128a Hugo Grotius. Von der Warheit der Christlichen Religion

128 Hugo Grotius. Von der Warheit der Christlichen Religion

1631 Dü 123 Sz 128

Hugo Grotius. Von der Warheit der Christlichen Religion Auß holländischer Sprache hochdeutsch gegeben […]. Breslau: David Müller / Brieg: Augustin Gründer 1631. (VD17 12:123180M).

Wieder abgedruckt in:

Martin Opitz: Teutsche Gedichte, in vier Bände aufgetheilet […]. Bd. 4. Hrsg. v. Daniel Wilhelm Triller. Frankfurt am Main 1746, S. 719–926.

Entstehung: Während seiner Gefangenschaft auf Schloss Loevestein nahe Gorinchem, zu der ihn die Synode von Dordrecht verurteilt hatte (9. Mai 1619) und von wo ihm am 22. März 1621 die Aufsehen erregende Flucht in einer Bücherkiste gelang, verfasste Hugo Grotius (1583–1645) im Frühjahr 1620 neben anderen volkssprachlichen Texten ein religiöses Lehrgedicht in sechs Büchern mit dem ursprünglichen Titel Geloofs Vorbericht (vgl. Heering 1994, 42), das – wie so viele Briefe und Schriften de Groots – alsbald den Weg in die Öffentlichkeit fand. Unter dem Titel Bewys Van den Waren Godsdienst wurde es im Mai 1622 ohne Angabe von Ort und Drucker publiziert.1 Da der Drucker eigenmächtig ein anonymes zweites Vorwort eingefügt hatte (Waerschouwinghe aen de eenvoudighe Christenen, d. h. »Warnung an den ›einfältigen‹ christlichen Leser«2), das mit seiner Forderung, die christliche Wahrheit nicht auf dem Altar von »vrede, liefde ende eenicheyds«3 zu opfern, den irenischen Intentionen des Autors offen widersprach, wirkte de Groot eilig auf eine zweite, verbesserte Edition hin, die im Oktober 1622 ohne die anonyme Vorrede zustande kam (vgl. Heering 2004, 19). Noch bevor die niederländische Version erschienen war, trug sich Grotius mit dem Plan, für die weitere europäische Öffentlichkeit eine lateinische Paraphrase des Textes anzufertigen. Sie wurde schließlich 1627 unter dem Titel Sensvs librorvm sex, qvos pro veritate religionis Christianae batavice scripsit Hugo Grotius gedruckt. Schon 1629 wurde in Leiden eine erweiterte und verbesserte Ausgabe unter dem verkürzten Titel De veritate religionis Christianae gedruckt.4 Für die revidierte Ausgabe von 1640 stellte Grotius schließlich einen eigenen Band mit Annotationen zusammen, der vor allem Nachweise und Parallelstellen enthielt. In dieser Form erlebte das Werk einen bemerkenswerten Siegeszug (Ter Meulen / Diermanse 1950, 467–536). De veritate religionis Christianae wurde de Groots erfolgreichstes Werk, seine Nachwirkung (v. a. in England) reichte bis an die Schwelle des 19. Jahrhunderts (vgl. Heering 2004, 199–242). Schon bald wurde die lateinische Version nicht nur in alle europäischen Sprachen (einschließlich des Niederländischen!), sondern auch ins Arabische übertragen (finanziert durch den Chemiker Robert Boyle, vgl. Ter Meulen / Diermanse 1950, 526–530). Demgegenüber blieb der Bewys naturgemäß auf den niederländischen Sprachraum eingeschränkt.5 Opitz’ hochdeutsche Übertragung des Gedichts sollte – bis heute – die einzige in eine andere europäische Sprache bleiben.

Tradition: Der Bewys steht in der Tradition der christlichen Apologetik, wie sie Tertullian (Apologeticum), Minucius Felix (Octavius) oder Augustinus (De vera religione, De civitate Dei) begründeten; eine Tradition, an die Grotius bereits mit seinem zu Lebzeiten unpublizierten, von Hans Posthumus Meyjes wieder aufgefundenen Meletius (1611) angeschlossen hatte.6 Grotius selbst wollte mit dem Bewys eine Einführung in den christlichen Glauben vorlegen (vgl. den Titel der ursprünglichen Fassung: Geloofs Vorbericht), die ohne dogmatische Spitzfindigkeiten7 und auf leicht fassliche Weise (»quam potui maxime populariter«) den inneren Kern des Christentums zusammenfasste: »Mein Vorsatz war es, allen meinen Mitbürgern, aber besonders den Seeleuten einen nützlichen Dienst zu erweisen, damit sie während ihres langen Aufenthalts auf See besser die Zeit sinnvoll verwendeten als sie – was ja allzu viele machen – einfach nur totzuschlagen.«8 Zudem kämen die Seeleute auf ihren weiten Reisen mit Heiden (z. B. in China und Guinea), mit Muslimen (z. B. Türken) und Juden in Kontakt, alles eingeschworene Feinde der Christen, ganz zu schweigen von den Atheisten.9 Der Intention eines solchen ›populären‹ Manuals oder Enchiridions widersprach jedoch schon die Form des Lehrgedichts, die vor allem auf ein humanistisch gebildetes Publikum zielte. Die sechs Bücher des Bewys stehen in der Tradition der antiken, v. a. lateinischen Lehrdichtung. Schon Umfang und Gegenstand machen den intertextuellen Bezug zu ­Lukrez’ ebenfalls sechs Bücher umfassendem Lehrgedicht De rerum natura evident.10 Gegen dessen radikale religio-Kritik schreibt Grotius einen ›Anti-Lukrez‹, der zeigen soll, dass die »(christliche) Religion keine eitle Angelegenheit« sei (Grotius 1627, 4: »non esse rem inanem religionem«).

Der Nachweis, dass das Christentum insgesamt die einzig wahre Religion darstelle, soll alle konfessionellen Spaltungen überwinden; die Einheit nach innen soll durch Abgrenzung nach außen bekräftigt werden. Dieses doppelte Beweisziel spiegelt sich im (lateinischen) Titel: De ve­-ritate beweist die Wahrheit des Christentums, um das Christentum als (einzig) wahre Religion zu erweisen (1, 829: »Daß Gottes warer dienst der Christen lehre sey«). Dieser Beweis erfolgt auf der Grundlage von Offenbarung, Vernunft (1, 828: »gueten grundt«) und historischen Zeugnissen (auch und v. a. der Parallelüberlieferung z. B. der römischen Quellen). Eindringlich warnt Grotius freilich vor den Grenzen der bloßen Vernunft (3, 362 f.: »[...] einig der vernunfft zue schwachem ruder trawen⧸| Jst gar zue viel gefahr«). Alle anderen Haltungen (Atheismus) oder Religionsgemeinschaften sind von bösen Geistern und Dämonen induziert (Heidentum) bzw. historisch obsolet (Judentum). Es gebe zwar Wahres im Falschen, dieses Wahre sei jedoch dann mit dem Christlichen identisch. Wahrheit im Sinne einer ›natürlichen Religion‹ ist jenseits des Christentums undenkbar. Diese Dichotomie von defensiver und offensiver Beweisführung ist für Grotius’ irenische Intention notwendig und unverzichtbar; sie spiegelt sich konsequent in der zweiteiligen Anlage des Werkes: Während die Bücher 1 bis 3 die Wahrheit des Christentums positiv beweisen, sind die Bücher 4 bis 6 negativ, d. h. als Kritik von Heidentum (und Atheisten), Judentum (Buch 5) und Islam (Buch 6) angelegt. Grotius selbst nennt als Quellen (vgl. Grotius 1627, 2) Raimond Sebond, Juan-Luis Vives und Philippe Duplessis Mornay. In der Tat verdankt sich jedes Buch des Bewys bzw. von De veritate einem dieser Gewährsmänner: Das erste geht auf Mornays De la verité de la religion chrestienne. Contre les Athées, Epicuriens, Payens, Juifs, Mahumédistes et autres Infidèles (Antwerpen: Christophe Plantin 1581) zurück, ebenso das vierte und fünfte, während das sechste auf Vives’ De veritate fidei Christianae (Basel: Johannes Oporinus 1543) basiert.11 Quelle für Buch 2 und 3 war jedoch nicht die Theologia naturalis seu liber creaturarum des Raimundus Sabundus, sondern eine Schrift des Fausto Soz(z)ini (Socinus): De authoritate sacrae scripturae (in Opera Omnia: Amsterdam 1656).12 Die Hinweise, die Grotius in den ergänzten Annotationes der Version De veritate 1640 gibt, sind nicht als Quellenbelege, sondern als Zusatzmaterial zu verstehen.13

Inhalt: Das erste Buch setzt ein mit dem »Beweiß daß Gott nur einer sey« (1, M163), der zugleich auf Widerlegung des Atheismus und Nachweis des Monotheismus (»Gott nur einer«) zielt. Diese Einsicht in den Monotheismus beruht weniger auf Vernunft als auf »hertz vndt sinn« (1, 62), dem spontanen ›Religionsgefühl‹ aller Völker und Religionsgemeinschaften (Beweis »ex consensu omnium«, »auß der gemeinen übereinstimmung der Menschen«, 1, M79). Daran schließen sich bestimmte geteilte Grundüberzeugungen an: Gott ist vollkommen, ungeteilt und ewig. Seine Macht wird aus der Schöpfung der Lebewesen und des Menschen erschlossen. Die Weltordnung ist gut; das Böse ist nur zufällige Abweichung oder dient dem guten Zweck (Stichworte: Theodizee, Teleologie, Providenz). Wunder und erfüllte Weissagungen beweisen Gottes Wirken; die Bibel sei das älteste Dokument der Menschheit, das zudem durch Zeugnisse der Heiden bestätigt werde. Noch einmal verbürgt am Ende der allgemeine Glaube an die Unsterblichkeit der Seele die Existenz Gottes. Er begründet die schon von Platon formulierte Bestimmung des Menschen zur imitatio Dei (1, 809: »zue werden Gotte gleich«). Darauf folgt im zweiten Buch die Rekapitulation des Lebens und der Lehren Christi, die den im ersten Buch erbachten Gottesbeweis um die Richtigkeit der spezifisch christlichen Anschauung erweitert. »Das Jesus sich gezeigt mitt hohen wunderwercken« (2, 101; das Heilungswunder, die Speisung der Fünftausend) wird konsequent – auch gegen den Vorwurf der »teuffels künste« (2, M109) – verteidigt. Die Auferstehung ist eine unzweifelhafte Tatsache, deren Möglichkeit sowohl naturwissenschaftlich als auch theologisch begründet ist. Es folgt eine kursorische Darstellung christlicher Ethik, die scharf gegen die Unmoral der Heiden (Exzesse), Juden (Hass gegen andere Völker, Wucher) und Muslime (Polygamie) gestellt wird. Die globale Ausbreitung der christlichen Lehre zeigt deren universale Gültigkeit und Wahrheit: »Vndt wo das Christenthumb vns zeigt sein helles liecht | Da ist kein Alcoran⧸ noch Mußelmanen nicht« (2, 893 f.). Nur das Christentum kenne eine vergleichbare Zahl von Märtyrern (vgl. 2, 1060–1202).

Das dritte Buch bemüht sich um den Nachweis der historischen »glaubwürdigkeit« (3, 13) des Neuen Testaments. Ausgangspunkt ist wieder das Erfolgsargument, denn »die bücher sindt verhanden | Jn Asi⧸ in Europ’ vndt Africaner landen« (3, 5 f.). Die Bekehrung des Paulus zeigt die wirkende Kraft Gottes. Die unverbrüchliche Einheit des Christenvolkes, die Grotius im Licht der Gegenwart beschwört, bezeuge dies (3, 399 f.: »Kein anhang einer lehr’ vndt einer weißheit schar | Sindt einig wie das volck des creutzes ist vndt war«). Grotius wendet sich von hier der philologischen Kritik des Bibeltextes zu: Die Zuverlässigkeit der Überlieferung beruhe auf ihrer großen Verbreitung, die Entstellungen verhindert habe. Zudem sei Parallelüberlieferung vorhanden (Flavius Josephus). Der Text der Septuaginta stimme mit dem hebräischen Text überein und bezeuge so die Stabilität und Authentizität des Offenbarungstextes.

