59*: Anhang Teutsche Poemata (Sammlung A)

[Druckausgabe S. 161]

59. Sz 54 1624 59*: Anhang Teutsche Poemata (Sammlung A)

Kupfertitel: [Hauptfeld] MARTINI OPICII. | Teutſche Pöemata | vnd ARISTARCHVS | Wieder die verachtung Teutſcher Sprach, | Item | Verteutſchung Danielis Heinſij Lobgeſangs | Ieſu Christi, | vnd Hymni in Bachum | Sampt einem anhang | Mehr auſerleßener geticht anderer | Teutſcher Pöeten. | Der gleichen in dieſer Sprach | Hiebeuor nicht außkommen. | Straßburg | In verlegung Eberhard Zetzners. | Anno J6Z4. [Zu den Inschriften in der bildlichen Darstellung siehe die Beschreibung.]

4°: ):(, A–Hh. Exemplare: Yale Univ. Library (FdF 201, Film); UB Marburg; Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen; Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; Breslau 4 E 513; Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin; Olms, Hildes- heim 1975 (Reprint Augsb.); 2 Ex. im Besitz des Herausgebers.

Gliederung: [):(1] Kupfertitel; Rückseite leer. [):(2a], ver- druckt als ):(, bis [):(4b] Widmung an Eberhard zu Rappoltstein. [A1a] bis [A2b] An den Leser. [A3] und [A4] Die lat. Empfeh- lungsgedichte. [B1a] (= S. 1) bis [X4b] (= S. 104) Opitz’ Gedichte unter dem Kopftitel MARTINI OPITII, | Teutsche Weltliche Poemata. S. 105–17 Aristarchus. S. 118–42 Heinsii Lobgesang ... Christi. S. 143–60 Heinsii Lobgesang Bacchi. S. 161 bis zum oberen Drittel von S. 224 Anhange ... außgesuchter Getichten anderer mehr teutschen Poeten. S. 225–40 Zlatna. Der untere Teil von 240 enthält sehr gedrängt die Errata Typographica.

Kupfertitel: Der Stichtitel stellt einen von links angeleuchteten, altarähnlichen Bau dar. Auf einem Unterbau mit geometrischen Verzierungen (mit Bildrechteck von 23 × 50 mm) erheben sich zwei toskanische Säulen, zwischen denen das Hauptfeld (61 × 45 mm) den oben aufgenommenen Titel trägt. Im reich verzierten Giebelfeld über den Säulen fällt eine in der Mitte, in einer Kartu- sche befindliche Darstellung ins Auge: ein Hermelin eilt in ge- strecktem Lauf nach rechts einem lodernden Feuer zu. Das Tier ist von einer Masse umgeben, die sich nach der über dem Bild- horizont befindlicehn Devise IGNI NON COENO als Schmutz

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ausweist. (Es war allgemein bekannt, »daß der Hermelin sein weisses Fell so hoch halte, daß er lieber durch ein Feuer, als durch Koth lauffen solle, dahero er auch ein Sinnbild der Reinigkeit ab- giebet« [Zedler XII, Sp. 1728]). Oberhalb dieser Darstellung reitet Amor (mit verbundenen Augen, Lorbeerkranz in der ausgestreck- ten Rechten, Bogen in der Linken, den vollen Köcher auf dem Rücken) auf einem flugbereiten Adler, der sich mit den Krallen am oberen Rand der Kartusche hält.

Die Darstellung im Unterbau zeigt einen lorbeergekrönten Poeten, der sitzend den ebenfalls sitzenden Musen vor einer hüge- ligen Landschaft zur Harfe vorträgt. Pegasus erhebt sich von einer der Erhöhungen in die Luft. Das Motto links oben lautet MIHI ET MUSIS.

Es findet sich kein Hinweis auf Künstler oder Stecher. Größe des Kupferstiches beträgt 152 × 116 mm, die der Platte 155 × 119 mm.

Zur Typographie und Ausstattung: Der Drucker, bei dem Zetzner dieses Werk herstellen ließ, ist nicht identifiziert. Jedoch leistete die Offizin im Rahmen des jener Zeit Üblichen und Mög- lichen, abgesehen von einem leicht wahrnehmbaren Fehler bei der Paginierung, handwerklich gute Arbeit. Das Papier ist mitt- lerer Qualität, leicht gelblich, wie damals üblich, und heute wenig gebräunt; die Druckerschwärze scheint nur gering durch. Das Wasserzeichen variiert, da mehrere Schöpfformen verwendet wurden. Es handelt sich um die Ziffer 4, zwei Kreuze und ein (manchmal geschweiftes) .

Es wurden hauptsächlich drei Schriftgrößen verwendet; die Dedicatio ist aus einer größeren Schrift, der Tertia-Fraktur, ge- setzt; An den Leser und die Gedichte aus der Cicero-Fraktur. Die Überschriften schwanken nach Art und Grad, doch wird vorwiegend die Tertia-Fraktur verwendet. Alle Empfehlungs- gedichte stehen in Kursive; deren Über- und Unterschriften (Namen der Autoren) in Antiqua. Sämtliche Gedichte fangen mit einem Großbuchstaben von etwa 2 Zeilen Höhe an, es folgt eine Versalie der Werkschrift und mit dem dritten Buchstaben setzt die übliche Kleinschrift ein. Auszeichnung der ersten Zeile durch Zitiertype findet sich bei An den Leser und auf S. 1.

Größe des Satzspiegels ist maximal 161 × 101 mm, was sich bei der Marginalien des Aristarchus auf 161 × 119 vergrößert.

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Im Durchschnitt enthält die Seite 38 Zeilen, Seitenzahl- Kusto- den- und Signaturzeile nicht gezählt. Spitzkolumne kommt auf S. 117 und 120 vor. Kopfleisten fehlen gänzlich und der einzige Kolumnentitel ist DEDICATIO. von Bl. ):(2b bis ):(4b. Mehr oder weniger anspruchslose Initialen und »musizierte« Buchstaben finden sich auf ):(2a (ein H), A1a (A, 3 Zz. hoch), und auf den Ss. 1, 105, 118, 121, 143, 161 und 225. Die Seitenzahlen stehen ohne Punkt in der Mittel über den Kolumnen; Abweichungen: Punkt hinter 93, Frakturpunkt hinter 125; 170 steht auf dem Kopf; statt 208 u. 209 steht 108 u. 109; statt 226 findet sich 622, außer- dem steht die zweite Ziffer auf dem Kopf; 230 u. 231 sind ver- tauscht; 233 fehlt gänzlich, findet sich aber fehlerhaft über ):(2a u. links oben auf):(2b steht 234. Siehe hierzu auch unten.

Bei den Bogensignaturen sind alle Signaturziffern arabisch außer Hhii und Hhiij. Das vierte Blatt ist mitsigniert in den Bogen ):( und N bis Hh; auf Bl. ):(2 fehlt die Ziffer.

Die Kustoden weisen die üblichen kleinen Unregelmäßigkeiten auf; als abweichend zu vermerken sind: S. 12 Rhant] 13 Schawt; 31 De] 32 Der; 101 Gehat] 102 Gehabt; 115 In] 116 Ins; 173 Er] 174 Es; 238 Die] 239 Sie; Kustoden fehlen auf S. 77, 224, [233], 235, 237 u. 239.

Kopftitel befinden sich vor dem Hauptwerk, S. 1; vor Aristar- chus, S. 105; vor Heinsii Lobgesang ... Christi, S. 118; Heinsii Lobgesang Bacchi, S. 143; dem Anhang, S. 161 und Zlatna, S. 225.

Eine dreieckige Vignette mit Engelskopf, von der Art, die gern für Leichenschriften benutzt wurde, findet sich auf S. 142 und 224; Größe: 44 × 51 mm; Beschädgung links unten.

Abgesehen von der Korrektur einiger Fehler, die im Laufe des Ausdruckens vorgenommen wurde, sind alle durchgeprüften Exemplare einander gleich; folgende Unterschiede sind vorhan- den: Bl. ):(2 Beseitigung der Paginierung sowie kleinere Ände- rungen im Wortlaut (siehe Lesarten); S. 49, Z. 1 Delta] Delia; 68, 22 Nectar-küssichin] Nectar-küssechin; 68 hinter den Überschriften Epigramma u. Sonnet steht entweder ein Punkt oder ein Komma; 69, 16 Licht/] Licht.; 72, 7 jhren] jhnen; 72, 16 vnder- than/] vnderthan.; 80, 14 die] deine; 80, 33 vermehr] vermehrt; und 137, 4 der] der der.

Zu der irrigen Seitenzahl 233 über ):(2a und 234 auf ):(2b ist zu bemerken, daß Witkowskis Erklärung (Witk. 1902, S. VIII)

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stimmen mag, doch scheint mir die Annahme einer Kürzung des (schon gesetzten) Anhanges nicht erforderlich. Der Setzer könnte auch gerade beim Absetzen von Kolumne 232 in Zlatna fertig ge- worden sein, als ihm das Manuskript der Zincgrefschen Widmung übergeben wurde. Er unterbrach seine Arbeit an Zlatna und machte sich ans Setzen der Dedication. Die nächsten zwei Ko- lumnen versah er nun gedankenlos mit den nächstfolgenden Seiten- zahlen. Die sinnlos stehengebliebenen Zahlen sowie einige andere Versehen wurden erst beim Ausdrucken des Vorstoßes bemerkt und nur in einigen wenigen Exemplaren noch korrigiert. Die Häu- fung von Fehlern in der Seitenbezifferung der Nachbarschaft von S. 230 deutet auf Verwirrung des Setzers hin. Witkowski 1902 wie auch vorliegende Ausgabe halten sich natürlich an das ideale Exemplar, nicht die Mehrzahl der tatsächlich vorkommenden.

Zur Entstehung des Werkes: Opitz übergab bei seiner Abreise von Heidelberg im Oktober 1620 das Manuskript seinem Freunde Zincgref. Es ist anzunehmen, daß dieser zunächst versuchte, das Werk in Heidelberg unterzubringen. Aber die Zeit der unterneh- mungslustigen Heidelberger Verleger war vorbei, Kriegswirren brachen noch im selben Jahre über die Stadt herein und Zincgref selbst fand sich wiederholt zur Flucht genötigt. Als er schließlich 1623 in Straßburg als Dolmetscher bei dem französischen Ge- sandten Guillaume Marescot ein prekäres Unterkommen gefunden hatte, war Eberhard Zetzner bereit, dasjenige Werk auf den Markt zu bringen, das sich als das »wirkungsvollste Buch deutscher Lite- ratur im 17. Jh.« (Fechner) erweisen sollte.

Was die Handschrift ursprünglich enthalten hatte, läßt sich mit einiger Sicherheit annehmen: 1. die Vorrede »An den Leser«; 2. einige Liminärgedichte und 3. das Gros des Hauptteils, die Ge- dichte 1 bis 146. Doch unter Zincgrefs Händen hatte bereits eine Umbildung und Ausweitung des Inhalts eingesetzt. Mit Hilfe der Straßburger Freunde – Bernegger, Venator, Lingelsheim – und mit Unterstützung von Gruter, der nach Tübingen, später Bretten geflohen war, sammelte Zincgref weitere Opitiana und fügt sie dem Manuskript hinzu. Reisende aus Schlesien brachten dort inzwischen gedruckte neue Gedichte mit oder der Dichter selbst mochte Exemplare davon geschickt haben, ohne zu ahnen, daß sie der Sammlung A einverleibt werden könnten. So kamen folgende Nummern hinzu: 148, Heinsii Lob Christi, 1621; 40, Be

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gräbnisgedichte auf Sophie Elisabeth, 1622; 149, Heinsii Lob Bacchi, 1622, und 150, Zlatna, 1623. Ferner entnahm Zincgref Nr. 147, den Aristarchus, jenem Geschenkband Gruters, den Fech- ner in der Vaticana entdeckte und 1970 der Forschung zugäng- lich machte. Derselben Quelle dürften weitere Gedichte entstam- men, etwa Nr. 29 u. 131–36.

Doch nicht genug damit, schob Zincgref zwischen 149 und 150 die 55 (51) Gedichte des ›Anhanges‹ von 13, zum Teil Opitz un- bekannten, ja wie Schede und Denaisius schon verstorbenen Autoren ein. Es waren nicht zuletzt eine Anzahl dieser Gedichte, die in ihrer altfränkischen Metrik und Sprache den Unwillen des Schlesiers erregten. Wie immer das Buch bei seinem Erscheinen aussah, der Sammler und Erhalter Zincgref hatte auf seine Weise und in gutem Glauben gehandelt; der Dichter und Neuerer Opitz zürnte ihm nicht – jedenfalls nicht öffentlich und nicht lange.

Zetzner vergab den Druckauftrag – er selbst betrieb keine Druckerei – und ließ folgende Ankündigung in den Frankfurter Frühjahrskatalog einrücken: »Martini Opicii teutsche poëmata, vnnd Aristarchus wider die Verachtung Teutscher Sprach: Item Verteutschung Danielis Heinsii Lobgesang Jesu Christi. Straßburg bey Eberhardt Zetznern in 4« (Bl. D3a). Diese Ankündigung, die erste Nennung Opitz’ in einem Meßkatalog, dokumentiert seinen Aufstieg vom Niveau bescheidener Vervielfältigung seiner Schrif- ten durch lokale Drucker zur Veröffentlichung in einem etablier- ten Verlag. (Über die Zetzners siehe die Angaben bei Josef Ben- zing, »Die dt. Verleger d. 16. u. 17. Jh.s«, Archiv f. Gesch. d. Buch- wesens, II [1958–60], 504). Wir können der Korrespondenz der Freunde Opitz’ entnehmen, daß der Druck des Werkes in Aus- sicht stehe (Bernegger, 24. Juli 1623, Rei 126, 72) und vor dem 26. August 1623 angefangen hatte; Bernegger las die Korrekturen und erwartete weitere Fahnen (Rei 130); Druck und Heftung müssen vor dem 18. April beendet worden sein, denn an diesem Tage berichtete Gruter aus Tübingen auf Anfrage Zincgrefs er habe noch kein Exemplar von Zetzner erhalten (Rei 144). Das Verlagswerk scheint zeitig genug für die Messe fertig geworden und, nach dem relativ häufigen Vorkommen zu urteilen, in grö- ßerer Auflage hergestellt worden zu sein.

Im Mai hatte Zincgref dem schlesischen Freunde zumindest ein Belegexemplar mit einem (verlorenen) Brief zugeschickt. Erst am

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6. Nov. antwortete Opitz darauf mit einem diplomatischen Brief aus Breslau (Rei 151). Sein langes Schweigen schiebt er auf den Besteller des Briefes, der ihn verspätet abgeliefert habe. Der Ton des Antwortbriefes wird von Witkowski (1902), S. XII, zwar als »durchaus warm« bezeichnet, doch fällt auf, daß jegliches Wort des Dankes an die Straßburger fehlt, die doch wahrlich keine Mühe gescheut hatten, das Buch erfolgreich zu gestalten. Sodann befremdet die schroffe Ablehnung einer von Zincgref sicher freu- dig in Aussicht gestellten Straßburger Neuauflage, »ob errata plurima a me inibi commissa« und weil er schon eine verbesserte Auflage zusammenstelle. Schließlich geht Opitz mit keinem Wort auf die finanziellen, rechtlichen oder technischen Fragen ein, die sich gewiß auch damals schon in einer verlegerisch noch einfache- ren Zeit stellen mochten.

Im Laufe des Sommers hatte August Buchner seinem schlesi- schen Freunde in einem (verlorenen) Brief mitgeteilt, er habe die Ankündigung der Teutschen Poemata gesehen. In seiner Antwort vom 5. Okt. (Geiger, Mittheil., S. 31) schreibt Opitz: »Scito eam [editionem] a manu Zincgrefii esse, qui libello ... plurima sine discrimine adjecit, [quae] quod ... mendis plena, cum admodum a puero scripta, merito exposueram«. Im Vorwort An den Leser hatte er 1620 viel allgemeiner die Qualitätsunterschiede, d. h. die geringere Qualität einiger Stücke, erwähnt, »weil sie zum theil vor dieser Zeit geschrieben« (A2b), wie er auch in der Poeterey die Straßburger Sammlung als »übereilte Edition« abwertet und auf Unordnung und Mangel an Kontrolle seinerseits hinweist; den- noch attestiert er den Herausgebern wenigstens guten Willen (Bl. D3).

Hier nun, im Privatbrief an Buchner als dem Vermittler seiner Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft, ist Opitz nicht so konziliant und diplomatisch, und Zincgref gegenüber läßt er nicht einmal Gerechtigkeit walten. Logischerweise betont er überall die eigene, bessere Ausgabe: Brief an Buchner, Poeterey, Brief an Zincgref, Widmung an Georg Rudolph (Rei 771) und Brief an Lingelsheim vom 28. Dez. 1625 (Rei 156). Es ist eine der Ironien der deutschen Literaturgeschichte, daß Opitz trotz allem weit- gehend durch die Straßburger Sammlung bekannt wurde. Die einzige moderne kritische Ausgabe der Gedichte, Witkowski (1902), basiert ebenfalls auf A.

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Zur vorliegenden Ausgabe: Hrsg. hatte ursprünglich beab- sichtigt, die Sammlungen A und B vollständig abzudrucken: »On Editing Opitz«, MLN LXXVII (1962), 435–38. Das ist nicht geschehen, weil das Erscheinen von Reprints – 1962 kaum ein Begriff – einer der Sammlungen oder beider nur eine Frage der Zeit ist. Im Hinblick auf diese Entwicklung und im Einvernehmen mit dem Verleger wurde das Hauptgewicht im Rahmen der Ge- sammelten Werke auf die Breslauer Ausgabe gelegt, denn diese Ausgabe entsprach viel mehr als die Straßburger dem Willen des Dichters und ihre Anordnung blieb für die späteren Ausgaben maßgebend. Schon früher erschienene und später in Sammlung B wieder erscheinende Werke wurden unter Nr. 59 lediglich durch Hinweise gekennzeichnet; der ›Anhang‹, seit W. Braunes Aus- gabe in den Halleschen Neudrucken 1879 nicht mehr ediert, wurde in A editorisch mitbehandelt, da dessen Wirkungsgeschichte eng mit der der Sammlung A verknüpft ist.

Weitere bibliographische Hinweise: [J. J. Bodmer und J. J. Breitinger], »Martin Opitzens verworffene Gedichte«, Sammlung critischer ... Schriften, 9. Stück, Orell, Zürich 1743, S. 42–72; Neu- ausgabe 1753 unter dem Titel Sammlung der Zürcherischen Streit- schriften. Georg Baesecke, Die Sprache der Opitzischen Gedicht- sammlungen von 1624 und 1625, Diss. Göttingen 1899. Witkowski (1902) und Baeseckes Besprechung davon im Anzeiger f. dt. Alter- tum u. dt. Lit. XXIX (1904), 97–99 und die bei Weydt angegebe- nen Korrekturen, Euphor. L (1956), 14/15. J.-U. Fechner, »Opitz Reform and Literary Taste«, Oxford German Studies VI (1971/72), 18–32; eine Beschreibung mehreren Exemplare von A mit Beto- nung handschriftl. Einträge. Zur Anordnung der Gedichte siehe »Ausgabengestaltung als Gehalt«, Gel 11/21. Fechner, Jugend- schriften, bes. S. 3*–17*. Marianne Hausser, »Julius Wilhelm Zincgrefs Lebenslauf und sein Anteil an der Straßburger Opitz- ausgabe von 1624«, Magisterarbeit, The Univ. of Texas at Austin, Austin 1975, 106 S. (Masch.) Auf die im Rahmen der Neudrucke Deutscher Literaturwerke, n. F., bei Niemeyer, Tübingen, abge- kündigte Zincgref-Ausgabe von Dieter Mertens und Theodor Verweyen sei hingewiesen; der ›Anhang‹ soll in Bd. II, 2 erschei- nen.

Der im Verlag Georg Olms, Hildesheim, 1975 erschienene Re- print ist unvollständig: es fehlen die Seiten 225–40.

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[):(2a]

DEDICATIO. Dem Hochgebornen Herrn/ Herrn Eberharden/ Herrn zu Rappolt- steinSachanmerkung/ HohenachSachanmerkung vnd GeroltzeckSachanmerkung/ etc. Meinem Gnedigen Herrn.

HOchgeborner Gnädiger Herr. Daß ich dieses Poetische Wercklin in offenem Truck gemein machen wollen/ dessen hab ich vnder- schiedliche Vrsachen. Erstlich/ dardurch die Außländer zu vber- weisen/ wie gar vnrecht sie daran seyen/ in dem sie jhnen ein- bilden/ daß sie die Laiteren/ durch welche sie vff die Parnassische spitze gestiegen/ hernach gezogen/ vnd jhnen also niemandt folgen könne/ welche jhre meinung aber hierdurch zu nicht ge- macht an sich selbst verschwindet. Vors ander/ den Inländern vnd Landtsleuten hingegen zu zeigen/ wievil sie in jhrer Mutter- sprache/ vnd diese hinwiderumb in jhnen vermöchten/ wann sie nur wolten: vnd nicht lieber wolten deroselben, als eines geheimen Schatzes oder verschlossenen Krames/ den man nicht angreiffen oder außlegen darff/ sich gebrauchen. Vors dritte/ die gewelschte Teutschen dardurch zu vberzeugen/ wie vndanckbarlich sie sich an der Muttersprach nit allein/ sondern auch an sich selbst ver- Sachanmerkung + + + + +

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greiffen: Vnd zwar an der Muttersprach in dem/ [):(2b]daß sie lieber in frembden Sprachen stamlen/ als in deren/ welche jhnen angeboren/ zu vollkommener Wohlredenheit gelangen/ viel lieber bey den frembden hinden nach/ als bey jhren Landtsleuten voran gehen/ bey jenen die Thür zu/ als bey diesen vffschliessen wollen/ vnd also darvor halten/ daß in frembder Sprach den geringsten fehler reissen/ ein Todsünde/ hingegen in jhrer Sprach einen Soloecismum vnd Bachanterey vber die ander begehen/ keine Schandt seye: An jhnen selbst; in dem sie sich muthwillig zu Sclaven frembder Dienstbarkeit machen/ sintemahl es nicht ein geringeres Joch ist/ von einer außländischen Sprach/ als von einer außländi- schen Nation beherrschet vnd Tyrannisiret werden. Gerahten also/ durch diesen jhren Alberen Wohn/ endlich dahin/ daß sie daheim billich verhast vnd veracht werden.

Als vor Zeiten die Römer angefangen in jhrer Sprach zuschrei- ben/ ware Grichenland bereit mit einem solchen getreng vnver- gleichlicher Scribenten erfüllet/ deren Nam vnd Geschickligkeit in alle Welt sich außbreitete/ daß freilich kein frembder hindurch tringen/ vil weniger jhnen den vorzug ablauffen konte. Noch den- noch ließen sich jene darumb nit abschrecken/ sondern wurden eben hierdurch bewegt/ jhre eigene Sprach nur desto mehr zu zie-[):(3a]ren/ zuerweiteren/ vnd auffzubringen: gestalt Cicero, vngeacht er in der wissenschafft Grichischer Sprach zu jedermans verwunderung hoch gestiegen/ dannoch das Lob eines aller für- trefflichsten Redners nicht nur durch das Grichisch/ sondern durch sein Naturliche Sprach erlangt. Homerus hette lang Hebreisch schreiben müssen/ biß jhme in dieser Sprach die Oberstell/ die er im Grichischen erworben/ hette gebüren mögen. Virgilius hette jhme dieselbe durch Grichisch/ gleich wie Petrarcha sie diesem durch Latein noch lang nit abgerennet. Also daß es ein grober vnverstandt von vns Teutschen were/ die Musas, demnach sie + + + + +

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andere nunmehr Barbarisirte Länder verlassen vnd zu vns ein- gekehret/ wiederumb zuruck weisen/ oder doch sonst in ein andere vnd zwar entlehnete Wohnung einlosiren wollen/ da wir doch bey uns selbst Platz vnd eigene Losamenter gnug vor sie haben.

Vnser Opitius, welcher vns recht gewiesen/ was vor ein grosser vnderschied zwischen einem Poeten vnd einem Reimen- macher oder Versificatoren sey/ hat es gewagt/ das Eiß gebrochen/ vnd den new ankommenden Göttinen die Furth mitten durch den vngestümmen Strom Menschlicher Vrtheil vorgebahnet/ also daß sie jetzo nicht minder [):(3b] mit vnserer/ als vor diesem mit anderer Völcker Zungen der werthen Nachkommenheit zuspre- chen/ dieselbe durch dieses Mittel von Lastern ab- vnnd hingegen zur Tugent vnd Geschicklichkeit anfüren mögen.

Daß aber vnder E. G. Namensschirm ich dieses Wercklin auß- kommen lassen wollen/ darüber wirdt sich niemandt verwundern/ angesehen es gleichsam ein Natürliche Schuldigkeit ist/ mit wel- cher jedes dinge denjenigen verhafftet vnd obligiret scheinet/ von welchen es hoch vnd in Ehren gehalten wirdt/ vnnd aber jederman bewust/ daß E. G. nicht allein ein sonderbahrer Liebhaber vnd Mecaenas aller freien Künsten vnnd Wissenschafften sein/ son- dern auch vnder allen Ihr bevorab die Teutsche poesie dergestalt belieben lassen/ daß sie sich selbst vnderweilen darinnen mit grossem Ruhm ergetzen/ vben vnd dißfalß vnsern alten Teutschen Helden nicht das geringste nachgeben/ als welche (wie Herr Melchior Goldast/ der bekante eyferer Teutscher Nation vnd Sprachen Ehr vnd Hochheit/ bezeuget) nit wenigern fleiß vff diese vnsere Sprach als etwan andere Völcker vff die jhrige/ gelegt haben/ solche zu poliren/ zuerheben/ berümbt vnnd perfect zu- machen/ vnd also vns jhren Nachkömlingen vmb ein gutes vor- zuarbeiten: vnd dieses schon [):(4a] von Caroli Magni zeiten hero/ sonderlich in den letzten 500. Jahren/ in welchen sie/ nach weise der Römer vnd der Grichen diese dreyfache Exercitia oder Vbungen zu Hoff im schwang geführet/ Ritterspiel/ Fechtkunst vnd die Music. Dann gleich wie sie durch Jene zwo, beydes zur fertigkeit vnd Stärck deß Leibs/ vnd zur Geschicklichkeit in der Waffenhandlung/ also wurden sie vnder dieser der dritten zu + +

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schärffung der Sinnen/ erhöhung deß Verstandts/ vnd also zu den Tugenden deß Gemüths/ durch mittel der Poeterey vnnd der Wohlredenheit ins gemein/ abgerichtet: also daß so wohl Adels/ als höheren standts Personen/ ja manchmahl Fürsten/ König vnd Keiser selbst/ offene Poetische Kämpff zuhalten gepflegt/ bey welchen nit weniger/ als bey den Thurnieren auch das Adeliche Frawenzimmer den Danck oder Preiß vnder den obsiegern auß- getheilet. Gestalt bey Ehrngemeltem Goldasten vnder andern mit Namen/ Albrechts Grafen von Heigerlohe/ Conrads Grafen von Kirchberg/ Eberhardts vnd Henrichs Freiherren von Sax/ Frid- richs Grafen von Leiningen/ Gottfrids Freiherrn von Nifen/ Kraften Grafens von Toggenburg/ Rudolfs Grafen von Newen- burg/ Rudolfs Freiherrn von Rotenburg/ Vlrichs Freihern von Gutenberg/ Werners Frei-[):(4b]hern von Tüfen/ Heinrichs Hertzogen von Breßlaw/ Otten Marggrafen von Brandenburg/ Heinrichs Marggrafen von Meissen/ eins Hertzogen von Ascanien/ vnnd Marggrafen von Hochburg/ Ja Keisers Henrichs vnd Conradi Römischen KönigsSachanmerkung poemata (vnzehlich Teutscher vom Adel zu- geschweigen) heuffig angezogen vnd gedacht werden.

