48. Sz 38 1622 Lobgesang Bacchi
.1 Was kann man besser thun.2 Die schöne Venus gieng
.3 Sey sehr gegrüst
Einzeldruck X: DANIELIS HEINSII | HYMNUS | oder LOB- GESANG | BACCHI, | darinnen der gebrauch vnd | miſsbrauch des Weines | beſchrieben wird. | Aus dem Holländischen in | Hochdeutſch gebracht | Durch | MARTINUM | OPITIUM. | [rautenförmiges Zierstück, 20 × 29 mm] | Gedruckt zur Liegnitz | Im Iahr: 1622. | [kleines Ornament aus zwei Eicheln und einem Sternchen]
4°: A–D, unpaginiert; Exemplare: Breslau 4 V 67/9 und 4 E 513/3.
Gliederung: A1a Titel; A1b leer. A2a und b Widmung an Wil- helm Verlingen. A3a, unter einem rechteckigen Zierstück von 17 × 68 mm, der Kopftitel LOBGESANG DES | BACCHI. An- schließend der Text des Lobgesangs bis D3b. Am Ende ein recht-
Titel, Überschriften und Text von .1 sind aus der Antiqua ge- setzt; die Widmung (außer der ersten Hälfte der Anfangszeile) und die zwei Epigramme am Schluß aus der Kursive. Diese beiden Lückenbüßer erscheinen nach X an den verschiedensten unten angegebenen Stellen und unabhängig vom Lobgesang Bacchi.
Beim Setzen eines deutschen Textes aus der Antiqua, einer Typenart, die eigentlich für lateinische Texte gemeint war, wurde das w erwartungsgemäß bald defekt. Der Setzer half sich, indem er w eintreten ließ und häufiger als üblich u für w benutzte, z. B. freudt in Z. 4. Merkwürdigerweise wurde das k nicht defekt. In unserer Ausgabe ist w stillschweigend durch w ersetzt worden und die Kombination ſs durch ß. In der Verwendung von I und J ist weder dieser Druck konse- quent, noch sind es andere, welche Nichtfrakturtypen benutzen. Hier finden wir Iupiter (102) und Iovis (18, 30) neben Jupiter (8, 11, 230 usw.), Iunonis neben Juno, Iahr neben Jhares (in der Widmung). Im Fall von Iacche (109, 189) benutzt Sammlung A Jacche, und neben Iulius (Widmung) steht Jsmenus (565). Hrg. hat den Antiquadruck in die halbfette Type dieser Ausgabe trans- poniert; die Kursive des Vorworts blieb stehen.
Druck in Sammlung A 143–160 wie folgt: 143, Kopftitel Danie- lis Heinsij Hymnus | Oder | Lobgesang Bacchi/ darinnen der ge- brauch | vnd mißbrauch des Weins beschrieben | wird. | Auß dem Holländischen in Hochdeutsch | gebracht/ | durch | Martinum Opitium/ Bolesla- | viensem. Dreiundzwanzig der Eigennamen im Text stehen in Antiqua. Die Widmung ist nicht wieder abge- druckt worden und die Druckfehler sind nicht eben sorgfältig ver- bessert. Die zwei Gedichte, die in X als Lückenbüßer erschienen, sind auf S. 87 und 100 untergebracht. Der Lobgesang steht un- mittelbar vor dem Anhang ... anderer ... Poeten.
Druck in Sammlung B vom unpaginierten Blatt Q4a bis T4b (= S. 64) wie folgt: Q4a, Zwischentitel DANIELIS HEINSII | HYMNVS | Oder | Lobgesang | BACCHI, | Darinnen der gebrauch
Druck in Sammlung C, Teil I, [130]–154 wie folgt: [130], Zwi- schentitel fast wie in B. 131–132, unter einem Strich von in C1 79, in C2 77 mm, Widmungsüberschrift und Gedicht an Geisler; am Ende in C1 ein kleines Typenornament aus drei Eicheln um (o) gruppiert, in C2 ein dreieckiges Zierstück von 44 × 69 mm. 133, unter dem Kolumnentitel Anderes Buch., der Seitenzahl und einem Strich, der Kopftitel; darunter Anfang des Gedichts. Der linke Kolumnentitel lautet Der Poetischen Wälder. Am Schluß, S. 154, dreieckiges Ornament von 50 × 64 mm in C1, 49 × 69 in C2. Der Druck folgt B, doch ist er weniger sorgfältig. Die lateinischen Endungen der Eigennamen sind größtenteils ausgemerzt worden.
Druck in Sammlung F, Teil I, 549–573 wie folgt: [549], Zwi- schentitel fast wie in B. [550], leer. 551, unter einer Zierleiste von 9 × 72 mm, der Kopftitel Lobgesang | des | BACCHI und An- fang des Gedichts. Kolumnentitel (l.) Lobgesang | (r.) des Bacchi. von 562 an. 573, unter der letzten Zeile und in größerer Type, Ende deß Ersten Theils. Darunter ein dreieckiges Zierstück von 51 × 64 mm. Widmung und das lat. Gedicht erscheinen nicht in diesem Druck. Die Antiqualigaturen æ und œ der Eigennamen in früheren Drucken sind größtenteils durch Fraktur-e ersetzt wor- den.
Bei Bodmer und Breitinger steht der Lobgesang auf S. 419–462, die kurze Nachricht von diesem Gedicht auf S. 421. Wid- mungsgedicht und Text nach Sammlung F, dazu die Lesarten der früheren Ausgaben, wobei jedoch X nicht konsequent mit- beachtet worden ist. In der ersten Anmerkung, S. 424, lesen wir, daß dieser Lobgesang des Heinsius »von einer Natur« ist mit Opitzens Lobgesang auf den Mars. »Die Geschichte der Mytho- logisten von Bacchus ist der Grund, den der Poet adoptiert hat, darauf zu bauen. Und was er darauf gebauet hat, sind emblema- tische Vorstellungen von der Natur und den Würckungen des Weines«. Im Gegensatz zu Opitz’ Lobgesang auf Mars enthalte dies Gedicht keine Spöttereien auf die Mythologie. Die Mythologie mache bei Heinsius ein ernsthaftes Aussehen.
Schließlich erscheint unser Gedicht in Witkowskis Ausgabe der Sammlung A, S. 199–220. Die Lesarten sind nicht vollständig. Neue Druckfehler finden sich in den Zeilen 98, 229 und 412; in Zeile 220 blieb ein Fehler der Vorlage unkorrigiert stehen.