Mit dem vierten Buch setzt der kritisch-polemische Teil des Bewys ein, der sich »Mitt Heiden⧸ Judenvolck’ vndt Türcken« (4, 17) beschäftigt. Es bietet ein Sammelbecken für sehr Verschiedenes: Philosophenreligion, Atheismus, indigene Religionen. Vor allem die Dämonologie ist Leitmotiv und ständiger Bezugspunkt.14 Polytheismus (4, 96: »abgötterey«) ist nicht nur »falsche[r] wahn« (4, 23), ersonnen durch die »schnöden tichter« (4, 79) der heidnischen Antike: Hinter den paganen Göttern stehen jene bösen Geister, die von Gott selbst »kommen« (4, 34) und, da es kein böses Gegenprinzip gebe, mit seiner Erlaubnis (so gen. permissio Dei) den Menschen versuchen (vgl. 4, 90–150). Vor allem in den neu entdeckten Weltteilen (Brasilien, Guinea, Mexiko) trieben die »Kakodémons« (4, 119) ihr Unwesen. Aber auch das »blinde Heydenthumb« (4, 261) der Antike spiegle nur »böser geister sinnen« (4, 333). Hinter dem Orakelwesen stünden die Umtriebe des Teufels (vgl. 4, 319). Die fehlende Sittlichkeit der Alten erkläre sich aus dem Fehlen eines »allgemeine[n] ziehl[es]« (4, 422), d. h. der Idee einer remuneratio Dei (vgl. Grotius 1611, 1, 77). Die Krönung der Argumentation liefert erneut der Erfolgsbeweis: Der Untergang der »blind’ abgötterey« (4, 532) und ihrer Vertreter (Julian, vgl. 4, 527) bezeuge den göttlichen Heilsplan.

Ambivalent ist der Umgang mit dem Judentum im fünften Buch. Die Christen wissen, ­»[d]­aß wir nur zweige sindt⧸ geimpfft auff ewren strauch« (5, 16). In Christus sind Altes und Neues Testament verbunden (vgl. 5, 182–212). Um Widersprüche zu klären, greift Grotius auf die Idee der accommodatio zurück: »Die sondern satzungen die waren nur zue ziehen | Auff eine zeit vndt volck« (5, 237 f.). Abzulehnen sind jedoch die »eußerlichen dienst’« (5, 289), insbesondere Opfer, Speisevorschriften (vgl. 5, 400–428), Sabbatruhe (vgl. 5, 460 ff.) und Beschneidung (vgl. 5, 501 ff.). Einem alten antijüdischen Topos folgend führt Grotius den »betrübten standt« (5, 627), d. h. das Exil des jüdischen Volkes, auf seine Weigerung zurück, den Messias in seiner »Niedrigkeit« anzuerkennen (5, 671 f.: »Es ist⧸ der Friedefürst auff den jhr allzeit wacht | Jst kommen weit vorher⧸ vndt wirdt von euch verlacht«). Gottes Zorn ist gerecht: »die Jsrael’sche schar | Erlitte niemals was das nicht verdienet war« (5, 867 f.). Das bloße Faktum seines Erfolgs bekräftigt noch einmal die Wahrheit des Christentums (vgl. 5, 1025 ff.).

Die Ausbreitung der »Mahumetisterey« (6, M1), mit der sich das sechste Buch auseinandersetzt, sieht Grotius straftheologisch als Reaktion auf die Dekadenz des spätantiken Christentums (vgl. 6, 29 ff.). Dabei gibt es – wie im Fall des Judentums – auch hier Verbindendes, so z. B. die Rolle Mose und Jesu als Propheten (vgl. 6, 99 f.). Mohammed war anders als Jesus nur ein Mensch; in der Bibel fehlt jeder Hinweis auf sein Kommen. Die christlichen Werte (Demut, Duldsamkeit) sind der kruden Ethik des Koran vorzuziehen (vgl. 6, 251–273). Der Koran enthält viel Ungereimtes und Ungehöriges, »blinden tandt« (6, 317), der Vernunft und Feingefühl widerspricht. Buch und Werk schließen mit einem Aufruf, die christliche Lehre und das »heil’ge wort« (6, 337) zu verbreiten, den »teuffeln« (6, 356) keine Macht einzuräumen und statt äußerlicher Riten »[d]es hertzens heilige beschneidung« (6, 368) zu verfolgen. Die Mahnung, »lebet still vndt einig für vndt für« (6, 417), betont noch einmal die irenische Grundlinie. Am Ende steht der patriotische Impuls: Das Buch sei Ausdruck der Verpflichtung für das Vaterland (6, 429: »Schön Hollandt«), dem sich Grotius auch in der Gefangenschaft »zue Lowestein« (6, 438) loyal verbunden weiß.

Bewertung: Die vaterländische Wendung am Ende kommt nicht von ungefähr. Das Werk beginnt mit dem Wort »Hollandt« (1, 1) und endet mit dem Wort »Lowestein« (6, 438). Grotius’ »combination of universalism and cosmopolitanism« (Heering 2014, 65) ist vom patriotischen Rechtfertigungsimpuls, der sich der prekären Lage des politischen Gefangenen verdankt, nicht zu trennen. Die Apologie des Christentums zielt auf die konfessionellen Gräben im Inneren, die zugleich politische sind: »Ob jemandt anders glaubt was minder oder mehr« (6, 414), sei nicht entscheidend. In der Überwindung der Spaltung, gar in der Suche nach einer Universalkirche, sieht Grotius seine patriotische Mission und umgekehrt: Erst diese politische Mission motiviert den irenischen, transkonfessionellen Ansatz. Mit dem Bewys und dann mit Pro bzw. De veritate15 belegte Grotius, dass er über den Auseinandersetzungen zwischen Remonstranten (Oldenbarnevelt und Anhänger) und Kontraremonstranten stand, welche die Einheit der calvinistischen Sache gefährdeten. Schon das Proömium zu Buch 1 und damit zum Gesamtwerk verbindet christliche und vaterländische Sendung. Im Anschluss an die berühmten Verse der Römerschau in Aeneis 6, 847–853 (»parcere subiectis et debellare superbos«) sieht Grotius die holländische Expansion als Vorbedingung für die Ausbreitung des Christentums sowie für den Sieg über böse Geister und Unglauben: »Das reich der gantzen welt an kunst das meer zuepflügen | Damit du bringen magst tieff ins versengte landt | Den angenemern schein vndt seiner liebe brandt« (1, 20–22). Der zentrale ›Beweis‹ für die Wahrheit des christlichen Glaubens liegt denn auch in der »wunderbaren außbreitung der lehre« (2, M892). Die Tatsache, dass »so weit kein glaube nicht gelauffen [ist]« (2, 899), bezeugt entscheidend die Wahrheit des Christentums. Dieser Erfolgs- und Ubiquitätsbeweis rechtfertigt den christlichen Glauben und die niederländische Expansion in Zeiten der Ostindienaktivitäten: »Da ist kein ort wo nicht der Christen name klingt« (2, 1194). In dieser Engführung von Apologetik und Expansion zeigt sich der »Aufbruch des politischen Calvinismus in die Weite überseeischer Räume« (Hofmann 1977, 51). Max Webers Thesen zur protestantischen Ethik bestätigen sich an Grotius. Die Vorstellung, dass Erfolg göttliche Erwählung und Bestimmung (4, 252: »vnverdiente gunst«) spiegle, wird bei Grotius vom Individuum auf das Christentum im Allgemeinen und die Nation im Besonderen übertragen. Holland ist die auserwählte Nation, die dem auserwählten Glauben global zum Durchbruch verhilft. Dazu bedarf es notwendig eines »freien Meeres«16. Nur dort, wo sich der Einfluss der wahren Religion (noch) nicht geltend macht – in den fernen Weltregionen Chinas, Süd- und Mittelamerikas etwa – herrscht weiter der Geist der ›abgötterey‹, d. h. des Bösen: »Daß da wo diese lehr’ in jhre blüte steigt | Der teuffel dienst verfällt⧸ die schwartzen künste schlaffen« (2, 132 f.).

Das vierte Buch richtet sich allgemein gegen Polytheismus (4, 96: »abgötterey«), im Besonderen und Konkreten jedoch reflektiert es die globalen Kulturkontakte, d. h. die Begegnung mit indigenen Natur- und Tierreligionen, mit Fetisch-Kulten. Auch hier gibt es – qua ›Religionsgefühl‹ – einen Funken Hoffnung, aber nicht mehr. Gegenüber indigenen Religionen endet jede Toleranz, jeder Vertrag, jedes Völkerrecht, das ganz auf die societas der christlichen Völker beschränkt bleibt.17 Um diese Haltung zu begründen, greift Grotius in großem Stil auf die Dämonologie seiner Zeit zurück. Polytheismus ist eben nicht nur leerer Wahn, sondern Dienst an den ›bösen Geistern‹ (1, 31: »Du wirst vmb Minas strandt den bösen geist sehn ehren«). Gemischt bleibt das Urteil über das Judentum, dessen historisch-genealogische Bedeutung nicht bestritten wird, das aber kollektiv in ›blinder‹ Verstocktheit gefangen sei und zu Recht mit fortdauerndem Exil gestraft werde. Hier folgt Grotius dem breiten Pfad des christlichen Antijudaismus in der Frühen Neuzeit.

Der Bewys hinterlässt demnach insgesamt ein zwiespältiges Bild, das eine abgewogene Beurteilung fordert. Vorausweisend sind die Überlegungen zur ›natürlichen Religion‹ und zum consensus hominum. Hier wirkt Grotius’ apologetische Frühschrift Meletius nach.18 Von hier aus ergibt sich eine Brücke zu Natur- und Völkerrecht. Der religiöse Konsens auf der Grundlage von »hertz vndt sinn« (1, 62) ist jedoch begrenzt, und diese Grenze wird durch die polemische zweite Buchtriade sichtbar gezogen. Die Wahrheit der christlichen Religion bezeugt, dass nur das Christentum die wahre Religion ist. Grotius beweist sie nicht als Theologe, der »in der wißenschafft der schrifften mehr erkiest« und daher »subtiler« verfährt (5, 1048 f.), sondern als Advokat, der seine Apologie (wie schon Tertullian oder Augustinus) zu gleichen Teilen defensiv und offensiv, auf Verteidigung wie auf Anklage, gründet. Der Advokat der christlichen Sache ist dabei immer zugleich Advokat des Vaterlandes und seiner selbst.

Opitz und Grotius: Opitz begegnete Hugo Grotius im Rahmen seines mehrwöchigen Aufenthaltes in Paris im Frühjahr und Sommer 1630.19 Grotius lebte hier seit seiner Flucht aus Loevestein 1621 »ohne Amt und von einer unregelmäßig gezahlten Pension des französischen Königs abhängig«20, bis er 1631 den vergeblichen Versuch einer Rückkehr wagte. Anlass für Opitz’ Paris-Aufenthalt war eine diplomatische Mission, die der Dichter im Auftrag seines Dienstherrn Karl Hannibal von Dohna unternahm.21 Einzelheiten der Reise und des Aufenthalts, die in die Phase zwischen Abschluss des Lübecker Friedens (Juni 1629) und der schwedischen Invasion (Ende Juni 1630) fielen, sind aus der dichten Korrespondenz der Beteiligten zu erschließen. Opitz brach Ende Februar 1630 nach Dresden auf und erreichte über Leipzig, Frankfurt am Main und Straßburg im Mai 1630 die französische Hauptstadt. Schon Ende Juli will er sich wieder auf die Rückreise begeben. Über Straßburg (Besuch bei Lingelsheim) und Leipzig (Eintrag in Paul Flemings Stammbuch am 30. September) kehrt er nach Schlesien zurück, wo er sich am 8. November 1630 befindet. Opitz hielt sich also nicht mindestens vier Monate,22 sondern lediglich wenige Wochen in der »Hauptstadt des europäischen Späthumanismus« auf.23 Im Paris Ludwigs XIII., in dem der Einfluss Richelieus zunehmend spürbar wurde (mündend in die so genannte »Journée des Dupes« am 11. November 1630, welche die Entmachtung der Königinmutter Maria de’ Medici und des »parti dévot« bedeutete), befand sich Opitz im Zentrum der Macht,24 vor allem aber in einem Zentrum der europäischen Gelehrtenrepublik. Lingelsheim vermittelte den Kontakt zu Grotius, der Opitz, wie dieser berichtet, mit ausgesuchter Freundlichkeit aufnimmt: »Wenn der unvergleichliche Mann, unser Grotius, schon auf die eine oder andere Art mit Gefälligkeiten, die ihm verfügbar waren und von Eurer Empfehlung herrührten, seine Liebe gegen mich erwiesen hatte, so trat er gestern selbst hinzu, um mich zu begrüßen.«25 Auch Grotius äußert sich gegenüber Lingelsheim anerkennend über Opitz.26 Man traf sich in Grotius’ Haus, das Christoph Köler in seiner Lobrede ein »[d]elphisches Orakel [nennt], welches die Abgesandten der größten Könige und Fürsten, die Parlamentsherren, die königlichen Hof- und Reichs-Räthe beständig besuchten«.27 Zu den gelehrten Zirkeln um Hugo Grotius zählten François Auguste De Thou, Jean Hotman, Claude Saumaise / Salmasius, Nicolas Rigault und Guillaume de Marescot. Im Hause der Brüder Dupuy,28 wo fast täglich Gelehrte und Politiker zusammenkamen, führte Hugo Grotius Opitz als Gast mit. Im Briefwechsel sind darüber hinaus zahlreiche Besuche von Opitz bei Grotius dokumentiert. Ein lateinisches Gedicht an dessen ältesten Sohn, Cornelius Grotius (6. Juli 1630), zeigt die freundschaftliche Verehrung für den Exilierten und lässt die intellektuellen wie politischen Konstellationen in Paris erkennen. Bereits 1629 hatte Opitz ein lateinisches Gedicht von Grotius auf die Eroberung von La Rochelle (28. Oktober 1628) übersetzt (De capta Rupella. Carmen heroicum. Breslau: Georg Baumann 1629)29. Opitz lernte das Werk des Hugo Grotius bereits als Tutor bei Georg Michael Lingelsheim kennen, der mit Grotius seit 1603 freundschaftlich verbunden war. Lingelsheim erhielt von Grotius grundsätzlich alle neu erschienenen Schriften zugesandt und war auch bei der Suche nach Verlegern behilflich.30 Für seine Klage-Lieder Jeremia und seine Hohelied-Übertragung (Salomons Des Hebreischen Königes Hohes Liedt, 1627) nutzte Opitz Grotius’ lateinische Bibelübersetzung.31