Mein Person betreffendt/ welcher gestalt E. G. ich verbunden sey/ vnd mit was obligation Dieselbige mich Ihro hiebevor in meinen angehörigen verstrickt/ dessen anregung will ich biß zu anderer gelegenheit sparen/ vnd vor dißmahl allein E. G vnder- thänig bitten/ sie wollen diß Wercklin/ als welches Ihro/ wie ob- gemelt/ von Rechts wegen gebürt/ in Ihren Gnädigen Schutz auff vnd annehmen/ durch welche hohe favor Sie nit allein den Authorn vnd andere mehr noch verborgene Ingenia zu dergleichen Geist- reichen löblichen sachen/ gleich als ein anderer Apollo, vffmundern vnd behertzter machen/ sondern auch Deroselben mich je lenger je enger verpflichten werden/ die Zeit meines Lebens zu ver- bleiben

E. G. Vndertheniger D. Z. G. J.Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 172]
[A1a]

An den Leser.

WAnn ich mir/ günstiger Leser/ gegenwertiger Zeit gelegenheit/ waß die freyen Künst belanget/ für Augen stelle/ muß ich mich hefftig verwundern/ daß/ da sonst wir Teutschen keiner Nation an Kunst vnd Geschickligkeit bevor geben/ doch biß jetzund nie- mandt vnder vns gefunden worden/ so der Poesie in vnserer Mutter- sprach sich mit einem rechten fleiß vnd eifer angemasset. Die ItalienerSachanmerkung haben erstlich die Lateinische Sprach zu unserer Vor- eltern Zeiten wider vff die Beine gebracht/ vnd doch darneben jhrer eigenen nicht vergessen. Der Sinnreiche Petrarcha hat mehr Lob durch sein Toscanisch erjaget/ als durch alles das/ was er sonsten jemahls geschrieben. Sannazarius, welcher der Poeten Adler Virgilio zierlich nahe gegraset/ hat mit seiner trefflichen Arcadia allen seinen Landtsleuten die Augen auffgethan/ allen Römern trotz gebotten. In Franckreich hat der berümte Ronsardt durch seine Poesie die Gemüther wie fast verzaubert/ vnd ist von seinem König mit reichen einkommen begabet worden. Barthasius hat durch sein schönes vnd schweres Werck solch Lob eingelegt/ als were er der vornemste Griechische oder Lateinische Poet ge- wesen. Deß Edlen Herrn Sidney Arcadia macht die Engellender fast Stoltz mit jhrer Sprach. Wie hoch der Niderländische Apollo, Daniel Heinsius gestiegen sey/ kan ich mit meinen nidrigen Sinnen nit ergründen/ vnd will hier in erwehnung seiner meine Feder zu ruck halten/ daß ich sein werdes Lob vnd Ehre/ die er durch seine vbernatürliche Geschickligkeit verdienet/ mit meiner zungen vn- mündigkeit nicht verkleinere. So können die Amsterdamer Achilles vnd PolyxenaSachanmerkung, Theseus vnd Ariadne, Granida Gerhardt von Velsen, Roderich vnd Alfonsus, Griane, Spanischer Brabanter/ Lucella, stummer Ritter/ Ithys, Polyxena, Isabella, vnd andere

[Druckausgabe S. 173]
fast dem Seneca, vnnd Terentio dem höflichsten vnder allen Latei- nischen Scribenten, an die Seite gesetzt werden. Wir TeutschenSachanmerkung allein vndanckbar gegen vnserm Lande/ vndanckbar gegen vnserer alten Sprache/ haben jhr noch zur Zeit die Ehr nicht angethan/ daß die angenehme Poesie auch durch sie hette reden mögen. Vnd weren nicht etliche wenig Bücher vor vilen hundert Jahren in Teutschen reimen geschrieben/ mir zu handen kommen/ dörffte ich zweiffeln/ ob jemahls dergleichen bey vns vblich gewesen. Dan was ins gemein von jetzigen Versen herumb getragen wirdt/ weiß ich warlich nicht/ ob es mehr vnserer Sprache zu Ehren, [A 1b] als schanden angezogen werden könne. Wiewohl ich keines wegs in abred bin/ daß vil stattliche Ingenia sein mögen/ die vnserer Muttersprache auch dißfalls wohl mächtig/ vnd sie nach würden zu tractiren wüsten. Warumb aber solches biß anhero zuruck ge- stellet/ kan ich eigentlich bey mir nicht ermessen. Dann daß ich es der Poesie selber/ als einer vnnötigen vnd vergeblichen wissen- schaft zueschreiben solte/ glaube ich nimmermehr/ daß einiger verständiger diesem vnbesonnenen Vrtheil beyfall geben könne. Diese fürtrefliche art zuschreiben ist vor alters so hoch geschetzt worden/ daß auch der Weltweiseste Mensch Socrates, an seinem ende sie für die Handt zunehmen sich vnderstanden/ vnd vermeint er könne die Vnsterblichkeit der Seelen eher nicht empfinden/ dann wann er durch die Poeterey/ als nächste Staffel zu derselben/ dahin gelangte. Vnd daß ich nit berühre/ was Plato dißfalls weiter erzehlet/ so mit verwunderung zu lesen/ wissen alle gelerte/ wie von anfang her auff eben diese Kunst so vil gehalten worden/ daß man die Poeten eine heimliche zusammenkunfft vnd verbünt- nuß mit den Göttern zuhaben geargwohnet/ vnd jhre Schrifften als Orackel vnd Propheceyungen gehalten hat. Item/ daß Homerus der Brunnenquell vnd Vrsprung aller Weißheit zu sein geschetzet worden. Daß der grosse Alexander, deßgleichen die Sonne nicht beschienen/ eben dieses Homeri gedichte allezeit vnder sein Haubtküssen gelegtSachanmerkung/ vnd auff so einem Edlen Schatz wohl zu ruhen vermeinet. Daß vorgegeben worden/ Orpheus, weil er durch dieses mittel die noch vnbezwungene vnd verwildete Hertzen zu +
[Druckausgabe S. 174]
guten Sitten vnd der Tugend angewiesen/ habe die vnbendigen Thiere sampt Bergen/ Wüsten vnd Wäldern mit seinem Gesang be- weget. Vnd was sonsten hin vnd wieder bey den Griechen zufinden. Bey den Römern auch ist Virgilius in solch ansehen kommen/ daß/ wie Quintilianus, oder wer er ist/ meldet/ als man etliche seiner Vers offentlich verlesen/ das gantze Volck auß sonderlicher würdigung auffgestanden/ vnd daß jhm/ wann er gegenwertig gewesen/ solche Ehr als Kayser Augusto selbst widerfahren sey. Daß ich deß weisen Moysis Lobgesanges/ der Psalmen/ deß hohen Lieds Salomonis, vnd anderer örter in Heiliger Schrifft geschweige/ welche nicht weniger Poetisch/ vnd mit solcher Zierligkeit ge- schrieben sein/ daß sie so weit vber alle Weltliche gedicht steigen/ so weit die Himmlischen ding alle Irrdische Eitelkeit vbertreffen: daß der H. Geist auch zwar die lehre der Heyden verworffen hat/ aber nicht die wort/ wie S. Ambrosius klärlich erweiset/ vnd in der alten vbersetzung der Bibel noch zusehen; da denn Gigantes, Valles Titanum, Sirenes, filiae Sirenum, Cocytus, πνευ̃μα πύ- ϑωνος, vnd dergleiche/ so von den Poeten [A 2a] entlehnte/ noch zufinden sein. Ja daßSachanmerkung offtermahls/ wie Plutarchus gar recht berichtet/ durch Vulcanus, Bacchus, Venus vnd andere Namen nichts als daß Fewer/ der Wein/ die Liebe vnd jhr Tugend oder Laster zuerkennen gegeben wirdt. So habe ich der Götter hier- innen so zum besten gedacht/ daß ich mir für meine Person solch Lob nicht begere: Wie sie dann auch offte verhönet werden von jhren eigenen Scribenten. WelchesSachanmerkung Euripides vor allen meister- lich gelernet/ bey welchen das schöne berauschte Bübichen Cyclops vnder andern vom Bacchus sagt:

;
Was für ein Gott mag der wohl sein/
30 So wohnet in der Flasche Wein?

Darauß mann wohl sehen kan/ wie gut sie es mit jhren Göttern gemeinet. Letzlich achte ich auch nicht/ daß bey vns einiger Mensch mehr gefunden wirdt/ der nitSachanmerkung sihet die grosse Blindheit/ darinnen die armen Heyden gesteckt sein/ daß sie auch jhre

[Druckausgabe S. 175]
Sünden angebettet/ jhre Laster für Götter gehalten/ Thiere vnd Bestien in Himmel gesetzt/ zu welchen vnder anderen auch Sileni EselSachanmerkung/ wie Aratus meldet/ sol gelanget sein. Wiewohl dasselbe nit sonderlich zubeklagen/ weil jhr noch ein zimlich theil auff der Erden blieben. Welches ich allein vor die jenigen setze/ die mit der Venus lieber vmbgehen/ vnd sie lieben als loben; vnd vor die so ohne wissenschafft jhrem Vrtheil folgen/ wie sie dann auch vrtheilen nach jhrem verstande. Ist demnach diese außbindige Disciplin auß jhrer eigenen schuldt von vns nicht hindan gesetzt worden. So kan man auch keines weges zugeben/ es sey vnser Teutsches dermassen grob vnd harte/ daß es in diese gebundene Art zuschreiben nit könne füglich gebracht werden: weil noch biß auff diese Stundt im HeldenbucheSachanmerkung vnnd sonsten dergleichen Ge- dicht vnd Reimen zu finden sein/ die auch viel andere Sprachen beschemen solten. Ihm sey aber doch wie jhm wolle/ bin ich die Bahn zu brechen/ vnd durch diesen anfang vnserer Sprache Glückseeligkeit zu erweisen bedacht gewesen. Solches auch desto scheinbarer zumachen/ hab ich einen zimlichen theil dieses Büch- lins auß frembden Sprachen vbersetzen wollen; daß man auß gegenhaltung derselben die Reinigkeit vnd Zier der vnseren besser erkennen möchte. Wiewohl ich mich gar nicht gebunden; ange- sehen sonderlich der alten Lateiner Exempel/ die mit dem Gri- chischen wesen auch nit anders vmbgangen. Warumb mir aber mehr von Liebes sachen/ als andern wichtigen Materien anzu- heben gefallen/ achte ich nicht/ daß ich weitleüffig erzehlen dörfe/ weilSachanmerkung sonderlich der anfang jetwedern dinges von Freundlichkeit vnd Liebe (welcher ein jeglicher durch verborgene gewalt der Na-[A 2b]tur/ derer grösseste vnderhalt sie ist/ verbunden) muß gemacht werden. Will nichts sagen/ daß nit allein die Exempel +
[Druckausgabe S. 176]
der Edelsten Poeten von allen Zeiten her für Augen sein: sondern daß auch gemeiniglich die vnderrichtung von Weißheit/ Zucht vnd Höfligkeit vnder dem betrieglichen Bilde der Lieb verdeckt lieget: daß also der Jugent die lehre der Tugenden durch diese verblümbte weiß eingepflantzt wird/ vnd sie fast vnwissendt darzu gelangen. So hoffe ich auch nicht/ daß/ die sonsten von Geschicklichkeit der Poeten viel halten/ sie vmb dieser jhrer alten Freyheit willen verwerffen werden. Ist auchSachanmerkung Plato, der vnder andern in seinen schönen Versen jhm wünschet der Himmel zu werden/ daß er Asteriem genugsam beschawen könte/ nit zu verdammen: Ist Cicero,Sachanmerkung der in seinem Tusculano von Liebes sachen soll geschrieben haben: ist Plinius, der seine Carmina (die er nichts weniger als ernsthafft zusein bekennet) selber Commen- diret: Ist Apulejus, dessen außbündige BuhlerVerse noch vor- handen/ sampt so grossen Helden/ hohen Seelen/ weisen vnd fürnehmen Leuten nit zuverstossen/ wie viel mehr ichSachanmerkung/ der ich angesehen meine blühende jugent, die Keusche Venus mit den gelerten Musis zugleich verehret habe. Wo aber noch diese ent- schuldigung nit gelten mag; hoffe ich künfftig wohl zuerweisen/ wie sehr die irren/ so auß dem anfange von künfftigem zu vr- theilen sich vnderstehen. Vnbesunnen Vrthel hab ich jederzeit mehr zuverachten als zu achten pflegen: vnd ist niemandt vn- weiser/ als der vff eines jeglichen gutsprechen sihet/ vnd wer er sey/ von andern erfahren will. Es werdenSachanmerkung vieleicht auch hier nit wenig sachen gefunden werden/ so dem andern an der güte der wort vnd erfindung nit gleichen/ weil sie zum theil vor dieser Zeit geschrieben worden. Hoffe aber/ sie sollen doch nicht von allen verworffen werden. Es seind viel Früchte/ von denen man zwar nicht leben kan/ dennoch aber werden sie ohne lust vnd sonderen ergetzlichkeit nicht angesehen. Daß ich der vngleichheit der meinungen nit gedencke/ daß diesem jenes/ jenem dieses ge- fellt/ vnd einer Rosen/ der ander Dörner lieset. Ist mein für
[Druckausgabe S. 177]
nehmen gerathen/ hoffe ich nicht/ daß mich jemandt tadeln werde: wo nicht/ so bin ich dennoch zu entschuldigen/ weil ich vnserer Sprachen Würde vnd Lob wider auffzubawen mich vnder- fangen.

Martin Opitz.

[.a]
[A3a]

TROCHAEUS.

INdole est Germania ingens nec minor solertia,
Nil tamen festinat unquam, nec citatioribus
Fertur ad metam quadrigis, sed gradu lentae bovis,
Quae moram omnem tarditatis copia implet uberi.
5 Sic ad omnes disciplinas, sic et ad scientias
Liberali mente dignas paene venit ultima
Nationum: at nacta Spartam plurimis ornat modis,
Et parit praesens quod aetas approbet cum postuma.
Patrium poema vincto nunquam adhuc fecit pede,
10 Id licet lingua Italorum sit frequens et Gallica:
Ne tamen minus putetur disciplinis talibus
Apta Teutonum alma tellus, jam modo uno tempore
E suae ecce faustitatis nobili Larario
Flosculos binos juventae literatae publico
15 Ponit orbis in theatro, IULIUM ZINCGREFIUM
Atque OPITIUM, pedestris Musa nil quibus negat,
Quin queant ciere cantus aemulos Siredonum,
Quin queant probare dignos se Monetae surculis,
Gratijsque succulentis. Nondum adhuc quidem vias
20 Debili via capessunt altiores: tantum apum
More mella flore fingunt curiosa de obvio.
Ast ut aetas, ast ut usus multus hos formaverit,
Non modo per plana serpent, non agrum modo ac nemus
Ala obibunt temperata, Daedali sed impetu
25 Vela committent patentis aeris lato mari,
Atque olorino volatu summa tangent sidera:
Constet ut cunctis priores esse posse vel pares
Nomine, aetas atque tempus fecerat quos ultimos.

Janus Gruterus.Sachanmerkung

+
[Druckausgabe S. 178]

[.b]
EPIGRAMMA.

NOn levis est error: laudat Germania vates,
Quos et Graja tulit terra, Latina tulit,
Et proprios temnit, quasi linguae vena ligari
Teutonicae ad nullos posset inepta pedes.

[A3b]
Quid, Teuto, sequeris peregrinos? Quod petis, hic est.
6 Quid lingua illa placet, dum tua praestat idem?
Tu modo Germanas non segniter excole Musas,
Nec patere hoc genti lumen abesse tuae.
Nec Mecaenates, nec deerunt, crede, Marones,
10 Et tibi Maeonidas vel tua terra dabit.
Sed dedit: ecce novam siquidem instaurare poesin
Magnorum tentat triga diserta virum.
OPITIUS, KIRCHNERUS, item ZINCGREFIUS, istos
Miratur patrio carmine Musa loqui.
15 Cedite Romani vos vates, cedite Graji,
Teutonico versu gaudet Apollo legi.

Matthias Berneggerus.Sachanmerkung

+ +

[.c]
ALIUD.

PArce Venus, Charitum furatus mulctra papillas
Sopitae emulsit clepta pusillus Amor.
Opitium que tuo madefactum lacte susurris
Plaudentis pennae tersit in arce Gnidi.
5 Haud igitus miror dulcedinis indole tanta
Spirare ipsius cordis et oris opes.
Quin Ganymedei florem sapientia succi
Haec ego suaviolis carmina mille colam.
Ast, Amor, unde volup’ matrem lusisse? Magistrum
10 Vel fratrem credo te voluisse novum.

[Druckausgabe S. 179]

[.d]
Aliud.

HA, salvete mei sapidissima mulsa palati,
Quae lepida Opitius miscet Apollo manu.
Nectaris e vobis anima it, nec dulcius unquam
Sacchar Acidalijs rorat ab uberibus.

Henricus Albertius Hamilton
Danus.Sachanmerkung

[.e]

GErmanae tubicen novelle Peithus,
Qui plectrum rude Martiae loquelae
Priscis cedere non sinis Pelasgis:
Quin quidquid grave, sordidum, molestum

[A4a]
Bellacis studiosior lacerti
6 Albis moribus assonabat olim,
Nunc voto premat eloquente Teuto,
Nec praeconia gloriae superba
A victo petat impotenter hoste?
10 An longis tibi saeculis nepotes
Dignas dicere gratias valebunt,
Quod te vindice, literate vates,
Maternae gravitas leposque linguae
Et Grajos premit et premit Latinos?
15 Per te, qui bene dimicabat olim,
Teuto nunc bene non minus loquetur.

Caspar Barth, Eq. Germ.Sachanmerkung

[.f]
ALIUD.

HActenus incultam pubes Germanica credens
Linguam hanc, externos est venerata sonos
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 180]
Quisquiliasque suo peregrinas praetulit auro;
Ergo peregrinus credidit omnis idem.
5 Unicus ast patriam sermonis honore tuetur
Opitius, nostrae gloria prima lyrae.
Nil mihi vobiscum, impuro qui lingitis ore
Romani faeces relliquiasque meri.
Cedite, dicam ipsis, Romani, cedite Graij,
10 Germanus qui vos exsuperabit adest.

Jul. Guilh. Zincgrefius
J. U. D.Sachanmerkung

+ +

[.g]

REs est perfacilis dolare versum
Dicit praecipitum genus Truonum,
Qui credunt satis hoc bono poetae,
Si possit numero ligare voces,
5 Et grandes calamo inquinare chartas,
Quantumvis sapiant suem peremptam.
Hos plebs ut genios suos adorat,
Hos aequat titulis Maronianis,
Et pridem queritur Latina Musa

[A4b]
Secum prostitui suas sorores.
11 Quo quis praestat ineptius Poetam,
Tanto plus superat bonos Poetas.
Rari judicij est greges olorum
A nigris hodie expedire corvis.
15 At quid non patitur vel ante passa est
Felix ingenijs, sed arte dispar
Magnae Teutoniae jacens Poesis?
Quid si non aliquis sagax veniret
Gustator Viadri Silesiani?
+
[Druckausgabe S. 181]
20 Mansisset tenebris sepulta merces
Germanae decus aureum Thaliae.
Haec nobis redimit fides OpitI,
Quem mersit liquidas Apollo in undas,
Quas Pelignus-Opitius bibebat,
25 Cum nondum Dominam timebat iram.
Quisquis vult Latio tumere Phoebo,
Quisquis Teutonica lyra probari,
Nec credit tamen id laboris esse,
Is tentet numeros Opitianos.
30 An rursum temere videbo dicat:
Res est perfacilis dolare versum.

B. Venator.Sachanmerkung

+ +

[.h]
Ad linguam Germanicam.Sachanmerkung

O patria salve lingua, quam suam fecit
Nec humilis unquam nec superba libertas,
Quam non subactis civibus dedit victor,
Nec adulteravit inquilina contages:
5 Sed casta, sed pudica, sed tui juris,
Germana priscae fortitudinis proles,
Lingua imperare nata, quae citos mentis
Sensus adaequas non minus brevi voce,
Cujus retenta parte tot triumphatae
10 Adhuc fatentur arma Teutonum gentes:
O patria salve lingua, et aeviter flore.

[Druckausgabe S. 182]
[1]

MARTINI OPITII,
Teutsche Weltliche Poemata.

[.1] = 72.39
An die Teutsche Nation.

DEr blinden Venus werck/ die süsse gifft zu lieben ...

S. 2–5

[.2] = 72.40
An die Jungfrawen in Teutschlandt.
Auß dem Holändischen
Dan. Heinsij.

IHr liebliches Geschlecht dem Venus hat gegeben ...

[.3] = 72.75
[6]

Sonnet.
An diß Buch.

SO wiltu dennoch jetz auß meinen Händen scheiden ...

S. 6–9

[.4] = 72.47
Elegie.

DEr helle Vesper Stern gieng auff kaum vor sechs stunden/ ...

S. 9–10

[.5] = 72.162
Vber des Hochgelehrten vnd weitberümbten
Danielis Heinsij Niderländische Poemata.

IHr Nymphen auff der Maaß/ jhr Meer einwohnerinnen ...

S. 10–14

[.6] = 54
Die Lust deß Feldbawes.

WOhl dem vnd mehr als wohl/ der weit von streit vnd Kriegen/ ...

S. 14–15

[.7] = 72.163
Antwort auff Herren Balthasaris Venatoris
Teutsches Carmen an mich geschriben.

WIe ich empfangen ward/ wie man mich angenommen/ ...

[Druckausgabe S. 183]
S. 15

[.8] = 72.67
Sylviana oder Hirtenklage.

ALhier in dieser wüsten Heydt ...

S. 16

[.9]
Epigramma an die Naturkündiger.

Wann nicht das Küssen was zum schmacken helffen kündt/
Ey warumb küssen wir dann jmmer auff den Mundt?

[.10] = 72.91
Sonnet.
Auß dem Italienischen der Edlen Veronica Gambara
Sie redt die Augen jhres Buhlen an/ den sie vmbfangen.

[17]
SO offt ich ewren Glantz/ jhr hellen äuglein/ schawe/...

S. 17–18

[.11] = 72.46
Echo oder Widerschall.

DIß Ort mit Bäumen gantz umbgeben/ ...

S. 18

[.12] = 28.4
Epigramma auß dem Mureto.

WEnn nicht die Sonne scheint/ vnd wann vns trifft der Regen/...

S. 18–24

[.13] = 72.41
Frülings Klag Gedichte.

DIeweil nunmehr der Lentz mit seinen schönen Tagen ...

S. 24

[.14] = 72.118
Epigramma.

MEin Lieb/ hat dein Gesicht so weit mich können bringen/ ...
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 184]

[.15] = 72.81
Sonnet an die Bienen.

IHr Honigvögelein/ die jhr von den Violen/ ...

S. 24–25

[.16] = 72.119
Epigramma.
An die Nacht vnd das Gestirn.

DV schwartze Nacht/ die du die Welt vmbfangen ...

S. 25–26

[.17] = 72.63
Hirtengesang.

NEwlich als ich außgegangen ...

S. 26

[.18] = 72.120
Epigramma.
Daß er gezwungen würde in den Krieg zuziehen.

IHr Götter/ soll mich dann des schnöden Glückes Neidt ...

[.19] = 72.121
Aliud.

WArumb wirdt Amor bloß von Mahlern fürgestallt? ...

S. 26–27

[.20] = 72.90
Sonnet.
Auß dem Italienischen Petrarchae.

ISt Liebe lauter nichts/ wie daß sie mich entzündet? ...

S. 27

[.21] = 72.122
Epigramma an die Sternen.

IHr Liechter/ die man sieht am hohen Himmel schweben/ ...

S. 27–28

[.22] = 72.43
Elegie.
Von abwesen seiner Liebsten.

WErdt ich die Zeit wol sehn/ daß doch der Tag anbreche/...

[Druckausgabe S. 185]
S. 28

[.23] = 72.123
Epigramma an die Asterien.

OB schon dein rother Mundt ist einer Rosen gleich/ ...

S. 28–29

[.24]
Auff Leyd kompt Freud.

SEy wolgemuth/ laß trawren sein/
Auff Regen folget Sonnenschein/
Es gibet endtlich doch das Glück
Nach toben einen guten Blick.
5 Vor hat der rauhe Winter sich
An vns erzeiget grimmiglich/
Der gantzen Welt Revier gar tieff
In einem harten Traume schlieff.
Weil aber jetzt der Sonnen Liecht
10 Mit vollem Glantz herausser bricht/
Vnd an dem Himmel höher steigt/
Vnd alles frölich sich erzeygt/
Das frostig Eyß muß gantz vergehn/
Der Schnee kan gar nicht mehr bestehn/

[29]
15 Favonius der zarte Windt
Sich wider auff die Felder findt/
Die Saate gehet auff mit macht/
Das Graße grünt in vollem Pracht/
Die Bäume schlagen wieder auß/
20 Die Blumen machen sich herauß/
Das Vieh in Felden jnniglich/
Das Wild in Püschen frewet sich/
Der Vögel schaar sich frölich schwingt/
Vnd lieblich in den Lüfften singt/
25 So stelle du auch trawren ein/
Mein Hertz/ vnd laß dein Zagen sein/
Vertrawe Gott/ vnd glaube fest
Daß er die seinen nicht verlest.
Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 186]
Vlysses auch/ der freye Heldt/
30 Nach dem er zehn Jahr in dem Feldt
Vor Troja seine Macht versucht/
Zog noch zehn Jahr vmb in der flucht.
Durch widerwertigkeit im Meer/
Ward er geworffen hin vnd her/
35 Noch blieb er standthafft allezeit/
In Noth vnd Todt/ in Lieb vnd Leydt.
Die Circe mit der Zauberkunst/
Bracht jhn niemals zu jhrer Gunst/
Auch der Sirenen süsser Mundt
40 Vnd Harfen jhn nicht halten kundt/
Er warff doch endlich von sich noch
Des rauhen Lebens schweres Joch/
Penelopen er wieder fandt/
Vnd Ithacen sein Vatterland/
45 So biß du auch getrost/ mein Hertz/
Vnd vbersteh des Glückes schertz/
Traw Gott/ sey nur auff jhn bedacht/
Die Hoffnung nicht zu schanden macht.

S. 29

[.25] = 72.124
Epigramma.

DIe Sonn/ der Pfeil/ der Wind/ verbrent/ verwundt/ weht hin/...

[.26] = 712.25
[30]

An die Sternen/ daß sie jhm den Weg zeigen wollen.

IHr Fackeln dieser Welt/ jhr ewig brennend Fewer/...

[.27] = 72.92
Sonnet.
Auß dem Italienischen der gelehrten Veronica Gambara.
Sie klagt vber abwesen jhres Buhlen.