Die Arbeit an der Übersetzung dieses Lobgesanges folgte der am Lobgesang Jesu Christi. Sie wurde wohl etwas nach Jahresende 1621 abgeschlossen, worauf der Druck begann. Die Vorrede an Verling bringt, wenn auch in gedrängter Form, Gedankengänge aus Heinsius’ Vorrede an P. Scriverius. Über Wilhelm Verling war bisher nichts zu erfahren. Es ist möglich, daß er Opitz noch in Heidelberg bei sprachlichen Problemen des Übersetzens aus dem Niederländischen behilflich war. Etwas seltsam mutet es an, daß Opitz innerhalb weniger Tage diesen Lobgesang einem zweiten Zeitgenossen widmete, wenn diese Tatsache auch erst mit der Ver- öffentlichung des lateinischen Gedichts in Sammlung B, also 1625, allgemein bekannt wurde. Mit der Vorrede »verehrte« Opitz die Übersetzung spätestens am 13. März 1622 seinem »Herrn Bru- der« Verling, doch hatte er Geisler schon vor diesem Datum, näm- lich am 8. Februar 1622, ein Exemplar mit dem wahrscheinlich handschriftlich eingetragenen lateinischen Gedicht überreicht (offerret). Dies Gedicht wurde dann in den Sammlungen B und C
Andreas Geis(s)ler, Brieg 2. Juli 1572 bis 13. Juni 1624, Herr auf Pantenau, Gols-, Pols- und Teschendorf, beider Rechte Doktor, kaiserlicher Pfalzgraf, fürstlich liegnitzisch-briegischer Rat und Kanzler sowie der Fürsten und Stände Landesbestallter, war Verfasser von lateinischen Gelegenheitsgedichten; siehe Bd. I, S. 39 u. 118. Dem gekrönten Dichter Melchior Ostius (1569–1637), Lehrer am Breslauer Elisabethanum, verlieh er im Februar 1622 einen Wappenbrief (Kraffert, Chronik von Liegnitz). Geisler war einer der Abgesandten gewesen, die 1609 vom Kaiser den Majestätsbrief entgegengenommen hatten und hierauf be- zieht sich das Lob seiner Beredsamkeit, das Opitz 1619 in das Hochzeitsgedicht der Tochter Anna Maria einfließen ließ: Nr. 33. 1, Z. 52 f. Geislers erste Gemahlin, Magdalena Baudißin, starb am 24. Juni 1622; er heiratete Blandina Gerstmann am 7. März 1623.
Opitz’ Vorlage für diese Übersetzung war »Hymnus oft Lof- Sanck van Bacchus, waer in’t gebruyck ende misbruyck van de VVijn beschreven vvort«, zuerst veröffentlicht als Teil der von Petrus Scriverius edierten Sammlung Dan. Heinsii Nederduytsche Poemata, Janßen, Amsterdam 1616, 4°, wo dieser Hymnus an letzter Stelle steht und separat signiert und paginiert ist. Der Lof- Sanck van Bacchus wurde dann noch mehrmals abgedruckt und war unschwer greifbar. In der Neuausgabe Bacchus en Christus: Twee Lofzangen van Daniel Heinsius, hrsg. von L. Ph. Rank, J. D. Warners und F. L. Zwaan (Zwolse Drukken en Herdrukken, Nr. 53), Zwolle 1965, wird in der Einleitung auf die ältere dichte- rische Behandlung des Bacchusstoffes durch Nonnus und andere
Unser Gedicht hat wenig kritische Beachtung gefunden. August Buchner zitiert zwar in seinem Kurtzen Weg-Weiser zur Deutschen Tichtkunst, Jena 1663, S. 70 f., die Zeilen 637 f., um die bei Hein- sius und Opitz auf eine neue Weise zusammengesetzten Wörter zu verteidigen, da sie dem Thema und der dithyrambischen For- derung allerdings angemessen seien; andererseits sollten derartige Wörter mit Vorsicht verwendet werden, weil sie den Vers schwül- stig und vollblütig machen. Hierbei handelt es sich um eine Parallele zu Opitz’ eigenem Hinweis auf diese Art von Composita im VI. Kapitel des Buches von der Deutschen Poeterey. Über den Lobgesang Bacchi im ganzen spricht Buchner sich nicht aus. Wie Opitz der Übersetzung von Heinsius’ Lobgesang auf Christus seinen eigenen Lobgesang über den freudenreichen Geburtstag ... Jesu Christi folgen ließ (1624), so betrachtete er auch die Über- setzung des Hymnus auf Bacchus als wichtige Vorarbeit und eine für die sprachliche Bewältigung notwendige Einübung für das eigene Gedicht auf einen anderen heidnischen Gott, die Laudes Martis von 1628. Einige verstreute Hinweise bringt Rubensohn in den Anmerkungen zu Griechische Epigramme, Weimar 1897, S. 122, 124, 125, 126, 128 und 130. Andreas Tscherning ließ sich durch Opitz zu seinem Lob des Weingottes, Rostock 1636, anregen; siehe hierzu Borcherdt, Tscherning, S. 61.
[Nur in X]
[A2a]MARTINUS OPITIUS An Herren WILHELM VERLINGEN seinen gutten freundt.
MEin Herr Wilhelm, Gleich wie das schöne Liecht der Sonnen nicht allein die gipffel der Berge vnd hohen Schlösser, sondern auch die tieffen Thäler vnd Gründe lieblich zu bescheinen pfleget: So schweben auch grosser vnd gelehrter leute gedancken nicht allzeit in den Wolcken vnd dem Himmel aus dem sie entsprossen sind: Sie lassen sich auch zuzeiten hernieder, vnd lesen jhnen was geringes aus, an dem sie die treffligkeit jhres verstandes zuerkennen geben wollen. Ich wil nicht sagen, das vnter den alten vnd newen scribenten dieser die Kalheit, jener die Gicht, ein ander die Thorheit vnd dergleichen nichtige auch schädliche sachen prächtig heraus gestrichen haben: Wie manch statt- liches gemütte hat sich an der volseuffer jhren Götzen den Bacchus ge- macht, vnd jhn, oder viel mehr vnter seinem Namen das abschewliche laster der trunckenheit, mit lebendigen farben fürgebildet? Von den al- ten ist Nonnus, sonsten ein gutter Christ, noch fürhanden; der in Griechischer sprachen, welche dann trefflich wol hierzu dienet, acht vnd viertzig Bücher, Dionysiaca genennet, geschrieben hat. Die Latei- [A2b]ner zu vnserer Voreltern zeiten, als Flaminius, Marullus, Muretus vnd der edele Iulius Scaliger, sampt anderen, haben sich auch dißfalls stattlich sehen lassen. Diesen hat der sinnreiche vnd fast erste Frantzösische Poet Ronsard nichts bevor geben wollen, sondern sich in seiner sprachen hier vber die massen hervor gebro- chen: Biß endtlich auch vnser Heinsius auff sein gut Holländisch dermassen artlich den gebrauch vnd mißbrauch des Weines außge- druckt, das er künfftig alle vernünfftige Menschen von weiterem nachohmen abgeschreckt hat. Dieses köstliche getichte, welches ich verwiechenes Jahr lust halben in Hochdeutsch gebracht, wil ich euch, mein Herr Bruder, anjetzo verehret haben, weil jhr der trewe so ich
[.a]
Ad Amplissimum Virum,
ANDREAM GEISLERVM, Consiliari-
um Imperatoris,
Comitemque Augusti
Palatii et Ducatus Lignicensis
Cancellarium,
Cum ipsi hymnum hunc a se versum Interpres
offerret; VI. Id.
Febr.
ANNO M. DC. XXII.
SI nostris leviter vacare Musis
Tot te continui sinunt labores,
Huc, vir magne, veni, novoque Pindi
Mecum Teutonici quiesce luco,
5 Cuius nos pia sacra, cuius umbras
+
+
Ni moesti rabie vetamur aevi
Armorumque sono nec ille magnis
Livor mentibus additus virentem
10 Saevo fregerit impetu juventam.
Sed vivent nitidi canora plectri
Olim carmina, nec sacros Opiti
Vestri deteret ulla sors calores
Aut aestus Stygis occupabit atrae.