Entstehung der Übersetzung: Es spricht vieles dafür, dass Opitz den Bewys schon bald nach seiner Publikation 1622 kennenlernte. Lingelsheim wird als Vermittler eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ein erster Hinweis findet sich im zweiten Kapitel des Buches von der Deutschen Poeterey (1624), in dem Opitz den Gottesbeweis ex consensu gentium aufnimmt: »Denn das man jederzeit bey allen Völckern vor gewiß geglaubet habe ⧸ es sey ein einiger vnd ewiger GOtt ⧸ von dem alle dinge erschaffen worden vnd erhalten werden ⧸ haben andere ⧸ die ich hier nicht mag außschreiben ⧸ genungsam erwiesen« (GW 2,1, 344). Volkhard Wels hat andererseits auf die weite Verbreitung des Gottesbeweises ex consensu gentium hingewiesen.32 Er findet sich schon in Ciceros De legibus (1, 8, 24–1, 9, 27) und in De natura deorum (1, 16, 42–45) sowie zu Beginn der Divinae institutiones des Laktanz. Im 5. Kapitel der Poeterey erwähnt Opitz den Bewys nicht unter den Mustern des »Heroischen getichte« (GW 2,1, 364). Die Übertragung des Lehrgedichts ergab sich unmittelbar aus der Begegnung mit Grotius in Paris. Über nähere Umstände sind wir durch den Briefwechsel zwischen Grotius und Opitz gut informiert.33 Grotius hatte zunächst gehofft, Balthasar Venator werde auf Vermittlung Lingelsheims die lateinische Version übersetzen.34 Das Projekt wurde jedoch nicht realisiert. Jetzt kam Opitz ins Spiel, der schon 1628 Grotius’ Jona-Paraphrase übersetzt hatte.35 Doch erst nach seiner Rückkehr nach Schlesien beginnt Opitz mit seiner Übersetzung des Bewys36, die ein gutes halbes Jahr in Anspruch nehmen wird. In der Widmungsvorrede zur Edition von 1631 spricht Opitz davon, »mein großer freundt« habe »gern hierein gewilligt« (Vorrede, 142). Der Impuls ging von Dohna aus: In den politisch ereignisreichen Jahren 1629 / 30, in denen es zu diplomatischen Verhandlungen und Verträgen kam, schien eine vermittelnde Schrift wie der Bewys hilfreich. »As a gesture of peace and religious tolerance he wished to present the Swedes with two German translations of the apologetic work of the famous eirenist Hugo Grotius«.37 Opitz bat seinen Freund und Schüler Christoph Köler, die Drucklegung des Werkes zu überwachen. Grotius, der erst jetzt von den laufenden Arbeiten erfuhr, hob in einem Brief an Opitz dessen Verdienste als Übersetzer hervor und räumte ihm bei der Übertragung alle Freiheiten ein.38

Opitz vollendete die Übersetzung am 12. Mai 1631, und schon wenige Wochen später lag der Druck vor.39 Schon während der Korrekturarbeiten fasste man den Plan, nun auch Grotius’ lateinische Paraphrase De veritate zu übertragen. Die Arbeit zog sich jedoch hin; mehrfach drängte Opitz Köler zum Abschluss des Projektes, da er fürchtete, Dohna zu verärgern. Opitz bot sogar an, das letzte Buch selbst zu übersetzen.40 Erst im August 1631 konnte er Kölers Übersetzung der lateinischen Fassung an Dohna übergeben, der jedoch, wie Opitz schon im Juli geschrieben hatte, jedes Interesse verloren hatte.41 Inzwischen hatte sich die allgemeine Lage gewendet. Die protestantische Union rückte weiter vor, alle diplomatischen Missionen waren gescheitert, das Projekt hatte seinen Zweck verloren.42 Opitz widmete seine Übersetzung des Bewys nun den Ratsherren zu Breslau und nicht Dohna, der befürchten musste, mit Grotius’ irenischen Thesen auf der katholischen Seite Anstoß zu erregen.43 Der im Nachwort An den Leser geäußerte Plan, die dunklen Stellen des Werkes durch eine ausführliche »erklerung« (L5), d. h. einem Kommentar, zu erhellen, kam nicht mehr zustande.

Spracharbeit und religiöse Aufklärung: Grotius selbst würdigt die Leistung seines Übersetzers in einem Brief vom 14. Juli 1631: »Jetzt erst, hochberühmter Opitz, reut mich nicht mehr das Leben im Kerker, da ich sehe, dass die Früchte meiner Trübsal durch Dich, einen ebenso treuen Übersetzer wie glücklichen Dichter, an das erste Volk unter den Völkern gelangt sind.«44 In der Tat bleibt Opitz seiner Vorlage ›treu‹. Vers für Vers, beinahe Wort für Wort wird übersetzt. An Grotius’ Text werden keinerlei Modifikationen, Erweiterungen, Kürzungen vorgenommen. »Opitz’ versification, even down to alternation of masculine and feminine endings, seems almost identical«.45 Im Nachwort An den Leser betont Opitz, »daß er in den reimen bißweilen⧸ entweder wegen des Autorn⧸ der sie selbst also gestellt⧸ oder der Niederländischen sprache halben⧸ die jhr mitt versetzung der wörter offtmals zimliche freyheit nimpt⧸ seine eigene gesetze welche er in vorigen schrifften in acht genommen⧸ vmb etwas überschritten habe« (L6–L10).46 Besonders eng ist der Anschluss in den Marginalglossen, die Opitz in größter Wörtlichkeit überträgt (Grotius 1622, M1: »vermaningh aen de Hollanden«; Opitz 1631, 1, M1: »Vermanung an die Holländer«). Gellinek, der als einziger die Übersetzung sprachlich näher gewürdigt hat, stellt fest, dass Opitz »in einem Drittel aller Verspaare das holländische Reimpaar beibehalten« hat.47 Dass Opitz’ Satzanschlüsse »schwerfälliger als die holländischen« seien, dagegen die »sentenzenhaften und gemeinplätzlichen Verse [...] besonders ansprechend wiedergegeben [werden]«,48 bliebe durch weitere sprachvergleichende Untersuchungen zu erhärten. Ähnliches gilt für semantische Verschiebungen bei zentralen Begriffen und Konzepten. Beide Texte betreiben ›Spracharbeit‹: Dieser sprachpatriotische Aspekt gilt auch für Grotius – wenngleich weniger systematisch als für Opitz. Schon Grotius ist im Sinne seiner Popularisierungsabsicht bemüht, nicht nur dogmatische Spitzfindigkeiten, sondern überhaupt theologische Begrifflichkeit zu meiden. Konkret spiegelt sich dies in der puristischen Vermeidung von Fremdwörtern. Alle einschlägigen Termini (causa, perfectio, principia, superstitio, adiaphora / indifferentia49), die in der lateinischen Paraphrase selbstverständlich verwendet sind, werden von Grotius ins Niederländische (eigentlich: Holländische)50 übersetzt und von hier aus durch Opitz ins Hochdeutsche entlehnt. Die enge Anlehnung an Grotius’ Lexikon und Syntax (die ihrerseits stark am Lateinischen orientiert ist) führt zu Härten und dunklen Stellen, die den Opitz-Herausgeber Triller zu zahlreichen Korrekturen veranlassten.51 Die folgende Passage steht stellvertretend für viele: Sie zeigt, wie Opitz soweit wie möglich Wortmaterial, Satzstellung und Reime des Originals übernimmt. Wo dies nicht deckungsgleich gelingt, werden Grotius’ Begriffe an tontragenden Stellen des hochdeutschen Verses bewahrt. Wo auch dies schwierig wird, bewahrt Opitz immerhin den Wortbestand (»verstand«) und versetzt ihn im Vers – woraus dann jedoch wieder syntaktische Verwerfungen resultieren:

Gaet wandelt waer ghy wilt van Waepgats koude strand [...]Geen volck en sult ghy sien, waer ghy u wend of keert⧸By welcken geene God en soude syn geeert⧸ [...]Daer moet een oorsaeck zijn waer uyt is voortgebrachtDit eenerley verstand by ’t menschelick geslacht.

(Grotius 1622, 1, 81–90)

Durch reise was du wilt biß hin an Sembla strandt [...]Kein volck das wirst du sehn⧸ so weit man sieht vnd hört ⧸ Bey welchem gar kein Gott nicht solte sein geehrt [...]So muß nun vrsach auch nicht mangeln die durch landtVndt völcker hatt erzeugt den einerley verstandt.

(Opitz 1631, 1, 81–90)

Während Grotius sein puristisches Programm in den Dienst der patriotischen Einigung stellt, rückt Opitz – wie er in seinem Nachsatz betont – gerade von seinem hochdeutschen Purismus ab, um an Grotius’ sprachschöpferische Leistung im Modus verbum ex verbo anzuschließen. Natürlich ist nicht zu vergessen, dass Opitz seine deutsche Version des Bewys immer auch im Lichte der lateinischen Paraphrase anfertigte.52 Dies zeigt sich in der markanten Abweichung vom ursprünglichen Titel: Bewys Van den Waren Godsdienst. »Godsdienst« ist die niederländische Entsprechung zu religio. Wenn Grotius im letzten Vers feststellt: »Gods waren dienst te sjin de Christelicke leer« (Grotius 1622, 19), dann übersetzt Opitz (vgl. Opitz 1631, 28) hier (wie auch sonst) wörtlich und damit etymologisierend: »Daß Gottes warer dienst der Christen lehre sey«. Im Titel jedoch schien Opitz das niederländische »Godsdienst«, in dem neben der Bedeutung religio auch cultus oder ritus mitschwingt, weniger geeignet, weshalb er den lateinischen Titel (der inzwischen auch viel bekannteren Version!) verdeutscht: Von der Warheit der Christlichen Religion. Im Briefwechsel sprechen alle Seiten durchgehend von De oder Pro veritate – unabhängig davon, ob es sich um den Bewys oder seine lateinische Paraphrase handelt.

