Gespräche von vnterschiedenen Trachten der Völcker: Newe Zei- tung bey Hofe daß Poliarchus gefangen sey: wessen sich Argenis entschlossen: Heraleons Bestrickung.
Das XVI. Capitel.
ALs sie nachmals vnter dem Gespräche von dem Aufflauffe der Bawren zu reden kamen/ muthmassete der König selber/ daß ohne das Gesicht vnd Alter deß Archombrotus/ seine frembde Tracht auch zu diesem Irrthumb nicht wenig geholffen; vnd daß die vnver- ständigen Leut vermeinet/ weil Poliarchus ein Außländer/ so müßte er auch [119] außländische Kleyder tragen. Darauff sagte Archom- brotus: Ich wil es nicht mehr darzu kommen lassen/ daß die Tracht meines Landes mich in Gefahr bringen möge: sondern wil einen Mantel auff Griechische Art vmbnemmen/ vnd mich in allen denen Sitten gleichmässig halten/ von denen ich lehren deß Gemüts all- hier zu schöpffen gesonnen bin. Nein/ sagte der König/ haltet so lang darmit jnne/ biß euch vnser Thun besser gefallen/ vnd die ge- wonheit euch vnser vbermässige Kleydung gemeiner gemacht ha- ben wirdt. Wir kommen euch an jetzo gantz frembd für/ vnd jhr haltet ewer gewonheit/ welche ich die älteste zuseyn vermeine/ für die beste: weil ich die Fürbildung ewers Volcks noch nicht gäntz- lich auß dem Hertzen gelassen. Wann jhr aber euch vnsern Ge- brauch vollkömmlich werdet eingebildet haben/ so werdet jhr euch vber ewerm Vnterscheide verwundern/ vnd jhn nicht länger erley- den können. Ich weiß mich zuerinnern/ daß ich/ als ich in meiner Jugendt in Africa kam/ die jenigen außzulachen pflag/ welche sich anders als wir trugen. Hernach wie mir diese durch Gewonheit angenehm worden/ vnd wider in Sicilien kam/ so vernichtete ich + +
In dem Meleander dieses redt/ vnd nach alter Leute Gebrauch seine Weltweißheit sehen läßt/ hatt Arsidas Gelegenheit zu der Ar- genis wider vmbzukehren/ da er den Archombrotus lobte/ daß er bey seiner ersten Ankunfft zu dem Könige deß Poliarchus in allen Ehren erwehnet. Aber in dem die Princessin vnd jhre Wärterin von dieser deß newen Gastes Beständigkeit mit grosser Begier höreten/ kompt gehlinge ein Geschrey in dem Zimmer auß/ Poliarchus sey in Verhafftung/ vnd würde zum König geführt. Argenis erschrack hierüber nichts/ in Meinung/ weil man nicht wüßte wie es zugienge/ so redte man vom Archombrotus. Sie hub lächlende das Haupt em- por/ vnd deutete an sie solten vnbesorget [121] seyn; es were sonst einer als Poliarchus. Eine von den Jungfrawen sagte hergegen/ daß diß was man jetzt erst ankündigte weit ein anders were/ als sie zwar glaubete. Sie hetten alle miteinander gute Wissenschaft/ daß der junge Außländer den die Bawren gebracht Poliarchus nit were. Aber man erführe jetzundt durch gewissere Zeitung/ Poliarchus sey auß einer höle/ darinnen er mit veränderter Kleydung gelegen von anderen Bawren herfür gezogen worden/ die jhn dann jetzt zum Könige führeten. Argenis erschrocken von diesem Donner- schlage/ stund doch nicht mehr in zittern vnd forchte als Arsidas oder Selenisse. Vnd zwar diese sagte kein Wort darzu. Arsidas aber neigete sich zu der Argenis Ohre; vnd/ die boßheit deß Glücks/ sagte er/ hat all vnsere Künste vbertroffen. Es ist vmb jhn geschehen/ gnädigste Princessin/ wo jhr euch seiner nicht offentlich annemmet.
Der König gieng ohngefehr damals im Garten spatzieren/ sel- best bekümmert wegen deß Poliarchus/ von welchem die gemeine Rede war/ daß er in Verhafftung kommen. Dem armen bekümmer- ten Alten ließ das Glück wenig ruhe. Was solte er sagen/ oder thun? Es war jhme alles zuwider; alle Sachen liessen sich zu newem Hert- zenleyde an. Es waren fast zwey Tage/ daß er jhn als einen Todten dermassen bey sich beweinet hatte/ daß er vermeinete/ er hette dar- mit ein genügen [123] gethan/ vnd den Fehler seinentwegen außge- leschet. Jetzt warff das Verhängnuß diesen Zweiffel auff das newe auff/ ob es besser were sich an dem Jünglinge vergreiffen/ oder durch eine vnsichere Billichkeit den getroffenen Frieden in Sicilien zerreisen. Die ärgsten Feinde deß Poliarchus waren schon in grosser Menge beysammen/ vnd sagten zu jhm/ daß bey Lebe Zeiten dessen Jünglings nichts beständiges in Sicilien zu hoffen were. Archom- + + +
In dem sie aber sämptlich/ wegen der Vngewißheit dessen das sich begeben solte/ im Zweiffel so stille stunden/ als ob es jhnen be- fohlen worden/ kam Eurimedes/ vnd führte den Heraleon bey der Handt. Dieser Mensch war wegen Blödigkeit der Sinnen bey Hoffe sehr bekandt. Hier sagte er/ ist der Poliarchus/ den die Bawren auß der Flucht zu rück gebracht haben. Da fiele Heraleon auff die Knie/ vnd bate mit auffgehabenen Händen vmb Gnade. Der König ward etwas lustiger/ vnd fragte was er verbrochen. Nichts/ sagte er/ als daß ich Poliarchus bin. Sie huben alle an zu lachen. Der König aber fragte vom Eurimedes/ ob solches auß Schertze oder Ernste sich zutrüge. Herr/ sagte Eurimedes/ als ich am Thore deß Schlos- ses stund/ wie jhr mir anbefohlen/ den Poliarchus/ wann er ge- bracht würde/ anzunehmen/ sahe ich eine grosse Menge von Bawers- leuten kommen die den Heraleon vmbringeten. Der vnter jhnen der Obriste zu seyn schiene/ fieng an/ wie er an seinem Fleisse vnd Trew nichts erwinden lassen/ biß Poliarchus bekommen/ vnd in gute Verwahrung gebracht worden sey. Heraleon aber war Poli- archus. Ich verbisse das Lachen/ vnd fragte/ was für ein Glück jhn in jhre Hände gebracht? Die fürnembsten vnter vns/ sagte er/ welche es geoffenbaret/ sind deß Mor-[125]gens auff die Arbeit ge- gangen; vnd haben sich verwundert/ als sie gesehen/ daß einer sein Pferdt vber quer Feldt getrieben/ vnd auff einen verwachsenen +