125 An Herrn D. Zincgrefen

Die Werke von 1630 bis 1633

125 An Herrn D. Zincgrefen

1630 / 31 Dü 122

An Herrn D. Zincgrefen. Recht also⧸ liebster Freund. In: Julius Wilhelm Zincgref: Teutscher Nation Denckwürdiger Reden Apophthegmata genant⧸ Anderer Theil […]. Straßburg: Wilhelm Christian Glaser 1631, Fol. *1r–*2r. (a). (VD17 3:000973Z).

Wieder abgedruckt in:

1. Julius Wilhelm Zincgref: Der Teutschen Scharpfsinnige kluge Sprüch⧸ Apophthegmata genannt […]. Straßburg: Josias Rihel Erben 1639, Fol. *1r–*2r. (*D). (VD17 3:000808M).

2. Julius Wilhelm Zincgref: Teutscher Nation Denckwürdiger Reden Apophthegmata genant. Danzig: Andreas Hünefeld 1639. (*E1).

3. Martin Opitz: Florilegivm Variorvm Epigrammatvm. [Danzig?: Andreas Hünefeld?] 1640, Fol. B3v–B4v. (VD17 23:241347Z) (Raubdruck, s. Dü 186.I.3).

4. Julius Wilhelm Zincgref: Teutscher Nation Denckwürdiger Reden⧸ Apophthegmata genandt⧸ Anderer Theil […]. Danzig: Andreas Hünefeld 1640, Fol. *3v–*4v. (*E2). (VD17 1:657785V).

5. Martin Opitz: Deutscher Poematum Ander Theil […]. Danzig: Andreas Hünefeld 1641, S. 668–670. (E). (VD17 23:240619G).

6. Unter dem Titel: An Herrn Zincgrefen. In: Martin Opitz: Weltliche Poemata. Der Ander Theil […]. Frankfurt am Main: Thomas Matthias Götze 1644, S. 32–34. (F). (VD17 23:248428E).1

7. Martin Opitz: Teutsche Gedichte, in vier Bände aufgetheilet […]. Bd. 2. Hrsg. v. Daniel Wilhelm Triller. Frankfurt am Main 1746, S. 384–386.

Moderne Ausgabe:

Martin Opitz: Weltliche Poemata 1644. Zweiter Teil. Mit einem Anhang: Florilegium variorum epigrammatum. Unter Mitwirkung von Irmgard Böttcher und Marian Szyrocki hrsg. v. Erich Trunz. Tübingen 1975, S. 32–34.

Das Geleitgedicht An Herrn D. Zincgrefen ist dem zweiten Teil von Julius Wilhelm Zincgrefs Teutscher Nation Denckwürdiger Reden Apophthegmata genant (1631) beigegeben. Der erste Teil dieser Sammlung, der die Aussprüche bedeutender deutscher Persönlichkeiten der Geschichte enthält, erschien 1626. Der zweite Band sollte ursprünglich schneller folgen, verzögerte sich jedoch (zu Zincgref Kühlmann 2011; zu den Apophthegmata Schnabel 2011 und Verweyen 1970; Ausgabe Mertens / Verweyen / Schnabel 2011). Datierung (21. Juni 1630) und Kontext (Opitz’ Parisaufenthalt) zeigen, dass Opitz’ Gedicht erst spät zum druckfertigen Exemplar der Apophthegmata (1631) hinzukam. Es folgt unmittelbar auf Zincgrefs Widmungsvorrede und nimmt damit eine prominente Stellung ein. Es schließen sich weitere lateinische und deutsche Geleitgedichte an.