Widmungsvorrede: Die wichtigsten Modifikationen gegenüber dem Bewys zeigen die Paratexte. Opitz fügt der Übersetzung den Nachsatz An den Leser sowie eine Widmungsvorrede an den Rat von Breslau hinzu.53 Dieser wohlkomponierte Text gliedert sich in zwei etwa gleich umfangreiche, inhaltlich unabhängige Teile (prologus ad rem bzw. prologus praeter rem), deren Gelenkstelle ein Lob des »große[n] freundt[es]« (Vorrede, 142) Grotius bildet. Der erste Teil zieht in gelungener Weise zentrale Argumente und Beispiele aus dem Bewys bzw. De veritate zusammen. Die eigentliche Widmungsadresse an den Breslauer Rat bietet eine laus Breslaviae, »mein Vaterlandt« (Vorrede, 170), die routiniert die Topik des Städtelobs umsetzt: Natur, Lage, Stadtteile und Topographie, ›gute Polizey‹ und Institutionen, der Breslauer Rat, Breslaus Glück, von der »kriegeslast« (Vorrede, 250 f.) weitgehend verschont geblieben zu sein. Die Vorrede ist auch aufschlussreich für die Entstehung der Übersetzung: Opitz’ Hinweis auf Augustinus Steuchus’ De perenni philosophia kann nur – wenn man nicht eigene Lektüre mutmaßen will – der interpolierten zweiten Vorrede der Erstausgabe (Waerschouwinghe aen de eenvoudighe Christenen) entstammen. Ansonsten bietet Opitz eine rhetorisch-stilistisch gelungene Zusammenfassung von Grotius’ (positiven) Hauptthesen, vor allem also der ersten drei Bücher: Das »edle thier der mensch« (Vorrede, 1 f.) verfüge über eine natürliche »erkendtniß Gottes« (Vorrede, 2), die »in eines jeglichen menschen hertze gleichsam eingegraben« sei (Vorrede, 4 f.). Für diesen religiösen Instinkt des Menschen findet Opitz die schöne Wendung »regung des glaubens« (Vorrede, 13), in die er großzügig auch die Natur-, Tier- und Fetischreligionen einbezieht. »Es würde einer⧸ wann er achtung drauff gebe⧸ gleichsam diese stimme⧸ Gott hat mich gemacht⧸ von der welt selber hören« (Vorrede, 22 f.). Es weist schon auf das Lehrgedicht Vesuvius 1633 voraus, wenn Opitz betont, Gott sei aus »betrachtung der wunderwercke vndt zeichen« (Vorrede, 39) der Natur zu erkennen; er nennt z. B. »finsterniße⧸ cometen⧸ erdtbeben⧸ fluten⧸ mißgeburt⧸ hewschrecken vndt dergleichen [...]« (Vorrede, 40 f.). Im Kontext der Naturkatastrophen kommt Opitz auf die »bösen geister« zu sprechen, die ja nun bekanntlich »weil sie saate vndt bäwme fortführen⧸ kranckheiten außstrewen⧸ vngewitter erregen⧸ sich wie gespenste vndt larven sehen laßen […]« (Vorrede, 43–45). Gäbe es nicht Gott, man müsste davon ausgehen, dass angesichts der Ubiquität des Dämonischen »dieser weltbaw selbst⧸ zue grunde vndt boden gehen würde« (Vorrede, 46 f.). Fragen nach den Grenzen von Vernunft und Glauben, nach der Theodizee und einer möglichen Indifferenz Gottes führen Opitz zu einer langen und eindrucksvollen Reihe klassischer Autoritäten von Platon über Aristoteles, Zenon, Thales bis Epiktet, die bereits einen Vorschein der christlichen Lehre entwickelt hätten. Am Ende steht der Verweis auf die antike Apologetik (Justinus Martyr, Clemens von Alexandria, Tertullian usw.), deren Aussagen in neuerer Zeit von »Vives⧸ Steuchus⧸ Philipp Mornay« (Vorrede, 130) aufgenommen würden – alles Hinweise, die Opitz den verschiedenen Versionen des Bewys‘ bzw. von De veritate entnehmen konnte.

Rezeption: Während sich De veritate religionis Christianae zu einem von Grotius’ erfolgreichsten Werken entwickeln sollte, das die Geschichte der Apologetik bis ins 18. Jahrhundert entscheidend beeinflusste54, beschränkte sich die Wirkung des Bewys auf Martin Opitz und dessen weitere Rezeption. Im Kontext der Opitz’schen Werkausgaben blieb Von der Warheit bis ins mittlere 18. Jahrhundert präsent.55 Der Kampf gegen den Deismus auf der einen und die Konjunktur des Lehrgedichts auf der anderen Seite garantierten dem Werk seine Stellung. Dabei blieb Opitz’ Übersetzungskunst nicht ohne Kritik: Triller modifizierte in seiner Opitz-Ausgabe zahlreiche Verse »wegen ihrer ausserordentlichen Härtigkeit«56. Im Übrigen zählte Triller auch zu den großen Bewunderern de Groots. Anlässlich eines Besuchs an dessen Grab in Delft am 27. September 1731 widmete er ihm fünf Gedenkepigramme, außerdem übersetzte er dessen Christus patiens (»Hugonis Grotii Leidender Christus«; 1723, 21748).57 Für Gottsched, der den Bewys vermutlich durch Opitz kennenlernte, ist Grotius das große Bollwerk gegen den englischen Deismus: »Denn was ein Cherbury, ein wilder Toland schreibt, | Was Mandeville sucht, wohin es Collins treibt, | Was Woolston, Tyndal, Chubb, samt andern angesponnen, | Das ist dem Christenthum zum Untergang ersonnen« (Gottsched 1971, 585). Dagegen sei die gute Tradition der Apologetik vergessen: »So gar die gute Bahn, | Die sonst Mornäus brach, die Grotius gegangen, | Und die Huet betrat, erfüllt nicht das Verlangen.«58 An anderer Stelle formuliert Gottsched aber die Gewissheit: »Wenn mancher Grotius für unsre Wahrheit kämpft, | Huet und Abbadie der Gegner Hochmuth dämpft, | Verstummt der feige Schwarm besiegter Atheisten.«59

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[[*1]r]

Hugo Grotius | Von der Warheit | der Christlichen | Religion | Auß Hollandischer | Sprache Hoch-| deutsch ge-| geben. | Durch Martin Opitzen | Jn Verlegung David Müllers | 1631

[*2r]

Denen Edlen ⧸ Gestren-| gen ⧸ Ehrenvesten ⧸ Hoch vnd Wol-| benambten Herren ⧸ | Herren Hauptmanne vnd Rhat-| mannen der Stadt Breßlaw ⧸ | Meinen Hochgeehrten Herren.