WAnn die zwey Augen nicht sich eylend sehen liessen/ ...

[Druckausgabe S. 187]
S. 30–32

[.28] = 34
Auff Herrn Caspar Kirchners/ vnd Jungfraw
Marthen Queisserin Hochzeit.

ES ist in Engelland/ wo sonst Diana hetzet/...

S. 32

[.29] = 33.2
Auff der Edlen Jungfrawen Annen Ma-
rien Gaislerinn
Hochzeit/ ...

FReylich/ freylich ist ein Glas/ ...

[.30] Siehe auch 72.126
[33]

Epigramma.

WEil ich mein Lieb gantz freundlich thäte küssen/
War sie betrübt/ vnd seufftzet jnniglich/
Ich achte wohl/ daß sie befahret sich/
Es würd’ jhr Schmertz sich gar zu balde schliessen.

[.31]
Sonnet von der Liebsten Augen.

DIß wunderliche Werck/ das Gott hat auffgericht/
Die Erde/ Lufft/ vnd See/ des Himmels hohe Thronen/
Das alles/ was man kan/ vnd auch nicht kan bewohnen/
Hett es kein/ oder auch zwo Sonnen/ stünd es nicht.
5 Ich arm betrübtes Thier muß zweyer Sonnen liecht
Vertragen/ die mir arg für meine Liebe lohnen/
Ja die bey Tag vnd Nacht auch meiner nicht verschonen/
Doch ärger ist die Pein/ wann mir der Glantz gebricht/
Was wunder ist es dann/ daß jhr mich sehet sterben
10 Mehr als zehn tausentmal/ eh’ kaum hingeht ein Tag?
Vnd jmmer widerumb belebt zur newen Plag?
Ist sie mir allzunah/ muß ich durch sie verderben:
Ist sie denn gantz hinweg/ so hab ich lauter Nacht/
Doch wehl’ ich mir den Todt/ den mir die Hitze macht.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 188]

[.32], siehe 72.142
Vber seiner Buhlschafft Bildnuß.

JE schöner dieses Bildt für allen anzuschawen/
Je schöner ist mein Lieb für anderen Jungfrawen.

S. 33–34

[.33] = 72.20
Vber den Abschied einer Edlen Jungfrawen.

GLeich wie zu Sommerszeit/ wann alles frölich blühet/ ...

S. 34

[.34] = 72.127
Als er bei Nacht den Himmel ansahe.

DIe andre Sternen zwar seh’ ich am Himmel schweben/...

S. 34–35

[.35] = 72.86
Sonnet an seine Thränen.
Auß dem Lateinischen Hugonis Grotij.

JHr meiner Augen Bäch/ jhr angenehme Zähren/ ...

S. 35

[.36]
Epigramma auß dem Holändischen.

DIeweil man muß/ zukriegen Himmlich Gut/
Die Sünde beichten vnd beklagen/
Vnd zu entfliehn der Höllen heisse Glut
In seinem Hertzen Rewe tragen/
5 So bitt ich doch/ O meines Lebens schein/
Gebt mir mein Hertz/ das ich verließ bey euch/
Wolt aber jhrs behalten ja allein/
So beichtet mein vnd ewre Sünd zugleich.
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 189]
S. 35–36

[.37] = 72.44
Newjahr Gedicht.

DIe Sonn hat jhre Reiß auff dieses Jahr vollendet/ ...

S. 36

[.38] = 72.129
Epigramma.

ES streitte wer da will/ ich bleibe doch darbey/ ...

[.39]
Chansonnette.

MIt Liebes Brunst behafftet sein/
Ist warlich eine schwere Pein/
Es ist kein Schmertz auff dieser Erdt/
Der recht mit jhm verglichen werdt:
5 Drumb will ich mich gantz embsiglich
Von dem Leyden allzeit scheiden/
Vnd die süsse Gifft vermeiden.
Auff daß nun nicht die schnöde Brunst
Mich lasse zu jhr tragen Gunst/
10 Soll Venus mich nicht treffen an
Auff jergendt einer Liebes Bahn/
Der Tugendt Weg ist ein schön Steg/
Darauff eben ich will schweben/
Vnd jhr gantz verpflichtet leben/

[37]
15 Recht vnd gar wol auch Pallas blieb
Allzeit befreyet von der Lieb/
Sie gab dem Fewer niemals raum/
Vnd hielte sich in stätem Zaum/
Auff grüner Heyd sie allezeit
20 Mit dem Hetzen sich thet letzen/
Vnd frey aller Sorg ergetzen.
Ich will ins künfftig fleissig auch
Nachfolgen dieser Göttin Brauch/
Denn Venus ist die gröste Last/
25 Cupido ist ein schädlich Gast.
Wen er einmal nur bringt zu fall/
Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 190]
Muß verderben/ offt auch sterben/
Vnd für Frewden schmertz ererben/
Also belohnt er alle doch/
30 Die sich ergeben seinem Joch/
Vnd diß bedenck ich offt vnd viel/
Es mag lieb haben wer da will/
Ich bleibe mein allzeit allein/
Offt nach schertzen kommen schmertzen/
35 Wohl dem der das thut behertzen.

S. 37–41

[.40] = 47.1
Begräbnuß Gedichte.
Auff den tödtlichen abgang Ihr Fürstl. Gn. Her-
tzog Jörg Rudolffs in Schlesien vnd zur
Lignitz Ehegemahlin.

OWohl dem welcher noch weil seine Jugendt blühet/ ...

S. [42]–43

[.41] = 26
Auff Herrn Matthei Ruttarti/ vnd Jung-
fraw Anna
e Namßlerin Hochzeit.

IHr vielgeliebtes Par/ die jhr die enge Strassen ...

S. [44]–46

[.42] = 40.2
Auff Herrn Doctor Johann Geissels
Hochzeit.

VNd jhr/ Herr Breutigam/ vermeynet frey zubleiben ...

S. 46

[.43] = 72.130
Epigramma.

WAnn deine grosse Macht/ O Mars/ so viel erleget/ ...
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 191]
S. 46–47

[.44] = 22.1
Auf Herrn Sebastian Namßlers Hochzeit.

SO offt ich bey mir selbst/ (wie ich zuthun dann pflege/)...

S. 47

[.45] = 72.131
Einer Jungfrawen Grab-vberschrifft.

DV wurdest auß befehl der Venus umbgebracht/ ...

S. 47–48

[.46] = 72.76
Sonnet vber den Thurn zu Straßburg.

PRintz aller hohen Thürn/ so jemals wirdt beschawen ...

[.47]
Epigramma.

ACh schicke mir doch zu ein Küssichin/ mein Leben/
Fürchstu/ daß auff dem Weg es jemandt möcht auffheben?
Ey druck auff meinen Mundt dein zartes Mündelein/
So wirdt es vor Gefahr der Diebe sicher sein.

S. 48–49

[.48] = 72.52
Elegie an seine newe Liebe.

VNd du wirst auch bey meiner Buhlschafft stehen/ ...

S. 49

[.49]
Gottfriede von Künrath
Die Buchstaben versetzt:
Kein Freund treu/ ohn Gott.

ISt die das blinde Glück geneiget vnd gewogen/
Will eder bey dir sein an Freundschafft vorgezogen;
Vejchleget dich der Windt ins weite Meer der Noth/
Sorsteht es wüst/ vnd dann ist kein Freund treu/ ohn Gott.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 192]
S. 49–50

[.50] = 72.93
Sonnet auß dem Italienischen Veroni-
cae Gambarae.
Sie redt sich selber an/ als sie jhren Buhlen | wider versöhnet.

DV hochgeborne Fraw/ die du so reich gezieret ...

S. 50

[.51] = 72.132
Epigramma.
Auß dem Lateinischen Petronij Afranij.

IN einer Sturmhaub ich nechst fandt ein Taubennest; ...

[.52] = 72.82
Sonnet
An die Augen seiner Jungfrawen.

LEit Sternen meines Haupts vnd meiner jungen Zeit/ ...

S. 50–51

[.53] = 72.133
An seine Buhlschafft.

DEn Spiegel send ich euch/ jhr Spiegel aller Frawen/ ...

S. 51

[.54]
Elegie auß Dan. Heinsij Monobiblo.

IHr aber wisset nichts als nur auff Gut zusinnen/
Vnd zieht bald vber Feld/ bald durch das wilde Meer/
Ja wohin auch die Sonn hat niemals reichen künnen/
Da bringet jhr das Golt/ den schönen Koth/ anher.
5 Vnd ich bedarff diß nicht/ was jhr an allen enden
Zu Land vnd Wasser sucht/ das hab sich schon bey mir/
Mein Gut ist/ daß ich sterb in meiner Liebsten Händen/
Die Strasse wandel ich gar sicher für vnd für.
Dann jetzundt wirdt mein Geist von jhrem Geist empfangen/
10 Wenn er das schöne Thor des Mundes kompt hinein/
Jetzundt ergeh ich mich bey den liebreichen Wangen/
Da Venus vnd jhr Sohn persönlich wohnhafft sein.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 193]
Bald hatt sie mir/ ich jhr den zarten Halß vmbgeben/
Vnd schaw/ wie die Natur so trefflich sie geziert/
15 Bald in den äugelein enthalt ich mir das Leben/
Dahin werdt ich zugleich mit Sinn vnd Muth geführt/
Wie der so vnverschuldt sein Vatterland verlassen/
Muß suchen einen Weg der jhm gantz vnbekandt/
Geht vber Berg vnd Thal durch angenehme Strassen/
20 Nichts achtendt/ als allein sein liebes Vatterlandt.
Wann er dann ohn gefehr erblicket einen Bronnen/
Der sonst verborgen ist in mitten in dem Wald/
Befreyet vor der Hitz vnd vngedult der Sonnen/
Da nichts als nur das Wild hat seinen auffenthalt/
25 So ist er wohlgemuth/ vergisset aller dinge/
Erforschet nur den Quell deß Brünneleins mit fleiß/
Vnd wünscht/ daß jhn alldar der sanffte Schlaf vmbringe/
Weil er vor grosser Lust sich selber auch nicht weiß.
Nicht weniger auch mich/ weil ich so sehr gejrret
30 Durch Frewd vnd höchste Lust der süssen Liebes pein/
Weil mein Gemüthe sich in Wollust gantz verwirret/
Wirdt nichts mich machen loß/ als nur der Todt allein.
+

[.55] = 72.80
[52]

Sonnet an einen gewissen Berg.

DV grüner Berg/ der du mit zweyen Spitzen ...

[.56] = 72.134
Epigramma.

DIe Vögel von dem Leim des Stellers offt entschleichen/...

S. 52–54

[.57] = 72.50
Nachtklag.
Auff die Melodey: Kehr vmb mein Seel/ etc.

JEtzt blicken auß des Himmels Saal ...

[Druckausgabe S. 194]

[.58]
[55]

Epigramma.

FLeuch wo dir hingeliebt/ wohin du nur kanst kommen/
Fleuch mein Gemüthe/ fleuch Lufft/ Fewer/ Wasser/ Erdt/
Du magst doch nicht entgehn/ dein vorsatz wirdt verkert/
Weil dich mein Lieb inn sich schon gäntzlich eingenommen.

[.59] = 72.94
Sonnet auß der Italienischen Poetin
Veronica Gambara.
Vber den Orth/ da sie jhren Adonis zum ersten
vmbfangen.

IHr schöne Wasserbäch/ jhr Vfer an den Flüssen/ ...

[.60]
Epigramma.

ALs dich/ O werthe Kron/ der Hirte Paris sach/
Erschrack er/ vnd fieng an: O Venus halt gemach/
Gib mir den Apffel her/ dir ist zuviel geschehen/
Die schöne Nymf hab ich vorhin noch nie gesehen.

S. 55–56

[.61] = 72.87
Sonnet auß Hugonis Grotij
Erotopaegniis.

MEin Lieb/ so offte mir mein arme krancke Sinnen ...

S. 56–57

[.62] = 72.65
An den Cupidinem.
Auff die
Courante: Si c’est pour mon pucelage.

O Du Gott der süssen Schmertzen/ ...
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 195]

[.63] = 72.135
Vber seiner Liebsten Bildnuß.
Auß dem Lateinischen Josephi Scaligeri.

ICh sehe was ich will/ die Tafel mir nicht leuget/ ...

S. 57–58

[.64] = 72.84
Sonnet.
Klag einer Jungfrawen vber nahendes Alter.

ACh wo ist jetzt die Zeit/ da jederman thet gleichen ...

[.65] = 72.136
Auß dem Grichischen Platonis lib. IV. tit. ἀπὸ γυναικω̃ν.

ICh Lais/ die man hielt die schöneste zusein/ ...

S. 58–59

[.66] = 72.45
An eine Jungfraw.

VMb alles Gut vnd Gelt in diesem gantzen Lande ...

[.67] = 72.137
Auß dem Grichischen.

CVpido/ mustu ja mit deinem Bogen schertzen/ ...

[.68] = 72.78
[60]

Sonnet
Vber den Queckbrunnen zum Buntzlau
in Schlesien.

DV vnerschöpffte Lust/ du Wohnhauß aller Freuden/ ...

[Druckausgabe S. 196]

[.69]
Epigramma, auff die Statt Breßlaw.

ALs Themis auß der Welt zu ziehn jhr vorgenommen/
Soll vnderweges sie auch sein nach Breßlaw kommen/
Vnd weil sie hat vermeint/ sie sey nun allbereit
Im Himmel/ ist sie da noch biß auff diese Zeit.

S. 60–61

[.70] = 72.31
Hochzeit Gedichte.
Auß dem Niderländischen
Dan. Heinsij.

DIe Schiffer so vffs Meer die schwebendt Heuser bawen/...

[.71] = 72.138
Epigramma.
Von seiner Buhlschafft Winter Rosen.

WAs wunder ists mein Lieb/ daß wir dir blühen sehen ...

S. 61–62

[.72]
Sonnet auß dem Latein Adeodati Sebae.

HEint als der Monde war in seinen Craiß gezogen/
Vnd mich der süsse Schlaf vmbfangen durch die Nacht/
Ward mir mein Augentrost im Traume fürgebracht/
Als lege sie bey mir an meine Brust gebogen/
5 Ihr Hertze war in mich/ mein Hertz’ in sie geflogen/
Fand aber gäntzlich nichts/ wie ich deß Morgens wacht/

[62]
Vnd hielt die Lacken in den Armen/ drumb ich lacht/
Als ich recht jnnen ward daß ich so sehr betrogen.
Verräther/ loser Trawm/ warumb denn fleuchstu bald/
10 Laß mich doch länger sehn die liebliche Gestalt/
+ + + Sachanmerkung Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 197]
Laß sich doch mehr bey mir diß schöne Vorbild säumen.
Betrieger/ krieg ich nichts als Hohn vnd Spott von jhr/
Vnd jhrer Schönheit roß’/ ach bitt ich/ laß doch mir
Drey tausent Jahr so süß/ ohn alles Wachen/ träumen

[.73] = 72.139
An die Liebste.
Auß dem Grichischen.

WO fern die Zeit die Schönheit gantz vertreibet/ ...

[.74]
Sonnet.

DIe Liebe kränckt mein Hertz/ der Krieg das Vatterland/
Der Krieg mit Haß vnd Zorn/ die Liebe mit dem Bogen/
Die Liebe saugt mich auß/ der Krieg hat ausgesogen
Vns vnd die Nachbarschafft mit Anstoß allerhand/
5 Die Liebe steckt mich an/ der Krieg steckt Stätt in Brandt/
Die Lieb ist listiglich in mein Gemüth geflogen/
Mars hat durch falschen Schein das Vatterland betrogen/
Die Lieb ist blind/ im Krieg ist offte nit Verstandt.
Es ist vnglücklich Volck die solche Herren ehren/
10 Die Liebe lohnt mit Leyd/ der Krieg mit viel verhören/
Es pfleget beyderseits nit köstlich zuzugehn/
Begeb ich mich ins Feldt/ Durst/ Hunger mich begleitet/
Folg ich der Liebe nach/ die Liebste mich bestreitet/
Es ist der beste Rath/ ich lasse beydes stehn.

[.75]
Epigramma Oweni.
An die so sich schmincken.

DIe jhr mit Farb anstreicht euch ewre Zierlichkeit/
Bekennet recht/ daß jhr nur Staub vnd Asche seid.
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 198]

[.76] = 72.95
[63]

Sonnet Veronicae Gambarae.
An jhres Bulen Augen/ als sie jhn küsset.

IHr Wohnhauß vnd Losier der Liebe/ last empfinden ...

S. 63–65

[.77] = 72.36
Auff Herrn Johann Seylers Hochzeit.

DIe Sonn hat sich verkrochen/ ...

S. 65–66

[.78] = 72.42
Geburt-gedichte.

KOmm schöner Morgenstern/ ach komm vnd laß es tagen/ ...

[.79] = 72.140
Epigramma.
An eine ungestaltete Jungfraw.

DIe Spiegel sein gantz falsch: dann wann sie richtig wehren/ ...

S. 66–67

[.80] = 72.96
Sonnet.
Auß dem Italienischen Gambarae.
An den Westwind.

DV Westwind/ der im Lentz den Lust der Felder heget/ ...

[.81] = 72.141
Epigramma.
Auß meinem Lateinischen an die Asterien.

WAs ist dein schöner Leib/ du schnöde blinde Jugendt/ ...

S. 67–68

[.82] = 37.2
Sonnet.
Auff Herrn Jonas Klimpken vnd Jungfraw Annen
Rosinn
Hochzeit.

DEr sehr gewünschte Lentz die kalte Lufft verdringet/ ...

[Druckausgabe S. 199]

[.83] = 72.142
Epigramma.
Vber der Liebsten Bildnuß.

SO ist mein Lieb gestallt/ so ist jhr Angesicht/ ...

[.84] = 72.83
Sonnet.
Vff einen Kuß.

NAch aller meiner Noth/ nach so viel Angst vnd Klagen/ ...

S. 68–69

[.85] = 72.48
Elegia.

WEil daß die Sonne sich ins tieffe Meer begeben/ ...

[.86] = 72.143
Epigramma an den Rhein.

OB wol/ du grosser Rhein/ dir alle Flüsse weichen/ ...

[.87]
[70]

Sonnet.
Als jhm seine Asterie geschrieben.

WEr solte dieses wol in sein Gemüthe bringen/
Daß vnder weiß vnd schwartz verborgen solche Freudt?
Daß nur ein einig Brieff nemm’ alle Traurigkeit?
Kan auch der Augen lust so weit ins Hertze dringen?
5 Ich weiß die Sinne fast nicht höher mehr zuschwingen/
Vnd habe wol mit fleiß gelesen jederzeit/
Was von der Liebe nur gefunden weit vnd breit/
Es hat mich aber nichts vermocht so sehr zuzwingen/
Der Grich Anacreon/ der Sappho schön Gedicht/
10 Vnd auch Ovidius sind jhm zugleichen nicht/
Der künstlich Amadis ist nie so hoch gegangen.
Glückseelig ist die Hand/ die diesen Brieff gemacht/
Glückseelig ich die Dint vnd auch die Feder acht/
Und mehr glückseelig mich/ der ich jhn hab empfangen.
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 200]

[.88]
Die Jagt deß Cupido.

IN der schönesten der Zeiten/
Wenn verjüngt wirdt alle Welt/
Wann die Flora Blumen spreiten
Thut/ durch Wisen/ Wald vnd Feldt/
5 Kam der Venus Sohn gegangen/
Eh sich Lucifer eräugt/
Eh Aurora jhre Wangen
Vnd goltgelbes Haare zeigt/
Venus lag ohn sorg vnd zagen
10 Gantz deß sanfften Schlaffes voll/
Mutter/ sagte er/ ich geh jagen/
Vnder deß gehabt euch wohl/
Da erwachte die Göttinne/
Sprach: Cupido liebes Kindt/
15 Weil du dieses hast im Sinne/
Sey es gerne dir gegünt/
Vnd ich wünsche daß dein Bogen/
Richtig schiesse für vnd für.

[71]
Wann du dann diß Werck vollzogen/
20 Komm auch wieder her zu mir.
Diß derhalben zu vollführen/
War er baldt zur Jagt bereit/
Nicht zur Jagt nach wilden Thieren/
Wie Adonis vor der Zeit/
25 Sondern daß er möchte zwingen/
Diese grosse weite Welt/
Vnd in seine Netze bringen/
Was der Himmel in sich helt.
Als der Zephyrus vernommen/
30 Was das Kind gesonnen wer/
Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 201]
Ist er mit der Aura kommen/
Zu verkünden diese Mähr/
Doch thät er sich plötzlich nähen/
Eh man für jhm fliehen kundt:
35 Eh man seiner sich versehen/
Hat er schon sehr viel verwundt.
Also wirdt sehr offt betrogen
Die gelehrte Nachtigall/
Eh sie kaum hinzu geflogen/
40 Ist sie kommen schon zu fall/
Juppiter/ der Donnerkeile
Nur für Spiel vnd schertze helt/
Wardt durch dieses Kindes Pfeile/
In der Buhler zahl gestellt/
45 Phoebus hatte Kunst vnd Witzen/
Pluto war an Golde reich/
Es kont jhnen doch nicht nützen/
Es war Amor alles gleich/
Mars der sonst sich außzurüsten
50 Vnd zu streitten war bedacht/
Sauget an der Venus Brüsten/
Vnd vergaß der Kriegesmacht/
Bacchus wuste nichts von Trauben/
Gantz entzündt in süsser Pein/
55 Muste Liebes Speise klauben/
Thränen giessen vor den Wein/
[72]
Eolus ließ Nort vnd Osten/
Pan ließ Schaf vnd Hirten stehn/
Götter vnd Göttinnen musten
60 Nach des Kindes Willen gehn/
Alle Menschen wurden innen/
Wie Cupido sehr geschwindt/
Wie er jhren Muth vnd Sinnen
Mit dem Pfeil regieren künt.
65 Alles wurde gantz verheeret/
Alles war mit Leyd erfüllt/
Biß sich hat der Tag gekehret/
Vnd die Sonn jhr Haupt verhüllt/
+
[Druckausgabe S. 202]
Da flog Amor heim zur stunden/
70 Zeigte seiner Mutter an/
Wie er alles vberwunden/
Wie jhm alles vnderthan.
Bald hat sie jhn angenommen/
Vnd am Nectar voll gemacht/
75 Biß der süsse Schlaff ist kommen/
Vnd jhn hat zu Ruh gebracht.
+

[.89] = 72.144
Epigramma.

ALs ich dir/ Delia/ ein Schreiben zugeschickt/ ...

S. 72–73

[.90] = 72.97
Sonnet auß dem Italienischen der Veronica
Gambara
/ warumb sie nicht mehr von Bule-|rey schreib.

IN vppiger Begier/ in vnbedachtem Sinn/ ...

S. 73–74

[.91] = 72.49
Elegie auß dem ersten Buch Propertij.
Haec certe deserta loca.

AVff dieser wüsten stett/ in dieser stillen Heide/ ...

[.92] = 72.145
Auß dem Latein Josephi Scaligeri.

DIe Blumen zu dem Krantz/ den ich dir wollen senden/ ...

[.93]
Sonnet.
Bedeutung der Farben.

WEiß/ ist gantz keusche Reinigkeit/
Leibfarbe/ weh vnd Schmertzen leiden/
Meergrüne/ von einander scheiden/
Schwartz/ ist Betrübnuß/ Angst vnd Leid/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 203]
5 Roth/ innigliche Liebesbrunst/
Vnd Himmelblo/ sehr hohe sinnen/
Bleich Leichfarb/ argen Wohn gewinnen/
Gelb/ end vnd außgang aller Gunst/
Haarfarbe/ deutet vff Gedult/
10 Bleich Aschenfarben/ heimlich Huldt.
Braun/ aller Liebe gantz vergessen/
Grün/ Hoffnung; Vnd weil jetzundt ich/
Gebrauche dieser Farbe mich,
Ist wol mein Zustand zuermessen.

[.94]
[75]

Von der Cynthia Thränen.

ACh Cupido/ leidestu
Daß die Zehren jmmerzu/
Dieser klaren Augen glantz
Wässern/ vnd verschwemmen gantz/
5 So der Thränen weite Fluth
Außlöscht jhres Fewers Gluth/
Sage wo man künfftig kan/
Deine Fackel zünden an?

[.95] = 72.77
Sonnet
Vom Wolffsbrunnen bey Heidelberg.

DV edele Fonteyn mit Ruh vnd Lust vmbgeben/ ...

S. 75–76

[.96] = 72.100
Sonnet. Ex Gallico.

IHr kalten Wasserbäch/ jhr Hölen/ vnd jhr Steine/ ...

[.97]
Epigramma an den Schlaf.

ICh wach allhie mit sehnlichem verlangen/
Du sanffter Schlaf hast gantz mein Lieb vmbfangen/
Erblickt sie dich mit einem Eugelein/
So wirstu bald von jhr vertrieben sein.
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 204]

[.98]
An die Cynthia.

DV gabest mir zwey Küß/ ich gab dir wieder zwey
Jetzt zürnest du mit mir/ vnd schlegst die Augen nieder/
Weil ich nun hör/ daß es dir zu entgegen sey/
Geb ich dir deine Zwey/ gib du mir Meine wieder.

[.99]
Von der Asterie Ringe.

WIe dieser Ring von Golt geschmiedet ist zusammen/
Wie dieser edle Stein scheint gleich den Fewerflammen/
So ist auch dein Gemüth so hart als Golt vnd Stein/
Vnd dein Gesichte scheint ein helle Fackel sein.

S. 76–80

[.100]
Hochzeit Gedichte.