Opitz verfasste den Text während eines Parisaufenthaltes im Frühjahr / Sommer 1630, dessen Konturen sich inzwischen deutlicher abzeichnen (vgl. Mourey 2019; Kühlmann 2002; s. Kommentar zur Grotius-Übersetzung). Die poetische Epistel bietet auf den Spuren des Horaz (vgl. Epistulae 2,1) einen kritischen Bericht über aktuelle Tendenzen des Pariser Literaturbetriebs. Dieser bildet den satirischen Hintergrund für eine Reflexion über Art und Aufgabe des wahren Dichters, der sich deutlich vom Alamode-Dichter und höfischen Poetaster (v. 31: »Der Wörter Hencker«) abhebt. Opitz weiß sich mit Zincgref einig im sprachpatriotischen bzw. sprachpuristischen Projekt, das Deutsche als »güldne sprache« (v. 12) gegen den Vorwurf der »wilde[n] Barbarey« (v. 19) zu verteidigen. In diesem Sinne dienten Zincgrefs Apophthegmata angesichts der äußeren Bedrohung des Vaterlandes als moralisches Bollwerk (vgl. v. 2 ff.). Das Verdikt, die Deutschen hätten »gar zu kaltes Blut« (v. 8), um echte Fortschritte in Kultur und Bildung machen zu können, wird entschieden zurückgewiesen. Zincgref bemühe sich, das Deutsche zur Blüte zu bringen und erhalte dafür über die Sprachgrenzen hinaus Anerkennung (vgl. v. 13 ff.). Gleichzeitig gebe es Kritiker und Spötter, die die Bezeichnung »poet« als Beleidigung verstünden; Opitz weist sie mit drastischen Worten (v. 23: »Eselskopff«) zurück und lässt eine Bestimmung des wahren Dichters folgen, welche die Argumente der Poeterey aufnimmt (v. a. Ausgleich von ingenium und imitatio veterum). Ein wichtiges Leitmotiv des Gedichts ist der Sprachpurismus (v. 40: »Der Sprache zierlichkeit«): Er motiviert die Kritik an der grassierenden »Schreibesucht«, die von Horaz’ poetologischer Epistel 2,1 ausgeht (Epistulae 2, 1, 117: »scribimus indocti doctique poemata passim«). Opitz bezieht dieses Verdikt gleichermaßen auf die deutschen wie auf die französischen Zustände, die nun im Ton der ›strafenden Satire‹ – allerdings ohne Namensnennung – gegeißelt werden. Signum der Dekadenz ist die Neuerungssucht und die Abkehr von der Tradition: Während die Repräsentanten der Pléiade, die Opitz in der Poeterey als Muster empfohlen hatte, vergessen seien und die Reinheit des Französischen untergehe, orientiere sich »der neue griff« (v. 46) am höfischen Ton (vgl. v. 35–54). Dennoch sei Paris noch immer ein Zentrum der Kultur, der Bildung und der Macht (v. 61: »Du außzug der Natur«), in dem zahlreiche Gelehrte ihr segensreiches philologisches Bewahrungswerk entfalteten. Opitz denkt hier natürlich an die gelehrten Zirkel um Hugo Grotius, zu denen Jacques-Auguste de Thou, Jean Hotman oder Claude Saumaise / Salmasius zählten und an denen Opitz rege teilnahm (s. Kommentar zur Grotius-Übersetzung). Am Ende entscheide die Zeit: Was Substanz hat, bleibt erhalten (vgl. v. 85 f.). Opitz schließt mit einer Ermahnung an Zincgref, die gemeinsame Spracharbeit weiter voranzutreiben, um »das Finsternuß [zu] besiegen⧸ | Das Teutscher reden zier bißher vmbhüllet hatt« (v. 80 f.).

Grimm, Jürgen / Susanne Hartwig (Hrsg.): Französische Literaturgeschichte. Stuttgart 62014.

Kühlmann, Wilhelm: Martin Opitz in Paris (1630). Zu Text, Praetext und Kontext eines lateinischen Gedichts an Cornelius Grotius. In: Thomas Borgstedt / Walter Schmitz (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt. Tübingen 2002, S. 191–221.

Kühlmann, Wilhelm: Von Heidelberg zurück nach Schlesien. Opitz’ frühe Lebensstationen im Spiegel seiner lateinischen Lyrik. In: Axel E. Walter (Hrsg.): Regionaler Kulturraum und intellektuelle Kommunikation vom Humanismus bis ins Zeitalter des Internet. Festschrift für Klaus Garber. Amsterdam 2005, S. 413–431.

Kühlmann, Wilhelm (Hrsg.): Julius Wilhelm Zincgref und der Heidelberger Späthumanismus. Zur Blüte- und Kampfzeit der calvinistischen Kurpfalz. Ubstadt-Weiher u. a. 2011.

Mourey, Marie-Thérèse: Martin Opitz und das Pariser Netzwerk (1629–1630). Neues zu alten Konstellationen. In: Stefanie Arend / Johann Anselm Steiger (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Autorschaft, Konstellationen, Netzwerke. Berlin / Boston 2019, S. 63–76.