VNter allen sachen⧸ Gestrenge⧸ Hochgeehrte Herren⧸ denen das edle thier der mensch ob zue liegen hatt⧸ ist sonderlich das erkendtniß Gottes; welches andere weißheit vnd wißenschafft so weit übertrifft⧸ so weit der schöpffer den creaturen⧸ das ewige dem sterblichen für zue setzen ist. Vndt das es in eines jeglichen menschen hertze gleichsam eingegraben stehe⧸ daß etwas solches sey welches wir Gott nennen⧸ lehret die erfahrung vndt aller völcker zeugniß. Ob es auch wol möglich ist⧸ daß einer von Gott auff eine zeitlang nichts halte; so ists doch nicht möglich⧸ daß er auch von jhm gantz vndt gar nichts wiße. Ja es ist keiner so boßhafftig vndt ruchloß⧸ der nicht zueweilen auch mitten in seiner sicherheit einen stachel deß gewißens vndt furcht des hohen Richters empfinde. Die abgötterey selber giebt zue verstehen daß sie einen Gott erkenne⧸ in dem sie holtz vndt steine⧸ thiere vndt bestien ehret; bloß vndt einig darumb⧸ weil sie jergendt eine göttligkeit zue sein vermu[*2v]tet. Solche regung des glaubens nun⧸ er sey gleich wie er wolle⧸ rhüret bey dem gemeinen Volcke dannenher⧸ daß sie sehen wie dieses große Gantze⧸ diß alles was welt heißt⧸ geordnet ist vndt erhalten wirdt⧸ wie die Sonne den weltkraiß beleuchtet vndt erwärmet⧸ wie der monde das auge der nacht ab vnd zuenimpt⧸ wie die sternen nach jhrer eintheilung erscheinen vndt vntergehen⧸ wie der früling auff den winter⧸ der sommer auff den früling vnd der gantze jhareslauff einander folget vndt einstimmet; wie die see jhren ab vndt zuefluß⧸ die wäßer jhre quelle⧸ ein jegliches thier seine gestalt⧸ die bäwme vndt pflantzen jhre krafft vndt wesen haben⧸ darbey sie stets verbleiben⧸ vndt darmit sie von andern vnterschieden werden. Also daß Plotinus recht gesagt; Es würde einer⧸ wann er achtung drauff gebe⧸ gleichsam diese stimme⧸ Gott hat mich gemacht⧸ von der welt selber hören[.] Welches daß außsehn hatt⧸ als ob dieser heide gar mitt David habe singen wollen: Die himmel erzehlen die ehre Gottes; vndt was weiter folget. Siehet sich dann der mensch selber an⧸ vndt betrachtet diese seine edele gestalt⧸ diß beregliche haupt⧸ diese gläntzende augen⧸ die künstlichen hände⧸ die schnellen füße⧸ diese mitteinander vereinigte glieder; ja was mehr ist⧸ diese gedancken⧸ die himmel⧸ erde vndt meer durchlauffen⧸ diß vnerschöpffte gedächtniß⧸ diese hohe vernunfft vndt scharffes vrtheil⧸ diese beherrschung der anderen geschöpffe⧸ kan er noch zweiffeln daß ein göttliches wesen sey⧸ ohn welches er nicht sein köndte? Hierzue [*3r] kommen die schweren vndt wunderbaren straffen der bösen⧸ in dem es für eine allgemeine regel geachtet wirdt⧸ daß die göttliche rache bey schweren lastern nimmer aussen bleibt; daß dann⧸ wann kein Gott als vollzieher seiner gerechtigkeit were⧸ nicht geschehen köndte. Wie nicht weniger der samen des heiligen lebens⧸ der tugendt vndt ehrbarkeit⧸ welcher sich bey den gemütern darumb blicken leßt⧸ daß sie darfür halten⧸ es sey etwas über vns das frömigkeit liebet⧸ vndt dem wir vnsers wandels halben rechenschafft zue geben schuldig sindt. So thut auch hier bey nicht ein geringes die betrachtung der wunderwercke vndt zeichen; alß da sindt finsterniße⧸ cometen⧸ erdtbeben⧸ fluten⧸ mißgeburt⧸ hewschrecken vndt dergleichen⧸ die⧸ weil sie gemeiniglich auff künfftige dinge zeigen⧸ von einer solchen höheren macht herrhüren mußen⧸ durch welche diese dinge getrieben werden. Der bösen geister zue geschweigen⧸ durch derer boßheit⧸ weil sie saate vndt bäwme fortführen⧸ kranck­heiten außstrewen⧸ vngewitter erregen⧸ sich wie gespenste vndt larven sehen laßen⧸ mitt zweifelhafftigen reden weißsagen vndt allerley jrrthumb anrichten⧸ das menschliche geschlecht⧸ ja dieser weltbaw selbst⧸ zue grunde vndt boden gehen würde⧸ wann nicht etwas were⧸ durch deßen göttliche fürsichtigkeit jhr wüten vndt grawsamkeit gezähmet vndt angehalten würde. Welche außführung von Gott dann so klar vndt allgemein ist⧸ daß sie gleichsam einem jeglichen in die augen läufft⧸ vndt jhn wieder danck vndt willen zue glauben zwinget. Die [*3v] weltweisen vndt gelehrten kommen noch weiter; derer beweiß vndt schlußreden sich beßer in ein buch⧸ als in eines Buches Vorrede bringen laßen. Wie nun einem menschen⧸ durch anleitung der natur⧸ vndt handtreichung der weißheitlehre⧸ daß Gott sey⧸ leicht zue schließen ist; also wann es darzue kömpt daß gefragt wirdt⧸ Was Gott sey⧸ ist nur bey der jrrdischen vernunfft nichts als stückwerck vnd finsterniß der vnwißenheit. Dann wie sein wesen mitt worten nicht kan gegeben⧸ also kan es mitt gedancken nicht begrieffen werden: so daß vns⧸ wann wir vns hierinnen zue weit einlaßen⧸ eben wiederfehrt wie einem der in die Sonne schawen wil⧸ welcher je mehr er hienein sieht⧸ je mehr er verblendet wirdt. So verhindert vns auch hieran nicht allein vnsere angeborne schwachheit vndt vnvermögen; sondern auch eine solche sorge der weltlichen güter vndt geschäfften⧸ eine solche liebe der rhue des leibes⧸ der wollüsten vndt üppigkeit⧸ daß wir die flügel der gedancken zue betrachtung der göttligkeit nicht erheben⧸ vndt vns Gott⧸ so viel dieser sterbligkeit verliehen ist⧸ als in dem allerlieblichsten trawme einbilden mögen. Die jenigen auch⧸ welche sich auff das erkändtniß Gottes⧸ den innhalt aller wißenschafft⧸ zue legen entschließen⧸ pflegen entweder auß wichtigkeit der sachen plötzlich darvon abzue­laßen⧸ oder auß dem daß es jhrem bedüncken nach den bösen mehrmals wol⧸ vndt den fromen übel gehet⧸ in zweiffel zue sincken⧸ oder auch durch falschen vnterricht vndt eingewurtzelte gebräuche jhres [[*4]r] Vaterlandes im eingange der lehrjhare auff jrrwege vndt eitele meinungen zue gerhaten. Dannenher etzliche fürgegeben⧸ wann schon ein Gott were⧸ ließe er sich doch vmb vns menschen vnbekümmert; etzliche⧸ weil sie gesehen daß in allen dingen etwas göttliches ist⧸ allen dingen auch einen sonderlichen Gott zuegeeignet haben[.] Zue welcher abgötterey auch diß nicht wenig geholffen hatt⧸ daß auch weise leute darfür gehalten⧸ weil daß wesen Gottes von vnsern sinnen nicht könne gefaßt werden⧸ daß⧸ darmit man hierdurch zue einiger verständtniß desselbten gelangen möchte⧸ die namen vndt thiere⧸ die gestalten des goldes⧸ helffenbeines vndt silbers⧸ die pflantzen⧸ flüße vndt spitzen der berge⧸ solcher maßen zue hülffe solten genommen werden⧸ als wie ein liebhabender mensch deßen bildtniß den er liebet gern an zue sehen⧸ vndt an dem bogen den er hinter sich verlaßen⧸ oder dem strale worauff er geseßen⧸ jhm sein gedächtniß mitt frewdigem gemüte zue erfrischen pfleget. Viel weiter ist Plato kommen⧸ der von Gott sagt⧸ daß er vnsichbar⧸ warhafftig⧸ vnwandelbar⧸ gerecht vndt guet⧸ ein Vater vndt stiffter aller dinge⧸ ein allgemeiner beherrscher⧸ die höchste vndt erste vrsache der natürlichen vrsachen sey⧸ der die zeit mitt der welt geordnet⧸ der die welt werde vntergehen laßen wann es jhm gefallen wirdt⧸ der alles sehe⧸ verstehe vndt höre⧸ von dem das guete vndt nichts böses herrhüre⧸ der die menschen in sonderbarer liebe halte⧸ der jhnen gebe was er wil vndt was er weiß das jhnen zueträglich [*4v] sey⧸ der jhm nicht so sehr gaben vndt opffer als ein fromes gemüte belieben laße⧸ vndt was in des großen mannes schrifften sonst zue lesen. Aristoteles setzt gar darzue⧸ Gott sey die erste bewegende krafft⧸ die doch vnbeweglich sey; zue dem als zue jhrem ende die himmlischen kräfften ohn vnterlaß beweget würden[.] Zeno hatt geglaubt⧸ Gott sey vnsterblich⧸ vernünfftig⧸ vollkommen vndt selig⧸ weit von allem bösen⧸ der die welt vndt alles was darinnen ist mitt seiner versehung regiere vndt schütze. Thales⧸ als er gefragt wardt⧸ was Gott sey⧸ gab zur antwort; Er sey diß was ohn anfang vndt ende ist. Vndt da einer zue wißen begehrte⧸ Wann ein mensch was thut⧸ ob es wol für Gott verborgen sey; Nein⧸ sagte er⧸ auch nur nicht wann er was gedencket. Epictetus spricht beym Arrian: Wann jhr die thür gesperret⧸ vndt das zimmer verfinstert habt⧸ schawt ja zue daß jhr nicht sagt⧸ ihr seid alleine: dann jhr seidt es gewiß nicht; sondern Gott ist darinnen⧸ ewer geist ist darinnen. Was bedürffen aber diese eines liechtes⧸ zue sehen was jhr fürgebt? Vndt was dergleichen schöne gedancken vndt sprüche bey vielen Griechischen vndt Lateinischen scribenten⧸ sonderlich den Poeten⧸ mehr sindt. Doch ist es mitt aller solcher weißheit anders nicht bewandt als mitt der schif­fart derjenigen⧸ welche die noch vneröffnete mitternächtische see zue durchdringen entschloßen sindt⧸ vndt nachmalß mitt gefahr vndt kummer eben diesen weg den sie vorhin genommen zuerück segeln müßen. Darumb wil hier nur [**1r] von nöthen sein⧸ daß die vernunfft dem glauben⧸ das begreiffliche der hoffnung⧸ die schule der weltweisen der vnterrichtung vnsers Heylandes weiche. Wie dann Heraclitus einer auß jhrem mittel selbst gesagt: Wann jhr nicht hoffet was über die hoffnung ist⧸ so findet jhr nicht was nicht zue finden ist. Vndt wie wir die Sonne anders nicht sehen als weil sie jhr liecht vns selbst darzue verleihet; also kann Gott nicht erkandt werden⧸ wann er den glantz seines erkändtnißes vnsern hertzen nicht ertheilet. Darumm hatten die alten Hebreer Gott höchlich zue dancken⧸ vndt wir Christen haben vrsach es noch mehr zue thun⧸ denen alles was vns zum göttlichen erkändtniß dienet mitt vnwiedersprechlicher gewißheit entdecket ist. Dann das dieses⧸ was die Propheten vndt Apostel vns hinterlaßen haben⧸ von Gott hergerhüret⧸ erscheinet auß so vielfältigen wunderthaten vndt jhrem eigenen zeugniße⧸ welches durch jhr vnschuldiges leben⧸ durch eußerstes armut vndt verachtuug der ehren⧸ durch noth vndt verfolgung⧸ ja mehrmals durch den todt selbst genungsam bestetigt worden. Wem sollen wir aber mehr von Gott glauben als Gott⧸ der wie er alles guetem⧸ also auch der warheit vrsprung⧸ ja die warheit selber ist? Wie nun ferner die vnterrichtung derer so Christen geboren sindt absonderlich vnnt von stück zue stück geschiehet⧸ also werden die jenigen welche von dem waren Gott entweder noch nicht wißen⧸ oder also leben als ob sie von jhm nicht wißen wollen⧸ in das gemein mitt natürlichen vrsachen vndt allerseits vnlaug[**1v]baren gründen so lange überwiesen⧸ biß sie von den wercken Gottes auff das gesetze⧸ vndt von dem gesetze auff das Evangelium gebracht werden. Hierinnen haben nicht allein die lehrer der alten Kirchen⧸ Justinus Martyr⧸ Clemens Alexandrinus⧸ Tertullianus⧸ Athanagoras⧸ Cyprianus⧸ Augustinus⧸ Theodoretus⧸ Cyrillus vnt wie sie alle heißen; sondern auch heutiges tages Vives⧸ Steuchus⧸ Philipp Mornay vnnt andere allen fleiß vndt geschickligkeit in jhren herrlichen schrifften dermaßen herfür gethan⧸ daß es das ansehn gehabt⧸ als ob bey der sache etwas zue thun weiter nicht möglich sey. Dennoch hatt Hugo Grotius⧸ deßen verstandt vndt in allem dem was wißenschafft heißt durchtriebene geschickligkeit meines lobes nicht bedürffendt ist⧸ vor etzlichen jharen der alten vndt newen gründe⧸ welcher sie sich in diesem paß gebrauchen⧸ zuesammen getragen⧸ sie nebenst seinen eigenen herrlichen vrsachen in ordnung gesetzt⧸ vndt mitt Niederländischen reimen⧸ damit sie desto beßer im gedächtniß köndten behalten werden⧸ gegeben vndt erkläret. Dieses schöne werck⧸ wie er der scribent die meinung darauß selber in Latein gefaßt⧸ so daß es nun von vielen Nationen vndt allerhandt religions verwandten⧸ hohen vndt fürnemen leuten⧸ lieb vndt werth gehalten wirdt⧸ also habe ich es vnserer Sprache⧸ weil auch gedachter mein großer freundt gern hierein gewilligt⧸ länger nicht fürhalten wollen. Vndt ob wol jemandt anziehen möchte⧸ Grotius habe es darumb in seine mutersprache gesetzt⧸ weil sei[**2r]ne landesleute in beyden Jndien auff barbarische vndt wilde völcker treffen⧸ die der warheit mehrentheils noch nicht kündig sindt; da man hergegen zue hause bey so klarem liechte keines solchen vnterrichts von nöthen habe; so ists doch mitt vns menschen also beschaffen⧸ daß auch die frömesten zueweilen der Christlichen lehre wegen wo nicht in zweiffel⧸ dennoch in dergleichen gedancken fallen⧸ die einem zweiffel sehr ähnlich sehen. Vndt haben sich nicht auch heutiges tages leute blicken laßen⧸ von denen die aufferstehung der todten auff ja vndt nein in offentlichen schulen ist gestellt worden? Welches dann eben diß ist⧸ als wann sie noch vngewiß weren⧸ Ob ein Gott sey: weil der so keiner auffer­stehung gewertig ist⧸ für Gott sich wenig zue fürchten hatt. Der sitten vndt des wandels in allen ständen⧸ sonderlich an vielen höfen⧸ zue geschweigen: da nicht allein das schlechte gewißen in fortstellung der anschläge⧸ sondern auch die verübung der zauberey vndt vnchristlicher künste⧸ die sicherheit des lebens⧸ ja auch die reden selbst offtmals zue erkennen geben⧸ daß der name Christlich einig vndt allein gebrauches wegen⧸ vndt das wort religion darumb behalten werde⧸ weil vnter dieser decke dasjenige⧸ was der zue­standt des gemeinen wesens vermeinentlich erfodert⧸ leichtlicher verdeckt vndt bemäntelt wirdt. Daß also dergleichen schrifften als diese ist allen leuten in jhrer sprache zue durchlesen vndt auß zue studiren billich gegeben werden.