NAch dem die Welt gegründt vnd jhr Termin gesteckt/
Nach dem die schöne Lufft rundt vmb sich außgestreckt/
Vnd auch die wilde See/ die nah’ vnd weit zukommen
Pflegt nach deß Monats lauff/ jhr örter eingenommen/
5 Sah Jupiter hinab/ vnd spürete niemandt/
Der diß gewaltig Hauß brecht vnder seine Hand.
Drumb von seins Vatters deß Saturnus Leib er hiebe
Das theil so schändtlich ist/ doch nötig in der Liebe.
+ Sachanmerkung Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 205]
[77]
Vnd warff es in das Meer/ darauß ein Schaum herkam/
10 Davon das geyle Weib die Venus Vrsprung nam/
Das geyle Weib/ das Weib das aller Götter Sinnen/
Mit jhrem blinden Kind hat listig rauben können/
Sie haben gantz vnd gar gebracht in kurtzer Zeit
Das Menschliche Geschlecht in jhre Dienstbarkeit/
15 Sie theten vber diß ein ärger wesen führen/
Beweisen jhre Macht auch an den stummen Thieren.
So das nun vberal durchauß nichts leben kan/
Es muß jhr vnd dem Kindt allzeit sein vnderthan/
Das Kindt/ das lose Kindt/ das mit dem Pfeil vnd Bogen/
20 So sehr viel hundert Jahr ist durch die Lufft geflogen/
Vnd hat sein grosses Reich gewaltig stark vermehrt/
Ja auch die Mutter selbst ohn alle schew versehrt/
Das Joch mußt jhr doch auch noch angeworffen werden/
Von jhrem eignen Sohn/ der Herr ist dieser Erden/
25 Vnd Printz der weiten Welt/ der helt die Lufft vor sein/
Die zierlich ist gewirckt mit lichten sternelein/
Die mit der strahlen glantz gehn auff der weissen strassen/
Vnd in der holen Kant Lufft/ Erdt vnd See umbfassen.
Nun laßt vns doch besehn wohin der schöne Sohn/
30 Der grosse-kleine Gott gebauet seinen Thron/
Er hat jhm außerwehlt der Augen Thron zu eigen/
Die vns sein Königreich/ als klare Spiegel/ zeigen.
Der Augenapffel ist die Kugel dieser Welt/
Das Wasser aber/ das der Apffel in sich helt/
35 Das sind die milden Quell so auß den Bergen schiessen/
Vnd durch das grüne Thal mit sanfftem rauschen fliessen.
Der Circkel runde Krantz/ der vmb den Apffel geht/
Das ist die wilde See die nach der Erden steht/
Der Augen weisser Platz so sich vmbher ergeusset/
40 Das ist die klare Lufft/ die Erdt vnd See beschleusset.
Es ist ein wunder ding daß das vierdt Element
Auch in den Augen nicht von andern ist getrennt/
+ +
[Druckausgabe S. 206]
Das Fewer/ so durchs Meer gantz hell vnd lieblich blicket/
Vnd mit dem schönen schein vns Muth vnd sinn entzücket.
45 Das Fewer/ so den Weg jhm durch die Augen nimbt/
Vnd vnvermerckter sach in vnser Hertzen kümpt/
[78]
Da ruht es ohne Ruh/ da hebt es an zu brennen/
Daß wir der Liebe krafft vnd vns in vns nit kennen.
Was Wunder ist es dann/ daß er mit seinem Band/
50 Die Welt bezwungen hat durch seine schwache Hand/
Der tausent Welten hat/ die Augen/ da er zeugen
Vnd klärlich darthun kan/ wie er vns könne beugen?
Diß ists/ das euch bezwang/ diß ists Herr Bräutigam/
Diß ist die newe Welt so ewer Hertz einnam/
55 War euch auch wol zu muth/ gabt jhr euch auch verlohren/
Als die vier Element zugleiche sich verschworen/
Zu liefern eine Schlacht/ die in der Augen Welt
Sich alle lägerten/ vnd gaben sich zu feldt?
Ihr habt euch warlich wol die Rechnung machen können/
60 Daß vier so starcke Feind euch würden angewinnen/
Ihr thut auch was jhr wolt/ jhr brauchet alle Kunst/
Ich halte nur darfür die Arbeit sey vmbsunst/
Bey dreyen were Rath/ dem vierden zuentfliehen/
Dem Fewer/ weiß ich nicht ob man sich darff bemühen.
65 Was laufft jhr viel vnd sucht? die Hülff ist bey der Hand.
Wer hie genesen will/ der muß doch zu dem Brandt/
So erstlich jhn entzündt: diß sein Achilles Wunden/
Die niemand heilt/ als der/ von dem man sie empfunden.
Was gibet man den an? das bitten ist das best/
70 Es ist ein Hertz von Stein/ so sich nicht biegen lest/
Nit lengst hab ich gehört von einer Feldgöttinnen/
Wie jhr/ Herr Breutigam/ habt pflegen zu beginnen/
Ein sehnlich Klagelied/ das Wald/ Feld/ Berg vnd Thal
Es haben widerholt mit kläglichem Nachschall/
75 Die Nymfen haben es mit Wehmut auch vernommen/
Vnd mein Asterie hats lassen mir zukommen:
All mein Leiden/ Lieb vnd Schmertze
Hat mein Hertze
+
[Druckausgabe S. 207]
Gantz vmbringt mit Trawrigkeit/
80 Als ein forchtsam Hirsch muß eilen
Für den Pfeilen/
Flieg vnd renn ich jederzeit.
Ich vollführe meine Klage
Nacht vnd Tage/
[79]
85 Denckend an der Liebe quall/
Stets die Threnen mich begiessen/
Die da fliessen/
Als zwey Bäche von Cristall.
Wolt jhr demnach/ Jungfraw/ geben
90 Meinem Leben
Hülff vnd Trost in diesem Leidt/
So erbarmt euch doch bey zeiten/
Thut bereiten
Nach dem Trawren Lust vnd Frewd.
95 Eh daß sich bey mir beginnen
Alle Sinnen
Zu verliern/ vnd aller Muth/
Rettet mich von dem Elende/
Eh das Ende
100 Selbst bey mir das beste thut/
Ach Printzessin/ ach Jungfrawe/
Euch ich trawe/
Ihr seid meine Medicin
Vor das weinen/ vor das klagen/
105 Laßt mich sagen/
Daß ich ewer Diener bin.
Wie solte sie jhm thun? jhr werdet doch gewehrt,
Kein Mannes Tropffen fellt vergebens zu der Erdt/
Vnd was ist besser Rath/ eins hat gebrandt das ander/
110 Als daß jhr nun zugleich geneset mit einander?
Geht an/ jhr liebes par/ was trettet jhr beseit?
Es ist jetzund gleich recht/ jetzt ist die beste zeit/
+ +
[Druckausgabe S. 208]
Daß jhr die Hitze lescht. Was wolt jhr viel verziehen?
Was wolt jhr selber das/ so jhr gewünschet fliehen?
115 Was ist es/ Jungfraw Braut/ wolt jhr zu rücke gehn?
Es hilfft gewiß euch nicht/ jhr müsset doch gestehn/
Es ist nun fort mehr alt/ daß man nit kan vertreiben
Zugleich der liebe Brunst/ vnd dannoch Jungfraw bleiben/
Der Bräutigam der kompt/ er gehet vff euch zu/
120 Jungfraw/ es ist das best/ jhr gebet euch zu Ruh/
Es ist der nechste Rath/ daß man ein Hertze fasse/
Vnd was man nit vermag zu halten/ willig lasse.
[80]
Trett ab/ jhr Jungfräwlein/ die Braut hat jetzt nit Zeit/
Laßt sie zu Bette gehn/ hört auff von ewrem streit/
125 Zu einem andern streit muß sie sich jetzund kehren/
O daß wir allesampt in solchem streiten weren.
+

[.101]
An den Abendtstern.

ACh jetzund wolt ich gleich zu meiner Bulschafft gehen/
Nun weicht die Sonne wegk/ vnd du wilt auch entstehen/
Du schöner Abendtstern/ die späte Nacht bricht an/
So daß ich heute nicht zu jhr gelangen kan.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 209]

[.102]
Antwort des Abendtsterns.

ICh sonsten Hesperus, hab jetzundt mich gewendet/
Vnd werde Lucifer, ich bin vorher gesendet/
Sey nit bestürtzt/ daß ich den alten Lauff verkehr/
Weil deine Sonne kompt/ so geh ich für jhr her.
+

[.103] = 72.79
Sonnet.
An der Liebsten Vatterlandt.

DV aller schönster Ort der Flüß vnd kalten Bronnen/ ...

[.104]
Die Augen der Asterie.

ALs Asteris bey Nacht den Himmel angesehen/
Hat sie der Sternen zahl vermehrt durch jhren schein/

[81]
Vermagstu das, mein Lieb, wie mag es dann geschehen/
Daß mein Gesicht vergeht von deinen äugelein?
+

[.105] = 72.146
Die gewaffnete Venus.

ALs Venus Helm vnd Schild hat ohn gefehr genommen/ ...

S. 81–83

[.106] = 72.53
Der gecreutzigte Cupido.
Auß dem Ausonio.

IN dem betrübten Ort der schwartzen Trawerfelder/ ...

[.107] = 72.147
An seine Freundin.

GLeich wie der Morgenstern dem Menschen gibt das Liecht/ ...
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 210]
S. 83–84

[.108] = 72.88
Sonnet.

CVpido so du bist nichts anders als ein Kindt/ ...

S. 84–85

[.109] = 72.66
Hirten-Lied.

COridon sprach mit Verlangen ...

[.110] = 72.148
Epigramma.

IHr zarte Brüstelein/ Ihr Zuflucht meiner Nöthen/ ...

S. 85–87

[.111] = 72.51
An die Asterien.

ZWeymal ist jetzund gleich der schöne Früling kommen/ ...

S. 87–88

[.112] = 48.2
Die Trunckene Venus.
Auß dem Grichischen
Dan. Heinsij.

DIe schöne Venus gieng mit jhrem kleinen Sohne/ ...

[.113] = 72.55
Daß die Poeterey vnsterblich sey.

WAs wirffstu/ schnöder Neid/ mir für die Lust zu schreiben ...

S. 88–89

[.114] = 72.150
Epigramma.

OB du gleich/ Edles Bild/ die schönste bist auff Erden/ ...

S. 89–90

[.115] = 72.58
Hirten-Lied.
Vff die Melodey
/| Aupres du bord de Seine.

ISt jergendt zu erfragen ...

S. [91]–92

[.116] = 72.59
Lied.

WOl dem der weit von hohen dingen ...

[Druckausgabe S. 211]

[.117] = 72.60
Ein Anders.

Itzundt kompt die nacht herbey/ ...

S. 92–93

[.118] = 72.61
Ein anders/ auff die Melodey/
Allons dans ce boccage.

KOmpt last vns außspatziren/ ...

S. 93–94

[.119]
Das Fieberliedlin.

NEchst als zugleiche lagen
Zwey lieb in fiebers schmertz/
Sprach er: ich bin zutragen
Für dich bereit/ mein hertz
5 Für dich bin ich bereit zu leiden/
Vnd soll sich meine Seele scheiden.
Er lag in heisser flammen/
Die Sprache ließ schon nach/
Die Hitze kam zusammen/
10 Der Puls schlug sehr gemach;
Empfund doch mitten in dem leiden/
Weil er bey jhr wahr/ lust vnd freuden.

[94]
Sie schlug die augen nieder/
Als er fiel in den todt/
15 Er wandte hin vnd wieder
Sein haupt in letzter noth/
Sein Hertz wurd matt/ die adern sprungen/
Der Geist würd auß zufahrn gezwungen.
Sie sprach: mein lieb/ mein leben/
20 Ich schwimme wegen dein/
Vnd ich/ er sagt/ muß geben
Für dich mein Seelelein.
So ist er in der Schoß gestorben/
Die er so treulich hatt erworben.
Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 212]
Folgen underschiedliche Grabschrifften.

[.120] = 72.151
Eines Hundts.

DIe Diebe lieff ich an/ den Buhlern schwig ich stille/ ...

[.121] = 72.152
Eines Kochs.

WIE wird die Welt doch vberal verkehret/ ...

[.122] = 72.153
Eines Blaßbalckmachers.

O Lieber Mensch/ dein Leben ja betrachte/ ...

S. 94–95

[.123] = 72.154
Eines Jägers.

IN dieser holen Klufft gesuchet hat sein läger/ ...

[.124]
Eines Kauffmans.

ICh machte rechnung wohl/ es könte mir nicht fehlen/
Ich wolte richtig Gelt für mein Credit außzehlen/
Deß Todes ich vergaß/ der dann ohn all gedult
Mich balt verarrestirt allein vmb seine Schult.

[.125] = 72.155
Eines Schmiedes.

IHr Freunde/ glaubet allzumahl/ ...

[.126] = 72.156
Eines Botten.

EIn Postbott hat alhier jhm seine ruh genommen/ ...

[.127] = 72.157
Eins geilen Weibs.

HIer lieget ein sehr schön/ doch geiles Weib begraben/ ...
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 213]

[.128]
Eins ertrunckenen.

HIer hat der Todt gefürt vor seinen Vrtheltisch
Den/ welcher in der Flut ist jämerlich versuncken/
Vnd hat ohn allen durst zu tode sich getruncken/
Die vrsach/ halt ich/ sey/ er schwamm/ vnd war kein Fisch.

[.129]
Eines andern.

WIe ist alles so voll Jammer/
Dieser starb gar unversehn/
Vnd auch wie es ist geschehn/
War der Doctor in der Kammer.

[96]

[.130]
Eines andern.

DEr Todt vollbracht hat seine Lust/
Es hat den Geist hier vffgegeben/
Der/ so darumb absterben must/
Daß er nit lenger konte leben.

[.131] = 28.2
Sonnet.

WAs will ich vber Pusch/ was will ich vber Sandt/ ...

[.132] = 28.3
Epigramma.

WAs lieb ich doch so sehr die Heiden vnnd die Wüsten? ...

S. 96–97

[.133] = 28.5
Aliud.
Perieram nisi perijssem.

OB vns der Liebe last schon viel pein leget an/ ...
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 214]

[.134] = 28.6
Ein anders.

DIe Keusche Lieb ist dises Lebens Sonne/ ...

[.135] = 28.7
Echo oder Widerschall.

KOmm/ Echo/ komm/ die niemand nicht kan finden/ ...

S. 97–98

[.136] = X (72.21)
An den Edlen Johann von LandtsKron/
alß er von jhm verreiset.

WAnn sich der werthe Gast/ die Seele nun soll scheiden/ ...

[.137] = 32.2
[99]

Katharina Emmrichen. ...

HErr Gottfrid/ höret doch/ wie rühmet jhre thaten ...

[.138]
Elisabethe geborene Kunradinne.
Du bist Helena/ gar eben eine | Krone.

WEr will bekennen nicht/ Jungfraw/ daß in dir wohne
Der Tugendt Ebenbildt/ der Spiegel aller zier/
Die Göttin Venus selbst an sitten weichet dir/
Ja du bist Helena/ gar eben eine Krone.

[.139] = 72.35
Sonnet Vff H. Michael Starcken | Hochzeit.

OB schon von Kindheit an wir fast zugleich erzogen/ ...
Sachanmerkung Sachanmerkung Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 215]

[.140] = 72.160
[100]

An das Armbandt.

O Bandt/ O schönes Bandt/ geflochten von den Haaren/ ...

[.141] = 72.62
Liedt/ im thon: Ma belle je vous prie.

ACh Liebste laß vns eilen Wir haben Zeit: ...

[.142] = 48.3
Als er für der Liebsten Vatterlandt vber-|schiffte. ...

SEy sehr gegrüst/ du Statt, in Hollandt außerkoren ...

S. [101]–102

[.143]
An seine Bulschafft.
Vff die weiße:
Angelica die Edle.

ASterie du Edle Schäfferin
Werd ich dich sehen schier?
In deiner huld ich gantz verschlossen bin/
Vnd lebe weit von dir/
5 Nur bey den wilden Thieren/
Vnd in dem wüsten Walt/
Muß ich mein leben füren/
Das ist mein vffenthalt/
Kein schöner Baum/ kein zartes Blümelein/
10 Kein Orth mich trösten mag/
Kein Kalter Brun mit springender Fontein
Erleschet meine Plag/
Mein augen auch wie Brunnen
Sein gantz von Threnen naß/
15 Auch fast gar außgerunnen
Durch Weinen ohne maß.
Kein Rath noch Hülff ohn dich mein Hertz erfreut/
Kein Edler Lautenklang/
Kein grüner Platz erquicket mich in Leidt/
20 Kein lieblicher Gesang/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 216]
Voll Zittern, Forcht vnd Zagen
Ist mir die gantze Welt/
Nur trawren/ seufftzen/ Klagen
Alleine mir gefelt.
25 Ach komm/ ach komm du sehr gewünschter Tag/
Ihr Stunden eilet fort/
Daß ich doch bald mit frewden kommen mag
Zu meines Lebens hort/
Laß Eolus die Winde
30 Mich füren von dem Landt/
Neptunus gib geschwinde
Mich in der Liebsten Handt.
[102]
Gehabt euch wohl jhr Nimfen in der Heidt/
O Pan ich muß von dir/
35 Gehabt euch wohl/ mein Schiff ist schon bereit/
Das mich von hinnen führ/
Adie ich will verlassen
Der Weisheit Lob vnd Ehr/
Minerva mag mich hassen/
40 Mein Augentrost ist mehr.
+

S. 102–03

[.144] = 72.68
Palinodie oder widerruff deß vorigen | Lieds.

ASterie mag bleiben wer sie will/ ...

S. 103–04

[.145] = 72.161
Beschluß Elegie.

DAs blinde liebes werck/ die süsse Gifft der Sinnen/ ...

[.146]
Ein Gebet/ daß Gott die Spanier wide-
rumb vom Rheinstrom wolle treiben.

1620.

SChlag doch/ du starcker Heldt/ die Scheußlichen Maranen/
So leyder jhre Zelt vnd Blutgefärbten Fahnen
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 217]
Auch jetzt in Teutschland bracht/ an vnsern schönen Rhein/
Der Waffen tragen muß/ vor seinen guten Wein/
5 Es ist genug gespielt mit eisernen Ballonen/
Du grosser Capitain/ hör’ auff/ fang’ an zu schonen/
Es ist genug/ genug/ die Götter sein verheert
Durch die/ so sie gemacht/ Statt/ Dorff/ vnd Feld verkehrt/
Laß die/ durch deren grimm die Ströme kaum geflossen
10 Von Leichen zugestopfft/ nit außgehn vngenossen/
Vnd mache kundt/ daß der/ der dir zugegen strebt/
Stürtzt/ oder bleibt er ja/ jhm selbst zur straffe lebt.
+

[105–17]

[.147] = 17
ARISTARCHUS, ...

[118–42]

[.148] = 45
DAN. HEINSII
Lobgesang Jesu Christi/ ...

[143–60]

[.149] = 48
Danielis Heinsij Hymnus
Oder
Lobgesang Bacchi/ ...

Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 218]

[59.1*]
[161]
Folgt der Anhange Vnderschiedlicher außgesuchter Ge- tichten anderer mehr teutschen Poeten:

WElchen ich dir/ lieber Teutscher/ wie die Freygebige Verkeuffer/ gleichsam als ein zugabe/ mitgebe/ zu einem Muster vnnd Für- bilde/ wornach du dich in deiner Teutschen Poeterei hinfüro etlicher massen zu regulieren. Darinnen dir zuvorderst auch ScaligerSachanmerkung, sampt anderen/ die von der Poeterei kunst gelehret/ vnd noch ins künfftig schreiben möchten/ wie nicht weniger vnsers Opitij ob eingeführter Aristarchus, vnd dann so wohl Joh. ClaijSachanmerkung von Hertzberg/ als auch Joh. EngerdiSachanmerkung Poet. Laur. Anno 1583. zu Ingollstat getruckte Teutsche Prosody (die ich zwar/ wie sehr ich auch darnach getrachtet/ noch nie zu gesicht bekommen) dienen mögen. Ich solte dir auch etwaß auß Ernstens Schwaben von der Heide/ zu Franckfort an der Oder außgangenen Teutschen PoesienSachanmerkung/ mittheilen/ so hab ich sie aber ebenmässig selbst noch nicht gesehen. Andere mehr artige/ gleichsam ver- steckte/ oder gar Braach liegende ingenia, wollen sich/ vielleicht auß scham/ oder vnnötiger Forcht/ nicht herfür thun. Johan FischersSachanmerkung/ genant Mentzers/ Poemata/ soviel mir deren vorkom- men/ sein zu weitleuffig/ hierein zubringen/ auch mehrtheils nach der alten Welt. Doch wehre sein glückhafftes Schiff von Zürich/ an Reichthumb Poetischer Geister/ artiger Einfäll/ schöner wort/ + +

[Druckausgabe S. 219]
vnd merckwürdiger sprüchen (auß welchen stücken abzunehmen/ was statliches dieser mann hette leisten können/ wan er den fleiß mit der Natur vermehlen/ vnd nit vielmehr sich an dem/ wie es jhm einfeltig auß der Feder geflossen/ hette benügen wollen) gar wohl der Römischen/ Grichischen/ Italiänischen vnd Frantzösi- schen Poesy an die seiten/ wo nicht vorzusetzen/ wann jhm nicht/ wie angedeut/ noch etwas weniges fehlete/ welchen Mangel ich jedoch mehr der vnachtsamen gewohnheit seiner zeiten/ als jhme selbsten zuschreibe/ vnd möchte er mit gutem fug sagen:

Ich hab das mein gethan/ so vil mir Gott beschert:
Ein ander thue das sein/ so wirdt die Kunst gemehrt.
+
[162]

[.2*]
Vberreime/ an die Teutsche Musa.

NUn/ Teusche Musa/ tritt herfür/
Laß kecklich deine stimm erklingen/
Warumb woltestu förchten dir/
In deiner Mutter sprach zusingen?
5 Meint man/ Teutschlandt sey ohne sinnen?
Soll dann der Grichen pracht/
Oder die Römisch macht
Der Poetrei Kleinodt allein gewinnen?
Isaac Habrecht/ der Artzenei | Doctor.
Sachanmerkung

[.3*]
An die Teutschen.

IHr klagt/ jhr habt vor euch noch einen schweren Berge
Zusteigen/ biß jhr kompt zu deß Lufftpferdts Herberge/
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 220]
Vnd zu der Ewigen gedechtnus güldnem Thron/
Vff dem bewaret ligt die Edle Lohrberkron;
5 Wohlan/ wie daß jhr dann so still hieniden sitzet/
Vnd vor Teutschlandes Ehr nit auch ein wenig schwitzet.
Je weiter ist der weg/ je reicher ist der Lohn:
Ist dan der Weg gering/ je grösser ist eur hon.

Julius Wilhelm Zinckgref.

+

[.4*]
Lied.

HIn vnd wider/ auff vnd ab/
Vil Land vnd Leut durchreiset hab;
Zu bekommen Lehr’ vnd Verstand/
Auch frembder zungen sprach.
5 Gedultet hab manch vngemach:
Vmbsonst ist vil vnkosten angewand:
Gethan mirs wohl het’s Vatterland.
Zu was nutz mir solchs gelinget/
Wans widerum das Glück mir nit reinbringet?
10 Teutischland (sags mit vergunst)
Begabet ist mit mancher Kunst/
Derer sichs gar nit schemen thar.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 221]
[163]
Hoch schetzen wir frembd ding/
Vnd achten vnsers für gering:
15 So doch das vnsrig andrer kunst vnd lär
Weit vbertrifft/ wie offenbär.
Was bringts dan für nutz vnd frommen/
Schätz suchen anderswo/ doch lehr heimkommen?
Ihren sachen gibt ein schein/
20 Vnd blendet eim die Augen fein
Der geferbet außlendisch pracht.
Was witzig ist vnd klug/
Merckt bald den anstrich vnd betrug:
Der aber solchs hoch helt aus vnbedacht/
25 Wird in bethörung fluchs gebracht/
Was thuts helffen oder nutzen/
Da nichts darhinder ist/ etwas aufmutzen?
Gold nit alles ist/ was gleist;
Schön ist nit alles/ was geweist.
30 Sich Glasur vergat Edlem stein:
Götzbild dem Menschen gleicht;
Meuskot im Pfeffer sich verschleicht:
Köstlich gekleidet ist nit allzeit rein;
Boxhörner seind kein Elfenbein.
35 Wilst vil Land nun sein durchzogen?
O wandrer/ sich daß du nit werst betrogen.

Paulus Melissus.

+ +

[.5*]
Ein Anders.

MOrgens eh’s tages schein anbricht
Mit Purpurfarbem hellem licht/
So glentzt herfür deins mundes röt/
Wie vor der Sonn die Morgenröt/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 222]
5 Mit Rosinfarben Wangen
Hübsch/ lustig klar auffgangen.
Ein schön Karfuncklet hübsch gestirn
Dein’ Euglin seind an deiner Stirn:
Dein güldnes Haupt ist wohl formirt/
10 Wies Himmels runde schön geziert.
[164]
Von deiner Euglein glitzen
Fewrflammen rausher spritzen.
Recht wie die Straln vnd schnelle Pfeil
Dieselben schiessen her in eil:
15 Han mir versehrt mein junges Hertz/
Doch lindert sich der brünstig schmertz/
Wan ich dein Antlitz schawe/
Huldseligste Jungfrawe.
Grunest vnd blüest aller ding/
20 Gleich wie ein Lorbaum im Früling/
Wie eine Tanne/ wechst gerad
Dein werther leib in gleicher wad:
Dein’ Arme beid seint eben
Wie zwo newer Weinreben.
25 Ach daß/ was anrürn deine Hend/
In rote Röslein sein gewend/
Vnd weisse Lilglein wachsen fein/
Wo deine füß’ hin gangen sein:
Von deins Munds athem süsse
30 Braun Violblüt entsprisse.
Ruhm/ Preiß ehr vnd lob ich dir gib
Für andern alln/ hertzlibstes lieb/
Dein Tugent leucht an allem end/
Wie der vollmond am firmament:
35 Bist aller Jungfrawn zirde/
Meins Hertzens inre Girde.
Edler ich schätz dein gunst und hold/
Dan Silber vnd das beste Gold:
+ +
[Druckausgabe S. 223]
Dein Freundligkeit vnd schön geberd
40 Ist mehr dan alle Perlen werth:
Es gilt dein zucht vil reine
Mehr dan all’ Edle Steine.
Trewhertzig sein ohn arge list/
Der Rechten lieb warzeichen ist:
45 Wan gleicher maß nit liebest mich/
Laß zu/ daß ich nur liebe dich.
[165]
Mein Hertz geb dir zu eigen/
Dein Hertz zu mir thu neigen.
All’ Augenblick dein indenck bin
50 In meim gemüt vnd in meim sin.
Deß tag’s bist mir ein helle Son/
Deß nachts ein klarscheinender Mon:
Thust (liebstes M.) mir geben
Von deinem glantz mein leben.

Idem.

[.6*]
Ein anders.
Im thon/ ich ging einmal spatziren.

ROt Röslein wolt’ ich brechen
Zum hübschen Krentzelein:
Mich Dörner thaten stechen
Hart in die finger mein.
5 Noch wolt’ ich nit lan ab.
Ich gunt mich weiter stecken
In Stauden vnd in Hecken:
Darin mirs wunden gab.
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 224]

2.

O dorner krum’ vnd zacket/
10 Wie habt jhr mich zerschrunt?
Wer unter euch kompt nacket/
Der ist gar bald verwunt.
Sonst zwar könt jhr nichts mehr:
Ihr keiner Haut thut schonen/
15 Noch nitlicher Personen/
Wans gleich ein Göttin wer.

3.

Sie hats wol selbs erfahren/
Die schöne Venus zart/
Als sie stund in gefahren/
20 Vnd so zerritzet ward.
Daher die Röslein weis
Von Bluttrieffenden nerben

[166]
Begunten sich zu ferben:
Den man verieht den preis.

4.

25 Ich thu ein Rose loben/
Ein Rose tugent voll.
Wolt mich mit jhr verloben/
Wans jhr gefiehle wol.
Ihrs gleichen find man nicht
30 In Schwaben vnd in Francken
Mich Schwachen vnd sehr Kranken
Sie Tag vnd nacht anficht.

5.

Nach jhr steht mein verlangen/
Mein sehnlich hertzegird:
+ + +

[Druckausgabe S. 225]
35 Am Creutz last sie mich hangen/
Meins lebens nimmer wird.
Zwar bald ich tod muß sein.
Je weiter sie mich neidet/
Je lenger mein Hertz leidet.
40 Ist das nit schwere pein?

6.

Ach liebster Schatz auff Erden/
Warumb mich quelest so?
Zutheil laß dich mir werden/
Vnd mach mich endlich fro.
45 Dein wil ich eigen sein:
In lieb vnd trew mich binde/
Mit deiner hand mir winde
Ein Rosenkrentzelein.

Idem.

[.7*]
Hochzeitlied Herrn Doctori Jörg Michael
Lingelsheimern/ vnd Agnes | Löfenijn.