15 Nec tu non etiam potentis ausus
Acres ingenii ferente vento
Ultra futile littus et minutas,
Queis plebs atteritur profana, curas,
O Geislere, vehes. Id ipse Phoebus
20 Et Phoebi lepidae rogant Sorores;
Quarum, si vacat (et vacet Lyaei
Festo laetifici) recente Pindo,
Ad myrtos Paphias tuasque laurus
Et rivi vada garruli quiesce.
+ + + + + +
[.1] [A3a]
LOBGESANG DES
BACCHI.
WAs kan man besser thun den abend vor der Faste/
Als das man Bachus lobt/ dieweil man geht zu
gaste
An einen gutten tisch? wir wissen nichts von
leid/
Gedencken wir an dich/ o Vater aller freudt/
5 Vnd auch des süssen Weins. wen solte man
vergleichen
Mit deiner starcken macht? die Götter müssen
weichen
Dir der du einer bist/ vnd doch mehr namen hast/
Nechst Jupiter allein/ als alle Götter fast.
+
+
+
+
10 Ich weis nicht was ich erst/ was ich zu letzte singe.
Wie Jupiter mit blitz die Semele bedeckt/
Vnd jhres leibes bürd’ in seine hüfft gesteckt.
Des donners schwester kam/ der loh der heissen flammen/
Vmbringte deinen leib/ schlug vber dir zusammen,
15 Der blitz stund vmb dich her/ biß das dein Vater kam/
Vnd aus dem fewer dich mit eignen händen nam.
Nach dem du nun befreyt vnd aus der glut genommen/
Bist du auch aus der hüfft des Jovis wieder kommen/
Mehr als ein mahl gebohrn/ diß hast du gar allein/
20 Vnd keiner sonst mit dir im himmel nicht gemein.
Es habe Nisa dich in Indien getragen;
Viel sagen es sey nicht/ ein jeder sagt das sein’/
Ich meine das du seyst gebohren an dem Rein:
25 Da kömpt das edle naß nach Dordrecht abgefahren/
Das Niederlandt erfrewt: da waren dein’ altaren/
Da ist dein name noch/ der Spanier ob er wol
Auch süsse trauben hat/ wird offte von dir vol.
Man lobt auch Creta tranck von wegen seiner gaben/
30 Sie wolten dich sehr gern zu Jovis Landsman haben/
Vnd Bürger dieses orts/ doch schaw du gar wol zue
Das man nicht auch dein grab den Völckern zeigen thue.
Von dar bist du zur stund den Göttin vbergeben
Die in dem weiten Meer vnd in dem Wasser leben.
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Als Juno wieder dich den harten zorn gekehrt.
Des grossen Atlas neef hat dich dahin thun müssen/
Weil du die zunge schärffst das vnsre reden fliessen
Wie süsses honig fleust/ das honig, das man glaubt
40 Das du wie auch den wein den Menschen hast erlaubt.
Es ist mir zwar bewust das ander’ auch gestunden
Es hette Phaebus Sohn den Bienenzucker funden.
Ich aber glaube so/ vnd meine das der neidt
Auch in den Himmel reicht/ der sonst ist weit vndt breit.
45 Du hast der namen viel daraus dein lob zue sehen/
Dein’ art vnd grosse kraft/ vnd was durch dich geschehen/
Die Mahler schreiben auch die wunder an die wandt:
Lyaeus bist du meist/ weil das du kanst entbinden
50 Die sinnen vnd verstandt/ vnd rhue der sorgen finden.
Doch warumb bist du nackt/ o Evan/ ohne scham
Vnd ohne kleidt gemahlt? Weil du den lügen gram
Gar keine falscheit liebst. die Warheit liegt verschlossen
In deinem süssen tranck’/ vnd wann wir vns begossen,
55 Da ist die zunge loß: das alles was der grundt
Des Hertzens hat bedeckt/ kömpt häuffig auff den mund.
Vnd warumb bist du jung? Weil deine süsse gaben
Die runtzeln thun hinweg/ das alter gantz vergraben.
Was zeiget vns dann an dein dicker feister wanst?
60 Er zeiget das du pein vnd leid vertragen kanst.
Auch deine trummel lehrt das die dich nicht recht ehren/
Vnd sauffen zu getrost/ nichts sehen vnd nichts hören/
Vnd machen groß geschrey. die krone die du tregst
Ist mutter des geträncks dadurch du vns bewegst.
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Dieweil du das gesetz vnd weise recht zu leben
Gebracht hast an den Tag: darunter auch ist das/
Das niemandt setzen darff den becher oder glaß/
Es sey dann außgebohrt. wer diß gebot darff brechen/
70 Muß noch ein mahl daran/ vnd ohne wiedersprechen
Noch einen kehren vmb/ ich kenne manche wol
Die diese straffe nicht gar groß erschrecken sol.
Er trifft recht vber ein; du hast jhn auch besonder
75 Allzeit sehr lieb gehabt: weil dein volck weit von list
Vnd scharffen sinnen ist/ du selber lustig bist.
Dann Liber wann du kömpst aus einem vollen hafen
Geflossen in den leib/ da werden auch die Schlaven
Zu Königen gemacht: die trawrigkeit vnd schmertz
80 Vergehen durch den trunck/ entbunden ist jhr hertz.
Doch worvon kömpt es her das sie dir hörner geben?
Ists dannher weil du giebst den vnterhalt zu leben,
Schenckst reichlich vnd volauff/ das alles da sein mus
Wann du vns nur berührst mit großem vberfluß?
85 Ists wol von dem gebrauch der alten Welt geflossen,
Dieweil sie nur den Wein in hörner eingegossen/
Eh als man Goldt gekent? mehr oder das der Wein
Vns wilde macht wie sonst die hörner-thiere sein?
Ists ferner auch das du von Ammon her bist kommen?
90 Vnd das du allererst die Ochsen hast genommen/
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Vor dir versichert sein/ leuffst alle Menschen an?
Diß alles giebt man vor. doch/ mag ich dich was fragen?
Ists nicht dieweil du machst die männer hörner tragen?
95 Dann wann die frauen sind durch diß dein kraut erfreut
So sind sie bey der lust/ vnd gehen was zu weit.
Man sagt das Phoebus hat gemacht vor alten zeiten
Ein groß vnd schwer altar/ verbeint an allen seiten
100 Die manches hörner-thier in Delos hat gefellt.
Vnd das gehöret dir/ o beyde Sohn vnd Schwager
Des grossen Jupiters/ o grosser hörnertrager/
Vnd das gehöret dir/ ein new-gebawt altar
In deiner Kirch’ vmbschrenckt mit hörnern gantz vnd gar.
105 Nun das gehöret dir. doch größer solt’ er werden
Als er zu Delos war/ dem schönsten ort’ auff Erden:
Wann jedermann der lebt die hörner brächt’ heran
Die jhm die liebste giebt/ er stieß’ am Himmel an.
Iacche gib mir doch/ so ich mich muß ergeben/
110 Vnd wie der meiste theil/ mit einer frauen leben/
Das nicht dein süsses gifft jhr werde viel gebracht/
Auff das sie jhren Mann nicht zum Actaeon macht.
Es ist vorhin genung das auff Citherons spitzen
So manche Thyas pflegt gantz voll vnd toll zu sitzen:
115 Das Maenas wüst vnd wildt hoch auff dem berge ruft/
Wirfft jhren tollen Kopf/ vnd schreiet in die lufft/
O Bassareu las mich doch mit den blettern decken
Die du tregst vmb das haupt; den süßen tranck auch schmecken
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120 Vmgieb mich mit der haut die deinen leib vmbringt.