Wie nun⧸ Gestrenge⧸ Hochgeehrte Herren⧸ das liecht [**2v] der gelehrten Hugo Grotius dieses buch auff zue setzen sich die trewe gunst zue seinem Vaterlande (die er auch in wehrender seiner bekandten verhafftung hierdurch erweisen wollen) hatt anregen laßen; also hatt mich die liebe vndt schuldige pflicht gegen diesem meinem andern Vaterlande⧸ der kron vndt perle vnserer Provintz⧸ dem auge der Städte⧸ der blum Europens⧸ E. Gestr. vndt den Herren diese meine fleißige vndt hoffentlich reine verdeutschung zue zue schreiben gleichsam genötigt vndt angereitzt. Dann wie kan ich Breßlaw anders als mein Vaterlandt nennen⧸ darinnen ich ob wol nicht geboren⧸ dennoch zue allem gueten erzogen bin? darinnen ich dieses wenige was ich weiß vndt kan erlernet? darinnen mir theils mein glück⧸ theils mein wolverhalten⧸ vndt theils gueter wahn vndt einbildung von mir⧸ so viel freunde vndt bekandten⧸ vndt zwar auch auß jhrem ansehlichen Mittel selbst⧸ zuewege gebracht? ja darinnen ich jetzo so viel jhare lang wohne⧸ vndt wann nechst Gott mein Hochgnädiger Herr vndt die fernere beschaffenheit meines zuestandes wil⧸ noch zue wohnen gedencke? So war ich hoffe daß mir diese meine stille rhue⧸ dieses gemüte das nach ehren vndt reichthumb nicht fraget⧸ diese besitzung des studirens⧸ ohn welches mir das leben bitter werden mußte⧸ jederzeit soll verliehen werden; so war wündtsche ich⧸ auch nach meinem tode bey den Nachkommenen ein zeugniß zue erhalten⧸ daß ich kein vnrhümliches gliedt dieser meiner löblichen heimat gewesen sey. Vndt wann [**3r] ich auch die absonderliche vrsach⧸ daß einem innwohner seiner geschäfften vndt seines müßigganges wegen rechenschafft zue geben nicht übel anstehn wil⧸ beysetzte; solte nicht diese edele Stadt⧸ der marckt aller künste vndt tugenden⧸ würdig sein⧸ daß nicht nur ich vndt meines gleichen⧸ sondern auch die besten vndt höhesten gemüter sich mitt allem dem was jhnen Gott verliehen bey derselbten ein zue lieben⧸ vndt jhre gunst zue erwerben⧸ möglichen fleiß vndt sorge trügen? Mir gefellt derer Historienschreiber art nicht⧸ welche berge durchgraben⧸ flüße außtrucknen⧸ vndt der Städte vrsprung von der Sündtflut her erzehlen. So stelle ich es auch dahin⧸ ob Budorgis⧸ derer Ptolemeus erwehnt⧸ jemals allhier gestanden sey. Dieses wißen vndt sehen wir⧸ daß sie von sechshundert jharen her vndt drüber⧸ seidt sie Micislaw erbawet⧸ Vratislaw angerichtet⧸ Carl der Vierdte in die weite darinnen sie an jetzo steht gesetzet hatt⧸ in solches auffnemen vndt zuestandt gelanget sey⧸ daß sie vnter die fürnemsten Städte in Deutschlandt gezehlet⧸ ja fast für die schöneste darinnen von vnparteyischen richtern erkandt vndt gehalten wirdt⧸ vndt nunmehr so hoch kommen ist⧸ daß jhr weder durch gueter leute rhumb etwas zuegesetzt⧸ noch durch der bösen verkleinerung etwas kan entzogen werden. Sie lieget nicht allein⧸ als das hertze⧸ mitten in Schlesien⧸ sondern auch in einer so anmutigen vndt gesunden ebene⧸ in so trächtigem boden⧸ zwischen so lustigem gepüsche⧸ thälern⧸ werdern vndt wiesen⧸ ist jnner vndt [**3v] außer jhrem bezirck mitt so kostbaren gärten geziehret⧸ vndt hatt solchen zuewachs von allerhandt getreide⧸ früchten vndt kräutern⧸ daß jhr nichts an etwas⧸ das beßer were wann es verhanden were⧸ zue mangeln scheinet. Was sage ich von den herrlichen flüßen der Oder vndt Ohla⧸ welche⧸ nach dem der eine mitt bequemer zuefuhr seinen dienst biß an die mawren⧸ der andere biß in die Stadt selbst geleistet hatt⧸ sich gleichsamb darumb allhir in einander zue gießen scheinen⧸ als ob sie keinen beßern platz zue jhrer vereinigung hetten finden können? Vndt wie dieses gaben der Natur sindt⧸ also hatt menschliche kunst vndt arbeit sich hierbey nicht weniger außgelaßen. Bin ich heraußen⧸ so zweiffele ich über den gräben⧸ mawren⧸ wällen vndt thoren⧸ ob sie mehr starck oder mehr schöne sindt. Die Vorstädte aber sindt so groß vndt volckreich⧸ daß sie lieber möchten Städte heißen. Jnner der Stadt nachmals wißen die augen nicht⧸ wormit sie sich zum ersten ergetzen sollen. Hier sindt die Kirchen⧸ hier die plätze⧸ vndt auff dem größern diß fürtreffliche ­Rhathauß hier die hohen thürne⧸ die brücken⧸ die schulen vndt hospitäler⧸ die waßerkünste⧸ die zeughäuser⧸ die speicher⧸ die ansehlichen wohngebäwde⧸ oder viel mehr die palläste⧸ ja die gaßen mitt derer ordnung vndt gleicheit wir alle andere Städte⧸ sie heißen wie sie wollen⧸ weit übertreffen. Noch wundere ich mich nicht so sehr über der Stadt selber⧸ als über dem jenigen zue deßen end die Städte auffgeführt werden. Dann ob wol solches ansehn der gebäw[[**4]r]de herrlich ist⧸ vnndt dem volcke⧸ das sich an eußerlichen dingen zum ersten erlustigt⧸ die augen füllt; so ist doch dieses erst die rechte bestellung einer Stadt⧸ woferren die schönheit der gemüter mitt der häuser zierrhat übereinstimmt. Vndt wie wir die häuser loben⧸ wann ein jeglichs gemach vndt zimmer mitt aller zuegehör darinnen wol auff einander geht: also ist diß für ein rechtes bürgerliches vndt städteleben zue halten⧸ wann in einem jetwedern stande guete ordnung vndt richtigkeit erscheinet. Vnsere Stadt nun betreffendt⧸ so wirdt nicht leichtlich nur ein hauß mitt solcher fürsichtigkeit vndt auffacht verwaltet⧸ als die weitschweiffige last hiesigen großen regimentes bawständig vndt bey seinen würden erhalten wirdt. Diese heiligkeit der gesetze vndt fortstellung gueter rhatschläge⧸ wie sie in allem eine trewe sorge des Rhates für die Bürgerschafft zeiget⧸ also verursacht sie bey den Bürgern eine solche liebe des Rhates⧸ daß wir von zweyhundert jharen her vndt drüber⧸ welches in dergleichen städten ein seltzames ist⧸ von keinem mercklichen wiederwillen oder einiger empörung wißen. Wo laße ich die löblichen gebräuche vndt sitten⧸ die eintracht der bürger⧸ die freundligkeit gegen außländern⧸ die wehrhaffte vndt versuchte mannschafft⧸ das wolgezogene schöne Frawenzimmer⧸ die künste⧸ gewerbe vndt kauffmanschafften⧸ die zum kriege vndt frieden dienstliche handtwercke vndt dergleichen? Ja wo bleiben so viel edele geschlechter⧸ so viel gelehrte vndt große leute⧸ die ­Rhediger⧸ Crato⧸ Monaw⧸ Duditz⧸ [**4v] Wacker⧸ Ferß⧸ Vrsin⧸ Rindtfleisch⧸ Scholtz vndt andere⧸ die alle entweder hier gebohren⧸ oder innwohner vnserer berhümbten Hauptstadt gewesen sindt? Derer die noch leben zue geschweigen; damit sie nicht vermeinen ich schreibe jhnen zur freundtschafft⧸ was mich die warheit zue schreiben wol verursachen solle. So daß es in summa gäntzlich das ansehen hatt⧸ als ob die Tugendt vndt das Glück diesen ort in vollkommenheit zu bringen sich gleichsam in die wette bemühet hetten. Wie nun diß sämptlich gewiß ein großes ist⧸ vndt desto mehr ohn allen verdacht der zueliebung mag gesagt werden⧸ weil es jederman sehen vndt greiffen kan; also weiß ich ohn verwunderung kaum nach zue dencken⧸ wie diese Stadt⧸ Gott helffe daß ichs zue einer gueten stunde rede⧸ in solchem mißlichen vndt erbärmlichen allgemeinen zuestande⧸ als ein schiff in dem gefährlichsten vngewitter⧸ noch bißanher gantz vndt vnzerrüttet gestanden ist: so daß⧸ wenig örter außgenommen⧸ also viel von Schlesien der würcklichen kriegeslast geübrigt verblieben zue sein scheinet⧸ so viel Breßlaw im vmbkreiße hatt. Wie nun⧸ nechst Gott⧸ E. Gestr. vndt der Herren fürsichtigkeit in ablehnung des vnglücks⧸ vndt beständigkeit in übertragung anderer zuefälle⧸ hierbey freylich das beste gethan⧸ also bitte ich den Höchsten von hertzen⧸ daß er dieselbten der Stadt⧸ die Stadt dem gantzen Vaterlande zum besten⧸ vndt den künfftigen zeiten zum exempel⧸ auch ferner segenen⧸ vndt mitt allem gewündtschten zuestande beschencken [***1r] wolle. Jm übrigen⧸ weil Ewrer Gestr. vndt den Herren jhres geneigten willens vndt großen gunst halben gegen mir⧸ danckbar zue sein ich mich in alle wege verpflichtet befinde⧸ habe ich durch dieses zueschreiben eine solche anzeigung meines schuldigen gemütes erweisen wollen⧸ wie sie mein geringes vermögen auff diß mal hatt mitt sich gebracht. Welches buch meinen Hochgeehrten Herren vndt der Stadt verhoffentlich darumb nicht vnangenem sein wirdt⧸ weil es allenthalben auff den glauben vndt das Christliche vertrawen zue dem jenigen anweiset⧸ durch deßen göttliche fürsorge vndt gütigkeit sie bißher so väterlich ist geschützt vndt erhalten worden.

E Gestr. vndt der Herren

Vnterdienstwilligster

Martin Opitz.

1 Zitiert wird nach der Erstausgabe: Hugo Grotius: Bewys Van den Waren Godsdienst In ses Boecken [ … ]. O. O.: o. Dr. 1622; zur Druck- und Rezeptionsgeschichte des Bewys vgl. Ter Meulen / Diermanse 1950, 47–64 (Nr. 143–154). Die jüngste Ausgabe ist Grotius 1844 mit Kommentar. Roldanus 1944 lag uns nicht vor. Zu Grotius als Theologe vgl. bes. Mühlegger 2007, der nicht auf den Bewys eingeht. Zum wichtigen Verhältnis von Religion und Politik bei Grotius vgl. Blom 2005, 79–103 und Stumpf 2006. Zum De veritate -Komplex im Besonderen vgl. Nellen 2015, 422–429; Heering 2004 (hier 1–25 zum Bewys , vor allem in quellenkritischer Hinsicht).

2 Es stammte möglicherweise von dem kontraremonstrantischen Pastor Henricus Rosaeus (vgl. Heering 1994, 43; Ter Meulen / Diermanse 1950, 58).

3 Grotius 1622, Vorrede, [ ***4 ]r: »Wy verstaen seer wel, datmen alles moet lijden ende dulden, om vrede, liefde ende eenicheyds wille, maer voor al moetmen de waerheyd behouden, wat soudet anders zijn voor een Religie?«.

4 Hugo Grotius: De veritate religionis Christianae. Editio secunda [ … ]. Leiden: Johann Maire 1629.

5 Weitere Ausgaben 1648, 1652, 1683, 1720, zuletzt 1844; vgl. Ter Meulen / Diermanse 1950, 57–62.

6 Hugo Grotius: Meletius sive de iis quae inter Christianos conveniunt Epistola. Critical edition with translation, commentary and introduction. Hrsg. v. G. H. M. Posthumus Mayjes. Leiden u. a. 1988.

7 Vgl. Molhuysen 1936, 30 f. H. Grotius an W. Grotius (12. April 1620): »Res ipsa loquitur me non explicare dogmata Christianae fidei Christianis, sed hoc agere ut impii, Ethnici, Iudaei, Mahometistae agnoscant veram esse religionem Christi­anam, atque eius dogmata deinde petitum eant ex Sacris nostris literis.«

8 Grotius: De veritate 1629, 3: »Propositum enim mihi erat, omnibus quidem civibus meis, sed praecipue navigantibus, operam navare utilem, ut in longo illo marino otio impenderent potius tempus, quam quod nimirum multi faciunt, fallerent.«

9 Grotius: De veritate 1629, 4: »Neque enim deesse materiam, cum per longinqua itinera passim incurrerent, aut in Paganos, ut in Sina et Guinea; aut in Mahumetistas, ut sub imperio Turcae, Persae, et Poenorum; tum vero Iudaeos, et ipsos jam Christianismi professos hostes, dispersos per maximas partes terrarum orbis«. Vgl. auch Prolegomena zu Dicta poetarum quae apud Io. Stobae­um exstant […]. Paris 1626, a4v: »Scripsi sermone eodem sed versibus libros sex in usum popula­rium, peregrinantium maxime, ut qui impiorum, Paganorum, Iudaeorum, Mahumetistarum consuetudinem declinare non possunt, haberent quo aut se tuerentur, aut etiam alios convincerent.«

10 Vgl. Proöm zu Buch 4 im direkten Anschluss an Lukrez 2, 1 ff.

11 Vgl. Heering 2014, 60–64. Zu einem abweichenden Quellenbefund kommt Gellinek 1981, 56, der für Buch 1 und 2 Mornay, Buch 3 Erasmus, Buch 4 die »Kirchenväter«, Buch 5 und 6 Vives ( De veritate fidei Christianae , Buch 3–5) nennt. Zur Quellenfrage vgl. auch Bergjan 2014, 32–52; Häfner 2003, 177–200.

12 Dieser Quellenbefund ist deshalb bedeutsam, weil Grotius in seiner frühen, intensiv rezipierten Schrift Defensio fidei catholicae de satisfactione Christi adversus Faustum Socinum Senensem (Leiden 1617) demselben Sozini vorhält, er habe – auf der Spur der spätantiken Antitrinitarier – die göttliche Natur Christi geleugnet. Geschrieben wurde dies in einer Zeit, als gegen Grotius und die Remonstranten immer wieder der Vorwurf des Sozinianismus erhoben wurde (vgl. Mühlegger 2007, 262–265).

13 Vgl. Heering 1994, 45 f.

14 Sie spielt schon in der antiken Apologetik eine zentrale Rolle. Ausgangspunkt ist Tertullian, Apologeticum Kap. 22 und 23. Hier (23, 11) findet sich auch die von Grotius vorausgesetzte Identifikation der Dämonen als »spirituales substantiae« mit den paganen Göttern: »quos enim praesumpseratis deos esse, iam daemonas esse cognoscitis.«

15 In Pro veritate wird die patriotische Dimension jedoch zurückgenommen; zu Beginn wird das ursprüngliche Proömium nur erwähnt (Grotius 1627, 3: »sumto exordio a laude nostrae gentis«), nicht ausgeführt. Auch die finale »exhortatio ad mutuam concordiam« (Grotius 1627, 200) wird nur noch referiert.

16 Vgl. Grotius’ bekannte Schrift Mare liberum sive de jure quod Batavis competit ad Indicana commercia dissertatio (1609).

