lust
Mit Ruh’ geniessen könnt! es muß gewiß für allen
Die Gottesfurcht an euch dem Himmel selbst gefallen/
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Die alle Tugend hat so auff ein Weib gehört.
65 Sie redet nicht zu viel/ pflegt vngern sich zu zweyen/
Wie dessen Völckleins Brauch/ fragt nicht nach Gastereyen/
Verehrt nichts/ nimpt auch nichts wo sie nicht nehmen soll/
Ist züchtig/ erbar/ from vnd niemals Weines voll/
Kan sich zu rechter Zeit mit reden lustig machen/
70 Seufftzt nicht/ vnd klaget stets/ schwetzt nicht von frembden sachen/
Bekümmert sich vmb sich/ ist sauber in der Tracht/
Helt nichts auff grossen stoltz/ hat jhrer Wirthschafft acht/
Verschmehet niemand nicht/ prangt nicht mit geld’ vnd schätzen:
Zu welchem wird sie nun auch diese Gabe setzen/
75 Daß sie sich selbst alsdann nur lieben wird allein/
Wann/ wie jhr jhr/ sie euch für allen lieb wird seyn.
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