Schnabel, Werner Wilhelm: Griechen, Römer und die »alten Teutschen«. Normhegemonie und kulturelle Perspektivierung in Zincgrefs Apophthegmata. In: Ulrich Heinen (Hrsg.): Welche Antike? Konkurrierende Rezeptionen des Altertums im Barock. Bd. 1. Wiesbaden 2011, S. 247–260.

Zincgref, Julius Wilhelm: Apophthegmata teutsch. In: Ders.: Gesammelte Werke 4. Teilbde. 1 und 2. Hrsg. v. Dieter Mertens / Theodor Verweyen / Werner Wilhelm Schnabel. Berlin / New York 2011.

[*1r]

An HErrn D. Zincgrefen .

REcht also⧸ liebster Freund⧸ du lässest dich die zeiten⧸Die Sitten⧸ disen grimm der Kriege nicht bestreiten⧸Vnd da das Vatterlandt verfolgung leiden muß⧸Bringstu es widerumb durch schreiben auff den Fuß⧸Sagst was diß Edle Volck für schöne Geister trage⧸Suchst nach jhr kluges wort auff eine kluge frage⧸Das künfftig keiner nicht⧸ wie Welschland allzeit thut⧸Sich vberreden darff⧸ alß gar zu kaltes BlutJn vnsern Knochen sey⧸ vnd etwan ein Gestirne Von neuen Zembla her vns härte das Gehirne⧸Damit es weiter nicht gedencke⧸ dann es sieht.Mars wüte wie du kanst⧸ die güldne sprache blühtBey deinem Eisen auff. Jch weiß vil Edle sinnenDich⧸ zincgref⧸ sonderlich⧸ die besser schreiben künnen⧸Alß Länder die bißher jhr Volck hienauß gesandtZu fechten wider vns⧸ dem wohl die Teutsche handt⧸Wo Gott will vnd die zeit⧸ den Lohn soll widergeben. Du höre niemahls auff behertzt zugegen strebenDer wilden Barbarey⧸ vnd laß vnnachgefragt Was diser oder der für vrtheil von vns sagt⧸Dem ein gelehrtes Buch ein Dorn ist in den Augen.Soll mir der Harm das Blut auß allen Adern saugen⧸Wann je ein Eselskopff⧸ der nichts versteht noch kent⧸Vnd alle Tugent hast⧸ mich den Poeten nent⧸Vnd schertzt mich⧸ wie er meint? Jch wolte daß ichs were⧸Weil ich nun nicht kan seyn⧸ waß ich zuseyn begere⧸So krenckt michs⧸ daß ich nicht deß lobens würdig binWas jemandt mir für spott gedencket anzuziehn.Es ist hier nicht genug die arme Rede zwingen⧸Die sinnen vber Halß vnd Kopff in reime bringen⧸Der Wörter Hencker seyn: Wer nicht den Himmel fühltNicht scharff vnd geistig ist⧸ nicht auff die alten zielt⧸Nicht jhre schrifften kent⧸ der Grichen vnd Lateiner⧸Als seine Finger selbst⧸ vnd schaut daß jhm kaum einer

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[*1v]

