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Panegyricus auf von Dohna
.1 Dum tibi, magne vir
.2 Genung/ O Heldt/ genung!
Einzeldruck X: Ad Illustriſs. Dnm. Dnm. | CAROLVM | ANNIBA- LEM, | Burggravium & Comitem Dohnae. | Wartenbergae, Praelini & Goſchitii Dnm. | Sacr. Caes. Majestatis | Conſiliarium Intimum ac Camerarium, | Praeſidem Camerae Sileſiacae, | Luſatiae Superioris Praefectum, | & Belli Ducem, | Carmen Panegyricum. | [Ar- abeske, 29,5 × 4,1 cm] | Martinus Opitius | Moecenati Optimo | & Patrono bene merenti | post Legationem Borussiacam | ex voto | Dicat Dedicatque. | [Linie] | WRATISLAVIAE, Typis GEORGII BAVMANNI, 1627.
4°: A6, signiert bis A4. Exemplar: Breslau 4 V 57/22
Die Rückseite des Titelblattes, sowie die von Bl. A6 ist unbe- druckt. Im Titel finden sich geschweifte Lettern am Ende der Zz. 7, 10, 11 und 17. Initial-D auf Bl. A2a mißt 2,5 × 2,6, vier Zeilen im Geviert; desgl. das G auf A2b. Die Kopfleiste auf A2b mißt 2,0 × 11,8 cm; das übergroße Dreieck am Ende, A6a oben, 7,4 × 11,8 cm. Auf Bl. A2 fehlt die Signatur.
In C steht dies Gedicht (ohne die lat. Eingangsverse und mit gekürztem Titel) in Teil II, S. 295–300. Kopfleiste, 0,4 × 7,8 cm,
Der Abdruck in F II, S. 20–24, Nr. 7 im Ersten Buch der poeti- schen Wälder, ähnelt weitgehend dem in C; d. h. auch hier fehlen die lat. Zeilen und ist der Titel gekürzt. Die Kopfleiste, 0,3 × 7,7 cm, besteht aus einer Serie von 28 nach oben gerichteten Eicheln; am Ende ähnliches Ornament wie in C. Abwechselnder Einzug der inerpaare weder hier noch in C.
Bei der im Titel erwähnten »legatio Borussiaca« handelt es sich um eine Reise Dohnas, die im Auftrage Ferdinands II. im Sommer 1627 nach Polen unternommen wurde und an der Opitz im Gefolge Dohnas teilnahm. In Warschau ging es darum, König Sigismund III. zu überreden, von den im schwedisch-polnischen Kriege einsetzen- den Friedensbestrebungen abzustehen. Da dieser Wunsch des Kai- sers den Interessen Polens zuwiderlief, war die Mission zum Schei- tern verurteilt. Die Gesandtschaft begab sich nun nach Berlin, um bei Kurfürst Georg Wilhelm für die Absichten Habsburgs einzutre- ten und durch diesen Lehnsherren auf Sigismund Druck auszuü- ben; Georg Wilhelm zeigte sich in dieser Angelegenheit jedoch indif- ferent. Siehe J. Krebs, »Archivalische Funde zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges«, Zeitschr. des Vereins f. Gesch. u. Alter- tum Schlesiens«, 29 (1895), 28 ff. In einem Brief aus Neisse vom 28. Feb. 1627 an Buchner, also kurz vor der Heimreise geschrieben, berichtet Opitz, der Panegyricus, »si nomen hoc meretur«, sei im vergangenen Sommer geschrieben worden; er stehe im Begriffe, ihn Buchner zu schicken.
Analyse des deutschen Gedichtes bei Gellinek 195 f. Becker-Can- tarino (»Satyra in nostri belli levitatem«, DVj. 48 [1974], 316) weist darauf hin, daß Opitz zwar die rastlose Tätigkeit Carl Hannibals gepriesen und seine Erfolge in glühenden Farben dargestellt habe, doch jegliche Glorifizierung und persönliche Billigung kriegerischen Tuns unterlassen habe. Werk Nr. 124, Ode Germanica, das Neu- jahrscarmen von 1631 mit lateinischem Einleitungsgedicht, ähnlich wie hier, stellt eine weitere Huldigung an Dohna dar.