GLückseelig muß man preisen/
Die gleiche lieb vnd trew
Einander thun erweisen/

[167]
Stetigs vnd ohne rew.
5 In Noth vnd schweren zeiten
Tröst eins deß andern leidt/
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 226]
In lieb vnd frölichkeiten
Mehrt eins deß andern frewdt.
Ist keinem angelegen
10 Was wohl vnd wee jhm thut/
Deß andern glück dargegen
Nimpt vnd gibt jhm den muth.
Das süß jhn ist gemeine/
Das bitter jedes wolt
15 Haben für sich alleine/
Wans drüber sterben solt.
Alcestis vns kan geben
Dessen ein Richtigkeit/
Die fürs Admeti Leben
20 Ward in den todt bereit/
Die tödlich Wundt jhrs Hertzen
Arria gar nicht acht/
Deß stichs sie fühlt den schmerzten/
Der Paetum vmb hat bracht.
25 Wie sich zusammen reimen
Neglin vnd Roßmarein/
Weinreben zu Rüstbeumen/
Köstliche Wurtz in Wein/
So schicken sich zusammen
30 Ein Mann vnd ehlich Weib/
Die werden in Gotts nahmen
Ein Sinn/ ein Seel/ ein Leib.
Wie Rosen an den Hecken/
Frisch Weiden an Gestadt/
35 Wie Trauben an den stöcken/
Wie Zimmet vnd Muscat/
Also thut sich vergleichen
Der werde Lingelsheim/
[168]
Vnd die nit hat jhrs gleichen
40 Agnes die Jungfraw rein.
+
[Druckausgabe S. 227]
Agnes die schön vnd zarte
Auß löblichem geschlecht
Erboren/ vnd von arte
Zun tugenten gerecht.
45 Fromm/ Züchtig/ Keusch/ vnd gütig/
Verstendig/ Klug/ bedacht/
Still/ Freündlich vnd anmütig/
Ohn allen stoltz vnd pracht.
Vnnoth hie viel zu loben
50 Diß außerlesen par/
Ihr Ruhm vnd Preiß erhoben
Bleibt ohn das immerdar.
Hochzeiter vnd vertraute
Ist keins am andern gferth/
55 Der Breutgam ist der Braute/
Die Braut deß Breutgams werth.
Gott woll jhn beiden geben
In fried vnd einigkeit
Mit gsundtheit langes leben/
60 Daß künfftig auch zur zeit/
Wann sie werden veralten/
Ihr lieb verjünge doch/
Wan sie werden verkalten/
Ihr lieb/ als vor/ brenn noch.
65 Doch last euch nit gefehren/
Ob wohl biß in das Grab
Die lieb sich kan vermehren/
So nimpt dochs vbrig ab/
Das vbrig/ daß jhr beide
70 Schetzt für das principal,
Für Wasser/ vnd für weide/
Für Lufft/ für alls zumahl.
Die Rößlin muß man brechen
Dieweil der Früling wehrt/
+ +
[Druckausgabe S. 228]
[169]
75 Wer rennen will vnd stechen/
Muß noch wohl sein zu Pferdt.
Thut euch der Zeit gebrauchen/
Ehs alter kompt herbey/
Eh dan jhr dörfft der Lauchen/
80 Der Rauck/ vnd Saturey.
Secht an/ vnd mercket eben
Die Vöglin ohne ruh/
Wie sie jhr kurtzes leben
Mit lieben bringen zu/
85 Die holdseelige Tauben
Mit jhren Schnebelein
Stets an einander klauben/
Streichlendt die Flügelein.
Thut mundt mit mundt beschliessen
90 Wie Muscheln an der Bach/
Mit Armen vnd mit Füssen
Thuts grünem Ebhew nach/
Last Bettstatt Wacker krachen/
Kein Music besser laut/
95 Vnd wers wolt anders machen/
Der bleib nur ohne Braut.

Petrus Denaisius, J. U. D.

+ + + +
[Druckausgabe S. 229]

[.8*]
Brautlied an
Juncker Otto Cland von Scharmeer/ vnd
Jungfraw Juliana von Löwenstein.
Durch Paulum Melissum.

WIe manches mahl es sich begibt/
Daß ein Person die ander liebt/
Vnd wird jhr nicht zutheile/
Vergebens ist es vnd vmbsunst/
5 Wann beider Hertze glüt in brunst/
Vnd ist darbey kein Heile/
Vnglücklich Zeit bißweil thut weit

[170]
Die lieb verschleichen/
An fernem Eck steckt offt der Zweck/
10 Wer kan ihn reichen.
Hergegen aber tregt sichs zu/
Daß keiner müh noch mit vnru
Ihr viel das Ziel erlangen/
Großgünstig Glück das will jhn wohl/
15 Drumb sein sie aller frewden voll/
Glück kürtzt jhn jhr verlangen/
Zwar jhn kein Schmertz abnagt das Hertz/
Augen nichts beisset/
Gar kein vnstandt jhnen von handt
20 Das glück nit reisset.
Wee dem der liebt/ vnd liebt vmbsunst/
Findt keine huld/ find keine gunst/
Was hilffet jhn sein trewe?
Nach solcher lieb die jhm schlegt fehl/
25 Machendt die Augen schlimm vnd schehl/
Nichts komt/ als lauter rewe.
Sachanmerkung + + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 230]
Im Hertzen er tregt hin vnd her
Dornstreuch vnd Hecken/
Wer kans in eil außreuten/ weil
30 So vil drin stecken.
Wohl dem der liebt/ vnd liebt also/
Daß er der Lieb wird täglich froh/
Gelabt mit frewd vnd wonne/
Sich seelig dieser preisen mag/
35 Welchem bey Nacht nit nur bey Tag/
Schön leucht die helle Sonne/
Was er begert deß wirdt gewehrt
Darff sich nit mühen/
Im Hertzen sein die Rose fein
40 Vnd Lilgen blühen.
O Juliana keusch vnd rein/
Edel geborn von Löwenstein/
Dir scheint der Morgensterne/
[171]
Erwünschet hastu frey vnd rundt
45 Dein werthen Schatz/ den auß hertzgrundt
Du willig liebst vnd gerne/
Von Gottes güt fleust deim gemüth
Ergetzung heglich
Dem solst hierob mit preiß vnd lob/
50 Dancksagen täglich.
Dein trewer Hort/ der Edel Clandt/
Von Scharmeern bürdig auß Frißlandt/
Ein wohlerfahrner Helde/
In Landen fern vnd manchem Reich
55 Bey Krieg geübt/ wer ist jhm gleich
Zu Roß in freyem Felde?
Dich lieben wirdt auß Hertzen girdt:
Du gleicher massen
Beweiß jhm Trew/ vnd trag kein Schew/
60 Wird dich nit lassen.
Deß Ehbeths Stiffter gnedig geb/
Daß eins beim andern friedlich leb/
+ +
[Druckausgabe S. 231]
Vnd zeiget Erben nitlich/
Damit der Adel wird gemehrt/
65 Was jhr begert sey euch beschert/
In Ehr vnd Tugent sitlich/
Freundt beiderseit Euch zur Hochzeit
Glück wünschen alle/
Breutgam vnd Braut Mein Reime laut
70 Euch wohlgefalle.

[.9*]
Ejusdem Sonnet
Jörgen von Averli, vnd Adelheiten
von Grauwart.

WAs im Weltkreise rund allenthalb lebt vnd schwebet/
Wehrhafft erhalten wirdt durch gleich eintrechtigkeit/
Dann Gott vorkommen hat alle Zwyspaltigkeit
Daß inn all seim Geschöpff keins widers ander strebet.
5 Zwar jglicher Natur jhr eigenschafft anklebet/

[172]
Irrdisch vnd Himmlisch ding helt seine Richtigkeit.
Diß alles wirckt die Lieb durch jhr Einhelligkeit/
Vnd macht/ daß in seim Standt nichts widersinns
sich hebet/

Lieb ist ein Bidergeist/ auß Fewr vnd Lufft vereint/
10 Ders Hertz mit Girdt enttzündt/ den mut mit Luste kühlet/
Da eins Gemühts vnd Willn ein par Ehvolck sich meint/
Solch jnre Brunst vnd Hitz mit frischer labung fület/
Dem Edlen Averli Adelheit die Hertzliebe.
Die Seel Menschlicher Seel ist Flammbrünstige Liebe.
+ + + + Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 232]

[.10*]
Pastoral
Vff Herrn Johan Zinckgrefen vnd Fraw Ma-
ria Wildeisin
Wittiben Hochzeit.

DEr Schöffer Philopoemen
Hoch auff der Hardt thet stehn/
Eins morgens/ als die Strämen
Der Sonn vff wolten gehn/
5 Er sah sie an mit frewden/
Wie sie so lieblich blickt
Vber die breite Heiden/
Die in dem Reinthal ligt/
Wie schön das Weiß vnd Rote
10 Am Himmel sich verjüngt:
Er sprach: mir dieser Botte
Anmüthig Zeitung bringt/
Wie wann vieleicht mein Sonne
Mir jenseit auch vffgieng/
15 Was brechten nur für wonne
Meim Hertzen diese ding?
Dann wann ich thue betrachten
Der Alten Schöffer sag/
So sein nit zuverachten
20 Der Götter Zeichen Tag/
Er thete sich vffmachen/
Wolt suchen Abenthewr/
Sein Schäflin zubewachen/

[173]
Befahl er seim Nachbeur.
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 233]
25 Er setzet vber Rheine
Den König aller Flüß/
Auff daß er fändt das seine/
Daß er mit fügen küß/
Er kam ans Neckers Flosse
30 Wohl in den Jetten grundt/
Da Friedemar der grosse
Der Schäfer Mayer wohnt.
Die Sonn thet nun erreichen
Das höchste Himmelsziel/
35 Der Hitz wolt er entweichen/
Nach schatten stundt sein will/
Er sucht die schönste weiden/
Die stunden am Gestadt/
Darunder er wolt beiden/
40 Vnd bey sich suchen rath.
Gar bald Er that ersehen
Isis die Schäferin/
Nit fern im Busche stehen/
Mit gantz betrübtem Sinn/
45 Ihrs Schäfers Todt sie klaget/
Das Leide selbst sie ziert/
Manch trostloß Wort sie saget/
Manch seufftzen sie da führt.
Er sah sie an/ vnd höret
50 Ihrer klagreden viel/
Sein Sinn sie jhm betöret/
Ihr weiß jhm wohl gefiel/
Er meint sie wer so wilde/
Gleich wie jhr Nahmen laut/
55 So fandt er sie gar milde/
Er wolte sie zur Braut.
Vmb sie allein Er freyet/
Bekam jhr drei zumahl/
+ +
[Druckausgabe S. 234]
Deß glücks er wardt erfrewet/
[174]
60 Es dörffte keiner Wahl/
Er sprach/ Ihr seit mein erste
Vnd auch mein letzte Pein/
Sie sprach: Ihr seit der letste
Vnd doch der liebste mein.
65 Dieweil sie nun mit dreyen
Allbeide zehlen thun/
So woll jhn Gott verleyen/
Daß dreymahl drey von nun
Vnd bald kom an den Reien/
70 Das dritte Kindelein/
Vnd mach mit seinem schreyen
Das zehnd gesetz hierein.

J. G. Zincgref.

+

[.11*]
Epigramma
Von angetragener Lieb.

DA Mopsus newlich erst die Nisa mir trug’ an/
Vnd Coridon verhofft/ ich solte sie gleich nehmen/
Ihr jeder lobte sie/ vermeint auch jederman/
Ich hette mich fürwar mit nichten jhr zuschemen/
5 Ich antwort jhn behendt: so nempt sie selber hin/
Dieweil sie euch so sehr gefellt vor andern allen/
Ich nem mir eine/ die gefellet meinem Sinn:
Dann was ich lieben soll/ das muß mir selbst gefallen.

Idem.

[.12*]
In eandem sententiam.

ALl angebotten Dienst die sein/ nach sprichworts laut/
Vnangenehm/ so auch ein angebotten Braut.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 235]
Drumb sagt mir weiter nichts von jhren grossen gaben/
Dann alles Freyen will ein freyen Willen haben.

Idem.

[.13*]
[175]

Lobgesang
Von dem Warmen Bad zu Baden in Oe|-stereich.

EIn Frewlin hoch von Nahmen
Zusagen jhr micht bat/
Woher die Hitz vnd Flammen
Zu Baden kem ins Bad/
5 Dieweil all andre Flüsse
Sonst von Natur sein Kalt/
Fragt sie mich/ ob ich wisse/
Wie diß hett ein gestalt?
Es ist zwar weit der Grunde/
10 Natur ist reich im Reich:
Doch Venus nirgent funde
Ein Landt wie Oestereich.
In Wiener Kreiß sie kame/
Cupido kam mit jhr/
15 Bald ein Spatzierweg nahme
In diese gegent hier.
Daselbst bey einem Brunnen
Mit jhme sie sich setzt/
Ermüdet von der Sonnen/
20 Deß Wassers sich ergetzt
Da kam sie an ein Schlaffen/
Ihr Sohn legt neben sich
Sein Fackel/ Pfeil vnd Waffen/
Schlieff vnvorsichtiglich.
25 Ein Jungfräwlin dort nahe/
Wartendt auff jhren Buel/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 236]
Schleich hin/ die beide sahe
Schlaffendt beim Bronnen küel/
Die Pfeil vnd Fackel kennet/
30 Sprach: Ach das ist der Gott/
Der mein Hertz also brennet/
Ich will jhm thun ein Spott.
[176]
Mit Listen sie erwüschet
Die Fackel Flammen hell/
35 Stieß vnder sich/ daß zischet/
Tief in den Bronen quell/
Gleich ist entzündet worden
Durch vnaußlöschlich Flamm
Das wasser diser orten/
40 So Baden hat den Nahm.
Amor wischt vff im Schrecken/
Nach seiner Fackel sah/
Im Brunnen fand ers stecken/
Zog sie herauß/ vnd sprach:
45 Rechen will ich die thaten/
Soll sicher sein niemandt:
Wer sich darin wil baden/
Soll fühlen meinen Brandt.
Daher hat dise Tugendt
50 Vnd Krafft diß Badt erlangt/
Das Alter vnd die Jugent
Es stercket vnverlangt/
Offt manches mattes Hertze
Erquickt diß Warme Badt/
55 Offt manch geheimer Schmertze
Darinnen findet Raht.
Zu Baden kan man frischen
Die Aüglin trefflich wohl/
Amor sich thut drein mischen/
60 Hat auch sein Mauth vnd Zoll/
+
[Druckausgabe S. 237]
Ein irrdisch Paradeise
Ist dieser Brunnenquell/
Erquickt lieblicher weise
Leib/ Leben/ Muth/ vnd Seel.

Anonymus.

[.14*]
[177]

Vff der Allerliebsten Nase.
Henricus Albertius Hamilthon.

ACh daß ich möchte sein die schönste Blum der Erden
Voll köstliches geruchs/ Ach daß ich könte werden
Der Weide gentzlich gleich/ die Flora auß jhr schoß/
Da Io war in noth/ nach Jovis will ausgoß:
5 Ach daß ich jetzund hett der Bletter art vnd tugent/
Damit Cupido selbst in seiner Mutter Jugent
Den Polster hat gefüllt/ darauff die erste Nacht
An jhre Seiten zart Adonis ward gebracht:
Wie wolt ich mich in eil so lieblich riechend geben/
10 Vnd rundt vmb den Altar mit süsser Kraft vmbschweben/
Vmb den Altar/ der ziert jhrs Anlitz tempel clar
Mehr alß die andere/ doch kundbar schönheit/ schar.
Vieleicht würd mich dann auch Fortun so günstig führen/
Daß ich könt vngefehr den Purpurbogen rühren/
15 Welchen Cupido lengst für seinen hat begert/
Wofern nicht Daphnes Rew vnd Phoebi Trew gewehrt.
Ach wie bin ich vmbsonst! Jetzt alles thut erkalten/
Deß Winters Boreas kein Blümlin kan erhalten/
Keiner Viol geruch vnd keiner Nasen schon
20 Mein wunsch erfüllen mag/ dann ach ich muß darvon.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 238]

[.15*]
[.15*] Aliud eiusdem. Vff zwo Schwestern.
An
Janum Gebhardum.

WEg weg mit aller gunst der drey mahl drey Göttinnen/
Die ich so manichmahl von Heliconis Zinnen
Zu hülff geruffen hab; weg weg jhr Töchter drey
Eurynomes, vor euch komt mehr nit mein geschrey.
5 Ich weiß/ o Glück/ ich weiß zwey Schwestern außerkohren/
Aller Göttinnen Volck zu trotz/ zu hon gebohren/
Voll Himmlischen verstands/ mehr als die Musae gar/
Voll mehr Holdseeligkeit als Gratiarum Schar.
Ich will nit dreymahl drey/ nicht drey/ nicht eyne preysen/
10 Ich will allein dem par vorthin die Ehr beweisen/

[178]
Dem außerwehlten par/ die außerlesen Ehr/
Dardurch erschallen mag jhr Lob je mehr vnd mehr.
Wer weiß ob ich dann auch die gunst nit möcht erlangen/
Vnd new geschicklichkeit/ Natur vnd Geist empfangen/
15 O Phoebe Gebhard? gibt nit solcher gunsten pfandt
Die Tausent Tausent küß wolwürdigeste Handt?
+

[.16*]
Rodolfi Weckerlini Cartel
Deß Ehrwerbenden Teutschen jungen | Adels.

WIr kommen nicht hieher/ vns selbsten vil zurühmen/
Oder durch frembde Sprach die Warheit zuverblümen/
Als ob wir kemen jetzt auß einem end der Welt/
Oder wider-belebt vom Elisischen Feld.
5 Nein. Teufel sind wir nicht/ noch Riesen/ noch Halb-Götter/
Noch Helden/ noch Wildleut/ noch unsers Lands verspötter/
Sachanmerkung + Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 239]
Das Teutsche Reich bekant ist vnser Vatterlandt/
Teutsch sein wir von Geburt/ von Stammen/ hertz vnd hand.
Was dient es/ frembden Preiß vnd Namen zu entlehnen/
10 Teutschland bedarff sich nit mit außländer beschönen/
Wie dann die Welt wohl weiß/ daß es zu aller Zeit
Treffliche Leut genug hatte zum Fried vnd Streit.
Darumb/ ob wir wohl jung/ nit sonders vil erfahren/
Begeren wir doch nit vnsere Fäust zusparen/
15 Sondern erscheinen nur in vnser teutschen tracht/
Mit Teutschredlichem Muth/ vmb vnser erste macht
An disen Rittern hier (die so hoch Triumphieren)
Ihrer begird gemeß/ gewaffnet zu probieren/
Verhoffend zweiffels frey/ daß diese erste Prob
20 Vollendendt jhren Ruhm/ anfangen soll das Lob/
So man von nuhn an wird durch die straich vnser wören
Vnder dem Firmament täglich erschallen hören.

[.17*]
Sonnet.
Von der Liebsten flucht in Kriegszeiten.

ACh ach was hab ich nun erlebt vor schwere Zeiten/
Mir wird mein Mut vnd Sinn von Vnmuth all verstört/

[179]
Das Vatterlandt das wird von Freund vnd Feind verhört
In dem mit seinem Volck Mars alles macht zu beuten.
5 Mein liebste weicht von mir/ ich kan sie nicht geleiten/
Dagegen Amor sich nur näher zu mir kehrt/
Es hilffet nicht/ wie sehr sich auch mein Hertze wehrt/
Kein Mensche kan zugleich mit zweyen Göttern streiten.
Nun was der Krieg hinnimbt/ es sey Gut oder Goldt/
10 Kan alles mit der Zeit widrumb gewonnen werden/
Ihrs gleichen aber kan ich finden nicht vf Erden.
Vom Mars ich alles gern gedultig leiden wolt/
Sachanmerkung Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 240]
Wann Amor wolte nur jhr/ meines lebens leben/
Ein Füncklein meiner Lieb vor jhr geleite geben.

Julius Wilh. Zincgref.

[.18*]
Sonnet.
Vff ein Kleinodt.

FAhr hin/ du stoltz Geschmeidt/ daß du mich wilt Braviren/
Fahr hin/ seh’ aber zu/ daß es dir nicht mißing/
Vnd du dich achtest hoch/ vnd sie dich acht gering/
Du kanst sie doch in nichts/ sie kan dich aber zieren/
5 Wann dich die Edle Zier wolt vf der Bruste führen;
Mir ist gar wohl bewust/ daß kein erwünschter ding
Dir widerfahren könt/ vff diesem Erdenring/
Als wann du also nah’ jhr Hertze soltest rühren.
Dann würdest du dich erst erheben vber mich/
10 Wann dir das keusche Hertz so bloß vergönnet sich/
Daß du es dörfftest ja genug genug zerküssen/
Da ich zufrieden wer/ wann mir das Vorgemach/
Den zarten rothen Mundt/ den süssen Honigbach/
Erlaubet wer so keck nur einmahl zubegrüssen.

Idem.

Sachanmerkung +

[.19*]
Liedt.

MEin feines Lieb ist fern von mir/
Ich hat mit jhr sehr kurtze frewdt/
Sehr kurtze frewdt hat ich mit jhr/
Das macht mir desto grösser leidt/

[180]
5 Mein Tag bring ich mit seufftzen zu/
Mit lauter Vnruh meine Ruh:
Mein Hertz hat sie genommen mit/
Es halff kein Klag/ es halff kein Bitt.
[Druckausgabe S. 241]
Ihr seuftzen/ ach jhr seuftzen mein/
10 Die jhr so heüffig eilt von mir/
Fahrt hin zu meinem Liebelein/
Fahrt hin/ vnd sagt der Edlen Zier/
Daß jhr getrewer Diener sich
Vmb sie bekümmer inniglich/
15 Ohn vnderlaß in solchem schmertz
Gedenckend an jhr Keusches Hertz.
Gleich wie ein Turtelteubelein/
Das sein Gesellen hat verlohrn;
So sitz ich trawrig vnd allein/
20 Das schwinde scheiden thut mir zorn/
Ach scheiden/ ach zum letzten mahl
Da fing erst an die rechte Qual/
Zum letzten mahl da sie fort ruckt/
Mein Hertz ich in jhr Lefftzen truckt.
25 Ich hab mich zwar so lang erwehrt/
Daß mich kein Jungfraw fangen solt/
Nun seh ich wohl/ euch ist beschert/
Daß ich euch muste werden holdt/
Ihr wart die jenig/ jhr allein/
30 Ihr seyt es vnd jhr solt es sein/
Die mich durch jhre lieblichkeit
Vnd Tugent also hat verleit.
Ach liebstes Lieb/ kehrt wieder vmb/
Kehrt vmb/ ach liebstes Liebelein/
35 Eh dann ich gantz vnd gar vmbkumb/
Vnd gebt mir nur ein Zeichen klein/
Kan es nit mit dem Leibe sein/
So last es doch ein Schreiben sein/
Hab ich so vil genad bey euch/
40 So frag ich nach keim Königreich.

Idem.

+ + + + +
[Druckausgabe S. 242]

[.20*]
[181]

Ejusdem Epigrammata
Auß Ben-Sirae Hebreischen Sprich-|wörtern.

WEr seinen Feind veracht/ kompt leichtlich in verderben/
Wer seinen Feind verehrt/ wird seiner Hände sterben.
Der ist eim Esel gleich/ vnd einem dummen Pferdt/
Welcher den jenigen/ der jhn verachtet/ ehrt.
5 Hastu schon Sechtzig Räht/ die deine sach betrachten/
So solst doch auch den Rath deins Hertzen nicht verachten/
Dasselb am besten fühlt/ wo dich der Schuch hindruckt/
Manch ander mehr vf sein als deinen nutzen lugt.

[.21*]
Namens Tag
Herren George Rudolphs Hertzogs in Schle-
sien zur Liegnitz/ Brieg vnd Goldberg
1623.
den 23. Aprilis.

DIß ist der Edle Tag/ an welchem billich müssen
Violen mancherley vnd Blumen herfür schiessen/
An welchem billich auch auffstecket vnd außbreit/
Der Himmel seine Sonn’/ die Erd’ jhr grünes Kleid.
5 Mehr Frieden/ Ehr vnd Ruhm seind vber einen hauffen
Auff Ewern Namens Tag zusammen nie gelauffen/
An welchem Tage Gott/ der Käyser/ vnser Land
Befinden Lust vnd Frewd’ an Ewerm Fürstenstand.
Gott wegen Frömmigkeit/ der Käyser wegen trewen/
10 Das Land so sich nun gantz deß friedens zuerfrewen
Von wegen welcher Gott/ der Käyser vnd auch wir
Ein jeder seine Gab Euch billich träget für.
Sachanmerkung Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 243]
Gott hat durch seine gütt’ vnd sehr mildreichen Segen
Euch vberschwemmet gantz/ gleich wie ein fruchtbar Regen
15 Nach grosser Sonnen hitz vons hohen Himmelsschloß
Sich miltiglich ergeust in seiner Erden schoß.
Der grosse Käyser auch/ damit man sehen möchte
Was die Standhafftigkeit für gaben mit sich brechte/
[182]
Belohnet er die trew vnd dienst je mehr vnd mehr
20 Mit hoher tewrer gnad/ mit newer wehrter Ehr.
Im Lande wird gewiß der Nahmen ewig bleiben
Den keine flucht der zeit kein Neid nicht kan vertreiben/
Der gülden Fride selbst wird dessen Hüter sein/
Weil wieder er durch Euch zu vns gekehret ein.
25 Wir alle/ die wir jetzt allhier in ruhe wohnen
Vermögen anders nicht Euch dieses zubelohnen
Als mit den trewen Wunsch: Es mehr’ eüeren Stand
Von Gott die Gütte/ Gnad vom Käyser/ Ruhm im Land.

Caspar Kirchner
Rath vnd
Bibliothecarius.

+

[.22*]
An Herrn Jörg Kobern Medicinae | Doctorn.

WEnn Bawren so da dienen sollen
Selbst Edelleute werden wollen:
Wenn aller Zipffel peltzer Geister
Sich achten mehr als Bürgermeister:
5 Wenn Schuster/ Gerber/ ander Bengel
Getrieben durch deß Satans Engel/
Sich Gottes sachen vnderstehen/
Mit newem Glauben schwanger gehen/
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 244]
Wenn Fischer werden Advocaten/
10 Vnd ohne Recht zum Rechten rathen/
Wenn grobe Schmide bey dem bober/
Das wolten thun was Doctor Cober,
Wenn alles sollt gehn vbernhauffen/
So muß die Welt zum Thor außlauffen.

Casparus Kirchnerus.

[.23*]
[183]

Frawen Lob
H. Michael Bartschen
Vnd
Frawen Helene Burckhardin
Zu Ehren
Entworffen durch Caspar Kirchnern.