17 Vgl. Hofmann 1977, 62. In De jure belli ac pacis (1625) werden immerhin Mission und Ketzerverfolgung als gerechte Kriegsgründe ausdrücklich ausgeschlossen (Kap. 20, §§ 48 und 50; vgl. Hofmann 1977, 68). Die Spannung zwischen beiden Positionen ist jedenfalls greifbar. Die hypothetische Einklammerung Gottes (»etiamsi daremus [ … ] non esse Deum«; Grotius 1625, e1r) ist für den Grotius von Bewys / De veritate völlig undenkbar. Das natürliche ›Religionsgefühl‹, das Grotius hier bemüht, ist stets göttlich fundiert und belegt die Existenz Gottes, der nur von der christlichen Lehre angemessen adressiert wird. Der ›natürliche‹ Religionsbeweis ex consensu gentium begründet eben (noch) nicht die Suche nach einem Glauben jenseits der Religion, die »Idee der Religion« (Schiller), obwohl das Argument diese Linie prinzipiell schon erkennen lässt. Für Grotius ist die Zweiteilung der Welt in eine expandierende christliche und eine langsam verschwindende nicht-christliche empirischer Beweis des göttlichen Heilsplans (s. o.). Dennoch ist Grotius kein Anwalt kolonialer Unterdrückung: Im Einklang mit De jure belli ac pacis vermeidet er auch im Bewys , für die Mission der Heiden und Ketzer Waffengewalt zu legitimieren. An die Stelle des Krieges tritt für den Vater des Seerechts und ehemaligen Anwalt der Vereinigten Ostindischen Kompanie der Seehandel. Durch die »kunst das meer zuepflügen«, wird der christliche Glaube »tieff ins versengte landt« getragen (so in der Übersetzung von Opitz, 1, 20 f.).

18 Grotius 1611, 77: »Esse Deum non modo consensus hominum latissime patens, sed et ordo ex se dependentium causarum rerumque gradus clarissime testantur.«

19 Vgl. Garber 2018, 611 ff.; Kühlmann 2002.

20 Walter 2004, 433.

21 Zu den politischen Motiven vgl. den Brief an Dohna vom 28. Juni 1630, vgl. Garber 2018, 829–837.

22 Vgl. Gellinek 1980a, 74.

23 Garber 1987.

24 Vgl. Garber 2012, 183–222.

25 BW 2, ep 300502. Opitz an Lingelsheim (2. Mai 1630): »Summus Vir Grotius noster cum aliis quibuscumque potest officiorum modis amorem erga me suum, tua commendatione partum, ostendit, tum heri ipse salutatum me accessit.«

26 Vgl. Meulenbroek 1964, 250. Grotius an Lingelsheim (22. August 1630): »Opitii quem mihi commendaris, Lingelshemi optime, et ingenium et eruditio et mores quantopere mihi se probent, haud facile dixero: sed tu ex te de me iudicium facito [ … ].«

27 BW 3, 1846. Lobrede auf Opitzen.

28 Vgl. Garber 2009, 419–442; Garber 1987, 71–92.

29 Vgl. Werle 2019.

30 Vgl. Walter 2004, 432–436.

31 Vgl. Hacken 1976, 89.

32 Vgl. Wels 2004, 298–302.

33 Vgl. Heering 2004, 218–223.

34 Vgl. Molhuysen / Meulenbroek 1961, 262. Grotius an Lingelsheim (10. März 1628).

35 Vgl. Bornemann 1976, 18–29.

36 Vgl. BW 2, ep 301108. Opitz an Lingelsheim (8. November 1630).

37 Heering 2004, 222 f.; vgl. Szyrocki 1956, 89–93.

38 Vgl. Meulenbroek 1964, 350 f. (auch in BW 2, ep 310219). Grotius an Opitz (19. Februar 1631): »Librorum nostrorum pro Veritate religionis Christianae quod a scriptore est, non meretur tantum interpretem; de ipso argumento idem dicere sine impietate non possim. Sed tamen hic quoque memineris, suadeo, liberum te esse, nec ita alligatum praeeuntibus verbis, ut non liceat tibi res easdem melius dicere.«

39 Vgl. BW 2, ep 310503A. Opitz an Lingelsheim (3. Mai 1631).

40 Vgl. Szyrocki 1956, 92.

41 Vgl. BW 2, ep 310828. Opitz an Köler (28. August 1631): »Libellos Grotianos hero meo tradidi, et spero laborem tuum non prorsus irritum fore.«

42 Vgl. Garber 2018, 829–837; Szyrocki 1956, 92 f.

43 Vgl. Szyrocki 1956, 92 f.

44 BW 2, ep 310714. Grotius an Opitz (14. Juli 1631): »Nunc demum, clarissime OPITI, me vitae in carcere actae non poenitet, cum video illius aerumnae meae fructus te tam fideli interprete, quam felici poeta ad populum populorum principem pervenire«.

45 Hacken 1976, 90.

46 Van Ingen 2002, 171 f.

47 Gellinek 1980b, 36.

48 Ebd.

49 Vgl. 3, 386 f.: »dann mittelbare sachen | Jn denen ist kein muß ⧸ noch einer schande schein«.

50 Grotius stammt aus der Provinz Südholland, in der der holländische Dialekt gesprochen wurde. Da es sich um ein Dialektkontinuum handelt, dessen Standardisierung im 17. Jahrhundert nicht abgeschlossen war, trifft die vorliegende Kommentierung die durchgängige Unterscheidung nur, falls es einen argumentativen Mehrwert verspricht wie im Fall der beigegebenen warnenden Vorrede, die nicht von Grotius stammt, wie man an der anderen dialektalen Prägung erkennen kann.

51 Einer eigenen Logik folgt der Gebrauch von Fremdwörtern aus dem Lateinischen und Französischen. Die wenigen Beispiele wie »punct«, »manieren«, »subtil«, die bei Opitz erscheinen, stehen alle in satirisch-polemischem Kontext, sie sind gleichsam in ironischen Anführungszeichen gesprochen. Nur in einem solchen Kontext – als Kritik an heuchlerischer Begriffsverwendung – begegnet z. B. das »wort religion« (Vorrede, 158).

52 In der Widmungsvorrede an den Rat von Breslau betont Opitz die Analogie zu Grotius’ lateinischer Paraphrase seiner niederländischen Fassung: »Dieses schöne werck ⧸ wie er der scribent die meinung darauß selber in Latein gefaßt ⧸ so daß es nun von vielen Nationen vndt allerhandt religions verwandten ⧸ hohen vndt fürnemen leuten ⧸ lieb vndt werth gehalten wirdt ⧸ also habe ich es vnserer Sprache ⧸ weil auch gedachter mein großer freundt gern hierein gewilligt ⧸ länger nicht fürhalten wollen« (Vorrede, 138–142).

53 Vgl. van Ingen 2002, 169–190.

54 Vgl. Israel 2014; Bultmann 2014; Lottes 2014; Champion 2012; Vollhardt 2002; Pons 1980.

55 Vgl. Ter Meulen / Diermanse 1950, 63 f.

56 »Aus dieser Ursache nun haben wir in dieser neuen Ausgabe dieses unschätzbaren Werckes, viele Verse, wegen ihrer ausserordentlichen Härtigkeit ändern müssen; welches wir doch jederzeit in denen Anmerckungen getreulich angezeigt; wofern es nicht Kleinigkeiten gewesen, die oft übergangen worden.« Triller, 4, 926. Solche Änderungen finden sich etwa in Triller, 3, 108. 229. 282. 368. 382.

57 Vgl. van Ingen 2005, 903.

58 Gottsched 2 1751, 583. Ebd., 585: »VI. Lehrgedicht. Daß ein heutiger Gottesgelehrter auch in der Vernunft und Weltweisheit stark seyn müsse«. Vgl. zur Stelle Mitchell 1983, 45.

59 Gottsched 2 1751, 603.

3 weißheit vnd wißenschafft] Umschreibung für philosophia im Sinne von ›Weltweisheit‹. Sie ist stets der Theologie untergeordnet (vgl. Robert 2013, 302).

6 aller völcker zeugniß] Gottesbeweis ex consensu gentium; vgl. 1, 97–99: »Daß aber alles volck auff erden überein | Gott fürchtet⧸ muß hier an etweder vrsach sein | Kein mensch nicht⧸ sondern nur der den sie fürchten sollen«.

7 auff eine zeitlang nichts halte] Umschreibung für Atheismus, der im ersten Buch bestritten wird, vgl. nachfolgender Kommentar und 1, 139–142: »Dann die Gott nicht gesehn sie suchen was sie mögen | So ist es vngereimt⧸ vndt steht jhm selbst entgegen. | Weil Gottes wesen nicht von jhnen wirdt geschawt | Jst dann jhr wahn allein auff diesen grundt gebawt?«

9 sicherheit] lat. securitas; hier im Sinne von (zu großer) Selbstsicherheit, Selbstzufriedenheit. Vgl. DWb 16, 724–728.

10 f. Die abgötterey ... holtz vndt steine] lat. superstitio; angesprochen wird konkret das Phänomen der Natur- und Fetischreligionen. Vgl. 2, 191 f.: »der erden reich vndt standt | Behielt abgötterey in jhrer eignen handt«; vgl. Böhme 2006, 483.

14 dieses große Gantze] Wie später in Vesuvius schließt Opitz von der Ordnung der Schöpfung auf die Existenz eines göttlichen Wesens (vgl. Robert 2013, 301–303).

22 Plotinus] Plotin (203–270 n. Chr.) war als Philosoph Vertreter des Neuplatonismus. Verwiesen wird hier auf die 3. Enneade, 2, 168.

25 f. der mensch selber] Vgl. 1, 239 und Marginalie: »Beweiß der erschaffung auß des menschen leibe«; »Beschawe⧸ mensch⧸ dich selbst⧸ wie reichlich in dir schieße | des lebens roter strom […]«.

26 beregliche] regsam, vgl. lat. mobilis . Vgl. DWb 1, 1495.

33 göttliche rache] Vgl. 1 Mos 4, 15; wie im Vesuvius geht es hier um das Problem der Theodizee.

38 rechenschafft] Am Tag des Jüngsten Gerichts müssen die Menschen vor Gott Rechenschaft ablegen und ihre Sünden bekennen. Vgl. Mt 12, 36.

39–41 wunderwercke … hewschrecken vndt dergleichen] In der Frühen Neuzeit wurden Kometen als prognostische Wunderzeichen Gottes begriffen (vgl. Gindhart 2006, 17 ff.). Auch dem Vesuv-Ausbruch 1631 soll ein Komet vorangegangen sein. Opitz erläutert diesen Zusammenhang in seiner lat. Vorrede zu Vesuvius.

43 bösen geister] Genii maligni; Opitz formuliert einen dämonologischen Gottesbeweis. Der Passus spiegelt gängige Auffassungen der zeitgenössischen Dämonologie (›Hexentheorie‹) wider, die auch Grotius in seinem Gedicht voraussetzt. Gott hält das Wüten der bösen Geister unter Kontrolle, nach anderer Auffassung handeln sie sogar mit seiner ausdrücklichen Erlaubnis (permissio Dei; vgl. 4, 38 ff.).

51 schlußreden] lat. conclusiones.

58 in die Sonne schawen wil] Anspielung auf Platons Höhlengleichnis im 7. Buch des Staats (7, 514a–541b; hier 532b).

59 verblendet] geblendet.

65 innhalt] hier: i. S. v. Kern, Inbegriff.

67 f. vndt den fromen übel gehet] Im Buch Hiob findet sich eine solche Prüfung des Glaubens.

71 vmb vns menschen vnbekümmert] Epikur zufolge leben die Götter als sorgenfreie und vollkommene, aber doch materielle Wesen in sogenannten »Zwischenwelten« (Metakosmia, intermundia) und nehmen keinen Einfluss auf das Leben der Menschen; vgl. Kommentar zu 4, 83.

80 strale] hier: Pfeil. Vgl. DWb 19, 754 f.

81 Plato] Vgl. Timaios 34c–37c.

90 Aristoteles] Das primum movens; Metaphysik 2, 1072a–1074a.

92 Zeno] Zenon von Kition (333 / 32–262 / 61 v. Chr.); Begründer der Stoa; vgl. Diogenes Laertios 1, 7, 148.

94 Thales] Thales von Milet (624 / 23–548 / 44 v. Chr.) hat selbst wahrscheinlich keine Schriften hinterlassen. Der Ausspruch bezeugt bei Hippolyt von Rom, Refutatio omnium haeresium 1, 1.

97 f. Epictetus spricht beym Arrian] Lucius Flavius Arrianus (85 / 90 – ca. 146 n. Chr.) zeichnete die Lehren seines Lehrers Epiktet (ca. 50 – 138 n. Chr.) in seinen Diatriben (›Lehrgesprächen‹) und in einem Encheiridion auf.