Laß mir den holen stock den du tregst in den händen
Wann mir der fuß entgeht/ thue vnfall von mir wenden
Spann auch die Tyger ein. ich nehm es alles an/
Auff deinem Kopffe nur laß ich die hörner stahn.
126 Viel Nymphen haben dein mannhafftig hertz gebunden.
Es wird von Beroë der schönen viel gesagt,
Die auch Neptuno lieb/ wie sehr sie dir behagt.
Wie Ampeli gelb’ haar von Zephyrus getrieben
130 Dein vnerlescht gemüth beweget hat zum lieben.
Wie das dir durch den stier vnd seinen grimmen todt/
Dadurch er weggerafft/ erregt ward weh vnd noth.
Du wündtschtest offtermals wie er auch zue verterben/
Die Sonne nicht zu sehn/ du wündtschtest offt zue sterben.
135 Doch/ Vater/ der du nur siehst stets des Himmels licht/
Vnd wohnst bey Phlegeton noch bey Cocytus nicht;
Das kompt den Menschen zue/ die offters heute leben/
Vnd einen tag darnach sich in das Grab begeben.
Sie mussen alle sehn/ wie frisch vnd wie gesund
140 Sie immer mögen sein/ den schwartzen Hellenhund.
Doch dieses grosse leid ward gantz vnd gar versencket/
Als du nach dem er todt den Weingart hast geschencket.
Eubule lehre mich/ Limnaee sage frey/
Wie doch der Trauben safft zu erst erfunden sey.
145 Die Griechen sein zue Wind vnd eitelkeit geneiget/
Man liest der Bock hat dir den Weinstock erst gezeiget.
+ + + + + + + + + + + + + + + +
Dem Bocke rechnen zue/ das mussen Böcke sein.
Es ist ein schädlich Thier/ das offte Stock vnd Trauben
150 Verterbet biß zu grund/ mit seinem steten klauben/
Zureist die süsse frucht. Dannher auch kommen thut
Durch die vrsachen ist vor zeiten auch entsprossen/
Das man den Bock zue erst geschlachtet vnd begossen
155 Mit lauter süssem Wein. dann ward mit seiner haut
Ein lustig spiel gemacht/ von vielen angeschaut/
Ein spiel das Theseus selbst den Bauren hat ertichtet/
Als er dein Freudenfest am ersten angerichtet.
Sie machen einen Sack/ dann springen sie darauff/
160 Vnd fallen in den Sand der tolle volle hauff.
Hier mercken wir daraus/ das diß sind kahle sachen/
Vnd lügen ohne frucht/ gar billich auszulachen/
Recht alter Weiber tand. doch gleich so wol der bock
Ist nicht sehr wol daran/ verleuret seinen Rock.
165 Du hast das gülden’ Haar von Ampelus genommen/
Verendert in die pflantz’ aus der der wein herkommen:
Durch welches zue der Stund das Elend Weh vnd schmertz
Vnd leidige verdruß verlies dein traurig Hertz.
Ich lasse stehn den Kohl der von Lycurgus thränen
170 Sol her gebohren sein: Wil heute nichts erwehnen
Von Wiederwertigkeit. Doch muß ich eine that
Erzehlen dir zue ruhm/ so sich begeben hat.
Nach dem du auff die See vnd Wellen vbergeben/
Da du in Thetis schoß versichert möchtest leben/
+ + + + + + + + + + + + + + + +
Vnd machtest das er must’ in furcht vnd zittern gehn.
Mit reben vmb die Hand/ sein’ Augen die bestunden
Mit threnen vberdeckt; vnd zu derselben stundt
180 Kam jm ein heßlich schleim geronnen aus dem mund.
Wohin er nur diß safft ließ aus den augen fliessen
Ins erdreichs dürre schoß/ da sah man kohl auffschissen
Die wunderbare pflantz. dann wo sie jetzt noch steht/
Ob gleich sonst wein da wechst/ das weinland das vergeht.
185 Drumb ist sie noch gesund nach dem man viel gehoben
Vnd das der dampff beginnt im Kopffe sehr zu toben/
Vnd macht da grosse pein/ dann wird sie gutte kost;
Dann wer den schmertzen fühlt/ kompt wieder zu der lust.
Iacche sonder dich ist Venus als gebunden/
190 Cupido liegt und schläft/ kan niemand nit verwunden:
Kömpst aber du darzu/ dann fassen wir vns muth/
Sind eiffrig zu dem thun/ dann thut das lieben gut.
Drumb hat man vor der zeit gepflegt auff den altaren
Der Griechen weitberhümbt mit Venus dich zu paren:
195 Dann ohne Bacchi safft/ vnd Ceres deine frucht,
Ists mit dem lieben nichts/ vnd Venus giebt die flucht.
Die frewde kömpt von dir: wir sind ohn deine gaben
Schon vor dem Tode Todt/ vnd lebendig begraben.
Beschaut man vmb vnd vmb was doch wir Menschen sein
200 Das erst’ ist ach vnd weh/ das letzte noth vnd pein.
Mit trenen kömpt man an/ mit seufftzen weh vnd klagen
Geht man von da man kam/ mit hoffen vnd mit zagen
+ + + + + + + + + + + + + + + +
Ohn alle nutzbarkeit in eiteler begiehr.
205 Das leben ist ein Marckt zu dem wir menschen lauffen
Vns Lust vnd Fröligkeit vor vnser Geld zu kauffen.
Wer da das meiste kriegt vnd legt die zeit wol an
Die jhm gegeben ist/ derselb’ ist wol daran.
Der rest ist als ein wind/ dann wann der Geist gezogen
210 Ist ein mahl aus dem Leib’ vnd aus dem Mund’ entflogen
Er bleibt so lange weg/ verlest vns hier ein’ hand
Zwey oder drey voll staub. das bleibet vnser pfand.
Die Blumen fallen ab/ das kraut vnd graß verterben/
Vnd schiessen wieder auff; auch deine reben sterben/
215 Vnd kommen wiederumb. die güldne Sonne steht
So offtmahls wieder auff als sie zu bette geht.
Wir/ wann wir einmal schon mit threnen sind begossen/
Geschiden von der Welt/ vnd in den Sarch geschlossen/
Wir bleiben da wir sein/ verwesen in der Erdt
220 Vnd niemand ist von vns der dann zu rücke kehrt.
Da gehn die sorgen hin. darumb hast du erfunden
Die wunderliche pflantz mit welcher man die wunden
Der noth vnd kummers heilt/ vnd treibet von der brust
Verdruß vnd durst zugleich/ kriegt fröligkeit vnd lust.
225 Des Jupiters befehl dir jederzeit gefallen/
Folgst jhm/ vnd wirst geliebt auch von den Göttern allen.
Ich nehme Ceres auß. Weil sie dich sehr verletzt
Vor diesem/ wie man sagt/ vnd hefftig auffgesetzt.
230 Das Jupiter zue jhm die Götter all zu hauffen
+ + + + + + + + + + + + + + + +
Mit dem ein jeglicher den Menschen stünde bey.
Apollo trug die Harff/ mit schöner Frucht der Erden
Kam Ceres in der hand/ Neptunus mit den Pferden/
235 Osiris bracht’ auch was/ vnd Isis/ vnd der Pan/
Mercurius die Zung/ die er wol brauchen kan.