Über Opitz’ Verhältnis zu von Dohna siehe Palm 189–214, bes. 202 f.
Szyrockis Nr. 226 ist zu streichen, da sie mit 84.1 identisch ist.
[.1]
DUm tibi, magne virum, paucas concedit in horas
Publica privatos visere cura lares
Post rerum pondus te solum Caesare dignum
Et post Sarmaticae toedia longa viae,
5 Ipse tuus vates (quid enim nisi carmina possum?)
Ad Musas redeo numina grata meas.
Hae nos excipiunt reduces et pauca, serenis
Quae cernes oculis, deproperare jubent.
Sint incompta licet, fidam tu respice mentem,
10 Quae tua ceu nunc est, sic tua semper erit.
Plura dehinc genio procudent otia dextro;
Haec quoque debebo sed tamen ipsa tibi.
[.2]
GEnung/ O Heldt/ genung! wie lange wilt du reisen
Fast Tag vnd Nacht/ durch hitz’ vnd frost/ durch Eiß vnd Eisen?
Wann nimpst du deine rhu? ist dann vom wiegen an/
Vom Lentzen deiner Zeit/ noch nicht genung gethan
5 Seit daß der Himmel dich der Erden hat gegeben
Als seiner güte pfandt? du fiengst kaum an zu leben
Da liessest du alßbaldt mit vollen stralen auß
Die gaben der Natur/ die ewer werthes hauß
Wie erb vnd eigen hat: du bist stracks nachgegangen
10 Deß Vatern löblichkeit/ der nichts hat angefangen
Was zu vergessen ist: das Palestiner Landt/
Des waren Lebens grab/ hatt seinen hohen standt
Viel höher noch geführt; durch so viel wilde Heiden
Hat er das ort gesucht wo der hatt wollen leiden
15 Der vns nicht leiden lest; er hat sich hin gemacht
Auff Sina Gottes berg/ vnd seines Schildes pracht
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Daselbst noch mehr geziert/ ist zu dem Ritterorden
Der Radt vnd Degen führt mit ruhm’ erkohren worden.
Der Pohle hat in jhm den käyser selbst geehrt/
20 Vnd seiner Rede macht bestürtzet angehört.
Hin gegen jhm geneigt/ vnd in sein wort geschworen.
Dem bist du nun gefolgt/ als wie ein junges Pferdt
Von Adelicher Schlacht/ das baldt hienauß begehrt
25 In frische freye lufft/ wil nicht beschlossen liegen/
Springt/ wiegert/ schnaubt vnd schäumt/ lest seine haare fliegen
Vmb beyde schultern her/ vnd zeigt schon damals an
Wie schnell es werde sein/ wann jhm die Ritterbahn
Wird sollen nach der zeit den danck im rennen geben.
30 Man sahe nicht vmb dich die faule Wollust schweben/
Die mörderin der Zeit/ der jugendt ärgste Pest/
So guten saamen nie zur blüte kommen lest.
Du hast es dir für spot vnd schande nicht geschätzet
Den Büchern huldt zu sein/ hast deinen sinn ergetzet
35 Mit dem worüber offt ein eltern-edler lacht/
Doch das den edlen ziert/ vnd einen edel macht
Der sonst nicht edel ist: dann schilde sindt das minste
Von dem was tugendt heist. du hast der Musen künste
Auß jhrem grund’ erlernt so sehr genaw vnd wol
40 Als mancher der den Bauch hiermit ernehren sol/
Vnd seine lebenßzeit sonst nichts als dieses treiben.
Wer ist wie du beredt? wer kan so zierlich schreiben?
Dein Römisch kömpt der Zeit des grossen Cesars zu;
Der minste theil von vns versteht es/ so als du.
45 Diß war dein tockenwerk/ dein kinderspiel vnd schertzen/
Biß daß was anders dir in deinem grossen hertzen
Was Nereus weit vnd breit in seinen armen helt
+ + +
So vmb das Erdtreich gehn/ weit von der Sonnen wiegen/
50 Biß wo nach Mitternacht die finstern Länder liegen/
Der Tugendt schrancken sey. den zweck/ diß lange ziel
Hat die Natur gesteckt dem der nicht faulen wil
In seiner Mutter schoß/ vnd hinterm Ofen alten.