Von jhnen aussen bleibt⧸ wer die gemeine BahnNicht zu verlassen weiß⧸ der ist kein guter Mann⧸Vnd kein Poete nicht. Es ist sich zubesorgen⧸Weil allbereit bey vns fast alle newe morgenEin neuer Tichter wächst⧸ daß dise SchreibesuchtDer Sprache zierlichkeit wird wider in die fluchtVerjagen wie zuvor. Es sagt mirs kein Prophete⧸Doch lehrt es mich Paris⧸ da Ronsard nicht PoeteMehr heisset wie zuvor⧸ da Bellay betteln geht⧸Da Bartas vnklar ist⧸ da Marot nicht verstehtWas recht Frantzösisch sey⧸ da Jodel⧸ da Bäiff Nicht also reine sindt⧸ wie jetzt der neue griffVnd Hofe muster will. Heist dises nicht entlauffenDem Wasser wo es quillt! vnd auß der Pfütze sauffen?Wer nie gesegelt hat⧸ will nicht beim Ruder seyn⧸Wer keinen Artzt nicht gibt⧸ der gibt auch keinem ein⧸Wer nicht zuspielen weist⧸ der lest den Ball doch liegen⧸Es nimt den Degen nicht wer nicht vermeint zusiegen⧸Hier schreibt wer Hände hat: Weiß einer sonst nichts mehr⧸So muß der Teutsche her⧸ der säufft jhm gar zu sehr⧸Jst nüchtern nicht ein Narr. Es wird der grossen mengeDer reimen schon die Pfaltz⧸ der weite Bau! zu enge:Es seynd von solcher last die beiden Brücken schwer:Der grosse Henrich selbst sicht zornig vber her⧸Vnd denckt soll diser Schwarm noch mehr im schwange gehen⧸ So wird er lenger kaum darzwischen sicher stehen.Du außzug der Natur⧸ O Statt⧸ der Erden Licht⧸ Der Weißheit Sängerin⧸ ich meine gäntzlich nichtDie hochberümbte Schar die an der Seyne strandeJhr die gelehrte Welt macht mit der Weißheit pfandeZu einer Schuldnerin⧸ die theiles selber schreibt⧸Vnd theiles embsig schaut⧸ daß nichts dahinden bleibt⧸Von Büchern die zuvor im finstern mit den SchabenVnd Motten krieg geführt⧸ vnd nie gesehen habenVon tausent Jahren her den angenehmen tag.Jch halte mir es hoch daß ich mich letzen magMit jhrer gegen wart: mein rechter Eifer brennetNur wider dises Volck daß sich Poeten nennetBey dir vnd auch bey vns⧸ an welchem vmb vnd anJa nichts Poetisch ist⧸ als daß es lügen kan⧸Doch soll vns dise Pest der Sprachen nicht vertreiben:Kein Vers von Baf vnd Mef hat können vbrig bleiben⧸Der Venusiner Schwan⧸ der preiß von Mantua⧸

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[*2r]

Vnd Naso vnd Catull⧸ die sind noch alle da.Laß du⧸ O zincgref⧸ auch den guten Zweck nicht liegen⧸Zu helffen⧸ wie du thust⧸ das Finsternuß besiegen⧸Das Teutscher reden zier bißher vmbhüllet hatt.Kriegt gleich ein Nesselstrauch bey Rosen seine statt⧸So blühen sie gleichwohl. Wir wollen nicht bedencken⧸Daß träge Hummeln sich an disen Bienstock hencken:Ein Cörper bleibet doch ob gleich deß schattens scheinSich grösser macht als er: die Zeit soll Richter seyn. Auß Pariß vom 21. Brachmonats 1630.

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Martin Opitz.

1 Alle Siglen außer dem Leitdruck (a) und (F) sind mit * versehen aus der Zincgref-Forschung übernommen.

Titel: An Herrn D. Zincgrefen E An Herrn D. Zincgrefen *E2 An Herrn Zincgrefen F 1 also lieber E 1 Freund; F 1 Zeiten E F 2 diesen E *E2 2 Grimm E F 2 nit F 3 Vaterland Verfolgung leiden E *E2 Vatterland Verfolgung leyden F 4 Bringst du F 4 wiederumb E *E2 4 Schreiben E F 4 fuß *E2 5 edle F 6 Wort E *E2 F 6 Frage E F 7 Daß F 7 wie etwan Welschland thut F 8 als *D E *E2 daß F 9 Bey F

10 Von newen *D Von newem E Vom newen F 11 gedencke F 11 siht E 12 Mars⧸ wute F 12 güldene *D 12 Sprache E *E2 F 13 viel *D E *E2 13 Edle Sinnen E Bey deinem Eisen auff ich weiß viel edle Sinnen⧸ F 14 (Dich⧸ zincgref⧸ sonderlich) *D *E2 (Dich⧸ Zincgref⧸ sonder­lich) E (Dich Zincgreff⧸ sonderlich) F Zudem in a *D zincgref in größerer Type. 14 können E *E2 F 15 Als *D *E2 F 15 hinauß E hinaus *E2 15 gesandt⧸ *D E 16 Zufechten F 16 Zu fechten wieder vns⧸ dem wol die Teutsche Hand *E2 wol F Teudtsche Handt E Hand F 17 GOtt E 17 Zeit E wil vnd die Zeit *E2 F 17 sol wiedergeben *E2 18 niemals *D E *E2 Du hörest niemals F 18 zu gegen streben⧸ F 19 lässet vngefragt F 20 dieser *D E *E2 F 20 für Vrtheil E *E2 vor Vrtheil F 22 aus *E2 23 jhr F 23 kennt E F 24 haßt E Tugend haßt F 24 nennt E F 25 meynt *E2 F 25 ich F 25 ich s were⧸ *E2 ich’s were; F 26 was ich zu sein begehre E seyn kan was F 26 zusein begehre *D zu seyn begehre *E2 F 27 Kränckt michs *D kränckt E kränckt mich’s F 27 des *E2 27 Lobes würdig bin⧸ F 28 Was jemand *E2 Das jemand F 28 Spott E *E2 F 29 genung E genug⧸ F