Vulcanus seine Glut/ Mars starcke macht zue kriegen/
Die Schwester Jupiters vnd Fraw jhr groß vermügen.
Da war kein ansehn nicht; sie trugen in gemein.
240 Auch Pallas jhren Baum/ vnd Bacchus seinen Wein.
Cupido war vorhin von Hause weggesendet/
Auch Venus war nicht da; so das jhm nicht verblendet
Durch sie das Antlitz ward. Viel sagten zu der stund
Das Liber Meister sey durch seinen gutten fund.
245 Ein jeder sah’ auff sich/ versuchte zue beweisen
Das seine Gab’ vnd Werck vor allen sey zue preisen.
Doch Bacchus lacht’ jhn an/ vnd macht’ jhn so viel weis/
Tranck jhm so hefftig zue/ das er behielt den preiß.
Die stoltze Ceres kont’ es aber nicht vertragen/
250 Lieff eylend da hin weg/ vnd setzte sich zue Wagen/
Vnd hat so viel gemacht durch Achelous raht/
Das sie des Bacchus platz schier selber innen hat.
Ihr Koren wird gekocht/ wird von den Feuerfuncken
Vnd glut zu recht gebracht/ jhr Koren wird getruncken
256 Gebreuet vnd vermengt/ verwüstet vns den Kopff.
Das kan man jetzt noch wol an vnsern Bauren spüren/
Die von der Ceres Tranck ein seltzam wesen führen/
+ + + + + + + + + + + + + + + + +
260 Das Koren trincken sie/ vnd brennen ab jhr Land.
Man kan der Ceres haß noch jetz in jhnen mercken:
Dann wann es kompt in’s haupt/ begint sich auch zustercken
Trotz/ zanck vnd haß/ dann kompt das messer auff den hut/
Die Kannen in die faust/ dann folget Menschenblut.
265 Du bist o Nycteleu zue guttigkeit geneiget/
Hast von Natur vnd art gantz freundlich dich erzeiget:
Vnd allen gutts gethan/ bist jederzeit jhr Gott/
Ihr helffer/ schutz vnd schirm gewesen in der noth:
Ein treuer auffenthalt der Männer vnd der Frauen.
270 Kan man dasselbe nicht an Ariadna schauen?
Dann nach dem Theseus nun hinweg geflohen war/
Aus Naxos von der Braut/ so fandst du sie alldar.
Sie rieff vnd schrey betrübt: Wie bistu so gesonnen/
O Bürger von Athen/ wie bistu so entronnen?
275 Ach weh/ ach meinen schlaf! dein hartes falsches hertz
Bringt mich betrübte magd in solches leid vnd schmertz.
Ich war in einem traum. Mich dauchte das wir lagen
Zusammen mund an mund in euserstem behagen
Gemeiner Freud’ vnd lust. Ich stackte meine Hand
280 Nach Theseus in das Bett’ die Theseus doch nit fand.
Mit beiden armen vmb/ grieff fleissig auff vnd nieder
Wo er dann muste sein. doch sucht’ ich hier vnd dort
So war es nur vmbsonst/ er war doch einmahl fort.
+ + + + + + + + + + + + + + + +
Deß besten auff der Welt/ durch gar zu leichte glauben.
Hat eine Jungfraw dann nicht mehr die werthe kron/
Das was sie noch behelt ist vnehr/ spot vnd hohn/
Vergeben rew vnd leid. Ach möchte sichs begeben/
290 Das doch ein grimmig Thier abhülfe meinem leben/
So nun beflecket ist. Ach das der Hagel kem
Gefallen aus der lufft/ vnd mich von hinnen nem.
Wo sol ich arme hin? dies’ Insel ist geschlossen/
Das Land ist vor mir zue daraus ich bin entsprossen/
295 Vnd das vmb dich allein: bin deinetwegen bloß/
Bin kommen in den tod aus meiner Mutter schoß.
Du Mörder/ hettest du ja müssen dich befohren
Vor deines Vaters zorn/ mich die ich bin gebohren
Von Königlichem stamm/ bey allen wolbekant/
300 Bey allen hoch geschätzt/ zue führen in das Land:
Zum minsten hett’ ich doch gedient zu andern sachen/
Dir fleissig nachzugehn/ dein Bette recht zu machen.
Zum minsten hett’ ich dich zue sehen recht vnd fug;
Ich könte Theseus sehn/ das were mir genug.
305 Nun sterb’ ich ohne dich. diß sind die Hochzeit gaben
Die Theseus mir verehrt; ein’ Insel sol ich haben/
Er lest hier seine Braut den Vögeln für ein aaß.
Diß ist die grosse trew die du mir hast gegeben/
310 Als ich mit meiner hand zuevor beschützt dein Leben/
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Den Männern nach der zeit vnd jhrem Eyde traw.
Dann wann sie hitzig sein/ vnd was von uns begehren/
Da hört man sie sich hoch verbinden vnd verschweren:
315 Ist nachmals jhre lust von vns geschöpfft dahin/
Sind alle glatte Wort’ vnd zuesag’ aus dem sinn.
In dem sie also sitzt mit kummer vberlauffen/
Vnd schmertzlich sich beklagt/ kömpt Bacchus vnd sein hauffen.
Die tolle volle schar hüpfft frölich in die luft/
320 Vnd schmeist den kopff empor aus trunckenheit/ vnd rufft:
O Evan Evoë. zehn wütende Maenaden
Gehn vmb die gutschen her/ vnd auch so viel Laenaden:
Sie trugen einen Spies ein’ jeglich’ in gemein
Bekleidet rings herumb mit blettern von dem Wein.
325 Der Satyren Volck sprang/ Silenus aller truncken
Auff seinem Esel kam fein langsam nachgehuncken/
Trug eine Kanne Wein/ vnd in der lincken hand
Die schwinge dem geschirr des heiligtumbs verwand.
Ein par der Götter trug den zeug in zweyen Kisten
330 Damit man dir bey Nacht dein Fest pflegt zuzurüsten:
Der Maron folgte nach/ vnd kühlte seine brust
Die hitzig worden war mit süssem neuen Most.
Der kahle Botrus auch/ kam mit dem hellen hauffen:
335 Vnd Methe starrend voll das vnverschämpte Weib/
Fiel offters in dem gehn Sylvanus auff den Leib.
Viel Paucken hörte man weit vber alle Felder/
Viel Cimbeln klungen sehr durch Naxos wüste Wälder:
Auch Echo selber schrey vor allen in die höh/
340 Vnd rieff so sehr sie mocht’: o Evan Evoë.
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Das schöne Minos Kind: Die braunen Augen waren
Von zehren noch genetzt. Gleich wie das grüne gras
Wird durch den süssen taw zue zeit des Mayens naß/
345 In dem Aurora ist des Morgends auffgegangen:
So stund das Wasser noch auff jhren rothen Wangen/
Das Haar hing ohne band/ vnd lag auff jhrer Schoß/
Ihr Kleid stund auffgemacht/ die Brüste waren bloß.
Die Haube/ weit hinweg geworffen von der stellen
350 An der sie selber saß/ lag bey deß Meeres Wellen/
Die spielten fast darmit: Was höher jhr zur hand
Lag jhr zudrückter Rock vnd Brusttuch in dem Sand.