I.
Sonnet.

EVch ruff ich erstlich an jhr dreymahl drey Göttinnen/
Macht auff/ daß ewer Brunn/ vnd Flügelspferde Fluß
Abfliessen her zu mir in mein gemüthe mus.
Regieret meinen Geist/ regieret meine Sinnen/
5 Daß ich wie ich gern wolt vnd solt je mehr vnd mehr/
Erhebe weit vnd breit deß Frawenzimmers Ehr.
Wolan so strecke dich/ o Feder wohlbekandt/
Vnd mache dich an den so hochgeehrten standt/
Damit jhr Lob vnd Ruhm/ so weit mög vmbher fliegen/
10 So weit die Sonne laufft durchs grosse Himmelshauß/
Beweise/ daß sie mit volkommenheit durchauß/
Zwar wider den gebrauch/ den Männern selbst obliegen.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 245]

II.
Coeli et Foeminae rotunditas.

DEß Himmels blawe Feld befleckt mit keinen Mackeln/
Bestecket hier vnd da mit hellen Sterne Fackeln/
Beschlossen von sich selbst/ bestehend ohne grund/
Ist allenthalben gantz volkommen kugelrund.
5 Die Frawen mehrertheils/ deß Himmels schöne Kinder/
Befinden an sich die volkommenheit nicht minder/
In dreyen sind sie rund/ das erste sind die Brüst/
Das ander ist das Haupt/ der Bauch das dritte ist.
Die erste pflegen in die runde sich zu füegen/
10 Wenn sie zu harte nicht daheim gefangen liegen/

[184]
Wie die Jungfrawen jetz sehr vnbarmhertzig sein/
Vnd jhre Kindlein gar zu harte windeln ein.
Dem andern stücke wird die runde nicht benommen
Durch vngehewre bürd/ die von vns Männern kommen/
15 Das schöne Leibes Schloß schön rund vnd artig steht/
Vnd seinem Himmel gleich sacht hin vnd wieder geht.
Das drit ist von Natur zur runde nicht erkoren/
Doch hat/ wie ich gehört/ der Breutigam geschworen/
Daß nicht ein halbes Jahr soll recht vorüber gehn/
20 So soll dasselbe theil gantz kugelrund da stehn.

III. Sonnet.
Sol, Luna, Oculi.

IHr beyde/ Sonn/ vnd Mon/ der Welt zwey klare Augen/
Was könnet jhr doch mehr/ denn nur den grossen Saal
Deß Himmels reitten durch/ vnd scheinen vberall?
Was könnet jhr/ als nur der Erden Safft aussaugen/
5 Vnd geben wiederumb? Secht die Zwey Eugelein/
Die Euch an glantz vnd krafft weit vorzuziehen sein.
Herr Bartsch hat manchen orth durchsuchet biß anher/
Gereiset vber Land/ gezogen vber Meer.
Zwey Augen hatten Ihm sein Hertze gantz benommen
10 Vnd in den Brand gesteckt. Es trib jhn heim der Brand
Da war kein retten mehr/ biß er ein Auge fandt/
Damit er lescht das Fewer/ das von zwey Augen kommen.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 246]

IV.
Momi fenestra et crura.

MOmus hat zwey stück erzehlet/
Die die Götter hetten nicht
An den Menschen zugericht/
Erstlich meinet er/ daß fehlet
5 In das Hertz ein Fensterlein/
Da man könte sehen ein/
Was darinnen wer zufinden/

[185]
Auff daß alles käm’ an Tag.
Dieses war die ander klag/
10 Daß die Schienbein forne stünden/
Da man grössern schaden nehm/
Wenn man an was hartes kem.
Hette Momus wohl durchsehen/
Vnd in acht genommen recht
15 Vnser weibliches geschlecht/
Keinen Gott dörfft er nicht schmehen/
Weil an beyden stücken hier
Gantz kein mangel fellet für.
Hette Momus nur gar eben
20 Diese beyde theil besucht/
Eh er seinen Göttern flucht/
Wer mir nicht will glauben geben/
Gehe zu dem Brautbett hin/
Finden wird er bald darin/
25 Wie der Breutgam könne machen
Daß er dieses Fenster tieff
Oeffne durch sein Perspectieff.
Wie er mache seine sachen/
Daß sein liebes Breutelein
30 Hinden finde zwey Schienbein.

V.
In Imaginem sponsae ex Belgico.

VErmessen Mahlerhand/ wie hastu dörffen mahlen
Das Fewer das mich brent/ die wunderschöne stralen
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 247]
Deß Göttlichen Gesichts/ die Götter wollen nicht/
Daß jemands sie nach macht/ vnd ihrer schönheit licht.
5 Wo ist die lieblich art/ die mir mein Hertz kan brechen/
Vnd mich selbst stelen mir? wo ist das süsse sprechen?
Wo ist die schöne lach? wo ist der trotze gang?
Deß Geistes lustigkeit? das Spielen? der Gesang?
Die frewden allzumahl/ die mir mein Hertz außsaugen?
10 Das wincken mit der Hand? das reden mit den Augen?
Das meiste seh ich hier/ vnd suche noch das meist/
Laß stehn den Leib/ wo nicht/ so mahle auch den Geist.

[.24*]
[186]

Epigramma Ejusdem.

PHoebus pfleget jetzt zu rennen/
Durch deß runden Himmels Saal/
Da er pfleget vberal
Den Erdboden zuverbrennen.
5 Doch brennt Phoebus nicht so sehr/
Weil mein Hertze brennt viel mehr.
Hat doch Troja nach zehn Jahren/
Nicht durchs gantze Griechenland/
Sondern durch Ulyssis brand/
10 Seinen vntergang erfahren.
Doch brennt Troja nicht so sehr/
Weil mein Hertze brennt viel mehr.
Die hochtrabenden Poeten/
Setzen einen Berg genand
15 Aetna der durch seinen brand/
Die Beywohner solte Tödten.
Doch brennt Aetna nicht so sehr/
Weil mein Hertze brennt viel mehr.
Bleibet Phoebus gleich im rennen/
20 Troja gehet auff im brand/
Aetna brennt durchs ganze Land:
Phoebus, Troja, Aetna, brennen
Alle drey doch nicht so sehr/
Weil mein Hertze brennt viel mehr.
+ +

[Druckausgabe S. 248]

[.25*]
Brautgedicht/
Vff Herrn
Matthaei Ruttarti vnd Jung-
fraw Anna Namßlerin Hoch- | zeit.

ALs Juppiter die Welt hat gäntzlich außgemachet/
Vnd auff dem Erdenkreyß schon alles grünt vnd lachet/
Wand er sich dreymal vmb/ vnd schawet hin vnd her/
Ob in dem grossen Hauß irgendt ein mangel wer.

[187]
5 Es fehlet noch ein ding: Er ließ ein Thier fürkommen/
Das nun fast vberall die Welt hat eingenommen/
Ein artiges Gespenst/ darnach ein jeder rennt/
Welches in vnserm Landt ein Jungfraw wird genennt.
Ein Thier das vmb den Mund/ vornemlich in der Zungen
10 Tregt ein verborgen Gifft/ damit es Alt vnd Jungen
Anstecket vnd verblendt/ vnd mit eim süssen schmertz
Kompt vngewarnter sach gekrochen in das Hertz.
Das vns je mehr nachzicht/ je mehr wir von jhm fliehen/
Vnd je mehr von vns fleicht/ je mehr wir jhm nachzihen.
15 Ein freundliche Feindin ein feindliche Freundin/
Die ohne Zauberey verzaubert vnser sinn.
O wunderlich gespenst/ das vns ohn Fewr entzündet/
Vnd ohne Strick vnd Bandt Gemüth vnd Seelen bindet
Welches Bandt nicht zureist vnd ziegen Tausend dran/
20 Welch Fewer Mayn vnd Rhein nimmer verleschen kan.
Herr Breutigam jhr köndt mir solches helffen zeugen/
Den ein so kleines Fewr so bald hat können beugen/
Ein bitter süsses Thier hat euch niedergefellt/
Vnd euch in leidig frewd/ in frewdig leid gestellt.
25 Jungfraw Anna die schoß die hellgläntzende stralen
Von jhrer Augen Sonn/ vber deß Sandes thalen/
Vber deß Tragheims Berg/ vber deß Bobers fluß/
Das Liebes Fieber euch von diesem schein anstieß.
+ + + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 249]
Der Brand kam in das Hertz/ all ewr Gedancken schwommen/
30 Mitten in diesem Fewr/ jhr wust nicht zubekommen
Zu ewer Kranckheit hülff/ noch trost zu ewer pein/
Weil alles beides war zu tieff gewurtzelt ein.
Wolan Herr Breutigam wolt jhr werden curiret/
So schickt nach der die euch in diß elend geführet/
35 Ewer Kranckheit ich gleich Achillis Wunden acht/
Die niemand heilen kund/ als der sie hat gemacht.
Vnd jhr o Jungfraw Braut/ wendet das grosse klagen/
Kült was jhr habt gebrennt/ heilt was jhr habt geschlagen/
Wo jhr nicht selber seit deß Krancken Doctorin/
40 So fehret er dahin ohn hülff vnd medicin.
Die schöne Nacht kompt an/ der Mond sitzt auff den Wagen/
Vnd thut mit vollem Lauff deß Himmels Feld durchjagen/
[188]
Die gülden Lichter hat der Himmel auffgesteckt/
Weil sich die Sonn schon längst zu Bette hat gelegt.
45 Wolan es ist nun Zeit/ daß jhr ewr Kranckheit stillet/
Vnd mit frewden den lauff der ewigkeit erfüllet/
Vnd schwitzt das Fieber auß/ vnd lindert ewre pein/
Die auff kein ander weiß kan recht vertrieben sein.
Nun jhr Jungfrawen all/ jhr must vns platz verleihen/
50 Weicht die jhr führt die Braut/ sie muß ein andern reyen/
Nun tröst sie noch zuletzt/ gebt jhr den letzten kuß/
Das ander das jhr last/ der Breutigam thun muß.
Nun geh hin Jungfraw Braut/ ich will euch Bürgen geben/
Daß jhr in diesem streit behalten solt das leben/
55 Nun fürcht euch nicht so sehr/ es hat hie keine noth/
Es ist nur schimpff vnd schertz/ der streit gilt nicht zum
todt.

Nun geht hin Jungfraw Braut/ legt diesen Nahmen nider/
Geht nun ein Jungfraw hin/ vnd kompt ein Mutter wider/
Geht doch/ geht Jungfraw Braut/ vnd last das sorgen
60 Ich hoffe/ daß gewiß morgen sol besser sein. [sein/
Secht Venus selber kompt mit jhrem Volck gegangen/
Die fliegen hin vnd her vnd tragen groß verlangen/
Ein jeder wünschet jhm/ daß er die Ehre hett/
Daß er die newe Braut möcht führen erst zu Bett.
65 Der erste führt sie fort/ der ander thut sehr draben/
Vnd macht ins Bett ein Grab/ darin er will begraben
[Druckausgabe S. 250]
Die Jungfrawschafft/ die nun sehr trawrig sich beweist/
Vnd soll in kurtzer Zeit auffgeben jhren geist/
Der dritte tregt die Kertz/ der vierte will auffangen
70 Die Threnen/ die die Braut lest rinnen von den wangen/
Der fünffte löset jhr den Leibes Gürtel auff/
Weil nun die Jungfrawschafft vollbracht hat jhren lauff.
Die schöne Venus selbst lacht vber diesen dingen/
Vnd wünschet jhr viel glück/ vnd heist jhr Kinder singen:
75 Komm Hymen, Hymen, komm: sie führet selbst die
Braut/

Gibt jhr den letzten kuß/ vnd singet vber laut:
Nun geht/ jhr Kinder/ geht/ vnd schmeckt die süsse gaben/
Die Venus vnd jhr Sohn euch eingeschencket haben/
Geht hin/ jhr Kinder geht/ vnd euch holdselig part/
80 Mit lieblichem geküß nach einer Tauben art.
[189]
Geht hin/ jhr zwey/ vnd komt widrumb mit ewer dreyen/
Geht mit einander an den schönen Liebe-reyen/
Vnd bringt herfür ein Thier/ das durch der Götter gunst
Voll sey der Mutter trew/ voll sey deß Vaters Kunst.

Idem Kirchnerus.

[.26*]
Epigramma
Vom Thurn zu Straßburg/ warumb der
andere darneben nit auffgebawet | worden.

IHr seyt vnrecht daran/ Zuseher/ die jhr schawet
Diesen herrlichen Thurn/ das achte Wunderwerck
Deß Irrdischen bezircks/ vnd vber alle Berg
Denselben hoch erhebt/ weil er köstlich erbawet
5 Biß an die Wolcken reicht/ daß jhr darbey wolt klagen/
Es mangelt jhm noch eins/ diß nemlich/ daß der grundt
Seins Bruders neben jhm leer/ der vff diese stundt
Nur halb geführet auff. Nicht lasset euch mißhagen
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 251]
Dieses geheimnus groß. Natur hats eingestelt
10 Daß neben diesem Thurn noch einer solt gefallen/
Dann so ist er allein der schönst vnd höchst vor allen/
Vnd hat seins gleichen nicht in dieser weiten Welt.

Julius Guilh. Zincgrefius.

[.27*]
Aliud.
Worüber sich der Mensch verwundern soll.

WAs bistu doch/ o Mensch/ gegen der größ der Erden?
Was ist der Erden größ gegen deß Himmels pracht?
Was ist deß Himmels pracht gegen deß Schöpffers Macht:
Durch welche du vnd sie vnd er regieret werden?
5 Darumb soltu/ o Mensch/ dich vber dich selbst schwingen/
Dir lassen an sich selbst kein wunder wunder sein/
Verwundern soltu dich vber die ding allein
In Gott vnd vber Gott allein in allen dingen.

Idem.

+

[.28*]
[190]

Lieb der Sterckste Bundt.

LAß Bündnuß Bündnuß sein/ die grossen Herrn behagen/
Da Land vnd Land wird eins/ sich friedlich zu betragen/
Vnd da man Gut vnd Blut zusamen setzen wil/
Wo etwan einer käm/ dem Vehd vnd Krieg gefiel.
5 Es ist ein zweifflich ding/ vff Bündnuß sich verlassen/
Dieselbe brechen offt/ gantz vnverhoffter massen/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 252]
Wen findstu der da halt/ was er dir hat geschworn?
Du suchst jhn dann bey denn/ die vor vns warn geborn.
Bißweilen drennt die Forcht was einmal ist verglichen/
10 Bißweilen macht das Gelt/ durch Bündnuß einen strichen/
Bißweilen vnglück auch dieselbe schneid entzwey/
So bald Gefahr sich regt/ seind Bündnuß wie ein Ey.
Das ist ein vester Bund/ da sich die Lieb gesellet/
Da sich die Liebe selbst für einen Zeugen stellet/
15 Da Lieb ist selbst der Eyd/ daß Pitschafft vnd die Hand/
Der Vnderhändler selbst/ der Bott vnd Abgesandt.
In diesem fall hat nichts das böse Glück zu hoffen/
Hie hat das Glück gar offt die Hörner abgeloffen/
Je mehr dasselbig wüth/ je stercker wird die Trew/
20 Durch vngerahte Tag wird nur die Liebe new:
Gleich wie die rawe Kält/ so durch vnd durch thut schneiden/
Mag zwey in einem Bett durch sein gewalt nicht scheiden/
Je mehr die Winters zeit die zarte Leiber druckt/
Je mehr vnd mehr als dann die Lieb zur Liebe ruckt.
25 Ein Jungfraw saß allein/ vnd sang von Liebs gedancken/
Sie sprach von dir/ mein Hertz/ begehr ich nicht zu-
wancken/

Vnd muß ich mit dir gehn/ durch Fewer/ Schnee vnd
Kelt/

Vnd durch das wilde Meer/ wie Zornig es sich stelt.
Ich dacht in meinem Sinn/ ob es solt müglich scheinen/
30 Ich fragt die Braut darumb/ Sie that es nicht verneinen/
Sie sprach/ die Kelt ist warm/ Sie sprach die Hitz ist kühl/
Wann ich die Liebe nur in meinem Hertzen fühl.
Ich fragt den Bräutigam/ er solt sein Meinung sagen/
Er antwort mir geschwind/ ich solt mich selber fragen.
[191]
35 Ich schweig vnd gieng davon/ dacht vnter Wegs bey mir/
Wie nun Herr Bräutigam/ wer sagt die sachen dir?

Balthasar Venator.

+ + +
[Druckausgabe S. 253]

[.29*]
Vff Herrn Ludwig Hebers Hochzeit.

TRiumph/ du keusche Lieb/ triumph du nun solst singen/
Die gegenwertig Zeit mit Ehr vnd Frewd vollbringen.
In beider Ehleuth Hertz rüst deinen Wagen auß/
Fahr als ein Siegerin in das bekante Hauß.
5 Dann du das schöne Joch/ darnach vor kurtzen Zeiten/
Der Bott deß Todts getracht/ dasselbig außzureutten/
Auffs new erobert hast: da doch fast gantz vnd gar
Hinweg deß lebens trost/ hinweg die hoffnung war.
Du hast die tödlich hitz/ als sie so kranck da lagen/
10 Daß auch in sie der Todt sein letztes recht wolt wagen/
Verendert in ein hitz/ davon die Lieb sich nehrt/
Gleich wie vom fetten Oel ein glut vnd flamm sich mehrt.
So hurtig kan die Lieb ein schönen wechsel finden/
Vnd von deß Fiebers hitz jhr Fackel selbst anzünden/
15 Davon krafft/ kühlung/ trost/ ein Hertz im ander/ hat/
Vnd wird von steter Lieb doch nimmer müth noch matt.
Die keusche Lieb ist selbst jhr Seugam vnd ernehrer/
Vnd findet nimmer mehr kein Rauber noch Zerstörer/
Wo fern sie beide nur in gleicher wage stehn/
20 Wo fern sie beide nur in einem gleisse gehn.
Kraut/ Wurtzel/ Safft vnd Tranck/ hab ich gar offt gehöret/
Zu brauchen ist vmbsonst/ damit Lieb werd gemehret.
Dann eins dem andern offt/ so brauchen will die kunst/
Den Todt zu trincken gibt/ an statt der Lieb vnd gunst.
25 Lieb selbst der Liebtranck ist/ lieb selbst die Lieb gebieret/
Wie in eim Thal vom schall ein widerschall herrüeret/
Die Lieb durch Tranck gemacht/ mit haß doch endlich
lohnt.

Die Lieb durch Lieb gemacht/ bey zweyen ewig wohnt.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 254]
Von diesem Liebtranck nun beid Ehleuth sollen trincken/
30 Wann in dem haußstand will das Glück bißweilen hincken:
Wans/ nach deß Ehestands brauch/ nit/ wie jhr wollet/ geht/
Wann nicht der Windt allzeit/ wie jhr begehret/ weht.
[192]
Ein solchen Liebtranck wolt einander fleissig bringen/
Biß jrgend in eim Jahr wir also werden singen:
Secht was der Liebtranck hat gewirkt in dieser Zeit.
Diß wird alsdann euch sein die höchste lust vnd frewd.

Jacobus Creutz.

[.30*]
Ode
Von deß Todes gewiß heit/ und der Tu-
gent vnsterblichkeit.
An Hanns Hartman von Potzheim.

MAnn findet nichts vollkommen in der Welt/
Wir Menschen sein mit sorgen pein vnd plagen
All orth vnd Zeit/ in Stätten/ auff dem Feldt/
Vom Himmel/ Lufft/ Meer/ vnd vns selbst geschlagen:
5 Ja auch der Götter Macht
Hat jhr Wohnung vollkommen
Vnd Seelig nit gemacht.
Wer hat nicht wargenommen/
Wie Sonn vnd Mon gemein
10 Verfinstern jhren schein?
Vnd wie deß Himmels Zeichen
Offt Mangelhafft verbleichen?
Mit wie vil angst/ gefahren/ müh vnd noth
Sein ohn ablaß wir Menschen vmbgegeben?
15 Diese mit List man vbergibt dem Todt
Jener Hertzhafft verkrieget selbst sein Leben/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 255]
Dieser auß vil verdruß
Vnd trawren wil verderben/
Jener erbermlich muß
20 In der Gefängnis sterben/
Etlich dürstig nach Gut
Fliehen vor der Armuth/
Vnd jhren Geitz versincken/
Wann sie im Meer ertrincken.
25 Diese mit Wasser/ Gifft/ Schwert/ oder Strick
Selbst vber sich ein schrecklich Vrthel sprechen/
[193]
Vnd rettend sich von zu schwerem vnglück
Zweifflen sie nicht sich wieder sich zu rechen.
Jene kommend mit zwang
30 In dieses lebens leiden/
Finden gleich den außgang/
Vnd andre müh vermeiden/
Oder sich in jhr Grab/
Ehe sie einige Gaab
35 Deß Tags Seelig genießen/
In Mutter Leib beschließen.
Der Todt gewiß klopffet mit einem Bein
An grosser Herrn Wolckentragende Schlösser/
Vnd armer Leut liegende Hüttelein/
40 Vnd ist für beed weder böser noch besser.
Den Leib ein Tod allein
Mit vnheilbaren plagen
Vnentfliehlicher pein
Vnd vndienstlichen klagen
45 Engstiget Tag vnd Nacht/
Vnd die Seel wird gebracht
Vor Minos/ der kein flehen
Mehr pfleget anzusehen.
Der Weg ist breit in das finstere Hauß/
50 Offen die Thür/ daß man hinein stehts gehet/
Aber wiederumb zu entrinnen darauß/
Hierauff das Werck/ hierauff die Müh bestehet/
Der Tugent Weg ist schmahl/
Mit Dornen wohl verschlossen/
55 Gering ist die anzahl/
[Druckausgabe S. 256]
Deren die vnverdrossen
Vnd durch der Götter gunst/
Vnd der Tugent inbrunst
Von dem Pöffel entzogen
60 Zu dem Gestirn geflogen.
Der/ deß Hertz mit Tugent gewaffnet ist
Gleich wie Potzheim/ dein Edles hertz zusehen/
Der kan deß Glücks zorn/ Wanckelmuth/ vnd List
Vest/ wie ein Felß/ vnzaghafft wiederstehen:
[194]
65 Er ist allzeit forchtloß/
Vor dem Strahl vnverblichen/
Weißheit macht sein Hertz groß/
Stets sigreich/ vnverglichen/
Er/ der für seinen Lohn
70 Sucht der Seeligkeit Kron/
〈Nichts Irrdischem nachstrebet/〉
Vnd sich selbst vberlebet.

Rudolph Weckerlin.

Sachanmerkung

[.31*]
Ode Ejusdem.
Vber den frühen Todt etc. Fräwlin Anna
Augusta Margräffin zu Baden.

DEin Leben/ dessen end vns plaget/
War wie ein Tag schön vnd nit lang/
Ein Stern vor deß morgens auffgang/
Die Röhtin werent weil es taget/
5 Ein Seuffz auß einer Edlen Brust/
Ein klag auß lieb nicht auß vnlust/
Ein Nebel den die Sonn verjaget.
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 257]
Ein Staub der mit dem Windt entstehet/
Ein Thaw in deß Sommers anbruch/
10 Ein Lufft mit lieblichem geruch/
Ein Schnee der Frühlings zeit abgehet/
Ein Blum die frisch vnd welck zu gleich/
Ein Regenbog von farben reich/
Ein Zweig welchen der Windt vmbwehet.
15 Ein Schawr in Sommerzeit vergossen/
Ein Eyß an heißem Sonnenschein/
Ein Glaß also brüchig als rein/
Ein Wasser vber nacht verflossen/
Ein Plitz zumahl geschwindt vnd hell/
20 Ein Strahl schiessend herab gar schnell/
Ein Gelächter mit leidt beschlossen.
Ein Stimm die lieblich dahinfähret/
Ein Widerhall der stimm in eyl/
Ein Zeitvertreiben mit kurtzweil/
[195]
25 Ein Traum der mit dem Schlaff auffhöret/
Ein Flug deß Vogels mit begir/
Ein Schatt/ wann die Sonn sticht herfür/
Ein Rauch welchen der Wind zerstöret.
Also dein Leben (schnell verflogen)
30 Hat sich nicht anderst dann ein Tag/
Stern/ Morgenröth/ Seufftz/ Nebel/ Klag/
Staub/ Thaw/ Lufft/ Schnee/ Blum/ Regenbogen/
Zweig/ Schawr/ Eyß/ Glas/ Plitz/ Wasserfall/
Strahl/ Gelächter/ Stimm/ Widerhall/
35 Zeit/ Traum/ Flug/ Schatt vnd Rauch verzogen.

Idem Weckerlin.

+
[Druckausgabe S. 258]

[.32*]
Ode Ejusdem.
Vom newen Garten durch Fraw Barbara
Sophia Herrtzogin zu Wirttemb
. vnd Mar-
gräffin zu Brandenburg angerichtet.

KAnstu wohl glückseliger sein/
O du stets gesegneter Garten?
Du darffest auff den Sonnenschein
Nit wie sonst ander Garten warten.
5 Dann deiner eignen Sonnen glantz
Kan all deine Gewechs erlaben/
Vnd deine Gäng/ Stöck/ vnd Bäum gantz
Mit bequemer Jahrszeit begaben.
Der Frühling jhres Angesichts
10 Kan dich mit Gilgen/ Rosen/ zieren/
Daß dir an Blumen mangle nichts/
Wann alle Gärten schon gefrieren/
So wird dein Grund mit grünem Lust/
Wa sie nur jhren Fuß hinsetzet/
15 Wie deine zweig vnd äst mit Blust
Vnd Frucht/ durch jhre Hand ergetzet.
Vnd sie in dir macht/ daß ab dir
Sich Himmel vnd Erden erquicken/

[196]
Vnd daß du/ aller Gärten zier/
20 Sie all mit Blumen kanst beglücken.
Ja wann sie/ (aller Blumen ruhm/)
In dir deine Gewechs betrachtet/
Werden kaum gegen solcher Blum
Deine Blumen wie Graß geachtet.
+ + + Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 259]

[.33*]
Ejusdem Lobgesang.
Von Herren Mauritzen Fürsten zu Vranien/
Grafen von Nassaw.

IHr Menschen bawet einen Tempel/
Für den/ der aller Fürsten Ruhm/
Der aller Soldaten exempel/
Auch aller Tugent Blum/
5 Vnd singet stets: Mauritz durch deine thaten
Bistu der Ruhm der Fürsten vnd Soldaten.
Welche Witz aber darff sich wagen/
Ja welche Stim ist wohl hoch gnug/
Der Welt mit worten fürzutragen/
10 Seine Werck mechtig kün vnd klug?
Ist nicht der glantz seiner gleichlosen Thaten
Ein Spiegel für die Fürsten vnd Soldaten?
Gleich in dem Frühling seiner Jugent
Er also schlug die stoltze Feind/
15 Daß die gedancken/ seine Tugent
Zuberüren/ zu nieder seind:
Vnd ist allein die Geschicht seiner thaten
Ein wahrer Text für Fürsten vnd Soldaten.
Was hat wohl Grichenland erdichtet
20 Von seinen Helden allzumahl;
Vnd was hat Hercules verrichtet
Mit eusserster Müh vnd Drangsall?
Daß gleichen mög vnsers Moritzen thaten/
Die ein Lehrbuch für Fürsten vnd Soldaten.
25 Sein Nam macht/ daß die schier verzagen/
Deren Hertz voll ehrgeitz vnd pracht:
Er ist der erst/ den Feind zuschlagen:

[197]
Vnd der letzt auß der grösten Schlacht;
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 260]
Er ist der Ruhm der Fürsten vnd Soldaten/
30 Vnd wunder sein seine gleichlosen thaten.
Was er mit reiffem Rath thet gründen/
Verrichtet er schnell/ vnd mit fleiß;
Gleichlos ist er zu vberwinden/
Vnd zuverzeihen gleicher weis.
35 Also daß billich er durch seine thaten
Ein Spiegel ist für Fürsten vnd Soldaten.
Das vnglück kan sein Aug vertreiben/
Der Hertzen trost seind seine wort/
Sein vnruh macht vns ruhig bleiben/
40 Seiner müh Meer ist vnser port:
Vnd die anzahl seiner mächtigen thaten/
Sein das Lehrbuch der Fürsten vnd Soldaten.
Seine Sanfftmuth man hat erfahren
In seiner Feinden wuth vnd flucht/
45 Siegen verzeihen vnd bewahren
Ist seiner arbeit süsse Frucht:
Ein jedes stück seiner löblichen thaten
Ist ein Beispiel für Fürsten vnd Soldaten.
Er ist der Welt zier hoch geehret/
50 Der bösen Straff/ der guten Lohn/
In aller Welt Hertzen vermehret/
Seiner Feind forcht/ seiner Freund wohn/
Die sagen all/ er sey durch seine thaten
Allein der Ruhm der Fürsten vnd Soldaten.
55 Wohlan so bawet einen Tempel
Für den/ der aller Fürsten Ruhm/
Der aller Soldaten exempel/
Vnd auch aller Tugenten Blum/
Vnd singet stets: Moritz/ durch deine thaten
60 Bistu der Ruhm der Fürsten vnd Soldaten.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 261]

[.34*]
[198]

Ejusdem Brautlied
Zu Ehren der Hochzeit Filanders vnd sei- | ner Chloris.