30 Die Sinnen über E Die sie nun *E2 Die Sinnen F 30 Reime E Reyme F 31 wer nicht den Himmel fühlt⧸ F 32 Alten zielt E Alten ziehlt F 33 Schrifften kennt E *E2 F 33 Griechen *D E *E2 F 34 schawt F 35 Bahn⧸ F 36 zuverlassen E 36 ein E 36 der ist ein guter Mann *E2 ist zwar ein guter Mann F 37 Doch nicht auch ein Poet. es ist sich zu besorgen⧸ F 37 zu besorgen E *E2 38 von E 38 Morgen E F 39 newer *D E *E2 F 39 wachst *E2 39 diese E *E2 F 40 Zierligkeit E F 40 Flucht E F 41 als F 41 zuvohr *D 41 Cs *D 41 mir’s F 42 Pariß E *E2 Hier seh’ ich’s zu Pariß⧸ F 43 zuvohr *D vorhin F 45 Baif F

46 sindt⧸ wie jetzt der newe griff *D newe Griff E sind⧸ wie jetzt der newe griff *E2 sind wie jetzt der newe Grieff F 47 wil. Heist dieses *E2 Vnd Hofemuster wil. Heißt dieses F 48 quillt⧸ *D *E2 F 48 aus *E2 48 sauffen. F 49 wil nicht beym E *E2 hat will nicht beym F 50 Giebt⧸ der E gibt der F 50 keinen E 51 zu spielen weiß E 51 zu spielen weiß⧸ der lest *E2 zu spielen weiß der läst F 52 nimbt *D E nimpt *E2 F 52 nicht wer nicht vermeint zu siegen E nicht⧸ wer nicht vermeynt zu siegen⧸ *E2 nicht wer nicht vermeynt zu siegen, F 53 weiß F 54 Es F 55 Menge E Wird endlich doch der Menge F 56 Reimen E Reymen F 56 Bau: E 56 Bahn⧸ zu enge; *E2 Baw⧸ zu enge; F 57 Last E sind von solcher Last F 57 beyden *D E *E2 F 58 sieht F 58 vberher *D E 59 Vnnd F 59 dieser E *E2 F 59 schwarm E 59 gehen *E2 60 länger E

61 Außzug E F 61 Stadt *E2 61 Liecht *E2 liecht F 62 Säugerin *D E *E2 F 62 meyne F 63 hochberühmbte *D E F hochberühmte *E2 63 Sennenstrande E SeyneStrande F 64 Gelehrte E 64 pfande⧸ F 65 Schuldnerin; F 66 schawt⧸ das *E2 schawt das F 66 dahinnen E 66 bleibt F 67 vorher F 68 Krieg *D E F 69 tausend E F 69 Tag E F 71 gegenwart: mein *D E *E2 Gegenwart. Mein F 71 Eyfer *E2 F 72 wider dieses *D F wieder dieses E *E2 72 das solch Poeten nennet⧸ F 73 welchen E 74 das es lügen E ist als daß es lügen kan. F 75 sol vns diese *E2 diese E 75 Doch leßt vns diese Pest der Sprachen vnvertrieben F 76 Verß *E2 76 übrig E 76 Verß vom Bavius vnd Mevius ist blieben; F 77 Preiß E F 77 Mantua E 78 Catul *E2 79 O zincgref *E2 O Zincgref⧸ E F Ferner in a *D E *E2 in größerer Type. 80 daß Finderniß bestiegen E daß Finsternis besiegen⧸ *E2 das Finsternüß besiegen F 81 Reden Zier E reden Zier *E2 Reden Ziehr F 81 hat *E2 F

82 stat F 83 gleichwol *D E *E2 F 83 bedencken F 84 Das *D 84 diesen E 84 diesen Bienstock hencken: *E2 diesen Bienstock hencken. F 85 doch⧸ F 85 des schattens schein *E2 deß Schattens Schein EF 87 Aus *E2 87 1630 *E2 88 Datum und Name fehlen in F.