Sie rieff noch Theseus an/ vnd warff die zarten armen;
Vor welchen Bacchus kam sich jhrer zuerbarmen/
355 Vnd sah sie lieblich an/ vnd nahm ein Rebenblat/
Das Wasser wegzuethun das jhr mit hauffen trat
Aus jhrer Augen bach. Er hielt mit seinem Wagen/
Vnd sagte: liebes Kind/ was hilfft dich doch das klagen/
360 Ich wil dein Theseus sein. Sieh mich doch einmal an.
Schlag doch dein angesicht nicht nieder. las doch fahren
Das was du jtzund denkst/ las mich nun mit dir paren.
Ich bin der grosse Gott/ der traurigkeit vnd pein
Beseite stellen kan durch seinen edlen Wein.
365 Minoïs Tochter schwieg/ ließ von der seiten schissen
Ihr Angesicht’ auff jhn. Das rührte dein gewissen
O Evan Evoë. Bald wieder auff der stet
Warff sie ein aug’ auff dich das noch viel besser thet.
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370 Schweigt eine Jungfraw gleich/ hier sind doch die verräter.
Es ist ein wundervolck sehr listig in dem grund/
Sie sagen ohne zung’ vnd reden ohne mund.
O Evan Evoë/ du Gott der Süssen Reben,
Da thetest du jhr bald zu beyden seiten geben
375 Gar einen zarten kuß: Hast jhr ein Bett gedeckt
Von deinem Hindenfell/ vnd in den Sand gestreckt.
Man sahe gutten Wein da wachsen zue der stunden/
Viel tausend blumen sich an dem gestade funden/
Die See lag still vnd stumm. Der Wind war gantz in rhue/
380 Doch Zephyrus allein sah’ eurer liebe zue/
Vnd bließ Violen aus vnd Rosen euch zue ehren
Die Göttin Venus selbst hieß sich mit Myrten mehren
Die stelle da jhr lagt/ die sie mit jhrer hand
An deine Reben flocht’ vnd zue einander band.
386 Gantz rasend vmb vnd vmb. Die Satyri auch rieffen
O Evan Evoë: doch Evan gab nicht acht/
War embsig auff das spiel der Liebe nur bedacht.
Nach dem der süsse streit zue seinem ende kommen/
390 Hat er die newe Braut auff seine Kutsch genommen/
Sie bey das Bild das kniet mit sich geführt darvon/
Vnd in die lufft gestelt die schöne güldne Kron.
Die kömpt noch jetzt zu paß wann die liebhaber messen
Des Meeres blaue Feld. Es ist noch nicht vergessen/
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Vnd seiner Reisepursch den ersten vrsprung sagt.
Ich denck’ auch/ wie durch dich Vulcanus in den orden
Der Götter wieder kam/ als jhm verbotten worden
Bey jhnen mehr zue sein/ vnd mit der starcken hand
400 Vom grimmen Jupiter gestürtzt war auff das Land/
In Lemnos hart vnd dürr/ voll beulen vnd voll wunden/
An beyden Seiten lahm. Da hastu eilend funden
Gar einen neuen fund. Du hast Silenus Pferd
Den Esel an den schwantz gezäumt vnd vmbgekehrt
405 Den Knecht darauff gesetzt. So kam er her geritten/
Vnd klagte Jupiter was schmertzen er erlitten/
Grieff an den lahmen fuß. Er schrey so grausam wild/
Das Jupiter sich selbst deß lachens nicht enthielt/
Vnd ließ jhm seinen ort. Dannher auch ist es kommen
410 Das Juno wieder dich in jhre gunst genommen/
Vnd jhn in seinen platz vnd alte stelle bracht/
Nun diß sey alles war. So wusten viel Poeten
Vorhin nicht wie du dich gewagt in grossen nöthen.
415 Sie sagten dein Gemüth das thete blos bestehn
In eiteler begiehr/ den Weibern nachzuegehn.
Ich aber/ Evan/ weis das Phlegra nicht kan schweigen/
Als Mimas vnd sein volck wolt’ in den Himmel steigen:
Du stundtst nechst Jupiter/ gabst Rhaecus einen stoß/
420 In Löwensart verkehrt/ das er zur Erden schos.
Er rollte berghinab zwo Nacht vnd zwene Tage/
Biß das er nieder kam/ vnd auff der Erden lage.
Dein Vater als er sah die that so du vollbracht/
Gab einen Donnerschlag zur Ehren deiner macht.
425 Der Himmel schwitzte selbst, Typhoeus musste weichen/
+ + + + + + + + + + +
Vnd Jupiter hieß dich/ o Evan/ zu der zeit/
Vor aller Götter zahl/ den Meister in dem streit.
Mars muste selber sehn/ verwahrt an allen enden/
430 Das du den ersten preiß geführt in deinen händen.
Du sassest oben an/ vnd dir zu grossem danck
Gab Ganymedes erst den Becher mit dem tranck.
Den hast du noch vol Blut/ vol schweiß vnd gantz beweget/
Genommen in die faust/ auff dreymal hingeleget.
435 Die Götter waren fro/ ein jeder rieff vnd schrey:
Durch dich/ durch dich allein/ o Evan/ sind wir frey.
Vnd ließ jhn gehn vmbher/ auff aller Götter Leben.
So das die meinung mir in mein gemütte kömpt/
440 Das der gesundheit trunck dannher den vrsprung nimpt.
Sie pflegen offtermals sechs Gläser aus zue sauffen/
Vnd auch bisweilen mehr/ mit solchem grossen hauffen/
Biß das sie letztlich noch deß Fasses Meister sein.
Vor mich ist gar genung ein Kleeblat nur allein.
445 Nicht mehr begehr ich mir. Das erste vor den Magen/
Das ander für die Lieb’ vnd freundliches behagen/
Das dritte nehm’ ich auch; diewiel der schlaff vnd rhue
Durch diß verursacht wird/ vnd deckt die sorgen zue.
Auch ist der Gratien zahl diese/ welche geben
450 Genügen/ freud’ vnd lust/ vnd selbst bey Venus leben.
Wer dreymahl dieses thut vnd so vmbher lest gehn/
Der bleibet in der zahl deß Phoebi schwestern stehn.
Orontes weiß auch wol wie das du vberwunden
Die Feinde mit dem spieß mit Trauben vmbgebunden.
455 Dann hierumb haben sie Thriambus dich genant/
Weil du mit rechte dich rühmst deiner starcken hand/
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Vnd thetest deine krafft den Indianern zeigen/
Den Feinden nur zu hohn/ nach dem du grosser Held
460 Mit vnerhörter macht Deriades gefellt.
Selbst Juno bebete vor deinen grimmen Thieren/
Als sie dieselben dich sah’ an dem Zaume führen.
Den Feuerkohlen gleich. man sahe flammen gehn
465 Aus jhrer Nasen her/ den schaum mit grossem hauffen
Als flocken einer glut aus jhrem munde lauffen
Rund vmb den heissen zaum. So kamest du heran/
Mit einem neuen Rock’ auffs herrlichst’ angethan.
Der Rock war allerseits mit Kräutern ausgeziehret/
470 Vnd Blumen frembder art/ durch welche wird gespüret
Dein’ art vnd grosse macht. Gewalt vnd Tyranney
Gieng dir zur lincken hand; die Thorheit sas darbey:
Die gramschafft/ vnd der zanck/ die furcht’/ vnd böse reden/
Die freyheit gantz entblöst/ die tugend/ vnd viel schäden/
475 Die gicht vnd hauptweh auch/ so noch gern vmb dich sein/
Vnd werden auch durch dich gezeuget aus dem wein.