ALs Filander mit grossem lust
Die langbegerte Edle Blust
Seiner standhafften Lieb errungen:
Hat ein hauff Liebelein gar laut
5 Dem Breutigam vnd seiner Braut
Zu ehren dieses Lied gesungen.
O daß jhr möget allezeit
Einig/ in keinem andern Streit/
Dann nur in Liebes streite/ leben.
10 Darinnen eines jeden Hertz
Dem andern mög wollust vnd schertz
Für schertz vnd wollust widergeben.
Durch küß von süssem Nectar feucht
Das Hertz vnd Seel von frewden leicht/
15 Solt jhr euch nehmen vnd mittheilen:
Ihr solt durch tiefwundende Küß/
Ihr solt durch süßheilende büß/
Verwunden euch vnd wieder heilen.
Deß einen Mund/ soll mit Wollust
20 Deß andern Hertz vff seiner Brust
Zunehmen/ jhm die Brust auffspalten:
Deß andern Hertz soll mit dem Mund
Durch süsse küß verwundent Wund
Der andern Brust sich nicht enthalten.
25 Mit ewern armen starck vnd zart/
Mit ewern Gliedern sanfft vnd hart
Solt jhr einander froh vmbfassen:
Vnd solt einander auch fürhin
Nicht mehr/ dann mit süsserm gewinn
30 Wider vmbzufassen/ verlassen.
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 262]
Deinen ererbten Heldenmuth
Nicht dein ererbtes Heldenblut
[199]
Soltu/ junger Held/ jetzund sparen.
Lieb/ lieber schertz/ lieblicher glimpff/
35 Liebkosen/ küß/ kützlender Schimpff
Werden sie dir machen willfahren.
Wann aber ein solchs nit genug/
Soltu Küner mit gutem fug
Dein freundliche Feindin anfallen:
40 Vnd laß dir jhre Scham vnd Zucht/
Ihr klagen flehen vnd außflucht
Gefallen wohl vnd doch mißfallen/
Die müh nimpt durch den Schweiße zu/
Die ruh ist süsser nach vnruh/
45 Vnd süsser die Küß/ so genetzet:
Also wirdt dein leidige Frewd/
Also wirdt jhr frewdiges Leid
Durch beeder leid vnd frewd ergötzet.
Ach wie forchtsam scheinet sie doch?
50 Ach wie zittert sie ab dem Joch?
Darunder deine arm sie binden:
Nun kan dein Mundt (dürstig) zumahl
Von seüfftzen vnd zehren ein Mahl
Auff jhrem Mund vnd Augen finden.
55 Köstliches mahl! Göttliche speiß!
Himmliches Geträncke! mit fleiß
In so reiche Gefäß gegossen!
Gefäß so schön/ daß auch kein Gott
Auß schönern in der höchsten Noth
60 Der Nahrung noch Artzney genossen.
Damit nun jhrer süssigkeit
Vnd anreitzender lieblichkeit
Du vnd auch sie mögest geniessen/
So laß dich kein bitt vmb anstandt/
+ + + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 263]
65 Kein wiederstehen Ihrer Handt
Fangen/ verhindern/ noch verdrießen.
Geh fang nur muthig an die Schlacht/
Gebrauch doch nit zu grosse macht/
[200]
Sie nit zu sehr gleich zuerschrecken/
70 Sondern gebrauch/ Weil/ List/ betrug/
Falsche flucht/ angriff/ vnd auffzug/
Damit die Vestung zuentdecken/
Wan dann mit zitterender Stimm
Wann dann mit Gleißnerischem grimm
75 Sie dich wird Arg/ Frech vnd Böß nennen;
Hör doch nit auff mit vollem lust
Ihre Stirn/ Mundt/ Halß/ Wangen/ Brust
Mit tausent küssen anzurennen.
Sie mag lang sagen/ es ist gnug/
80 Es ist gnug/ seit ein wenig klug/
Vnd dir mit beeden Händen wehren/
Damit sie doch nit vnden lig/
Heng du gleich wohl stets nach dem Sieg/
Durch welchen sich die Lieb muß mehren/
85 Also in diesem heyßen Streit
Begierig nach der süssen Beut
Kanstu den Sturm wiedrumb ernewen/
Vnd laß von jhrer Brust vnd Schoß
Weiß/ rundt/ steiff/ glatt/ vnd mangel loß/
90 Dein geile Hände nichts abschewen.
Wann du so nah nun bey dem Platz/
Soltu Küß auff küß/ Schmatz auff schmatz/
Schmuck auff schmuck/ Lieb auff lieb loß schiessen/
Als dann solt du dein Blut/ den Lohn
95 Der Lieb nemlich die Myrten-kron
Zurlangen/ Hertzhafftig vergießen.
Mehr dann Stern in der klaren Nacht/
Mehr dann Blumen deß Frülings pracht/
Mehr denn Bienen auff Hybla fliegen/
+ + + +
[Druckausgabe S. 264]
100 Sollen gantz tieffgründende Küß/
Sollen süß empfindende büß
Ihr vergebliche forcht betriegen.
Achtzen mit geilschimpfender Schmach
Vnd lächlen mit schertzender sprach/
[201]
105 Vnd bossen sollen da nit fehlen:
Seufftzen/ Schmätz/ Bitten/ Klag/ vnd Lob/
Schimpff/ Ernst/ vnd Schertz/ züchtig vnd grob
Du mit einander solt vermehlen.
Also durch der Lieb rechte kunst
110 Wird sie jhr artige vngunst
Artiger nach vnd nach verkehren/
Vnd entlich frey von Forcht vnd Zorn
Mit Gilgen/ Rosen/ ohne Dorn/
Dein Leib durch jhren Leibe ehren.
115 Dazumahl vff ein newe art
Mustu mit küssen lang vnd hart
Ihre Seel auß jhr in dich ziehen:
Vnd sie wird auch auff gleiche weiß
Sich vnd dich mit lieblichem fleiß
120 Zu settigen/ sich sehr bemühen.
Dazumahl frecher dann zuvor
Erheb du das Banier empor/
Vnd fange weiter an zu streiten:
Vb’ aller süssen Schalckheit stück/
125 Vb’ aller süssen Boßheit Dück/
Vnd greiff sie an auff allen seiten.
Gebrauch List auff List/ Schmach auff schmach/
Biß sie froh ist/ daß sie zu schwach
Vnd zu verlieren scharmütziret/
130 Gebrauch Kunst/ Sterck/ Betrug/ vnd Macht/
Zwing sie zu einer freyen Schlacht/
Da jhr beed sieget vnd verlieret.
Also ewer stets frischer muth
Soll dieses süssen Kampffs ohn Blut/
+ + +
[Druckausgabe S. 265]
135 Euch wieder vnd wieder gewehren/
Vnd/ so offt Phoebe jhren glantz
Macht neunmahl halb vnd neunmahl gantz/
Ewer Geschlecht durch euch vermehren.

[.35*]
[202]

Kuß.

EInig süßes Mündelein/
Röter den ein Röselein/
So Phoebus durch sein ansehen
Macht auffgehen.
5 Lefftzen vbertreffend weit
Den Taw/ so die Erden netzet/
Vnd mit Fruchtbarkeit ergetzet/
In der süssen Frülings zeit.
Holdseeliges Schätzelein/
10 Gib mir so vil Schmätzelein/
So vil du gibst meinem Hertzen
Pein vnd Schmertzen.
Soviel Pfeil der fliegend Gott
Wider mein Hertz abgeschossen/
15 So vil ich leid vnverdrossen
Jammer/ Trüsal/ Angst vnd Noth:
So vil man wohl körnlin Sands
Am vffer deß Morenlands
So vil Graß im Felde stehen
20 Man kan sehen:
So vil tropffen in dem Meer/
So vil Fisch die Flüsse bringen/
Vögel durch den Lufft sich schwingen/
Vnd so vil der Hersbst Weinbeer:
25 So vil schöne lieblichkeit/
Schmollende Holdtseeligkeit/
So vil Höfflichkeit vnd Lachen
Lieblich machen
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 266]
Deinen tewren Purpurmundt/
30 Wie vil Rosen deine Wangen/
Wie vil Gilgen machen prangen
Deinen Busen steiff vnd rundt/
So offt küß mich Nimfelein/
So offt schmatz mich Schimpfelein/
35 Laß vns mit einander schertzen/
Vnd vns hertzen.
[203]
Biß ich sag/ mein Fried/ mein Frewd
Ich kan nicht mehr/ laß mich gehen
So soltu ein weil abstehen/
40 Daß ich seufftzend halb verscheid.
Darnach küß mich widerumb/
Daß noch grösser werd die Summ/
Stüpff mich auch mit deiner Zungen/
Vngezwungen;
45 Die süsser dann Honig ist.
Also laß vns Kurtzweil führen/
Damit wir ja nit verlieren
Der Jugent einige frist.
Laß vns nach Amors willkur
50 Wandeln auff der Jugent spur/
Biß das Alter krum gebogen
Komm gezogen/
Mit Zittern/ Kelt/ Forcht/ vnd Grauß/
Welches mit sich auff dem Rucken
55 Viel leids bringet/ vns zudrucken/
Biß es uns macht den garauß.

Ejusdem.

+

[.36*]
An Herrn Doctorem Johannem Smidium
der H. Schrifft Professoren zu Straßburg/
Hochzeitern.

Wann wir durchsuchen offt Historische Geschichten/
Vnd vnser Sinnen Flamm auff alte Schreiber richten/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 267]
So finden wir/ wie hoch manch Edler Küner Held
Sein Namen die Höh mit hohem fleiß gestelt/
5 Wie Alexandri Hertz solch Stärck hat können fassen/
Vnd seiner armen Krafft so weit durchbrechen lassen/
Auff daß sein Scepter sey ein Herr der gantzen Welt/
Vnd er hiemit verbleib der stärckeste Kriegsheld.
Was der hochweise Fürst Justinian begangen/
10 Der Vngerechtigkeit mit starckem Zaum vmbfangen/
Vnd so die Billigkeit geharnischt außgerüst/
Daß er der stattlichste Gestetz-vollbringer ist.
[204]
Wie der Hippocrates der grossen Weißheit Quellen
Vornembst hat wollen in den Leib deß Menschen stellen/
15 Daß er der Kranckheit feind ein new Gesundheit legt/
Vnd so darvon das Lob deß besten Artztes tregt.
Wie Aristoteles die schärffe seiner Sinnen
Gedruckt in die Natur/ dieselbe zugewinnen/
Vnd allen jhren Grund zusetzen in den Tag/
20 Daß er also der best Philosophus sein mag.
Wie deß VirgilI Sinn sich hab so hoch geschwungen
Vnd durch deß Himmels feld/ durch Erd vnd Meer gedrun-
gen/

Vnd so ein schön gedicht zusammen auffgebawt/
Daß man allein jhn für Poeten Fürst anschawt./
25 Wie deß Apellis Hand so wunderschöne sachen
Als ein new Schöpffer/ new Natur/ hat dörffen machen/
Vnd deß Gemühtes art so abgemahlt im schein/
Daß er möcht allezeit der beste Mahler sein.
Wie Tullius sein Red so artig einzurunden
30 Gelernet/ vnd sein Zung so starcke Wort erfunden/
Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 268]
Daß er ohn Schlag/ ohn Stich so vielmahl obgesiegt/
Vnd also auch den Ruhm deß besten Redners kriegt.
Dergleichen Männer fleiß man könte vil erzehlen/
Wie einem diß geliebt/ dem andern das zuwehlen/
35 Daß er seins Namens Lob biß an die Stern erheb/
Vnd biß ans End der Welt doch ohne Leben leb.
Doch noch dergleichen that ich habe nicht vernommen/
Daß einer auff ein Schlacht zweyfachen Sieg bekommen/
Wie man Herr Breutigam diß von euch sagen kan/
40 Daß jhr seyt einen Tag ein Doctor vnd Ehman.
Ob Alexandri Krieg gleich thut die Welt durchrennen/
Doch kan man jhn nicht mehr als einen Kriegsheld nennen.
Ob gleich Justinian das vngerecht vertreibt/
Jedoch er nun nicht mehr als ein Gsezsetzer bleibt.
45 Ob gleich Hipocrates reist auß der Kranckheit Saamen/
So hört er doch nicht mehr als eines Artztes Namen/
Ob Aristoteles geust auß der Weißheit fluß/
So wird er doch nichts mehr als ein Philosophus.
Obgleich Virgilius sein Vers so künstlich schraubet/
50 Doch jhme man nichts mehr als eim Poeten glaubet/
[205]
Ob gleich Apellis Hand das Holtz fast lebend macht/
So ist es doch nichts mehr/ als eitel Mahlers pracht.
Ob Ciceronis Red gleich hawen kan vnd stechen/
Doch wird man jhn nicht mehr als für ein Redner rechen/
55 Doch jhr Herr Breutigam geht ein in diese Zeit/
Daß jhr auff einen Tag Ehman vnd Doctor seyd.
Ein Doctor, der da könn wie Alexander streiten/
Vnd alle Ketzerey mit starcker Stimm außreutten/
Ein Ehman/ der erwerb ein solches Kriegsgeschlecht/
60 Das nach deß Vaters art für Gottes warheit fecht.
Ein Doctor, der da wie Justinianus lehre/
Vnd auch das/ was sey recht/ was vnrecht sey/ erkläre:
Ein Ehman/ dessen Hauß ein solchen Stammen trag/
Der bringt die Billigkeit/ das Vngerecht verjag.
65 Ein Doctor, der da wie Hippocrates mög heylen/
Zwar nicht deß Leibes schad/ sondern der Seelen beulen:
+ +
[Druckausgabe S. 269]
Ein Ehman/ dessen Tisch vmbwachse solches Kraut/
Das theils der Seelen schmertz/ theils heyl deß Leibes
haut.

Ein Doctor, der da könn der sachen abgrund finden/
70 Wie Aristoteles kan die Natur durchgründen.
Ein Ehman/ dessen stärck bring solche Creatur,
Die auch erforschen könn den abgrund der Natur.
Ein Doctor, der da wie Virgilius, sein dichten
In schöne rundigkeit mit Versen könne richten:
75 Ein Ehman/ vmb den her solch Saam gestrewet werd/
Darauß erwachsen soll ein new Poeten Herd.
Ein Doctor, der vil mehr könn als Apelles mahlen/
Vnd der Dreyfaltigkeit abbilden helle Stralen:
Ein Ehman/ der sein Hauß voll hab der Zweygelein/
80 In den deß Vaters kunst gantz abgemahlt erschein.
Ein Doctor, der da folg deß Ciceronis sprachen/
Vnd seine kunst bekand durch schöne Red könn machen:
Ein Ehman/ den vmbring ein solches Völckelein/
Das Väterlicher sprach könn ein Nachfolger sein.
85 Drumb sollen jetzo nun die Helden alle stehen/
Vnd/ wie jhn jhres Lob entnommen werde/ sehen/
Wo nicht Herr Bräutigam euch jhr zustand betrübt
Vnd jhr deßhalben ein theil ewrer Ehr auffschiebt.
[206]
Denn keinem ist so vil in einem Tag ergangen/
90 Daß jhn zweyfacher Sieg zweyfache Ehr vmbfangen/
Drumb theylt jhr ewer Ehr/ das so geschehen kan:
Seyd Doctor an dem Tag/ vnd in der Nacht ein Mann.

Balthasar Wesselius
Boleslavia-Silesius.

[.37*]
Grabschrifft vff das Brautbeth H. Frantz
Cammeels
vnd Jungfraw Vrsula Mar-
greta Eicheslteinin
.

EIn zarte Jungfrawschafft hierinnen ligt begraben/
Der Hochzeit Gott Hymen der wolt es also haben/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 270]
Ihr Stunde kommen war/ daß sie jetz sterben solt/
Der must sie bringen vmb/ dem sie doch ware holdt/
5 Der grausame Tyrann wolt sie nit lassen leben/
In diesem Federwerck/ sie must den Geist auffgeben/
Venus verließe sie/ die sie vmb hülff rufft an
Mit manchen Threnen heiß: Cupido spott jhr dran/
Der arge kleine Gott/ je mehr sie sich thet wehren/
10 Je mehr entzündet er das hitzige begeren
Der Mörderischen Lieb deß harten Jüngelings/
Sie weinet inniglich/ er lachte nur deß dings:
Die Blum/ die schöne Blum die must jhr Haubte neigen/
Das Venus Röselein mit seinen grünen Zweigen
15 Must endtlichen daran/ von grosser Fewers gluth
Verwelcken vnd allhier verliern sein höchstes Gut.
Nembt ein Exempel dran jhr andere Jungfrawen/
Vnd sehet zu/ wem jhr ewr Jungfrawschafft vertrawen/
Daß euch nit auch so geh’: es wehre dan vieleicht/
20 Daß jhr deß Lebens müd/ den Todt auch wünschet euch.

J. G. Zincgref.

[.38*]
Friderici Lingelshemij Hochzeitlied an seine
Schwester Fraw Salome/ Herrn
D. Petri de
Spina
Hochzeiterin.

WAnn aller guter ding sein drey/
Gleich wie das Sprichwort lehret/

[207]
Vnd daß gar nichts vollkommen sey
Das sich nit dreymahl keret/
5 So wünschen wir dir billich glück/
Vnd thun vns höchlich frewen/
Weils Gott der Herr dahin geschickt/
Daß du nun zehlst mit dreyen.
+ Sachanmerkung Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 271]
Zweymahl hastu das schwere leidt
10 Gedultig müssen tragen/
Die dritte rew dich gäntzlich freyt
Von sorgen vnd von klagen.
Ehe dann der Sonnenschein von fern
Die Erd komt zubekleiden/
15 Muß nit zuvor der Morgenstern
Die dunckle Nacht vertreiben?
Die schöne Göttin folgt darauff/
Die Morgenröth genennet/
Vnd den ererst in vollem Lauff
20 Die helle Sonn gerennet/
Als viel Tugent in dreyen stickt/
Das ist nit außzusprechen/
Der wer gelert vnd wolgeschickt/
Ders all wist außzurechen/
25 Allein nun (Schwester) nit mehr acht
Das Vnglück so vergangen/
Die Nacht die ist zu endt gebracht/
Die Sonn ist vffgegangen/
Das Glück dir kompt mit hauffen bey/
30 Da ist kein fehl zu spüren/
Für ein Glück wirstu haben drey/
Drey solt inn Schilde führen.
Vnd wann mein Wunsch kan werden wahr/
Wirstu vnd auch darneben
35 Vil mehr/ dann drey mahl dreissig jahr/
Mein Bruder Spina leben.
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 272]
Der Söhn wirst haben drey mahl drey/
Auch sovil Töchter sehen/
Darzu in wahrer Lieb vnd Trew
40 Die gantze Eh begehen.

[.39*]
[208]
Lied
Jani Gebhardi.

MOrata trawrig klaget
Die schöne Zier der Statt/
Wie Myrto Kranckheit plaget
Vnd tödlich machet matt.
5 Die hellen Augen gossen
Vil heisse Brünnelein/
Die röte war verflossen
Der zarten Wängelein.
Kein Speise wolt jhr schmecken
10 Vor Angst vnd schwerer Pein/
Im Hause must sie stecken/
Vnd stets bey Myrto sein/
Niemand da kunt genießen
Ihr werden gegenwarth
15 Das Vnglück thet verdrießen
Moratae Diener hart/
Daphnis vor andern allen
Sich hefftig drob entsetzt/
+ Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 273]
Daß in diß Leid gefallen/
20 Die jhm sein Hertz ergetzt.
All frewdt jhm auch verschwunde/
Wolt sein gleich seiner Lieb/
Groß seufftzen manche Stunde/
Ohn auffhörlich er trieb.
25 Sein Lieder jhm entsuncken/
Die Phoebus offt gehört/
Sein Hertz von Leid war truncken/
Da Venus sonst einkehrt/
Die Seitenspiel Stumm waren
30 An finstern orth verbannt/
Dazu sich Fauni schaaren
Gantz dürstiglich gewandt/
[209]
Endlich er sich verloben
Apollini thet sehr/
35 Wann möchte bald vertoben
Die schwachheit Myrtûs schwer/
Morata gleich könt enden/
Ihr Qual vnd Trawrigkeit/
Vnd wider alles wenden/
40 Wie es war vor der Zeit.
In Lorberbaum er hawen
Wolt solche wunderthat/
Die jederman anschawen
Müst/ der zu reysen hat/
45 Vnd also weit möcht schweben
Deß Artztes Kunst vnd fleiß/
Der Myrto hat bey leben
Errett mit grossen Preiß.
Wann nuhn Morata spüret
50 Lindrung vff beyder seit/
Solchs Daphnis hat vollführet
Mit seim gelübd bereit/
+
[Druckausgabe S. 274]
Wird sie sich zu jhm neigen
Vor andern mit jhr gunst/
55 Daß jederman müß zeugen
Trew sey da nicht vmbsunst.

[.40*]
Adonis Nachtklag vor seiner Liebsten Thür.
Ex Anglico.

MAg dann/ ach Schetzlein/
Von euch keiner Gnaden schein
Widerfahren mir/
Der ich lig vor ewrer Thür/
5 Vnd netze diese Schwell
Mit manchem threnenbach/
Die ich doch wieder schnell
Mit Seufftzen trucken mach.
So manches tröpfflein

[210]
10 Kan erweichen einen Stein/
Ewer steinen Hertz
Kan erweichen gar kein schmertz.
So komme dann/ o Todt/
Endt mir das leben mein
15 In dieser harten Noth/
Darinn ich leide Pein.
Richten darff man mir
Keine Marmor Grabes zier/
Nur ein Wasem klein
20 Soll bedecken mein Gebein;
Mit diesen Worten grün:
Der hie zu tode blieb/
+ + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 275]
Den hat gebracht dahin/
Sein Trew vnd grosse Lieb.
25 Auß mir dann Järlich
Rote Rößlein liebelich
Auch vergiß nit mein
Wachsen wird vnd Roßmarein/
Drauß manch verliebtes Hertz
30 Zurüst ein Sträusselein/
Darmit in liebes schmertz
Verehr den Liebsten sein.
Wie? wann das Glück wolt/
Daß die Liebste kommen solt/
35 Vnd von vngefehr
Vber mir Spatzieren her/
Vnd lese diese Schrifft/
Vnd sich besinne mein/
Daß sie mir hab gestifft
40 Diß vngluck all allein:
Als dann wird sie mich
Erst beweinen bitterlich/
Daß ich nur zu trew/
Sie gewesen nur zu schew/
45 Auch fellt vieleicht herab
[211]
Auß jhren Aeugelein
Ein tröpflein auff das Grab/
Erquicket mein gebein.
Als dann erst werd ich
50 In dem tode frewen mich/
Vnd in aller Leut
Munde triumphieren weit.
Adonis trew wirt sein
Berühmet weid vnd breit/
55 Euch aber wird die Pein
Der Rache sein bereit.

Zincgref.

[Druckausgabe S. 276]

[.41*]
An ein gewisse Jungfraw/ daß sie nit mehr
nach jhrem Allerliebsten sehen soll.

Heinrici Albertij Hamilthonij.

NIcht also festiglich mit brennendem verlangen
Vber den Berg Latmo der schöne Mond thet hangen/
Als der auß sonderm trieb sein flammenreich Gesicht
Auff den zierlichen Schlaff Endymions gericht/
5 Wie ewer Augen glantz mit scharffen strahlen spielet/
Vnd vnablessiglich durchs offne Fenster zielet
Vff ewers Buhlen Bart/ vom Eisen krauß gemacht/
Der jhm Jungfrawen Lieb zuwegen hat gebracht/
Schont ewer selbst/ thut nicht so vberflüssig spitzen
10 Das klar Gesicht/ last ab von ewrem vielen sitzen/
Die Rame wird vernutzt/ vnd wunderlich versehrt/
Die Simster ferner jhr vergeblich nur beschwert/
Gar weit wird vber Meer der Nort ewrn Buhlen führen/
Inner deß Fensters jhr nun euch müst erlustieren/
15 Mit seinem Bildnuß/ das voran ins buch gesetzt
In sehr köstlichem bund verlassen euch zur letzt.
+ + + +

[.42*]
Lied.
Vff die Melodei:
| Allons dans ce boccage.

LAst fahren ewr verlangen
Die jhr außforschen wolt/

[212]
Ob ich von jhr gefangen/
Vnd sie mir seye holdt.
5 Je mehr mein Flamme brennet/
Sachanmerkung Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 277]
Je minder ist der schein/
Je minder sie bekennet/
Je größer ist die Pein.
Sie gleicht dem Donnerstrahle/
10 Der innerhalb verzehrt/
Außwendig vberale
Nicht das geringst versehrt.
Sie hat mich nur im Hertzen
So inniglich entzündt/
15 Also/ daß auch kein schmertzen
Der vbrig Leib empfindt.
Ja wenn mein Hertz gedächte/
Daß irgendt dieser Lieb
Geheimnuß man außbrechte/
20 Vns beiden zu betrüb/
Es würde sich verhelen
Selbst den gedancken mein/
Auch meinem Mund befehlen
Hinfort gar stumm zu sein.
25 Wie könt mir dann gedeyen
Glückseliger zu sein?
Was könt mir mehr verleihen
Zu mindern meine Pein?
Als in der still zu mehren
30 Die süsse Liebes brunst/
Vnd so mich zuverehren
Der aller liebsten Gunst/
Mich in geheim beschließen
Bey dieser argen Zeit/
35 Vnd in mir selbst geniessen
Meiner Glückseeligkeit/
So/ Schatz/ so werd ich sehen/
Bey dem verstande dein/
+ +
[Druckausgabe S. 278]
Dich mich vilmehr verstehen/
[213]
40 Als bey den worten mein/
So/ Schatz/ so red mein Hertze
Durch eine newe sprach/
Erzehlendt seinen schmertze
Durch ein stillweigendt klag.
45 Es deut was es begeret/
Vnd zeiget was es sey/
Vnd will von euch gewehret
Sein einer gleichen trew.
Nun sagt/ thut der nit flehen/
50 Thut der nit bitten sehr/
Der seine Lieb lest sehen/
Vnd sonst nichts saget mehr?

Zincgref.