Titel: An HErrn D. Zincgrefen] Julius Wilhelm Zincgref und Martin Opitz verbindet eine gemeinsame Zeit in Heidelberg 1620 / 21. Zincgref war der erste Herausgeber der Teutschen Poemata 1624 (sog. Sammlung A oder Straßburger Ausgabe), die Opitz jedoch aufgrund einiger Mängel und Zutaten des Herausgebers abgelehnt hat, um später eine eigene Ausgabe zu veröffentlichen (sog. Sammlung B oder Breslauer Ausgabe, 1625).

3 Vnd da das Vatterlandt verfolgung leiden muß] Zincgref selbst musste 1622, wie auch Opitz, aus Heidelberg fliehen, als die kaiserlichen Truppen die Stadt eroberten. Zincgref begab sich zunächst nach Frankfurt am Main, später nach Straßburg und verlor dabei seinen gesamten Besitz (vgl. Kühlmann 2005).

6 Suchst nach jhr kluges wort auff eine kluge frage] Umschreibung der Gattung ›Apophthegma‹. Zincgref verweist in dem Widmungsschreiben des zweiten Teils seiner Apophthegmata auf das »von Lateinern genante acumen, das ist⧸ uf die artige hurtige scharffsinnige weiß einander kurtz mit red vnd antwort zutreffen« (Verweyen/Mertens/Schnabel 2011, 283).

7 Welschland] Italien und Frankreich.

10 Von neuen Zembla her vns härte das Gehirne] Nova Zembla oder heute Nowaja Zemlja ist ein Inselbogen im Arktischen Ozean, der die Barentssee von der Karasee trennt. Um 1600 war die Region kartographisch schon gut erschlossen.

16 dem wohl die Teutsche handt] Gemeint ist Zincgref.

22 Harm] Kränkung, Verletzung. Vgl. DWb 10, 480.

25 schertzt] Verspotten, höhnen. Vgl. DWb 14, 2600.

28–37 Was jemandt mir für spott … Vnd kein Poete nicht] Vgl. Buch von der Deutschen Poeterey: »Eine guete art der vbung aber ist⧸ das wir vns zueweilen auß den Griechischen vnd Lateinischen Poeten etwas zue vbersetzen vornemen: dadurch denn die eigenschafft vnd glantz der wörter⧸ die menge der figuren⧸ vnd das vermögen auch dergleichen zue erfinden zue wege gebracht wird« (GW 2, 1, 409 f.). Und: »Auff diese weise sind die Römer mit den Griechen⧸ vnd die newen scribenten mit den alten verfahren: so daß sich Virgilius selber nicht geschämet⧸ gantze plätze auß andern zue entlehnen; wie sonderlich Macrobius im fünfften vnd sechsten buche beweiset« (GW 2, 1, 410).

39 daß dise Schreibesucht] Anlehnung an den Literaturbrief des Horaz an Augustus (vgl. Epistulae 2, 1).

42 f. da Ronsard nicht Poete | Mehr heisset wie zuvor] Pierre de Ronsard (1524–1585), bedeutendster Dichter und Dichtungstheoretiker der Pléiade, den Opitz in der Poeterey und schon im Aristarch mehrfach zum Vorbild nimmt. Vor allem seine Positionierung in der Sprachenfrage gilt Opitz als leitend: Ronsard ist ein Förderer der Volkssprache und engagiert sich für die Integration antiken Materials, um die eigene Sprache anzureichern. In der Poeterey empfiehlt Opitz Ronsard, weil er sich »mit der Griechen schrifften gantzer zwölff jahr sich vberworffen habe; als von welchen die Poeterey jhre meiste Kunst ⧸ art vnd liebligkeit bekommen« (GW 2, 1, 358 f.).

43 da Bellay betteln geht] Joachim Du Bellay (1522–1560) war Dichter und Mitbegründer der Pléiade. In einigen Zügen erinnert seine Deffence et Illustration de la Langue Francoyse (1549) an Opitz’ Aristarchus und dessen Buch von der Deutschen Poeterey. Opitz greift zwar darin häufiger explizit auf Ronsard bzw. dessen Abbregé de l’art poetique François (1565) zurück, bedient sich aber auch des Manifests Du Bellays.