So ließ der Theseus sich sein Trezen auch nicht halten/
55 Achilles Pelion/ vnd Ajax Salamin.
Ein geist der ehre sucht muß etwas weiter ziehn
Dann wo der gräntzstein liegt. drumb bist du außgerissen
Als wie ein junger Löw/ im fall er an den Füssen
Die klawen wachsen sieht/ vnd vmb den halß die mähn/
60 Die Zähn im maule merckt; er wil nun ferner gehn
Aus seiner hölen loch’ in der er ist erzogen:
Vnd wie ein Adeler der nicht lest vngeflogen
Wiewol er kümmerlich erst jetzt hat außgekiehlt/
Vnd noch der Nortwindt nicht mit seinen Federn spielt:
65 Er macht sich in die lufft/ vnd schwingt mit freyem zügel
Biß zum gewölcke hin die wenig-starcken flügel;
Alßbaldt er etwas dann erblickt in einer Bach
So stürtzet er herab/ vnd setzt den Enten nach
Die grossen Schreckens voll sich für jhm vntertauchen.
70 Wie jener der gewündtscht/ er möchte nur sehn rauchen
Die Schornstein’ Ithace/ so hastu manches Landt/
Sein’ art vnd eigenschafft/ viel Städt’ vnd Leut erkandt;
Alß wie am Nilusstrand’ ein Hundt thut der nicht trawet/
75 Säufft schnell’ vnd macht sich fort. was Franckreich
Der sitten meisterin/ was seine schöne Stadt [guttes hat
Paris der Erden ziehr/ die Mutter aller Tugendt
Vnd klugheit weiß vnd kan/ das hast du deiner Jugendt
Gemein vnd recht gemacht. Frantzösisch steht dir an
80 Als wie das Deutsche mir/ dem ich die erste bahn
Zur Poesie gezeigt so nicht baldt ein wirdt gehen.
Ein Welscher muß für dir ingleichen schamroth stehen/
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Muß weichen kömpt er schon vom alten Sena her;
Du redest besser noch vnd reiner weder er.
85 Rom hat dich nicht erkandt für jhren eignen Söhnen/
Vnd dein Neapolis die Tochter der Sirenen.
Dich hat auch streiten sehn die schwartze Barbarey:
So daß man wissen mag wie nichts zu ferren sey
Dem Menschen der auff rhum/ auff lob vnd ehren gehet/
90 Der wie der Himmel selbst kein mal nicht stille stehet/
Vnd meidet müßiggang den alle tugendt haßt:
Daselbst hast du den Feindt zu Wasser angefaßt/
Vnd kräfftig jhm gezeigt daß in Europen Landen
Ein Volck so Deutsch redt sey/ das Africa bestranden
95 Von welchem theil es wil/ vnd mit jhm fechten kan.
Nach dem dein hoher sinn nun hatte gantz gethan
Was in der frembde dient/ vnd heimwerts warest kommen/
Wie hast du da gelebt? was hast du fürgenommen?
100 Auff nichts bestanden sey als bloß auff eitelkeit/
Auff künsten ohne kunst? bist müßig sitzen blieben/
Vnd hast die faule lust dir lassen stets belieben
Im schatten falscher rast? O nein/ dein Heldensinn/
Der keine mühe schewt/ trug dich nach Hofe hin
105 Zum Käyser welchem du nur einig woltest dienen:
Hier hat dein glantz/ du liecht der Zeiten/ mehr geschienen
Als wann sich Hesperus macht an des Himmels dach/
Vnd zeucht der Sternen heer jhm sämptlich hinten nach.