Du bist von grosser macht. Diana wird geliebet
Von dem der auff der Jagt sich mit dem hetzen vbet.
Der Venus Mann der hat die schmied’ in seiner hand.
480 Apollo wird gekennt bey Leuten von verstand.
Neptunus wird geehrt von seinen Boßgesellen/
Die auff dem wasser sein/ vnd lauffen durch die wellen:
Doch alle/ Jäger/ Schmied/ Gelehrter/ Steuermann/
Er sey auch wer er sey/ der betet Bacchus an.
485 Sie trincken allzuemal/ vnd wündtschen sich zue laben
Mit deiner süssigkeit/ vnd vnverfälscht zue haben
Den gutten Reinschen wein. Du magst die welt durchgehn/
Ein jeder siht dich gern auff seiner Tafel stehn.
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490 Vnd allzeit vnbewegt/ vnd allzeit vnbeschoren
Ihm offtermahls mit dir hat seine lust gemacht/
Ja Socrates hat selbst nicht lange sich bedacht.
Diß ist der Mann gewest/ durch dessen Kunst wir wissen
Ein scheumig frisches Glaß recht aus vnd ein zugissen/
495 Nit gros vnd vngeschickt/ das bald herumb auch geht/
Aus welchem Freudenspiel vnd gut gespräch’ entsteht.
Das ist genung vor vns. Die tollen Moscowiten
Die mögen jhren Hals gantz häufig vberschüten/
Mit jauchtzen vnd geschrey. Ich aber thue bescheid/
500 Zu mehrung meiner lust vnd rechten fröligkeit.
Das mittel das ist gut. Wer drüber ein wil schencken/
Der mag auff Pholus sehn/ vnd auff Hylaeus dencken.
Zuevor Icarius der lehret recht vnd wol
Wie man das mittelmaß im Trincken halten sol.
505 Dann da du jhn verehrt/ als du zu jhm bist kommen/
Mit einer flaschen Wein/ hat er sie erst genommen/
Den Bauren mitgetheilt/ das jhm nicht wol bekam;
Dann jeder hitzig ward vnd seinen Flegel nahm/
Vnd schmiessen auff jhn zue/ biß das er hat sein Leben/
510 Im sande jämmerlich ermordet/ auffgegeben.
Doch/ Evan/ es ward jhm der tochter/ vnd dem hund’
Ein schöner platz durch dich hoch in der lufft vergunt.
Triambe sey gegrüst/ o Herrscher aller Feinde/
Groshertzig/ starck von kraft/ beschützer deiner freunde/
516 Nicht wol bescheiden redt/ der sieht sich vbel für.
Leuconoë war toll/ hieß deine Priester lügen/
Vnd lachte dein volck aus: mus jetzt derhalben fliegen
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520 Die Schiffer so mit dir nur trieben jhren spot/
Gleich werest du noch jung. Sie worden bald verkehret/
Ihr segel/ ruder/ mast vnd Schieffzeug ward verzehret/
Mit rancken gantz vmbringt. Auff allen seiten her
Ward jhr gewaltig Schieff von deinen trauben schwer.
525 Ich wüntschte das mein Feind sich dir entgegen setze/
Er sol gewißlich sehn das niemand dich verletze/
Lyaee/ der hierumb nicht straffe leiden muß/
Du zeuchst vns in das haupt/ vnd greiffest doch den fus.
Der andern Götter pracht muß niemand etwas sparen
530 An reichem Kirchenbaw/ an köstlichen Altaren/
Die der gemeine Mann auffs beste streicht heraus.
Du aber hast erwehlt die Kanne für dein Haus.
In dieser Kirchen steht dein werck/ dein thun vnd wesen/
In dieser wird von dir gesungen vnd gelesen.
535 Da wohnet neben dir die Lust vnd Fröligkeit/
Der Trost/ die Liebe selbst/ vnd alle gutte zeit.
Da wohnt der süsse schlaff/ der alle pein kan temmen/
Erneuern vnsern muth/ die sinnen vberschwemmen
Mit wahn der wahren lust/ dem Bruder Ikelos/
540 Vnd/ der dir offtmals folgt/ dem Sohne Phantasos.
So wollen wir empor/ wir lassen vns nicht binden/
Hertz/ sinnen vnd verstand/ sie sein auch wo sie sein/
Die kommen gantz zu hauff’ vnd fliegen vmb den wein.
545 Da sind wir vber vns/ gehn weit von allen nöthen
Auff Heliconis Haupt. Drumb sind auch die Poeten/
O Vater/ dir vertraut. Diß volck ist so daran/
Das es vor allen nicht viel noth vertragen kan.
Im fall sie deine Milch so wunderlieblich springen
550 In einer schalen sehn/ beginnen sie zue singen.
+ + + + + + + + + + + +
Da ist nichts Menschlichs da/ da machen sie sich gros.
Dann lassen sie den fluß aus Castalis wol fahren/
Vnd wissen Phoebi bach auff dieses mahl zue sparen/
555 Wie trefflich sie auch ist. Drumb raset Griechenland/
So den Poeten nichts als Wasser zueerkandt.
O Vater/ das ist recht vor Schaff’ vnd grobe Rinder/
Nicht vor ein hoch gemüth/ nicht vor Apollos Kinder/
Die ware Meister sind des Todes vnd der Zeit/
560 Durch jhr vnsterblich Lob vor beyden wol befreit/
Doch dem Thebanschen schwan dem kan ich’s nit vergeben/
Wie hoch er jmmer redt/ wie hoch er auch mag schweben.
Was kompt jhm in den sinn/ als er sein Lied begint/
Vnd sagt/ Das Wasser ist das beste das man findt?
565 Ismenus muste sein von wunderlichen Gaben/
Vnd wol dem Weine gleich/ das jhn der Mann erhaben
Vieleicht in deiner Stadt nie Bürger worden sein.
Homerus der hat recht/ der Vater vnsrer allen/
570 Er lest den klaren Wein jhm trefflich wolgefallen/
Vnd redt von seiner krafft so wol/ so wunderfrey/
Das scheint er dazumahl recht satt gewesen sey.
Seht doch Achilles an/ so bald Vlysses kommen/
Vnd auch sein Mittgesell’/ er hat den Krug genommen/
575 Den jhnen zugebracht/ zürnt er schon gantz vnd gar/
Vmb das Briseis jhm mit macht genommen war.
Laërtis weiser Sohn wil nicht den anfang machen
Von seiner grossen Reis’ vnd wunderlichen sachen:
Eh Polyphemus kömpt vnd Scylla auff die bahn/
+ + + + + + + + + + + + +
Hat Orpheus nicht begunt die Völcker erst zue lehren/
O Sohn deß Jupiters/ die weise dich zue ehren?
Von seiner grossen Kunst vnd Cither weit bekandt/
Wird auch dein hoher Berg Cithaeron noch genant.
585 Cratinus sprach das die so sich mit Wasser plagen
Von nichts als gauckeley vnd thorheit köndten sagen;
Weil deine frucht vns auch hoch aufführt von der erd
So sagt’ er das der Wein sey der Poeten Pferd.
Schaw doch Anacreon/ was der hat fürgegeben?