44 Da Bartas vnklar ist⧸ da Marot nicht versteht] Guillaume de Saluste Sieur du Bartas (1544–1590 / 91) ist der Autor des Schöpfungsgedichts La Sepmaine, ou Création du monde und kleinerer biblischer Epen, die europaweite Bekanntheit erlangten. In der Poeterey übersetzte Opitz einige Verse daraus, ohne dessen damals schon bekannten deutschen Nachdichter, Tobias Hübner, zu erwähnen; Clément Marot (1497–1544) kannte Opitz insbesondere als geistlichen, reformierten Dichter, den er selbst in seinen Psalmen Davids nachdichten wird. Vgl. außerdem Die Klage-Lieder Jeremia (GW 1, 754).

45 Was recht Frantzösisch sey⧸ da Jodel⧸ da Bäiff] Der Hinweis auf das »rechte Französisch« nimmt das puritas-Argument auf. Étienne Jodelle Sieur de Lymodin (1532–1573) war ein tragischer und lyrischer Dichter der Pléiade. Jean-Antoine de Baїf (1532–1589) war ein Dichter der Pléiade, der nach antikem Vorbild gemessene und reimlose Verse verfasste. In Opitz’ Werken wird auch Baїf vor 1630 nicht erwähnt (vgl. BW 2, 829).

46 f. wie jetzt der neue griff | Vnd Hofe muster will] Die Kritik, die Opitz hier entfaltet, richtet sich gegen den aktuellen Geschmack und damit gegen die Vorgaben des Hofes in Frankreich. Dass ab den 1620er Jahren die spanische Kultur Einfluss auf die Literatur Frankreichs nahm, mag das puritas-Argument mit auslösen. Zum einen orientiert sich die französisch-spanische Literatur der Zeit weniger an den antiken Vorbildern (vgl. Grimm / Hartwig 2014, 153), zum anderen sind es die politischen Aktivitäten Spaniens im Dreißigjährigen Krieg, die bei Opitz Anstoß erregen.

53 Hier schreibt wer Hände hat] Vgl. Horaz, Epistulae 2, 1, 117: »scribimus indocti doctique poemata passim«.

56 schon die Pfaltz ⧸ der weite Bau!] Zincgref und Opitz kamen in Heidelberg, woher Zincgref stammt, in Kontakt. Beide Dichter mussten aus Heidelberg fliehen, da das kaiserliche Lager die Pfalz eingenommen hatte.

58 Der grosse Henrich selbst sicht zornig vber her] Gemeint ist eine Reiterstatue in der Mitte des Pont Neuf, der ältesten im Originalzustand erhaltenen Brücke über die Seine, die zwischen 1578 und 1607 erbaut wurde. Der Pont Neuf war die erste Brücke, die die beiden Ufer durchgehend miteinander verband. Die Statue Heinrichs IV. stand dort seit 1618 und wurde von Pietro Tacca im Auftrag der Witwe des verstorbenen Königs, Maria de’ Medici, entworfen. Sie wurde im Zuge der Französischen Revolution zerstört.

59 im schwange gehen] Gebräuchlich für beschwingt gehen, in Bewegung sein. Vgl. DWb 15, 2220–2237.

70 letzen] zurückstehend machen, abhalten, hindern, hemmen. Vgl. DWb 12, 802.

74 Ja nichts Poetisch ist⧸ als daß es lügen kan] Hier greift Opitz den Diskurs um Dichtung als Lüge auf, der seit Platon immer wieder verhandelt wird. In seinem Buch von der Deutschen Poeterey ist der Frage der Lügenhaftigkeit bzw. dem Fiktionspotential der Dichtung ein Kapitel gewidmet.

76 Baf vnd Mef] Es handelt sich dabei um die dichtenden Brüder Bavius (gest. 35 v. Chr.) und Mevius, die wegen ihrer Kritik an Vergil vom Maecenas-Kreis angefeindet wurden. In Vergil, Eclogae 3, 90 werden beide stellvertretend für schlechte Dichter genannt. Im Barock werden die Brüder insbesondere in der hier genannten Form Baf / Bef und Mef zum Spottbild für ignorante und streitsüchtige Poeten und Kritiker (vgl. Verweyen / Mertens / Schnabel 2011, 627).

77 Der Venusiner Schwan] Horaz (65–8 v. Chr.), der in Venusia geboren wurde.

77 der preiß von Mantua] Vergil (70–19 v. Chr.), der in Andes bei Mantua geboren wurde.

78 Naso] Ovid.

87 Brachmonats] Juni.




Zitierempfehlung:

, , in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

, , in: und (Hrsg.),