102 sonderlich den Poeten] Dass die Poeten die ersten Theologen gewesen seien, hatte Opitz im Buch von der Deutschen Poeterey breit entfaltet; vgl. GW 2, 1, 344 (»verborgene Theologie«).

108 Heraclitus] Heraklit von Ephesos (ca. 520 – ca. 460 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph; das Zitat stammt aus Clemens von Alexandria, Stromateis 2, 17, 4 (Heraklit DK B18).

117–119 wunderthaten … verfolgung] Wunder und Martyrien spielen für Grotius’ Beweisführung eine zentrale Rolle; vgl. 2, 71 ff. und besonders 1198–1202: »So hatt ein wunder es zue wege dann gebracht: | Vndt wann man sagen wil daß diß ergangen⧸ sonder | Das jergendt sey geschehn ein großes mercklichs wunder⧸| Das mußt’ ein wunder sein so alle wunderthat | Die jergendts ist geschehn weit übertroffen hatt«; zu den Martyrien 2, 1085 f.: »Man hatt sie jämmerlich gemartert vndt gereckt⧸| Das fleisch an hacken hin⧸ den leib in glut gesteckt.«

128 Justinus Martyr] Justin (ca. 100–165); Kirchenvater des 2. Jahrhunderts, der während der Regierungszeit des Kaisers Marc Aurel mit sechs anderen Christen verhaftet wurde. Im folgenden Prozess wurde er zum Wortführer der Verhafteten und schließlich verurteilt und hingerichtet. Er zählt zu den Apologeten.

128 Clemens Alexandrinus] Clemens von Alexandria (150–215); griechischer Theologe, der über den Platonismus zum Christentum fand und sich bemühte, die christliche Offenbarungslehre mit griechischer Philosophie zu verbinden.

128 Tertullianus] Eigentlich Quintus Septimius Florens (nach 150–220); früher christlicher Schriftsteller, der im Zuge der Christenverfolgung in Karthago apologetische Schriften verfasste.

128 f. Athanagoras] Athenagoras von Athen war ein frühchristlicher Apologet der zweiten Hälfte des 2. Jahr­hunderts, dessen zwei Schriften Legatio pro Christianis (»Bittschrift für die Christen«) und De resurrectione mortuorum sich gegen Vorwürfe wie Atheismus, Kindesmord, Unzucht und Kannibalismus richten.

129 Cyprianus] Cyprian von Karthago (ca. 200 / 10–258); Bischof von Karthago, Kirchenschriftsteller und Kirchenvater. Er erlitt das Martyrium während der Christenverfolgung unter Kaiser Valerian und wurde im September 258 öffentlich enthauptet.

129 Augustinus] (354–430) Neben Hieronymus, Ambrosius und Papst Gregor dem Großen einer der vier lateinischen Kirchenväter.

129 Theodoretus] (393–460) war Bischof von Kyrrhos, Theologe und Kirchenhistoriker. Seine Schriften wurden auf dem Konzil von Ephesos 449 und dem Zweiten Konzil von Konstantinopel 553 verurteilt.

129 Cyrillus] Kyrill von Alexandria (um 375 / 80–444) war Patriarch von Alexandrien, Kirchenvater und -lehrer.

130 Vives] Juan Luis Vives (1492–1540); spanischer Humanist, Philosoph und Pädagoge, der unter anderem einen Kommentar zu Augustinus’ De civitate Dei verfasste. Von 1516 bis 1523 hielt er sich in Löwen auf, wo er sich in mehreren Schriften gegen die Scholastik aussprach. Außerdem verurteilte er die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den christlichen europäischen Nationen und machte in verschiedenen Briefen an die europäischen Monarchen sowie den Papst auf die Gefahr durch die Türken aufmerksam. Zu Vives, Steuco und Philippe-Mornay als Quellen für Grotius vgl. den Überblickskommentar.

130 Steuchus] Agostino Steuco (1497 / 98–1548); italienischer Humanist und Gegenreformator. Er verfasste die Schrift De perenni philosophia, in der er zeigt, wie Ideen und Wertvorstellungen der antiken Poeten mit dem Christentum übereinstimmen.

130 Philipp Mornay] Philippe Duplessis Mornay (1549–1623); reformierter Theologe und französischer Staatsmann.

144 beyden Jndien] Ostindien, wo die Niederländer mit der Ostindien-Kompanie Handel betrieben, und Westindien, d. h. die Karibik, wo sie analog eine Westindien-Kompanie organisierten, bevor sie 1636 die Territorien in der Karibik besetzten.

154 f. sonderlich an vielen höfen] Die Klage über die Dekadenz der Höfe, die hier um den Vorwurf der Zauberei ergänzt wird, ist ein Thema bei Opitz, das im Bewys keine Entsprechung hat. Zur Opitz’schen Hofkritik vgl. Robert 2020; Kiesel 1979, 129 ff.

165 seiner bekandten verhafftung] Im Mai 1619 wurde Hugo Grotius zu Gefängnis auf Lebenszeit und der Konfiskation seines Vermögens verurteilt. Er wurde unter anderem für schuldig befunden, als Vertreter der Remonstranten die religiösen Zustände erschüttert und für die Landesverfassung widrige Grundsätze verbreitet zu haben. Seine Haft erfolgte auf Schloss Loevestein, wohin ihn Frau und Kinder begleiten durften und wo er seine wissenschaftlichen Studien fortsetzen konnte. Im März 1621 gelang ihm die Flucht ins Exil nach Frankreich, erst 1631 kehrte er zeitweise in die Niederlande zurück, allerdings noch inkognito.

170 f. darinnen ich ob wol nicht geboren] Opitz wurde in Bunzlau geboren und besuchte von 1614–1617 das Magdalenäum in Breslau.

187 ein zue lieben] einschmeicheln. Vgl. DWb 3, 229.

190 Budorgis⧸ derer Ptolemeus] Um 150 n. Chr. erwähnt Ptolemäus (ca. 100 – nach 160) in seiner Germania magna die Region Schlesien und den Ort Budorgis (Ptolemäus 2, 11, 14), der jedoch nicht mit Breslau identifiziert werden kann (vgl. Pierer 1857, 427).

192 Micislaw] Gemeint ist der polnische Piasten-Herzog Mieszko I. (ca. 945–992), der 990 Breslau und ganz Schlesien eroberte. Sein Sohn Bolesław der Tapfere errichtete im Jahr 1000 das Bistum Breslau (vgl. Mühle 2015, 16 f.).

192 Vratislaw] Ab 1061 Fürst und ab 1085 als Vratislav I. König von Böhmen.

192 f. Carl der Vierdte] Im Zuge des Vertrags von Namslau schlug Karl IV. (1316–1378) das Namslauer Land, ein bis dahin dem Bistum Brieg zugehöriger Landstrich, dem Bistum Breslau zu und sicherte die relative Unabhängigkeit Schlesiens, indem er Kasimir den Großen, König von Polen, verpflichtete, alle Ansprüche auf schlesisches Territorium fallen zu lassen. Nach 1348 ließ Karl IV. die Südseite der Altstadt Breslaus jenseits der Ohle nach eigenem Plan anlegen (vgl. Mühle 2015, 18 ff.).

201 kostbaren gärten geziehret] Schon 1489 gab es auf der Dominsel einen über die Grenzen der Stadt hinaus berühmten Garten, der von dem Kanonikus Mariensüß angelegt worden war. Der wohl berühmteste Garten wurde 1587 / 88 von dem aus Padua zurückgekehrten Arzt Laurentius Scholz begründet. In seiner 1613 erschienenen Breslo-Graphia beschreibt Nicolaus Henel von Hennenfeld die Gartenkultur Breslaus im dritten Kapitel (Henel von Hennenfeld 1613, 23).

204 Oder vndt Ohla] Die beiden Flüsse bestimmen maßgeblich das Stadtbild. Gegründet wurde die Siedlung als Burgfestung um den romanischen Dom. Die mäandrierenden Arme der Oder boten den ausreichenden Schutz für eine Burgfestung (vgl. Mühle 2015, 15).

210 f. Vorstädte] In der Zeit von 1400 bis 1619 wuchs die Stadt Breslau erheblich, sodass ein Ausbau und die Eingliederung einiger Vorstädte notwendig wurden. Gleichzeitig schottete sich die Stadt nach außen hin ab und ließ in den 1630er und 1640er Jahren alle Weiler und Vorstädte vor der Stadtgrenze abtragen (vgl. Mühle 2015, 109 ff.). Von großer Bedeutung für die Stadtentwicklung im 17. Jahrhundert waren die Nikolai-, die Ohlauer und die Schweidnitzer Vorstadt.

214 Rhathauß] Der älteste Teil des gotischen Backsteinbaus wurde im 13. Jahrhundert erbaut und in mehreren Phasen im 14.–16. Jahrhundert erweitert. Seit Ende der 1320er Jahre, nach Erlangung der relativen Selbstständigkeit, diente er der Selbstverwaltung der Stadt. Die reiche bildliche Innenausstattung folgt im 15. Jahrhundert (vgl. Mühle 2015, 72 ff.).

215 waßerkünste] Gemeint sind Wasserleitungen, »in welchen auß der Oder⧸ vnnd Ola⧸ das Wasser in die Höhe gebracht⧸ vnnd durch Röhren⧸ in die Statt⧸ vnd fast in alle Häuser⧸ geführet wird« (Merian / Zeiller 1650, 131). Diese bestanden bereits seit dem 14. Jahrhundert und versorgten die gesamte Stadt mit Frischwasser (vgl. Komorowski 2014, 274).

225 guete ordnung vndt richtigkeit] Umschreibung für ›gute polizey‹, die sich – darauf spielt Opitz hier an – etwa in festen Kleider- und Verhaltensregeln für »jetwedern stande« äußert.

227 auffacht] Aufmerksamkeit, Obacht. Vgl. DWb 1, 617.

227 weitschweiffige] ausgedehnte.

234 f. mannschafft] Gesamtheit der Männer.

238 Rhediger] Nicolaus Rhediger d. J. (1525–1587) war Breslauer Bankier, Stadtrat und Stadtkämmerer. Der Kartograph Martin Helwig widmete ihm als Dank für seine finanzielle Unterstützung die erste Karte Schlesiens. Er gründete den Gelehrtenzirkel in Breslau, dem auch die im Folgenden genannten Crato, Monau und Duditz angehörten.

238 Crato] Gemeint ist die Familie Crato von Krafftheim, der Johann Crato von Krafftheim (1519–1585) entstammt, Leibarzt dreier Kaiser (Ferdinand I. von Böhmen, Maximilian II., Rudolf II.) war (vgl. Mühle 2015, 122 f.; Pusch 1986, 244). Zudem setzte er sich für die Reformierten in Breslau ein.

238 Monaw] Jakob Monau (1546–1603) war ein Universalgelehrter und nach dem Tod Johann Cratos von Krafftheim Anführer der Reformierten in Breslau. Aufgrund seiner calvinistischen Konfession war er in Breslau jedoch nicht gerne gesehen.

238 Duditz] Andreas Duditz (1533–1589) war ein ungarischer Humanist, der in Breslau Nachbar von Crato von Krafftheim war und sich mit dem Sozianismus beschäftigte (vgl. Daugirdas 2016, 111).

238 Wacker] Johann Matthäus Wacker von Wackenfels (1550–1619) war Berater bei Hofe, Rechtsanwalt, Diplomat, Intellektueller und Gelegenheitsdichter vor allem in Wien und Italien. Er war mit Jakob Monau und Nicolaus Rhediger befreundet, dessen Sohn er als Hofmeister auf Grand Tour begleitete.

238 Vrsin] Zacharias Ursin (1534–1583) war ein reformierter Theologe, der bei Melanchthon in Wittenberg studiert hatte und sich später dem Calvinismus genähert hat.

238 Rindtfleisch] Daniel Bucretius (1562–1621); Doktor der Philosophie und der Medizin, Leibarzt von Erzherzog Karl von Österreich.

239 Scholtz] Laurentius Scholtz bzw. Lorenz Scholz von Rosenau (1552–1599) war Botaniker und Arzt in Breslau.

240 Hauptstadt] Breslau war und ist die Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Schlesien.

245 zueliebung] Schmeichelei.

250 f. kriegeslast] 1626 hielt der Krieg Einzug in Schlesien.

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Zitierempfehlung:

, , in: Hybridedition der deutschsprachigen Werke des Martin Opitz. , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2018ff. URL: (abgerufen am: )

Zitierempfehlung der Druckausgabe:

, , in: und (Hrsg.),