+

[.43*]
Epigramma Ejusdem
Von zwey newen Buckeligen Eheleuten.

ALs dieser Tagen erst der Buckel Hans genommen
Zur Eh’ die Hoffer Ann: da fragte männiglich/
Wie wirdt das Sprichwort nun hiehero reumen sich/
Daß nimmermehr zween Berg zusammen können kommen?
+ +

[.44*]
Aliud Ejusdem Zincgrefij.
Was der recht Adel sey.

EIn vnzeitige Frucht/ bewart in Mutter Leibe/
Lebt halber nur biß sie zum gantzen Menschen wirdt:
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 279]
So auch ein Kindt erzeugt von einem Edeln Weibe;
Mit halbem Adel nur von der Natur geziert.
5 Der ist ein halber Mensch/ der sein vnarth verblümet
Mit seiner Eltern Rhum/ den er zur schande lebt/
Der ist ein rechter Mensch den eigne Tugendt rühmet/
Den sein selbst Raht vndt that zu Ehren hoch erhebt.
Die aber so zugleich von Edlem stamm geboren/
10 Durch Tugendt noch darzu vollkommen sein gemacht/
Die sein/ die sein allein die Edlen außerkoren/
Die man vor Götter hie vnder den Menschen acht.
+

[.45*]
Saurbronnen Liedlein.

[214]

OB schon bey diesem Bronne
Die meng der Jungfräwlein
Vnd dann die füll der wonne
Zusammen kommen sein:
5 Ob schon diß lieblich Thale
Ob schon die Berg vnd Wäldt
Schön grünen vberale/
Mir dessen nichts gefellt.
Ob schon die Bächlein sausen/
10 Ich doch nit schlaffen kan/
Ob schon die Bäume brausen/
Ficht mich doch immer an/
Daß Phyllis von mir ferne
Gar ferne zu der frist/
15 Die aller zierd’ ein kerne/
Ja Zierde selber ist/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 280]
Die nur mit jhren blicken
All ding erfrewen thut/
Die mir allein erquicken
20 Kan meinen Geist vnd Muth
Fürwar wohin nur sehen
Ihr gläntzend’ Aeugelein/
Muß alles trüb vergehen/
Wie vor dem Sonnenschein.
25 Wohin jhr Athem wehet/
Ihr Athem also bald/
Gleich dem Westwindt/ außseet
Der Blümlein mannichfalt.
Doch sie allein verbleibet
30 Die Blum der Blümelein/
Floram zu ruck sie treibet/
Sampt all jhrm Blumen schrein.
Komm Phyllis, komm behende/
[215]
Wendt von mir allen schmertz/
35 All frewden zu mir wende/
Schaff mir ein newes Hertz.
Du kanst mit deinem Munde
Die Sawrheit dieser Quell
Verzuckern/ vnd gesunde
40 Mich wieder machen schnell.
Du/ du allein kanst machen
Auß diesem gantzen Kreiß
Durch dein eintzig anlachen
Ein irrdisch Paradeiß.
45 So komm/ komm aber balde/
Vnd komstu nit zu mir/
So ist nichts daß mich halte/
Phyllis, ich muß zu dir.

J. G. Zincgref.

+
[Druckausgabe S. 281]

[.46*]
Ein Gesicht/
Ejusdem Zincgrefij.

ICh seh’ ein Füncklein klein noch glimmendt in der Eschen/
Das kan allein/ die solchs hat angezündt/ erleschen/
Es glimt/ vnd glimt so lang/ biß endtlich gar außbricht.
Vnd ein groß mechtig Fewr im Hertzen mein anricht.
5 Ich seh’/ ich seh’ ein Blum in jhrer grünen Jugendt/
In jhrer besten blüth/ begabt mit vieler Tugendt/
Mit würckung mancherley/ mit süsser lebens Krafft/
Mit köstlichem Geruch vnd zartem Honigsafft/
Narcissus Schönheit jhr gantz ehrerbietig weichet/
10 Der Hyacinthus sich mit nichten jhr vergleichet/
Der Flora Blumenschatz zu schetzen gegen jhr
Ist nichts/ wie auch die Ros der Venus selber schier/
Dann sie dieselbige vorlengst her schamrot machet/
So/ daß auch Amor selbst fast seiner Mutter lachet/
15 Doch ist er drauff bedacht/ wie er sie rechen mög/
Vnd seiner Mutter Ehr vnd guten Namens pfleg.
Er rührt ohn vnderlaß mein eingeeschert Hertze/
Vnd macht jhm grosse müh/ vnd mir noch grössern
schmertze/

[216]
Er bleset immer auff/ er schüret immer zu/
20 Vnd lest mir Tag vnd Nacht kein einig rast noch ruh.
Jetzt brennet schon daher die helle liechte Flamme/
Vnd macht/ daß ich mir werd jhrt wegen selber gramme/
Der Blum/ der schönen Blum mich dauret also sehr/
Dann er sie will kurtzumb nit lassen stehen mehr/
25 Ich seh’ ich seh’ ich seh’: Ach/ ach er will sie brechen/
Die Blum/ die schöne Blum! So/ spricht er/ muß ich rechen
Venus die Göttin groß/ erweisen meine Sterck/
Ihr zum Exempel/ mir zu Lob ein nutzlich werck.
Vff seinen Flügeln er sie eilendts her thut führen/
30 Nicht willens einig Stundt noch Zeit mehr zuverlieren/
Biß er sie in dem Fewr vff meinem Hertzaltar
Der Venus hab verbrant zum süssen opffer gar.
+

[Druckausgabe S. 282]

[.47*]
Sonnet Vff
Herr D. Jörg Hartman Haagens | Hochzeit.

WAs sein soll/ schickt sich baldt: was Gott zusammen füget/
Dasselb einander wohl/ auch eh’ es suchet findt;
Kein Mensch es hindern kan/ was man hieniden bindt/
Wans droben nicht zuvor versehen/ offt betrieget/
5 Es hafftet nimmer recht: ob manchmahl schon obsieget
Gewalt vnd Menschen list. Wie Stuppelfewr verschwindt/
Vnd wohlgeredte wort zerfahren in den Wind:
So auch die Lieb die man durch practiciren bieget.
Herr Haagen in sich selbst ist gangen/ vnd zu raht
10 Genommen hat sein Hertz/ gefolget Gottes Pfaat/
Der jhm dasselb regirt/ vnd thut jhn auch jetzt segnen:
Daß er nach seinem wunsch gefunden vngezeigt
Ein solche/ deren Hertz zugleich vff jhn geneigt:
Die kommen recht zuhauff die jhnen selbst begegnen.

Idem Zincgrefius.

+

[.48*]
Vff ein paar Händschuch
Ejusdem.

GLückseelig weret jhr/ Händschuch/ wann jhr solt können
Ewr groß Glückseligkeit vernünfftiglich erkennen/

[217]
Es sollen herbergen in euch zwey Händelein/
Die weisser als der Schnee/ purer dann Helffenbein/
5 Deren subtiligkeit die schönste Perlen weichen.
Was soll ich aber sie vil mit dem Schnee vergleichen/
Mit Perlen oder mit einigem Helffenbein?
In jhnen alles ist/ was irgendt schön mag sein.
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 283]
Seht hier die Nägelein/ so zierlich rund beschaffen/
10 Der zarten Jungfrawschafft holdselig wehr vnd Waffen/
Seht hier die hurtige gebogne Gleichelein/
Die Amor höher helt/ als selbst den Bogen sein.
Seht hier die Fingerlein/ die er vor Pfeil thut preisen
Seiner Artillerey/ ob sie sich schon erweisen
15 Vngleich in jhrer leng/ seind sie doch gleich in dem/
Daß sie vor anderen allein sein angenehm.
Beseht die flache Handt/ innwendig der jhr finden
Werd manch verborgne Kunst nit jedem zuergründen/
Ihr werdet finden viel geheimnuß der Natur
20 Artig gezirckelt auß/ gleich als mit einer Schnur.
Da stehet all mein Glück vnd vnglück vffgeschrieben/
Da steht wie hoch ich sie/ wie hoch sie mich muß lieben/
So manche Lini sich allda entwerffen thut/
So manche Tugent helt in sich jhr Keuscher muth.
25 Glückseelig seit jhr zwar/ Händschuch/ denen vergönnet
Daß jhr der Liebsten Händt so offte küssen könnet/
Stoltzirt drumb aber nicht/ die Ehr so jhr empfangt
Von jhr allein vnd nicht von euch an euch gelangt.
Wie stattlich jhr auch seit/ wann sie euch an jhr treget/
30 Also gering jhr seit/ so bald sie euch ableget/
Doch/ weil jhr durch mich seit gebracht zu diesem
Glück/

Last mich genießen auch bißweil ein guten blick.
+ + +

[.49*]
Ejusdem Vberreime/
Vff seine Emblemata oder Sinnenbilder.
An den verkehrten Leser.

DIe Sinnenbilder hier sein ledig eigen mein/
Drumb mache sie durch kein verkehrt’ außlegung dein.
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 284]

[.50*]
[218]

Hochzeit Reimen/
An Herrn
D. Conradum de Spina.

DAs tägliche geschrey/ wie es gemeinlich pflegt/
Hat euch auch offte vil der Weiber angetragen/
Bald Phyllis, weil sie schön/ so must sie euch behagen/
Als ob Natur an sie allein all Kunst gelegt.
5 Bald Dido, weil sie Reich/ als ob der Mann vom Weib
Das Leben hett/ vnd nicht vil mehr das Weib von jhme/
Bald Chloris, weil man sie von wegen Tugent rühme/
Als wenn Chloris allein ohn fehl vnd mangel bleib/
Bald andere/ als die vielleicht von hohem Stamm/
10 Vnd durch die einer könt zu grossen Ehren kommen/
Als ob der Mann vom Weib jemahls sein Ehr genommen/
Vnd nicht das Weib vom Mann. Euch/ Klügling/ bin ich
gramm/

Die jhr wol sagen dörfft/ auß eingebildtem wahn/
Die/ so jhr einem lobt/ die sey jhm strack bescheret/
15 Als ob in Gottes Rhat jhr gar gestiegen wehret/
Vermeint was euch gefellt/ gefall gleich jederman/
Vnd wist doch nit/ was der/ dem jhr beyrathen wolt/
In seinem Hertzen findt. Eim diß vnd jenes rathen
Ist kein schwer arbeit nicht; daß aber werd gerathen/
20 Da ist niemandt/ der sich darfür verbürgen solt.
Herr Spina, jhr/ der jhr vorsichtig seyt vnd klug/
Habt bey euch selbst gesucht/ was euch doch möchte glei-
chen/

Darumb jhr/ ohne müh/ gefunden ewres gleichen/
Vnd habt an ewrer Braut/ ewr Braut an euch genug.

Idem Zincgrefius.

+ + + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 285]

[.51*]
Rodolfi Weckerlini Lobgesang an Fraw
Barbara Sophia Hertzogin zu Wirten-
berg
/ Geb. Marggrefin zu Brandenburg.

GLeich wie/ wann mit gleichlosem glantz
Die Delische Göttin gezieret
Der Sternen gewohnlichen Dantz
Vor der Götter gesicht aufführet:

[219]
5 Sie mit jhrem kräfftigen Pracht
Die Finsternus dem Tag gleich macht:
Also Nymf/ aller Nymfen Blum/
O Fürstliche Zier aller Frawen/
O jhr aller Princessin Ruhm/
10 Mit wunder man euch muß anschawen/
Als deren Schönheit süsse macht
Deß Himmels vnd der Erden pracht.
Der doppelt leichtende Planet/
Damit ewere Stirn sich ehret/
15 Mit stetswehrender Majestet/
Die Lieb vnd Ehr zumahl vns lehret:
Vnd jhr lieblich-leuchtender Pracht
Die Finsternus dem Tag gleich macht.
Der Mutterlosen Göttin witz
20 Muß ewerer Weißheit nachgehen;
Die/ so in Paphos hat jhrn sitz/
Vor euch an Zier nit kan bestehen.
Ewerer Zier vnd Weißheit Macht
Ist der Götter vnd Menschen Pracht.
Sachanmerkung + Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 286]
25 Dann der Himmel hat seine Kunst/
So er (gerecht) so lang gesparet/
Mit mehr reicher dann spather Gunst
Durch euch bey vns geoffenbahret/
Vnd durch ewerer tugent Pracht/
30 Die Menschen wie Götter gemacht.
Vnd die Natur/ all jhre Macht
Vor der Welt Augen zubeweisen/
Hat euch/ als jhr Kunststück/ erdacht/
Damit man sie durch euch solt preisen:
35 Also die Erd durch jhre Macht
Empfieng des Himmels wahren Pracht.
Darumb dann vnser grosser Printz
Sein Hertz euch gern hat vndergeben/
Auff daß mit jhme sein Provintz
40 Durch euch glückseelig könte leben/
[220]
Vnd durch ewerer jugent Pracht
Die Nacht dem Tag würd gleich gemacht.
O daß euch beid der Götter Handt
Spath führe zu deß Himmels frewden:
45 Daß sie nit mög jhn von dem landt/
Von jhm euch/ vns von euch abscheiden.
O daß ewerer schönheit Macht
Stets bleibe der Welt wahrer Pracht.
+

[.52*]
Eine Vermanung zur Dapfferkeit/
Nach form vnd art der Elegien/ deß Grichischen
Poeten
Tyrtaei, welche der Lacedaemonier Feld Obersten jh-
ren Bürgern vnd Soldaten/ ehe sie ins Treffen giengen/
vorzulesen pflegten/ Gestellt durch

Julium Guilhelmum Zincgrefium.

KEin Tod ist löblicher/ kein Tod wird mehr geehret/
Als der/ durch den das Heil deß Vatterlandts sich nehret/
Sachanmerkung

[Druckausgabe S. 287]
Den einer willkomm heißt/ dem er entgegen lacht/
Ihn inn die Arme nimpt/ vnd doch zugleich veracht.
5 Ein solcher stehet steiff mit vnverwendten Füssen/
Er weichet niemandt nicht/ sein Feinde weichen müssen/
Ein solcher Mann der ist der Statt gemeines gut/
Der Wiedersacher grauß/ des Landts wehrhaffte Hut:
Er kan der Schlachten Fluth bezwingen nach seim willen/
10 Mit seiner gegenwart deß Feindes Trotze stillen/
Sein vnverzagtes Hertz ist seinem Vatterlandt
Ein vnerstiegne Burg/ deß Volckes rechte handt.
Mit seines Leibes Maur sperrt er den wilden Feinden
Gleich vornen an der Spitz den zugang zu den Freunden/
15 Verschertzt die Freyheit nicht vmb einen Hut voll Fleisch/
Vmb eine Handt voll Blut/ vmb einen Mundt voll Geist.
Begert deß Lebens nicht vff niedrige gedinge/
Helt vnbarmhertziger Leut Gnade für geringe/
Sucht seiner Feindt Freundschafft mit seinem schaden nicht/
20 Sein hohe Seel steht nur vff Gottes gnad gericht.
Es geh’ jhm/ wie es woll’/ er ist gerüst zu leiden
Das gut vnd böse Glück; vnd weil er nicht kan meiden
[221]
Das er doch entlich mus/ das er nur einmahl kan/
Sucht er recht würdiglich sein Tod zu legen an.
25 Frischt an die seinigen mit Worten vnd mit Wercken/
Thut jhrer Tugend schärff mit Fewerblicken stercken/
Vnd lehret sie/ es sey viel besser einer sterb/
Als daß das gantze Volck vnd Vatterland verderb.
Stirbt vngerochen nicht/ weiß daß er wird zur Erden
30 Todt vff seim todten Feindt liegendt gefunden werden:
Besorgt nit daß der Feindt Starck/ er hingegen Schwach/
Verlest sich auff die Stärck seiner gerechten sach.
Die gute sach jhn tröst/ solt’ auch der Feind obsiegen/
So werd die Warheit doch mit nichten vnden liegen/
+ Sachanmerkung
[Druckausgabe S. 288]
35 Sein vnschuld selber sich zu einem Bürgen stelt/
Daß sie doch endlich noch behalten werd das Feldt.
Wann er die Winde nun sicht mit den Fähnlin spielen/
Da thun erst Zorn vnd Lust all’ Adern in jhm fühlen/
In dem er sicher ist/ daß der in seiner Macht
40 Deß Feindes Leben hat/ der seines selbst nit acht.
Acht für die beste Kunst/ wann er nicht frey kan leben/
Daß er doch sterbe frey: thut immer vorwarts streben/
Sein vngeseumbte Faust macht beiderseiten platz/
Biß sie errungen hab den vorgesetzten Schatz/
45 Gestraffet den Vnbill durch zugelaßne Rache/
Tringt durch/ vff daß sie sich vnvberwintlich mache/
Vnd durch ein schönen Sieg/ oder ein schönen Todt
Sich hab versicheret vor allem Feindes spott.
Wie jhr die Sonn/ wann sie am aller tiefsten stehet
50 Zum vndergang geneigt/ am aller grösten sehet:
So auch erzeiget sich in seinem letzten streit
Sein vnerschrocken Hertz mit dopler Herrligkeit:
Vergisset seiner selbst in seinem Geist entzücket/
Deß Himmels vorgeschmack deß Lebens lust vertrücket/
55 Erfüllt mit Ewigkeit/ mit lauter frewdt entzündt/
Durch seinen Tod die Furth zum rechten Leben findt.
Es folgt das gantze Volck/ das vff jhn thete bawen/
Der Leichen trawrig nach/ der Leichen von Jungfrawen
(Den er jhr Ehr bewahrt/ die er vor Schandt behüt)
60 Mit Kronen auffgeziert/ mit Blumen vberschütt.
[222]
Ihn klaget Jung vnd Alt/ das Lande thut beweinen
Zwar jhne nicht so sehr/ als selbst sich vnd die seinen/
Die dieser Seul entsetzt/ die diesen Arm verlohrn/
So jhn zur vffenthalt vnd rettung war geborn.
65 Sein Kinder vnd Geschlecht seintwegen hochgepriesen
Geliebt von jederman/ vnd jederman gewiesen
Sein Grab/ das dapfferkeit fürtrefflich zugericht/
Erleuchtet durch der Ehr vnaußlöschliches Liecht.
Sein Ruhm füllt alle Landt: liegt schon sein Leib vergraben
70 Bleibt doch sein Edler Nam an Himmel hoch erhaben/
+ +
[Druckausgabe S. 289]
Erhaben an den Thron der wahren Herrligkeit/
Vmbgeben mit dem glantz vnsterblicher Klarheit.
Ein solchen hübschen Tod beschert Gott nur den frommen:
Wer Knechtisch ist gesinnt/ muß vnder Herren kommen/
75 Die jhn mit einem zaum nach jhrem willen führn/
Weil er der Freyheit müd sich selbst nit mag regirn.
Seht den verdienten Lohn der Weichling vnd Verrähter/
Die setzen auß dem gleiß der Redlichkeit der Vätter/
Die das vnschuldige Blut der Nachkommenheit
80 VerSclafen in das Joch der frembden Dienstbarkeit.
Es ist zulang gewart/ sie werdens nicht entkommen/
Es ist zu spat gewehrt/ wanns Hertz schon ist genommen;
Wann Wollust/ Geitz/ Haß/ Forcht hat diese Festung ein/
All’ andre Festungen gewiß vergeblich sein.
85 O wee deß Hertzenleids! o wee deß schweren Leiden!
Wo von dem Weib der Mann/ vom Mann das Weib gescheiden/
Wo von den Elteren die zarte Kinderlein/
Ein Freundt vom anderen verjagt/ getrennt muß sein:
Wo frembd’ Vnkeuschheit man muß jhren wüsten willen
90 An seinen Töchteren vnd Weibern sehn erfüllen/
Darff drüber seuftzen nicht/ darff weder sehn noch hörn/
Muß vor Trostlosigkeit sich in sich selbst verzehrn;
Darff sich in seinem Creutz mit weinen nicht ergetzen/
Darff mit der Freyheit sich mit keinem threnen letzen/
95 Wann von jhm weichen will der vngeschetzte Schatz:
Muß leiden/ daß jhn reit’ auch der geringste Fratz;
Vnd mit dem Rücken dann das seinig noch ansehen/
Vnd also lär vnd bloß an Bettelstabe gehen/
[223]
Verlassen Hauß vnd Hoff zu sampt dem Vatterlandt/
100 Ziehen/ da niemand jhm/ er niemand ist bekant:
Mit seinen Eltern graw/ mit seiner lieben Frawen/
Vnd vnerzogner Zucht das bitter Elendt bawen/
Bey jedermänniglich verschmehet vnd verhaßt/
Vnd/ wo er kommet hin/ ein vnwillkommer Gast.
105 Seins Stammens Achtbarkeit man draussen wenig achtet/
Vor Vnmuth all’ anmuth der Schönheit jhm verschmachtet/
Niemand sich sein annimbt/ vnd meinet jederman/
Gott nehme sich auch selbst keines vertriebnen an/
+ +
[Druckausgabe S. 290]
Mit einem wort/ das recht Fegopffer dieser Erden/
110 Der Außwürffling der Welt er mag genennet werden/
Ein Stieffkind aller Frewd/ sein Leben voller hohn
Ein recht Tragoedia gespielt durch ein Person.
Es schewet keiner sich jhm Leide zu zufügen/
Ihm zu verweisen sein vnfall/ jhn zubetriegen/
115 Wer ligt der ligt/ vor jhm laufft männiglich vorbey/
Denckt nicht/ wie nah vieleicht sein eigen vnglück sey.
O wee vnd aber wee/ wann noch die füll deß kummers
Den harten standt beschleust/ der Hunger alles Hungers/
Wo man deß Trosts beraubt/ deß wahren Seelen-brot.
120 Ein solches Volck das ist gleich als lebendig todt.
DRumb gehet dapffer an/ Ihr meine Kriegsgenossen/
Schlagt ritterlich darein; ewr Leben vnverdrossen
Vors Vatterlandt vffsetzt/ von dem jhr solches auch
Zuvor empfangen habt/ das ist der Tugent Brauch.
125 Ewr Hertz vnd Augen last mit Eiferflammen brennen/
Keiner vom andern sich menschlich Gewalt laß trennen/
Keiner den anderen durch Kleinmuth ja erschreck/
Noch durch sein flucht im Hör ein vnordnung erweck.
Kan er nit fechten mehr/ er doch mit seiner Stimme/
130 Kan er nit ruffen mehr/ mit seiner Augen Grimme
Den Feinden abbruch thue/ in seinem Heldenmuth
Nur wünschendt/ daß er thewr verkauffen mög sein Blut.
Ein jeder sey bedacht/ wie er das Lob erwerbe/
Daß er in Mannlicher postur vnd stellung sterbe/
[224]
An seinem orth besteh fest mit den Füssen sein/
136 Vnd beiß die Zähn zusamm vnd beide lefftzen ein:
Daß seine Wunden sich Lobwirdig all befinden
Davornen vff der Brust/ vnd keine nicht dahinden/
Daß jhn der Tode selbst auch in dem Tode Zier/
140 Vnd man inn seim Gesicht sein Ernst noch leben spür.
So muß/ wer Tyranney geübriget will leben/
Er seines Lebens sich freywillig vor begeben/
Wer nur deß Todts begert/ wer nur frisch geht anhin/
Der hat den Sieg/ vnd dann das Leben zu gewin.

FINIS.

+ + + +
[Druckausgabe S. 291]

[.150] = 53
[225–240]

MARTINI OPITII
ZLATNA, ...

Die letzten zwei Drittel von[ S. 240]:

Errata TypographicaSachanmerkung

Pag. 10. lin. 1. für pösij/ lese/ poesij.
lin. 20. für pösij/ poesij.
lin. 23. für Vattersgut/ vattergut.
p. 12. l. 32. für alles/ altes.
p. 17. lin. ult. für traure/ trawer.
p. 50. l. ult. für/ auch/ euch.
p. 51. l. ult. für/ nicht/ mich.
p. 53. l. 36. vor/ wellen/ willen.
p. 62. l. 1. für/ den locken/ lese/ die lacken.
p. 66. l. 25. vor/ jetzunder/ entzündet.
p. 67. l. 23. das wort/ Der/ ist vberflüssig.
l. 25. für/ sich/ lese/ sieht.
l. 37. für/ erfreuet/ erfrewt.
p. 68. l. 2. für Gömlitz/ Görlitz.
p. 76. l. 2. vor/ mch/ mich.
p. 85. l. 26. beschauent/ liß/ beschawet.
p. 88. l. 2. vor dar/ gar.
p. 101. l. 33. vor Neptununs, Neptunus.
p. 104. l. 17. vor stehen/ stehn/
l. 33. vor außgehen/ außgehn.
p. 125. l. 28. vor/ zue/ zur.
p. 140. l. 27. vor haben/ sahen.
p. 161. l. 21. vor nach/ noch.
p. 162. l. 17. vor hienieder/ hienieden.
p. 164. l. 2. vor feuerflammen/ fewrflammen.
p. 169. l. 3. vor auch/ euch.
p. 171. l. 4. vor dein/ deim.
l. 32. vor wahrhafft/ wehrhafft.
[Druckausgabe S. 292]
p. 172. l. 27. vor mir/ nur.
p. 173. l. 7. vor dem/ den. vor Jetter/ Jetten.
p. 175. l. 33. vor mein/ der.
p. 180. l. 12. für gedencket/ gedenckend.
l. 21. vor euch/ mich.
l. 32. vor geb/ gebt.
p. 182. l. 9. vor/ mehre euren/ ließ mehr’ eüeren.
p. 186. l. 2. vor/ pflegt/ pfleget.
l. 21. für geht/ gehet.
p. 189. l. 30. vor dich/ sich.
p. 200. l. 17. Biene/ ließ/ Bienen.
p. 201. l. 19. vor fang/ fange.
p. 204. l. 19. vor/ viel obsiegt/ ließ/ vielmahl obgesiegt.
p. 207. l. 2. für/ mit/ nit.
p. 208. l. 21. für/ jhn/ inn.
p. 209. l. 27. vor schätzelein/ schetzlein.
p. 212. l. 19. für/ würden/ würde.
l. 20. vor die/ den.
p. 213. l. 11. vor/ bitter/ bitten.
p. 216. l. 20. vor/ finden/ hindern.
p. 217. l. 5. vor/ ein/ mit.
l. 29. vor/ dieweil/ weil.
p. 218. l. 3. vor/ gemeiniglich/ gemeinlich.
l. 16. vor beschert/ bescheret.
l. 17. vor/ wehrt/ wehret.
p. 219. l. 31. vor/ alß: Also.
p. 221. l. 4. vor/ schärss/ schärff.
l. 16. all seine adern fülen: all’ adern in jhm fühlen.
p. 223. l. 8. vor/ jhn/ jhm.
p. 224. l. 1. vor seinen/ seinem.
p. 228. l. 24. vor ein/ eine.
p. 230. l. 33. jhr/ leße/ jhre.
p. 231. l. 32. vor/ alte/ leße/ alle.
l. 37. vor sehen/ sehn.
p. 232. l. 32. vor schmertzen/ schertzen.



Zitierempfehlung:

Martin Opitz, 59*: Anhang Teutsche Poemata (Sammlung A), in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. Band II, 1, hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: https://opitz.hab.de/edition/band-ii-1/ii_1_59/ (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

Martin Opitz, 59*: Anhang Teutsche Poemata (Sammlung A), in: George Schulz-Behrend und (Hrsg.), Band II, 1