Was dich bedüncket hat ist recht vnd wol gerathen/
110 Vnd was du hast gemacht/ das gleicht sich mit den thaten
Der Helden derer Lob in vnsern Büchern steht/
Vnd schwerlich mit der Welt auch selbsten vntergeht
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Die sterblich ist wie wir. der außschlag dieser Zeiten
Sieht dich an/ alß weil du kanst Chur vnd Fürsten leiten
115 Auff deines Käysers theil/ vnd dich zu lieben pflegt
Der so des Reiches Schwerdt/ vnd der das Zepter tregt/
Der Fürsten edles pär. mit der gelehrten Zungen
Hat jetzt dein Adler fast die Hertzen mehr gezwungen
Als mit der Waffen krafft; er schickt dich hin vnd her/
120 Vnd legt mit deiner lust die müde Landbeschwer
Dir/ andrer Atlas/ auff. wann du im schlaffe liegest/
Vnd nur ein wenig rhue von deiner arbeit kriegest
Die für vns alle wacht/ so wird dein edler muth
Doch nie nicht eingeschläfft der mehr im schimpffe thut
Wormit erquickst du dann die fortmehr müden kräfften?
Mit Krieg’ vnd rawer Schlacht: also machst du dich frey
Von deines kummers last. der Landtßknecht’ jhr geschrey/
Der Küriß’ heller glantz/ das donnern der Cartaunen/
130 Der kühnen Fahnen flug/ die stimme der Posaunen/
Der Pferde grimmer schaum/ diß diß ist deine lust/
Dein’ vnmuth-wenderin/ die jetzt dich macht bewust
So weit sich das geschrey von vnserm Krieg’ erstrecket/
Der vielen Helden rhum/ vnd faulen schmach erwecket
135 Die jhnen folgen muß. hat erstlich dich genehrt
Der grosse Jupiter/ so giebt dir Mars das Schwerdt
Das dich noch höher hebt. ich solte weiter sagen
Von deiner tugendt Ziehr/ müst ich nicht sorge tragen
Es sey mein armes schiff/ das vbrig weit nicht her/
140 Zu gar sehr leicht’ vnd schwach auff deiner gaben Meer.
Ich bin kein Hofemann/ ich kan nicht Rauch verkauffen/
Nicht küssen frembde Knie/ nicht vnterthänig lauffen
Nach gunst die gläsern ist; mein wesen/ gutt vnd Ziehr
Ist lust zur wissenschafft/ ist Feder vnd Papier:
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145 Diß sey dir gantz geschenckt an stat der vielen gnaden
Mit welchen du mich hast bißher so sehr beladen
Daß ich/ ohn das mein Hertz’ ist trewer dienste voll/
Vndanckbar leben muß/ vnd auch so sterben soll.
Du hebst mich vber mich/ du wilt mich gantz befreyen
150 Von deiner Waffen last/ wilt mich den Musen leihen
Entbinden meinen geist/ der nachmals frey vnd loß
In tausendt Bücher geht. du lessest mich mir machen
Ein Nest der stillen rhue/ aus dem ich kan verlachen/
155 Kan werffen vnter mich Neidt/ Hochmuth/ Geldt vnd Welt
Kan schaffen was nach Gott vnd dir mir selbst gefellt.
Nun Clio windet dir für diß den Krantz der Ehren/
Den keines Regens macht noch Hagel kan versehren/
Der auch im Winter grünt; sie schreibt dich dahin an
160 Wo dich ein jeder Mensch von ferren lesen kan/
Vnd jmmer lesen wird. viel grosse Männer haben
Die Welt mit Sieg’ erfüllt/ doch liegen sie begraben
Vnd jhre thaten auch in einer langen Nacht/
Weil kein Gelehrter sie nicht hat bekandt gemacht
165 Durch seine weise faust: du aber wirst bekleiben
Mit vnverleschter Zier so lange man nur schreiben
Vnd thaten mercken kan/ wirst stehen jederzeit
Geschrieben in das Buch der greisen Ewigkeit.
Hier wird man mit begiehr vnd grosser wollust lesen/
170 O Ritterlicher Heldt/ dich vnd dein gantzes wesen
Das nichts vom Tode weiß. diß laß die hoffnung sein
Von meiner danckbarkeit/ alß welch ich nur allein
Anjetzt versprechen kan an stadt der gnad’ vnd güte
Darmit du mich entheltst. ein hertzliches gemüte
Vnd thut weit mehr als der so viel vnd fälschlich giebt.
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