590 Nicht Cadmi reise lob/ nicht Agamemnons Leben/
Gleich wie er selber sagt; es ist sein gantz gesang
Nur Venus/ vnd jhr Sohn/ vnd Bacchi milter tranck.
Nicht Orionis schwerdt/ auch nicht der Sonnen wagen/
595 Nicht Sternen aus der Lufft. Er wil allein für sich
Euch drey: der Venus Sohn, sein Lieb, vnd Bacche dich.
Vnd dannher glaubte man das du meist auferzogen
Von Phoebi Schwestern bist/ vnd hast sie selbst gesogen/
Vnd auff Parnassus wohnst. Es halten jetzund noch
600 Auch die Göttinnen dich/ vnd du sie wieder hoch.
Man höret vberall die seitten von dir klingen/
In jeglichem gelach von deinen gaben singen/
Vnd deiner süssigkeit. Ich kan auch glauben fast
Das du den Cadmus wol zum ältervater hast.
605 Der von Agenor ward gesendet zue erkunden
Das was er doch nicht fand/ was bessers hat gefunden/
Die Buchstabn vns erdacht/ vnd selbst mit eigner hand
Die hohe wissenschaft gepflantzt durch Griechenland.
O Riesen-tödter groß/ o Blitzenskind/ o Hasser
610 Der traurigkeit vnd angst. O arger Feind dem Wasser!
+ + + + + + + + + + + + + + +
Nach deinem süssen safft/ der kopff der lauft mir vmb.
Zwey Sonnen seh’ ich da vnd zwene Monden stehen/
Ich sehe recht vor mir viel Spieß’ vnd Fahnen gehen/
615 Das Hertze brennet mir. O Phanes/ meinen Fuß.
Mein sinn von dir entzündt macht das ich straucheln muß.
O Evan/ ich bin hoch biß in die lufft gestiegen/
Kan sehen vnter mir viel Land vnd Städte liegen.
620 Wo bin ich? Seh’ ich nicht dein Ochsenhaupt allhier?
Cithaeron steht im brand’. Ich sehe zweene hauffen
Der Weiber auff jhm gehn/ vnd Bassaris auch lauffen
Mit heßlichem Geschrey. Ihr Spies steht vnter sich/
Die bletter sein herab. Sie wil ja nicht auff mich?
625 Die Zöpffe seh’ ich jhr zum theil hernieder hangen/
Vnd theiles sind empor/ vermengt mit vielen schlangen/
Die kriechen hin vnd her/ vnd wenden sich im lauff’
Vnd steigen aus dem mund’ an jhren haaren auff.
Wo sol ich hin dann gehn? was sol das hertzen dringen?
630 Wie seltzam wird mir doch? Mein haupt das wil zuspringen.
O Evan Evoë/ zugleiche Kind vnd Mann/
O Sabon/ Indier/ Osiris/ vnd auch Pan.
Denys/ Hymenean/ Evasta/ Sinnen-brecher/
Lenaee/ Ligyreu/ du Schnarcher/ du Gross-sprecher/
635 Du Mörder aller pein/ du Wunderstarcker Gott/
O Hyeu/ Nysean/ Paean/ Iraphiot:
Nacht-läuffer/ Hüffte-sohn/ Hochschreyer/ Lüfften-springer/
Gut-geber/ liebes-freund/ haupt-brecher/ löwen-zwinger/
Hertz-fänger/ Hertzendieb/ Mund-binder/ Sinnen-toll/
640 Geist-rührer/ Wackelfuß/ Stadt-kreischer/ Allzeit-voll.
+ + + + + + + + + + +
Nicht von der Mutter nur/ O stiffter auserkohren
Der lust vnd fröligkeit. Ernehret in der flut/
Fraw/ Jüngling/ Gott vnd stier/ gekommen aus der glut.
646 Gebt was zu trincken her/ so kan ich recht genesen.
Die Nymphen jaget weg/ vnd schenckt mir etwas ein/
So geht mein kummer fort vnd ich kan lustig sein.
Was folgest du mir nach? Wann hab’ ich dich verletzet/
650 Das du mich straucheln lest? Ich habe nie geschwetzet
Aus deinem Heiligthumb. Lycurgi böse that
Vnd Penthei toll gemüt mir nie behaget hat.
Wo sol ich hin? sol ich/ wie du vor vielen Jahren/
Hin in das wüste Meer? Wer wird mich da bewahren?
655 Du/ Liber/ hattest ja in Nerei wüsten strom
Leucothean verwand/ Neptunus war dein Ohm.
Viel lieber wil ich sein getaucht in deine Wellen/
Die all’ vnsterbligkeit beseite können stellen
Vnd lassen vnser Hertz biß an den Himmel gehn/
660 Vnd vnsern hohen sinn auch bey den Göttern stehn.
Kömpst du vns in den kopff/ du rückst vns von der erden/
Das vnser Hertz vnd sinn vol muth/ voll Geistes werden/
Verlachen nur den Tod/ thun vnter vnsern Fuß
Das häßliche geschrey aus Acherontis fluß.
665 Licnita sey gegrüst/ du bangigkeit vertreiber/
Vnd folge mir hernach zue vnserm Herren Schreiber/
Der diesen Abend noch wil lustig sein mit mir/
Vnd wartet meiner schon mit guttem Malvasier.
+ + + + + + + + + + + +
[So nur in X]
[D4a]An den Leser.
Darmit diese stelle nicht ledig bliebe/ Günstiger Leser/ habe ich folgende zwey epigrammeta/ so ich aus dem Griechischen vnseres Autorn vmbgeschrieben/ hinzugesetzt: Weil sonderlich das erste von diesem Lobgesange nicht weit abschreitet. Gehab dich wol.
[.2]
Die trunckene Venus.
Die schöne Venus gieng mit jhrem kleinen Sohne
Vnd dreyen Gratien zu der Junonis throne,
Als sie den Jupiter gleich nicht zu hause fandt,
Weil er vorreiset war ins schwartze Mohrenlandt.
5 Das köstlich’ Himmelbrodt lag auff der
güldnen schale,
Des Nectars liebligkeit roch auff dem gantzen
Saale,
So das der süsse tranck jhr in die nasen kam:
Hierumb sie dann darvon nicht wenig zu jhr nahm.
Dem Amor ist der Wein auch zimlich eingeflossen,
10 So das er gantz vnd gar gemüt’ vnd sinn
begossen.
Nun taumelt sie berauscht im Himmel hin vnd her,
Vnd kreucht auch durch die Welt bald für sich, bald die
quer.
Cupido ist bedacht die Männer zu verletzen,
Vnd sie das Weibesvolck in vngemach zu setzen.
15 Geht weg, seht euch wol für: je mehr sie
truncken sein,
Je mehr vermögen sie in list vnd Liebes pein.
+
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[.3]
Als er vor der liebsten Vaterlande furüber
schiffte.
Sey sehr gegrüst du Stadt in Holland außerkohren
Vor allen weil du mir Demophilen gebohren.
Ich aber bin jetzund den wellen vnterthan,
So das ich nicht mit jhr nach nothdurfft reden
kan.
5 Doch bitt ich, weil die wind’ jetzt mich
von hinnen tragen,
Du wollst diß trewe wort jhr in die Ohren sagen:
Ob gleich ich von der See hier gantz vmbringet
bin,
So hitz vnd brenn ich doch noch jmmer wie vorhin.
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